Welche Krisen hat der Rassismus durch die Kämpfe Schwarzer Menschen im deutschen Kolonialreich erfahren? Während der langen 30 Jahre der Kolonialpolitik wurde Rassismus biopolitisch und gesellschaftsprägendes Paradigma. Ulrike Hamann zeigt, welche spezifi
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Welche Krisen hat der Rassismus durch die Kämpfe Schwarzer Menschen im deutschen Kolonialreich erfahren? Während der langen 30 Jahre der Kolonialpolitik wurde Rassismus biopolitisch und gesellschaftsprägendes Paradigma.Ulrike Hamann zeigt, welche spezifischen Artikulationen des Rassismus wann aktuell waren und wie diese sich mit der kolonialen und nationalen Politik verbanden. Ausgangspunkt der Analyse sind dabei erstmals nicht die »Rasse«-Theorien, sondern die Widerstände dagegen in einer postkolonialen Lesart. Durch die Schriften von Mary Church Terrell, W.E.B. Du Bois und Rudolf Duala Manga Bell werden die Artikulationen des deutschen Rassismus benannt - aber auch gesellschaftliche Gegenbilder entworfen.
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Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee. Nur mit einem konstitutiven Beschluss des Deutschen Bundestages kann die Bundeswehr auf Antrag der Bundesregierung in bewaffnete Auslandseinsätze entsendet werden. Das Parlamentsbeteiligungsgesetz ist hierfür die rechtliche Grundlage. Das ist aber lediglich die formale Ebene. Sie ist wichtig, aber hinter dem Parlamentsbeteiligungsgesetz und dem Umstand, dass das Parlament zustimmen oder ablehnen kann, steht für jede Bundesregierung natürlich auch die Notwendigkeit, das Parlament vor einer Antragstellung soweit wie möglich einzubeziehen und zu hören, inwieweit das Parlament bereit und in der Lage ist, mitzugehen. Wenn das gelingt, hat das im besten Fall zur Folge, dass es einen lange andauernden und über alle Parteigrenzen hinwegreichenden Konsens gibt. Deshalb ist die im Parlamentsbeteiligungsgesetz verankerte Pflicht der Bundesregierung, das Parlament über alle Vorfälle im Verlauf eines Einsatzes zu informieren, eine weitere wichtige Grundlage dafür, dass einem im Laufe eines Einsatzes sozusagen nicht das Parlament verloren geht und der Rückhalt, den die Soldaten brauchen, nicht schwindet. Herr Minister, ich will hier deutlich sagen – ich habe das auch an anderer Stelle getan –: Es wäre gut gewesen, wenn Sie dies berücksichtigt und das Parlament frühzeitig eingebunden hätten. Natürlich sind wir durch eine schriftliche Information einbezogen gewesen; das ist auch in Ordnung. Aber darüber hinaus mussten wir in der Zeitung lesen, dass Sie, Herr Minister, und auch der Parlamentarische Staatssekretär Kossendey sich sehr ausführlich über Details geäußert haben. Das ist immer schlecht; das Parlament sollte sich das – ich finde: zu Recht – nicht gefallen lassen. Wie sollen wir den Bundeswehreinsatz in Afghanistan, den ich hier nur stellvertretend für unser Engagement im Ausland nenne, den Bürgerinnen und Bürgern erklären, ja, sie davon überzeugen, wenn nicht in jedem Fall versucht wird, uns als Partner zu gewinnen? Ich meine damit keine Komplizenschaft, sondern den Rückhalt, den, glaube ich, jede Bundesregierung in einer solchen Frage braucht. Wie soll eine breite öffentliche Debatte über unsere Sicherheits- und Verteidigungspolitik entstehen, wenn der Informationsstrom und die Überzeugungsarbeit bereits an der Quelle versiegen? Herr Minister, indem ich – das will ich betonen – den Diskurs verhindere, ernte ich nur kurzfristig eine trügerische Ruhe und keine Ruhe oder Gelassenheit der Akzeptanz für unser Tun. Die Bundeskanzlerin, Sie, Herr Minister, der Bundesaußenminister und andere haben in der Debatte zu Recht darauf hingewiesen, dass wir in Afghanistan sind, nicht weil wir verhindern wollen, dass die Frauen dort Burka tragen müssen, sondern weil Afghanistan nicht wieder zum Rückzugsort für Terroristen werden soll. Gleichzeitig dient unser Engagement dort der Sicherheit der Menschen unseres Landes. Ich sage auch ganz klar: Diese Wahrheit mit Leben zu füllen, bedarf nicht nur einer jährlichen Bundestagsdebatte über die Verlängerung des Mandats; dies muss immer und immer wieder erklärt werden. Ich glaube, es wäre gut, wenn wir uns ehrlich vor Augen hielten: Hier sind wir weniger vorangekommen, als wir es uns wünschen und es notwendig ist, um die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes davon zu überzeugen, dass das, was wir in Afghanistan tun, keine Verschwendung ist, sondern dass wir es auch für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes tun. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind heute Morgen im Verteidigungsausschuss und im Auswärtigen Ausschuss über die Aspekte, die zu berücksichtigen sind, informiert worden. Ich sage ganz deutlich: Das Bild, das sich uns daraus ergeben hat, lässt aus meiner Sicht immer noch keine voreiligen Schlüsse zu. Vielmehr sollten wir abwarten, bis die Untersuchungen abgeschlossen sind. Ich wundere mich schon sehr – auch nach der Information heute Morgen in den Ausschüssen –, über welche Erkenntnisse einige verfügen, die mit großer Sicherheit davon ausgehen, dass das Gebot der Verhältnismäßigkeit verletzt worden ist, und die schon ausmachen können, dass hier gravierende Fehler begangen worden sind. Unsere Soldaten, die im Raum Kunduz eingesetzt sind, haben einen gefährlichen und schweren Auftrag zu erfüllen. Sie sind tagtäglich mit konkreten Gefährdungen für Leib und Leben der Afghanen, aber auch für sich selbst konfrontiert. Sie müssen zum Teil sehr weitreichende Entscheidungen treffen. Sie haben alles Recht darauf, dass dies bei der Kommentierung und Bewertung berücksichtigt wird. Ich sage ganz deutlich: Wir müssen berücksichtigen, dass da, wo Menschen handeln, Fehler gemacht werden können. Dies liegt letzen Endes in der Natur der Sache. Jeder hat das Recht, vor voreiligen Verurteilungen geschützt zu werden. Inzwischen ist es wahrscheinlich, dass auch zivile Opfer zu beklagen sind. Die Bilder, die uns am Wochenende aus dem Krankenhaus von Kunduz erreichten, können niemanden gleichmütig lassen. Ich bin überzeugt, dass die Bundesregierung zusammen mit unseren Partnern auf die Betroffenen und die Familien der Opfer zugehen wird. Ich will abschließend sagen: Die Bundeswehr hat mit der Art und Weise ihres Auftretens und Vorgehens stets das Ziel verfolgt, für die Menschen in Afghanistan zu wirken. Sie will nicht als Besatzer auftreten, sondern als Unterstützer für den Wiederaufbau. Vor diesem Hintergrund kommt dem Vorfall am letzten Freitag eine große Bedeutung zu, nicht weil wir von unserer bisherigen Strategie abgewichen wären, sondern weil wir befürchten müssen, dass die vorschnellen Kommentierungen und Einreden letzten Endes auf fruchtbaren Boden fallen und wir dadurch zunehmend unter Druck geraten. Deswegen ist es so wichtig, dass wir das, was am letzten Freitag passiert ist, mit großer Transparenz aufklären. Wir müssen Afghanistan auf dem Wege zu Stabilität und Sicherheit weiterhin helfen und an unserer nach wie vor richtigen Strategie festhalten.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben im Laufe dieser Debatte auch über die Rahmenbedingungen gesprochen, die sicherstellen, dass die Bundeswehr, die sich um die Besten bemühen muss, dies auch tun kann. Das personelle Eignungsprofil unserer Soldaten wird künftig durch die Beherrschung militärischer Fähigkeiten, durch moralisch-ethische Integrität, geistige Flexibilität und lebenslanges Lernen gekennzeichnet sein. Sprachkenntnisse, interkulturelle und soziale Kompetenz, Innovationsfähigkeit, technisches Verständnis, Leistungs- und Einsatzbereitschaft, psychische und physische Belastbarkeit sind dabei wichtige Voraussetzungen, die die Soldatinnen und Soldaten erfüllen müssen. Dabei wissen wir, liebe Kolleginnen und Kollegen: Der Geburtenrückgang wirkt sich mittlerweile deutlich auf das Bewerberaufkommen für einen Dienst in den Streitkräften aus. Im Ergebnis wird der demografische Wandel fast unvermeidlich zu einer Umkehrung der Wettbewerbsposition führen. Qualifizierte Arbeitskräfte werden in wenigen Jahren ein knappes Gut sein. Deshalb sind schon heute erhebliche Anstrengungen und neue Konzepte erforderlich, um in Zukunft ausreichend qualifizierten Nachwuchs für die Streitkräfte zu gewinnen. Zum Konzept der Vereinbarkeit von Familie und Beruf bzw. Familie und Dienst ist schon einiges gesagt worden. Deshalb will ich mich auf eine Bemerkung beschränken, die mir sehr wichtig erscheint. Ich glaube, der Mentalitätswandel wird von allen – sicherlich auch von den Soldatinnen und Soldaten – positiv vermerkt. Wenn aber über diesen Mentalitätswandel hinaus etwas erreicht werden soll, dann brauchen wir sicherlich auch eine stärkere finanzielle Ausstattung als bisher. Wir stehen aber nicht nur in den eben genannten Bereichen in der Nachwuchsgewinnung vor großen Herausforderungen, sondern das gilt auch für die zivilen Beschäftigten der Bundeswehr. Die Zielstruktur sieht bis 2010 75 000 Stellen vor. Momentan sind wir von den 75 000 Stellen noch sehr weit entfernt. Gleichzeitig ist schon heute ein Fehl von 600 Ingenieurinnen und Ingenieuren im Rüstungsbereich festzustellen. Deshalb müssen wir den Beschäftigten im zivilen Bereich der Bundeswehr mit klaren Strukturen und Stellenplänen Verlässlichkeit und Planbarkeit bieten. Gerade den Nachwuchskräften aus dem Ingenieurbereich, die überall begehrt sind, muss die Bundeswehr attraktive Angebote machen. Wir haben Anfang des Jahrzehnts ein Attraktivitätsprogramm mit der Neuordnung der Laufbahn, der Anhebung der Eingangsbesoldung und den zahlreichen Angeboten der zivilberuflichen Aus- und Weiterbildung aufgelegt. Damit wurde ein wichtiger Eckpfeiler für die Gewinnung junger bildungsorientierter und engagierter Männer und Frauen für den freiwilligen Dienst in der Bundeswehr geschaffen. Die Möglichkeit, zu Beginn der Dienstzeit in der Bundeswehr eine Berufsausbildung zu absolvieren, wird von sehr vielen jungen Menschen genutzt. So stehen seit einigen Jahren ständig circa 10 000 Soldatinnen und Soldaten in der beruflichen Ausbildung. Jedes Jahr verlassen circa 25 000 ausgebildete Soldatinnen und Soldaten die Bundeswehr, häufig mit einer während der Dienstzeit erworbenen Qualifikation auf der Meisterebene. Deswegen glaube ich, dass die Fähigkeiten, die in der Bundeswehr erworben werden, auch später für die Wirtschaft von unschätzbarem Wert sind. Wenn wir eine ausreichende Zahl von Bewerbern für den freiwilligen Dienst in der Bundeswehr wollen, aus der die Besten ausgewählt werden können, dann müssen sich jedes Jahr circa 50 000 junge Menschen bewerben. Angesichts der demografischen Entwicklung müssen wir aus meiner Sicht aber schon heute darüber nachdenken, wie wir diesen jährlichen Bedarf reduzieren können. Es wird uns nichts anderes übrig bleiben. Langfristige Planbarkeit und eine qualitativ hochwertige Berufsausbildung sind starke Argumente für eine Karriere bei der Bundeswehr auf allen Laufbahnebenen. Ein Weg, um dies zu realisieren, besteht zum Beispiel darin, dass die Mannschaftsdienstgrade die Möglichkeit erhalten, sich bis zu zwölf Jahre als Zeitsoldat zu verpflichten. Der Bundestag hat im letzten Jahr aus dem Bericht über den maroden Zustand der westdeutschen Kasernen Konsequenzen gezogen. Die Haushaltsmittel für den Bauunterhalt und für Baumaßnahmen wurden deutlich erhöht. Darüber hinaus wurde ein Infrastruktur-Sonderprogramm "Sanierung Kasernen West" für die Sanierung und Modernisierung westdeutscher Kasernen verabschiedet. Hierfür sind für den Zeitraum 2009 bis 2011 weitere 542 Millionen Euro eingeplant. Dabei wird schrittweise ein neuer Unterbringungsstandard realisiert – das wird höchste Zeit –, der den geänderten Anforderungen der Bundeswehr an eine zeitgemäße Unterbringung Rechnung trägt. Auch das gehört zur Attraktivität. Darauf wurde bereits hingewiesen, aber ich möchte das wiederholen: Es ist sehr bedauerlich, dass die Planungskapazitäten der Bau- und Liegenschaftsbetriebe der Bundesländer in einigen Wehrbereichen nicht ausreichend sind, sodass die bereitgestellten Mittel für die Sanierung und Modernisierung 2008 nicht genutzt werden konnten. Ich hebe das hervor, damit klar wird, dass das Parlament seine Hausaufgaben gemacht hat. Weiterhin dringlich bleibt, dass die Modellversuche zum Bau der Pendlerappartements realisiert werden, um der großen Zahl von Soldatinnen und Soldaten, die nicht mehr an den neuen Standort umziehen – diese Zahl steigt ständig –, eine angemessene Unterkunft zur Verfügung zu stellen. Eine bedrohungsgerechte und moderne Ausrüstung ist insbesondere für die Auslandseinsätze von großer Bedeutung. Darüber haben wir nicht nur heute das eine oder andere gehört. Mir haben die verantwortlichen Kommandeure versichert, dass sie mit der Ausrüstung im Einsatz sehr zufrieden sind. Wenn ein neuer Bedarf auftritt, wird dieser im Rahmen des einsatzbedingten Sofortbedarfes – auch kurzfristig – gedeckt. Aufgrund des erreichten hohen Ausstattungsgrades der Auslandskontingente haben sich die Ausgaben in Höhe von fast 400 Millionen Euro im Jahr 2003 auf 105 Millionen Euro im letzten Jahr reduziert. An dieser Stelle darf man zu Recht den Mitarbeitern des Bundesamtes für Wehrtechnik und Beschaffung für ihre kompetente und schnelle Arbeit bei der kurzfristigen Beschaffung für die Auslandseinsätze danken. Allerdings sehe ich die Notwendigkeit, in Zukunft neben dem Ankauf auf dem Markt verfügbarer Produkte langfristig stärker anforderungsgerechte Eigenentwicklungen in unsere Überlegungen wieder einzubeziehen. Auf einen dieser Aspekte hat Kollege Kahrs – aus meiner Sicht zu Recht – hingewiesen. Bei der Gewährleistung der Sicherheit unseres Landes sind wir darauf angewiesen, leistungsfähige Männer und Frauen für den Dienst in der Bundeswehr zu gewinnen. Dazu gehört – machen wir uns nichts vor – auch und in erster Linie eine auskömmliche Besoldung. In den letzten Jahren haben wir mit mehreren gesetzlichen Nachbesserungen die Voraussetzungen für die Steigerung der Attraktivität des Dienstes in den Streitkräften geschaffen; darauf wurde bereits mehrfach hingewiesen. Wir sind im Rahmen des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes wichtige Schritte gegangen, um die drohende Abwanderung und Abwerbung qualifizierter Kräfte aus der Bundeswehr zu verhindern. Wenn wir uns aber auch in Zukunft um die Besten bemühen wollen, wird am Ende ein Gesamtkonzept stehen müssen, um die Attraktivität der Bundeswehr nachhaltig und langfristig zu steigern. Gerade Fachärzte, erfahrene Piloten und IT-Personal – um nur einige zu nennen – sind nicht auf die Arbeitsplätze in der Bundeswehr angewiesen, sondern könnten auch draußen in der Wirtschaft attraktive Arbeitsplätze finden. Deswegen sollten wir die Zeit nutzen, die wir haben. Ich glaube, alle haben die Notwendigkeit erkannt. An einer Steigerung der Attraktivität müssen wir weiter arbeiten. Wir dürfen nicht vergessen: Dies wird Geld kosten. Ohne Geld in die Hand zu nehmen, wird es nicht gelingen, ein Gesamtkonzept auf den Weg zu bringen. Ich will mich an dieser Stelle sehr herzlich bei den Soldaten, den zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie ihren Familien für den Dienst im Ausland bedanken. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Den fliegenden Wechsel oben bemerkend, sage ich jetzt: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Jede Debatte über den Haushalt ist ein Ringen um die richtigen Schwerpunktsetzungen. Ich glaube, dieser Haushalt ist uns wirklich gelungen; obwohl schon einige wichtige Punkte genannt worden sind, will ich sie noch einmal kurz ansprechen. Wir planen eine Erhöhung des Wehrsolds; der Dienst in der Bundeswehr wird also durch einen materiellen Anreiz attraktiver gestaltet. Im Zusammenhang mit dem Einsatz-Weiterverwendungsgesetz schaffen wir ein erhebliches Maß an Sicherheit für die im Auslandseinsatz versehrten Zeitsoldaten, Reservisten, Beamten und Mitarbeiter von Hilfsorganisationen. Im Rahmen des Projekts Schützenpanzer Puma haben wir uns mit den wichtigen Fragen der Ausrüstung und des Schutzes der Soldaten im Einsatz beschäftigt. Das Infrastrukturprogramm West ist hier schon mehrfach erwähnt worden. Um die Modernisierung der Streitkräfte und die Bereitstellung der für den Einsatz unverzichtbaren Ausrüstung zu gewährleisten, müssen wir - das wissen wir nicht erst seit heute - nach neuen Wegen suchen, um die Investitionen zu erhöhen und die Effizienz der eingesetzten Mittel zu steigern. Daher möchte ich den Schwerpunkt meiner heutigen Ausführungen bei der Reduktion der Betriebsausgaben setzen und auf unsere erfolgreiche Arbeit auf dem Gebiet der öffentlich-privaten Partnerschaft eingehen. Im Rahmen des Transformationsprozesses hat die Bundeswehr in den letzten Jahren in großem Umfang Geräte und Systeme aus der Nutzung genommen, die sie angesichts ihrer neuen Struktur nicht mehr benötigt. So wurde in den letzten drei Jahren nicht nur die Anzahl der Panzer und Schützenpanzer mehr als halbiert, sondern es wurde auch eine Vielzahl anderer Geräte und Systeme ausgemustert. Um unsere Betriebs- und insbesondere die Materialkosten weiter zu reduzieren und dadurch noch mehr Raum für die Konzentration der Bundeswehr auf ihre Kernaufgaben zu schaffen und auch um die Zielstruktur beim Umfang des Zivilpersonals im Transformationsprozess zu erreichen, müssen wir diesen Weg entschlossen weitergehen. Die Bundeswehr als Armee im Einsatz kann nicht mehr alle sie betreffenden Aufgaben selbst erledigen. Sie muss sich mit dem zur Verfügung stehenden Personal auf die Fähigkeiten konzentrieren, die auf dem Markt nicht zur Verfügung stehen. Dafür braucht sie leistungsfähige Unterstützung, auch auf dem Wege von Privatisierungen. Hinzu kommt: Die Bundeswehr hat es im Vergleich zu anderen mit besonders kostenintensiven und langfristigen Investitionen auf der einen Seite und mit besonders hohen Know-how-Anforderungen auf der anderen Seite zu tun. Die Bundeswehr hat deshalb seit 1999 ihre Anstrengungen zur Erhöhung der Wirtschaftlichkeit und des Innovationspotenzials sowie zur Erschließung privaten Kapitals bei allen Unterstützungsaufgaben erheblich vergrößert. Mit fast 1,5 Milliarden Euro pro Jahr für die Kooperationsfelder und Betreiberverträge steht die Bundeswehr im Übrigen an der Spitze der öffentlich-privaten Partnerschaften in Deutschland. Auf diesem Weg leisten die GEBB und die im Bundesverteidigungsministerium eingerichtete Abteilung Modernisierung eine wertvolle und unverzichtbare Arbeit. Meine sehr verehrten Damen und Herren, erst in der letzten Woche hat die IT-Gesellschaft in Meckenheim ihren endgültigen Sitz bezogen. Ich kann den vielen positiven Stimmen nur beipflichten: HERKULES hatte einen guten Start. Nach weniger als einem Jahr hat das Projekt HERKULES mit der BWI nun sein Domizil gefunden und kann mit Jahresbeginn die Integrationsphase starten. Dann wird die Migrationsphase abgeschlossen sein, in der 800 Soldaten, 400 Siemens- und IBM-Angestellte und 1 550 gestellte zivile Angehörige der Bundeswehr - sicher auch so manchen kulturellen Unterschied überwindend - ihren neuen Arbeitsplatz für die nächsten Jahre eingenommen und die zivile, die weiße IT-Infrastruktur übernommen haben. Dazu wurden an 1 784 Standorten Bestandsaufnahmen durchgeführt und bestehende Verträge der Bundeswehr mit mittelständischen Unternehmen in Drittverträge migriert. Obwohl das gesamte ÖPP bis 2014 läuft, soll die Erneuerung der IT - sprich: die Installation von 140 000 PCs und Servern, 300 000 Festnetztelefonen und 15 000 Mobiltelefonen - bereits 2010 abgeschossen sein. Vielen Mitgliedern des Verteidigungs- und auch des Haushaltsausschusses war es übrigens bei der Entscheidung über HERKULES besonders wichtig, dass kleine und mittlere Unternehmen am Vertragsvolumen partizipieren. Zwar war eine Mittelstandskomponente von 30 Prozent im Vertrag enthalten, doch war sie aus unserer Sicht zu wenig spezifisch. Der Haushaltsausschuss drängte daher erfolgreich auf ein konkretes Mittelstandskonzept und auf jährliche Berichte des BMVg. Nicht zuletzt hat uns der Koalitionsvertrag aufgegeben, die Möglichkeiten der verschiedenen Betreiber- und Kooperationsmodelle weiterzuentwickeln und noch bessere gesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen, um das vorhandene Effizienzpotenzial zu nutzen und speziell die Bundeswehr von Aufgaben zu entlasten. Die kritische Überprüfung ist hier selbstredend mit eingeschlossen. Nach meiner Auffassung haben wir mit der Kooperation mit der Wirtschaft den richtigen Weg beschritten. Künftige Herausforderungen werden insbesondere ein effektives Controlling und ein exaktes Haushaltsgebaren sein sowie die auch vom Bundesrechnungshof konstatierte Möglichkeit des Verlustes bestimmter Fähigkeiten und Kompetenzen. Das genannte Risiko der Monopolbildung sehe ich bislang hingegen weniger. Doch ich will keinen Hehl aus meiner persönlichen Meinung machen, dass immer dann, wenn wir durch Eigenoptimierung Unterstützungsleistungen wirtschaftlicher erbringen können, wir diesen Weg gehen sollten. Bei jedem neuen ÖPP-Projekt ist allerdings immer wieder abzuwägen, für welche Produkte spezielle Bundeswehrlösungen notwendig sind und wo handelsübliche Lösungen den größeren Nutzen bringen. Konkret bei HERKULES ist die Verantwortung der Bundeswehr berechtigterweise wesentlicher Vertragsbestandteil. Schon während der Projektlaufzeit ist die Bundeswehr jederzeit in der Lage, unter bestimmten Bedingungen die unternehmerische Verantwortung zu übernehmen. Wir sind nicht nur mit diesem Projekt auf dem richtigen Weg, sondern auch mit anderen eingeleiteten Projekten, weil sie helfen, den notwendigen zusätzlichen Spielraum zu erarbeiten. Was im Verteidigungsbereich möglich ist, kann beispielgebend für andere Politikbereiche sein. Ich glaube, es lohnt sich, sich dies genau anzuschauen. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In dieser Debatte ist schon mehrfach auf die Einsatzrealität unserer Bundeswehr hingewiesen worden. Wir blicken inzwischen auf 15 Jahre Einsatzerfahrung unserer Streitkräfte zurück. Das heißt, seit eineinhalb Jahrzehnten gibt es ein Bemühen und ein Ringen darum, die Einsatzrealität nicht immer wieder nur zu beschreiben, sondern sie auch im Haushalt wirklich abzubilden. Seit mehr als eineinhalb Jahrzehnten dauert der nicht zuletzt durch die deutsche Einheit bedingte Reformprozess an; er ist noch lange nicht zu Ende. Der Reformprozess erfordert von den zivilen Mitarbeitern und den Soldatinnen und Soldaten ständige Veränderungsbereitschaft. Dieser Umgestaltungsprozess ist für alle Beschäftigten der Bundeswehr mit großen Belastungen verbunden. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, ihnen zu danken und sie unserer breiten parlamentarischen Unterstützung ihrer Arbeit, nicht zuletzt in den Einsätzen, zu versichern. Wenn wir den vorgelegten Einzelplan 14 mit den Einzelplänen der vergangenen Jahre vergleichen, sehen wir, dass zwar der Anteil der Investitionen am Plafond steigt, aber nur in sehr geringem Maße. Das bleibt unbefriedigend; das ist überhaupt keine Frage. Hinzu kommt, dass der Großteil der Investitionen sehr langfristig angelegt ist, wodurch der Spielraum für kurzfristige planerische Vorhaben oder für Reaktionen auf veränderte Bedarfe praktisch gegen null geht. Parallel dazu sinkt der Ansatz für die einsatzbezogenen Zusatzaufgaben von 642 Millionen Euro auf 600 Millionen Euro in 2008. Sicherlich kommt bei der Verringerung zum Tragen, dass sich der Verteidigungshaushalt parallel zum Transformationsstand der Bundeswehr doch zunehmend zu einem "Einsatzhaushalt" entwickelt hat, in dem die für die Einsätze erforderlichen Mittel für die personelle und materielle Befähigung zunehmend aus den originären Titeln finanziert werden. Doch ich hoffe, dass sich diese beiden Momente nicht gegenseitig verstärken, wenn drängende Beschaffungen größeren Umfangs anstehen. Dabei setze ich vor allem auf die sehr weit gehende Deckungsfähigkeit im Titel der einsatzbedingten Sofortbeschaffungen. Es ist oft, nicht zuletzt vom Generalinspekteur, darauf hingewiesen worden, dass es einer noch konsequenteren Ausrichtung auf die Einsätze bedarf, wenn es um Beschaffungen geht. Hierbei muss der Schutz der Soldaten und Soldatinnen ganz oben auf der Prioritätenliste stehen. Es ist gut, dass der GTK Boxer im Zulauf ist und dass die Produktion einer größeren Anzahl von Dingo 2 bewilligt ist. Ich rege aber an, darüber nachzudenken, wie die Versorgung mit geschützten Fahrzeugen noch stärker optimiert werden kann. Nach meinem Kenntnisstand wird nicht nur der Dingo in Boxbauweise produziert. Das bedeutet relativ wenige Stückzahlen pro Jahr dieser bewährten Fahrzeuge. Durch höhere Abnahmen könnte eine Umstellung auf die Produktion am Fließband erfolgen. Auf diese Weise würden die Zulaufzeiten deutlich verkürzt. Im Übrigen hätte das auch Auswirkungen auf die Preisgestaltung. Zum anderen hat sich angesichts der infrastrukturellen und geografischen Gegebenheiten und für die Erfüllung verschiedener Aufgaben der mit unseren zurzeit vorhandenen Transportkapazitäten sehr gut verlegbare und weniger schwere Typ Wolf bewährt. Diese Fahrzeuge besitzen ein eher geringes Schutzniveau, wurden und werden jedoch bereits in verschiedenen Stufen nachgerüstet. Ich begrüße die Anstrengungen des BWB, diese Umrüstungen zu vollziehen und noch schneller voranzutreiben. Sollte der Bedarf dennoch nicht gedeckt werden können, wären weitere Überlegungen anzustellen, wie der Zulauf intensiviert werden könnte. Liebe Kolleginnen und Kollegen, noch ein Wort zum Schutz und Ausbau von Feldlagern. Besonders natürlich in Afghanistan ist es nötig, sowohl den passiven Schutz als auch den aktiven Schutz über Aufklärung und Abwehr schnell und wirkungsvoll weiter zu verbessern. Der für den Frühling 2008 angekündigte Zulauf des Flugabwehrsystems Skyshield wird dringend erwartet und darf sich als ein wichtiges Element des aktiven Lagerschutzes nicht verzögern. In diesem Zusammenhang möchte ich das Thema Unterbringung nicht vergessen. Mein Kollege Kahrs wird darauf noch näher eingehen, aber ich erinnere in diesem Zusammenhang daran, dass es der Wehrbeauftragte gewesen ist, der auf den enormen Bedarf an Reparatur hingewiesen hat, nicht zuletzt auch im Hinblick auf eine attraktiv bleibende Bundeswehr. Mir geht es an dieser Stelle jedoch eher um die Unterbringung im Einsatz in unseren Feldlagern, wo ich Nachbesserungs- und auch Erweiterungsbedarf sehe. Sehr erfahren sind wir inzwischen mit länger dauernden Missionen. Das Camp Marmal in Mazar-e-Sharif oder das Camp Warehouse in Kabul sind Beispiele für zweckmäßige und sichere Unterbringung. Mit der EUFOR-Mission Kongo haben wir erstmals auch Erfahrungen mit dem Bedarf an Unterkünften in Kurzzeiteinsätzen gesammelt. Erstmals wurde das Feldlagersystem öffentlich und europaweit ausgeschrieben. Das heißt, mit der Unterbringung, mit der Verpflegung und mit den Serviceleistungen für alle im Kongo und in Gabun eingesetzten EUFOR-Truppen war ein ziviles Dienstleistungsunternehmen betraut. Dabei ist es - auch das hat der Wehrbeauftragte von einer Reise als Information mitgebracht - vor allem in den Anfangswochen zu vielen Reibungsverlusten gekommen, weil das Unternehmen noch über keine Erfahrungen verfügte und weil die Versorgungslage vor Ort anders eingeschätzt wurde. Der Vollständigkeit halber weise ich aber auch darauf hin, dass es in Afghanistan ebenfalls Anfangsschwierigkeiten gegeben hat. Das ist keine Besonderheit des Einsatzes im Kongo. Warum führe ich den Punkt Feldlager aus? Auch hier kommen wir an der Definition "Armee im Einsatz" nicht vorbei. Wir sollten uns möglichst kurzfristig umfassende Konzepte für unsere Soldaten - Unterbringung, baulicher und militärischer Schutz, Lagebild, Selbstverteidigung, Versorgung, Klima usw. - in kurz und länger dauernden Einsätzen ohne regionale Begrenzung überlegen und abrufbare Vorsorge treffen. Ich hege große Sympathie für ein eigenes Bausteinfeldlagersystem. Ich weiß aber auch, dass wir aus personellen Erwägungen heraus mittelfristig auf die Unterstützung erfahrener ziviler Dienstleister nicht verzichten können. Ich meine, dass unsere Erfahrungen im Kongo uns nicht dazu bringen dürfen, einseitige Annahmen für die Zukunft zu implizieren. Manchmal sind es aber auch taugliche Kleinigkeiten, die die Stimmung und damit die Motivation verbessern und so große Wirkung entfalten können. Dazu gehören zum Beispiel im Einsatz die standardmäßige Ausstattung mit Pistolenhalftern, eine neue Generation von Schutzwesten, die es erlaubt, sich bei Patrouillengängen deutlich besser bewegen zu können, eine stärkere Einbeziehung von mit Sicherheitssoftware ausgestatteten und inzwischen vor Ort schon gängigen Handys für die Kommunikation. Die Einsätze im erweiterten Aufgabenspektrum erfordern auch eine Veränderung des Charakters militärischen Dienens und des soldatischen Selbstverständnisses. Im Rahmen der Konfliktverhinderung oder Krisenbeherrschung werden Fähigkeiten verlangt werden, die bislang nicht gefordert waren. Das Eignungsprofil unserer Soldatinnen und Soldaten wird künftig gekennzeichnet sein durch Beherrschung handwerklicher militärischer Fähigkeiten, moralisch-ethische Integrität, geistige Flexibilität und lebenslanges Lernen. Sprachenkenntnis, interkulturelle Kompetenz, Innovationsfähigkeit, technisches Verständnis, soziale Kompetenz, Leistungs- und Einsatzbereitschaft, Kostenbewusstsein sowie psychische und physische Belastbarkeit sind dabei wichtige Forderungen an den Soldaten. Ich will an dieser Stelle besonders hervorheben, dass sich der seit Anfang der 90er-Jahre vollziehende Geburtenrückgang ab 2008 deutlich auf das Bewerberaufkommen für einen Dienst in den Streitkräften niederschlagen wird. Im Ergebnis wird der demografische Wandel fast unvermeidlich zu einer Umkehrung der Wettbewerbsposition führen. Qualifizierte Arbeitskräfte werden schon in wenigen Jahren ein knappes Gut sein. Deshalb sind schon heute erhebliche Anstrengungen und neue Konzepte erforderlich, um in Zukunft ausreichend qualifizierten Nachwuchs für den Dienst in den Streitkräften zu gewinnen. Dafür bleibt die Wehrpflicht eine der Möglichkeiten, die Auswahlkriterien in der Breite zu erhalten und die Soldatinnen und Soldaten für die Bundeswehr zu gewinnen, die wir in den Einsätzen brauchen. Wir brauchen nämlich nicht diejenigen, die aufgrund fehlender Lebensperspektiven keine andere Chance sehen, sondern wir brauchen diejenigen, die in der Lage sind, die von mir eben beschriebenen komplizierten Aufgaben und Anforderungen zu erfüllen. Ich habe darauf hingewiesen, dass auch dieser Haushalt ein Ringen um das Setzen der richtigen Prioritäten bleibt.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beraten heute abschließend über die Beteiligung der Bundeswehr an der UN-Mission UNIFIL im Libanon. Die Debatte gestern und auch heute hat gezeigt, dass eine solche Beratung - ganz abgesehen davon, dass es sich um einen besonderen historischen Gegenstand handelt - nie zur Routine für dieses Parlament wird. Es ist wichtig, in der Öffentlichkeit noch einmal deutlich zu machen, dass wir jeden einzelnen Einsatz mit großer Sorgfalt diskutieren, bevor wir darüber beschließen. Es ist mehrfach darauf hingewiesen worden, dass der Waffenstillstand, der seit dem 14. August errungen wurde, ein erster wichtiger Schritt ist. Jetzt muss er abgesichert werden. Die Europäische Gemeinschaft hat an der schnellen Verabschiedung der UN-Resolution wie an der zügigen und effizienten Ausgestaltung des Mandats, des Operationsplanes und der Einsatzregeln einen sehr großen Anteil. Darüber hinaus wird sie sich an der Truppe mit einer Gesamtstärke von 15 000 Soldaten mit 7 000 Soldaten beteiligen. Dies ist ein wichtiges Signal; denn es zeigt, dass die Europäer bereit sind, UN-Mandate zu unterstützen. Wir können nicht - das ist in der Vergangenheit immer wieder geschehen - auf der einen Seite lamentieren und beklagen, wie wenig wirksam und durchsetzungsfähig UN-Missionen sind, wenn wir nicht auf der anderen Seite bereit sind, uns mit einem entscheidenden Beitrag daran zu beteiligen. Das Mandat gewährleistet auch, dass die Welt, anders als es in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten der Fall gewesen ist, sehr genau hinsehen wird, was in dieser Region passiert, und sich nicht mehr heraushalten kann. Indem wir in diesen militärischen Prozess eingebunden sind, sind wir aus meiner Sicht auch zwangsläufig in den politischen Prozess, der jetzt verstärkt werden muss, eingebunden. Wenn die Mehrheit des Bundestages dem Antrag der Bundesregierung heute folgt, wird sich Deutschland an diesem robusten Friedenseinsatz im Nahen Osten beteiligen. Es hat im Vorfeld dieser Entscheidung erhebliche Zweifel daran gegeben, ob unsere besondere historische Rolle, unsere Verantwortung dies zulässt. Wir haben im Verteidigungsausschuss lange und mit großer Nachdenklichkeit darüber debattiert. Eine Bedingung, die sehr frühzeitig geäußert worden ist, war, dass die israelische Regierung diesem Einsatz zustimme. Nachdem nicht nur dies der Fall war, sondern die ausdrückliche Bitte, zu helfen, an Deutschland gerichtet worden ist, war meines Erachtens der Weg für ein deutsches Engagement frei. Deutschland genießt auf beiden Seiten hohes Ansehen und Vertrauen. Wir mussten natürlich die Frage beantworten: Stellen wir uns unserer Verantwortung, indem wir uns militärisch an einem Einsatz beteiligen, oder glauben wir, in dieser Region nur dann weiter als glaubwürdiger Makler gelten zu können, wenn wir uns ausschließlich auf politische und diplomatische Instrumente stützen? Nachdem auch der Libanon ausdrücklich darum gebeten hat, seine Küstengewässer in enger Kooperation mit ihm militärisch zu sichern und Waffenschmuggel zu unterbinden, und explizit die Bitte an Deutschland herangetragen hat, hier zu helfen, ist ein weiteres Argument hinzugekommen, unsere Verantwortung auch in Form einer militärischen Komponente wahrzunehmen. Nachdem die Bundesregierung sich zu einem maritimen Beitrag entschlossen hatte, konnte sich die libanesische Regierung aus innenpolitischen Gründen lange nicht dazu durchringen, an die Vereinten Nationen Anforderungen zur seeseitigen Sicherung zu richten. Die Einwände und Bedingungen, die der Libanon in den Verhandlungen über die Einsatzregeln vorbrachte, ließen vergleichsweise lange offen, ob diese und damit das Mandat so effektiv und durchsetzungsfähig sein würden, dass die Voraussetzungen für einen Erfolg dieser militärischen Friedensmission gegeben seien. Ich bin außerordentlich erleichtert darüber, dass es in den letzten Wochen gelungen ist, auf bestimmte Mindeststandards nicht nur zu bestehen, sondern sie auch durchzusetzen und damit die Effektivität und Wirksamkeit der Mission auch zu gewährleisten. Dies ist aus meiner Sicht mehr als eine lediglich semantische Verständigung. Hier geht es um den Nachweis darüber, dass der Beitrag, den wir leisten, mehr als ein symbolischer sein wird. Wir haben lange mit großer Nachdenklichkeit und auch leidenschaftlich über diesen Einsatz debattiert. Wenn wir ihn heute beschließen, gehört zur Seriosität dazu, darüber zu reden, wie die Bundeswehr diesen weiteren Auslandseinsatz bewerkstelligen kann. Der Einsatz im Libanon ist der zweite Auslandseinsatz der Bundeswehr in diesem Jahr, der zu Jahresbeginn noch nicht abzusehen war. Entsprechend konnten weder er noch der EU-Einsatz im Kongo im Verteidigungsetat des Jahres 2006 eingeplant werden. Parallel wurde kein laufender Einsatz beendet. Umso wichtiger ist die Verlässlichkeit eines Satzes in der Koalitionsvereinbarung, auf den der Bundesverteidigungsminister dankenswerterweise hingewiesen hat. Danach wird die Bundesregierung dafür Sorge tragen, dass der Bundeswehr die dafür notwendigen Ressourcen zur Verfügung stehen. Effizienz und Schutz unserer Soldaten sind die Determinanten für den Erfolg und die zeitliche Berechenbarkeit unseres militärischen Engagements. Auch dieser Bundeswehreinsatz birgt Gefahren; das wissen wir. Auch dieses Mal ist es unsere Aufgabe, die Risiken mitzubedenken und sie durch gut ausgebildete und ausgerüstete Streitkräfte sowie durchsetzungsfähige Einsatzregeln zu begrenzen. Die Marine fühlt sich für die Erfüllung ihres Auftrages gut gewappnet. Aber sie wartet - ich glaube, zu Recht - auf eine breite Zustimmung des Parlaments zu diesem Auftrag. Im Falle der mehrheitlichen Zustimmung hier im Bundestag werden sich die Marineeinheiten morgen auf den Weg in den Libanon begeben.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine moderne, wirksame, ausreichende und mit dem notwendigen Schutz ausgestatte Ausrüstung, die Einsatzorientierung im Bündnis sowie die Attraktivität der Streitkräfte sind die wichtigsten Koordinaten dieses Verteidigungshaushalts. Die Bundeswehr ist eine Armee im weltweiten Einsatz und sie ist zugleich eine Armee im tief greifenden Wandel. Beide eng miteinander verknüpften Entwicklungen kennzeichnen den Weg der Streitkräfte zu einer modernen Armee des 21. Jahrhunderts. Unser Ziel muss es sein, trotz der gegenwärtigen Sparzwänge, die nicht von der Hand zu weisen sind, in absehbarer Zeit noch bessere und einsatzfähigere Streitkräfte zur Verfügung zu stellen, um sie im Rahmen des erweiterten Aufgabenspektrums bedrohungsadäquat und wirkungsvoll einsetzen zu können. Derzeit haben wir 6 500 unserer 250 000 Soldatinnen und Soldaten in acht verschiedenen Operationen auf drei Erdteilen eingesetzt. Ich glaube, darauf muss man einmal hinweisen, weil den meisten Menschen gar nicht klar ist, dass die Soldaten seit Jahren in so vielen Einsätzen tätig sind. In Kürze wird der Kongoeinsatz, an dem wir uns im Rahmen der EU-Mission mit 780 deutschen Soldaten beteiligen, beginnen. An dieser Stelle darf man den Soldatinnen und Soldaten und nicht zuletzt auch den Zivilbeschäftigten für ihr Engagement in den Missionen danken. Weil die Zivilbeschäftigten im Zusammenhang mit den Auslandseinsätzen so gerne vergessen werden, will ich ausdrücklich sagen: Ohne ihre Leistung wäre das, was die Soldaten in ihren Einsätzen leisten, nicht möglich. Der diesjährige Einzelplan 14 ist vor allem von Kontinuität geprägt; darauf ist bereits hingewiesen worden. Wir haben ihn seit nunmehr sechs Jahren bei 24 Milliar-den Euro verstetigt. Damit leistet der Verteidigungshaushalt wiederholt einen Beitrag zur notwendigen Konsolidierung des Bundeshaushalts. Vor dem Hintergrund der schwierigen finanzpolitischen Gesamtsituation ist der Plafond eine Grundlage, die uns verlässliches Handeln ermöglicht, aber auch ein hohes Maß an Kreativität abfordert. Umso wichtiger ist die Verlässlichkeit der mittelfristigen Finanzplanung bis 2009, die eine recht deutliche Steigerung, um rund 1 Milliarde Euro, auf dann 25 Milliarden Euro vorsieht. Nach dem Bundesratsbeschluss vom letzten Freitag wird die Erhöhung der Mehrwertsteuer um 3 Prozentpunkte im nächsten Jahr kommen. Allein das bedeutet für den kostenintensiven Verteidigungsbereich eine Mehrbelastung in Höhe von 300 Millionen Euro jährlich. Es ist durchaus ein Problem, dies aufzufangen. Die Investitionsmittel wurden ebenfalls verstetigt, und zwar bei 25 Prozent. Das ist wichtig. Rechnet man die Mittel für Forschung und Technologie hinzu, die um 153 Millionen Euro auf circa 1,1 Milliarden Euro gestiegen sind, befinden sich Bundeswehrplanung und Finanzplanung im Einklang. Zum Glück bewegen wir uns damit - ich glaube, darauf darf man hinweisen - auf das Ziel von 30 Prozent für Investitionen zu. Bei den Investitivausgaben treten in diesem Jahr die Fähigkeiten Aufklärung, Informations- und Kommunikationstechnik sowie Logistik besonders hervor. Erst vor wenigen Tagen wurden entsprechende Verträge zu den Projekten vorbereitet, die über Betreiberverträge realisiert werden. Gerade von dem Projekt "Herkules" erhoffe ich mir, dass kleine und mittelständische IT-Unternehmen ihre Kompetenz weiterhin in den Dienst der Bundeswehr stellen können. Die andauernden Auslandseinsätze und die sich verändernden Bedingungen in den Einsatzgebieten erfordern in erster Linie die Fähigkeiten des Heeres. Von den 6 500 Soldaten der Bundeswehr in Auslandseinsätzen stellt das Heer weit über die Hälfte. Es liegt in seiner Struktur, dass es den Herausforderungen bei der Mandatserfüllung am Boden direkt ausgesetzt ist. Aufgrund der aktuellen Ereignisse in Afghanistan, wo sich Sprengstoffanschläge gegen deutsche ISAF-Truppenteile nicht erst seit der Übernahme des Kommandos über die internationale Schutztruppe mehren, werden wir die Schutzkomponente bei Planung und Beschaffung noch stärker gewichten müssen. Der Schutz der Soldatinnen und Soldaten ist ein ganz wichtiger Punkt. Darüber hinaus kommt es aber auch darauf an, dass man den Soldatinnen und Soldaten, die in ihren Einsätzen häufig einer Gefahr für Leib und Leben ausgesetzt sind, ein möglichst hohes Maß an Sicherheit und Verlässlichkeit hinsichtlich ihrer Berufsperspektive eröffnet. Deswegen ist es gut, dass der Bundesminister der Verteidigung jetzt über das Einsatzversorgungsgesetz hinaus eine Initiative, die aus dem Bereich der Abgeordneten gekommen ist, aufgegriffen hat. Demnächst dürfen Soldatinnen und Soldaten, die im Auslandseinsatz verwundet wurden, sicher sein, dass sie auch nach ihrem Einsatz eine Beschäftigung in der Bundeswehr finden. Das wird nicht von dem Wohlwollen des jeweiligen Ministers abhängig sein, sondern dafür wird es eine gesetzliche Grundlage geben. Darauf haben wir lange gewartet. Das ist wichtig; darauf müssen sich die Soldaten verlassen können. Ein wesentlicher Faktor der Transformation der Bundeswehr ist nicht zuletzt das Personalstrukturmodell 2010, das Minister Jung von seinem Vorgänger Peter Struck übernommen hat und konsequent weiterführt. Mit den bereits vollzogenen Strukturmaßnahmen konnten wir im letzten Jahr die Personalausgaben erstmals bei unter 50 Prozent des Gesamthaushalts veranschlagen. Das ist wichtig, weil wir zunehmend Spielräume für die notwendigen Beschaffungsvorhaben brauchen. An dieser Stelle sind wir um ein Erhebliches vorangekommen. Allerdings dürfen wir in unseren Anstrengungen nicht nachlassen. Das fordert den Soldatinnen und Soldaten, aber auch den Zivilbeschäftigten ein hohes Maß an Verständnis ab. Sie immer wieder einzubinden und ihnen deutlich zu machen, dass sie sich auf das, was geplant ist, auch verlassen können, dass der Mensch im Vordergrund des Transformationsprozesses steht, das muss von hier aus unsere Botschaft sein. Ich meine, das sind wir den Soldatinnen und Soldaten schuldig. Auch die Zivilbeschäftigten müssen sich darauf verlassen können. Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrter Willfried Penner, auch wenn ich als Vorletzte in dieser Debatte spreche, will ich mich dem herzlichen Dank an den Wehrbeauftragten und an seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für diesen Bericht anschließen. Jeder Soldat und jede Soldatin hat das Recht, sich mit ihren persönlichen Anliegen an den Wehrbeauftragten zu wenden. Wir haben mittlerweile mehrfach gehört, dass dieses Recht im Berichtsjahr über 6 000 Soldaten und Soldatinnen in Anspruch genommen haben. Aber im Zusammenhang mit den Vorfällen in Coesfeld haben wir auch zur Kenntnis zu nehmen, dass nicht alle Betroffenen dem Wehrbeauftragten wichtige Vorfälle, die sie bei der Bundeswehr erlebt haben, gemeldet haben. Betrachtet man die Fälle in der Bundeswehr, bei denen es um Misshandlungen von Untergebenen bzw. Kameraden ging, so stellt man fest, dass die Betroffenen die Möglichkeit, sich an den Wehrbeauftragten zu wenden, aus unterschiedlichen Motiven nicht umgehend genutzt haben. Das will ich niemandem vorwerfen. Aber ich finde, die Motive sollten uns schon interessieren. Zum Teil werden jetzt Vorfälle öffentlich - auch das haben wir durch den Bericht, den wir im Verteidigungsausschuss diskutiert haben, erfahren -, die bereits Jahre zurückliegen. Die Angaben dazu waren im Übrigen teilweise sehr diffus. Eine sofortige Meldung beim Wehrbeauftragten hätte den Schaden sicherlich wenn nicht abwenden, so doch begrenzen können. Ich will auch ganz deutlich sagen: Nicht nur die Soldaten, die sich erst jetzt melden, haben sich falsch verhalten; in der Verantwortung stehen vor allem diejenigen, die damals für Ausbildung und Führung zuständig waren. Ihnen ist möglicherweise Fehlverhalten anzulasten. Der Bericht spiegelt die aktuellen Sorgen und Nöte der Betroffenen wider. Ich finde, alle Betroffenen sollten die Institution des Wehrbeauftragten - die so alt ist wie die Bundeswehr - in Anspruch nehmen, für sich und zum Wohle der gesamten Armee. Motive wie fehlende Zivilcourage, Angst vor Repressalien und Angst vor zukünftiger Missachtung helfen in diesem Fall niemandem. Deswegen glaube ich, es ist richtig, dazu zu ermutigen, beobachtete Vorgänge - im Übrigen nicht nur solche, die man selbst erlitten hat - dem Wehrbeauftragten und damit dem Parlament zu melden. Der Bundesminister der Verteidigung hat daher alle Betroffenen zu Recht aufgefordert, dem Wehrbeauftragten Fälle von Misshandlung mitzuteilen. Diese Fälle müssen aufgeklärt werden und der Deutsche Bundestag muss darüber unterrichtet werden. Erst wenn alle Fälle auf dem Tisch liegen - nach dem zu urteilen, was bis jetzt gemeldet worden ist, scheint es sich ja nicht um ein Massenphänomen zu handeln -, kann man zu einem abgewogenen Urteil kommen, das dann die entsprechenden Maßnahmen nach sich ziehen muss. Man kann allerdings schon jetzt sagen, dass der Generalverdacht, den einige in Bezug auf die Bundeswehr geäußert haben, absolut nicht angebracht ist. Vielmehr haben wir es hier - Gott sei Dank - immer noch mit einem Phänomen einzelner Verfehlungen zu tun. An dieser Stelle müssen wir eher fragen: Wie konnte es zu dem Fehlverhalten von Ausbildern kommen? Wie konnte es dazu kommen, dass diejenigen, die von diesem Fehlverhalten betroffen waren, sich nicht eher gemeldet haben? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt. Krachende Allwissenheit und die Einstellung "Wir haben es ja schon immer gesagt" sind überhaupt nicht angebracht. Damit verbindet sich die Frage nach der Dienstaufsicht - darüber haben wir heute schon gesprochen -: Wie kann und muss sie funktionieren? Zu fragen ist auch nach der Erlasslage. Die Erlasslage ist eindeutig; darüber wird gar nicht gestritten. Für mich stellt sich die Frage: Ist die Erlasslage bei aller Eindeutigkeit für alle - auch für diejenigen, die gut daran täten, sie zu kennen - wirklich nachvollziehbar und wird sie ihnen in der gebührenden Gründlichkeit nahe gebracht? Ich muss erwarten, dass nicht nur der Bataillonskommandeur und der Kompaniechef, sondern wirklich alle, die mit Ausbildung befasst sind, über den Kern der Erlasslage in diesen Punkten nicht nur informiert sind, sondern sie auch präsent haben. Die andere Frage ist: Wie kann man Ausbildung gestalten, auch Ausbildung, die auf Auslandseinsätze ausgerichtet ist, um für den Ernstfall, aber nicht den Ernstfall zu proben? In den Zusammenhang gehört natürlich auch die Frage: Welche Ausbilder brauchen wir eigentlich und wie müssen wir die Ausbilder vorbereiten, damit sie ihrer schwierigen Aufgabe gerecht werden können? Ich will in diesem Zusammenhang auch noch ein Wort zur Wehrpflicht sagen. Die Vorfälle von Coesfeld bringen die einen zu dem Schluss: Die Wehrpflichtarmee ist die einzig mögliche Wehrform, um sicherzustellen, dass solche Vorfälle zumindest bekannt und transparent werden. Nur sie gewährleistet die notwendige Sensibilität in der Gesellschaft. Die anderen sagen: Die Wehrpflichtarmee ist obsolet. Diese Vorfälle haben gezeigt, dass das nicht die Wehrform der Zukunft sein kann. Beides, glaube ich, ist in dieser Pauschalität falsch. Die Fragen, die sich damit verbinden, sind sehr viel komplexer. Es geht eben nicht nur um Nachwuchsgewinnung, sondern es geht auch um Auftrag, um Finanzen und natürlich auch um Fragen der Wehrgerechtigkeit. Deswegen muss man sehr genau hinschauen, um diese Frage dann abschließend beantworten zu können. Ich will trotzdem mit aller Eindeutigkeit sagen, dass die Wehrpflicht durch den Zugriff auf Rekruten aus Bevölkerungskreisen, die der Bundeswehr sonst nicht zur Verfügung stünden, weitgehend sozial repräsentative und aufgeschlossene Streitkräfte sicherstellt. Dadurch kann - ich halte das nicht für widerlegt - das Leistungs- und Bildungspotenzial der Bevölkerung für die Streitkräfte umfassend genutzt werden. Die Integration der Bundeswehr in die Gesellschaft - und damit bürgernahe Streitkräfte - ist zu einem Qualitätsmerkmal geworden. Dies ist ein wichtiger gesellschaftspolitischer Erfolg für unser Land, auf den wir zu Recht stolz sein sollten und den wir nicht leichtfertig aufs Spiel setzen sollten. In den vergangenen Wochen ist im Zusammenhang mit den Vorfällen in Coesfeld viel über Innere Führung geredet worden. Der Soldat/die Soldatin soll den Sinn und die Notwendigkeit des Dienstes erkennen. Dies ist ein Baustein der Inneren Führung. Prägendes Merkmal bleibt der Staatsbürger in Uniform. Der Staatsbürger in Uniform ist eine freie Persönlichkeit, verantwortungsbewusster Staatsbürger und einsatzbereiter Soldat. Gerade für Auslandseinsätze hat die Innere Führung eine große Bedeutung. Dies wird jetzt im Unterausschuss sehr detailliert und wirklich auch in die Tiefe gehend nachbearbeitet, damit dem Parlament im nächsten Jahr Vorschläge dazu gemacht werden können. Allen Behauptungen zum Trotz ist man im BMVg natürlich auch längst dabei, auf die Herausforderung "Auslandseinsätze und Innere Führung" zu reagieren. Ich will an dieser Stelle noch einmal sagen, dass sich die Bundeswehr seit der Zeitenwende 1989/1990 natürlich erheblich verändert hat. So weist der Wehrbeauftragte zu Recht auf die Probleme im gegenwärtigen Transformationsprozess der Bundeswehr hin. Frau Kollegin Schäfer, wenn wir schon über Reformen der Bundesregierung reden, dann will ich an dieser Stelle Folgendes sagen - Kollege Arnold hat sich dazu schon ausführlich geäußert -: Wenn ein schwieriger Reformprozess, in dem Fall Transformationsprozess, von allen Beteiligten so getragen würde wie von der Bundeswehr, müssten wir uns über das Reformklima und die Reformfähigkeit dieses Landes keine Sorgen machen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Naturgemäß sind Haushaltsdebatten, wenn sie gut laufen, die Stunde der Opposition. Das ist keine Frage. Wenn man aber aufmerksam zugehört und die Themen verfolgt hat, die von Herrn Austermann bis zu Herrn Siebert angesprochen worden sind, dann muss man sich wundern. Die Beiträge erinnern weniger an eine realistische Haushaltsdiskussion als an eine Märchenstunde und den Versuch, das, was im Transformationsprozess durch die Bundeswehr erfolgreich fortgesetzt werden soll, kleinzureden und in Misskredit zu bringen. Ich bin dem Kollegen Nolting außerordentlich dankbar dafür, dass er in seinen Ausführungen den Kollegen Austermann darauf hingewiesen hat, dass sich das, was wir heute Morgen im Verteidigungsausschuss nach einer ausführlichen Information durch den Minister sehr ernsthaft diskutiert haben, in keiner Weise dazu eignet, in dieser Debatte instrumentalisiert zu werden. Ich glaube, ich muss an dieser Stelle nicht noch einmal darauf hinweisen - das haben meine Vorredner bereits getan -, dass wir selbstverständlich mit großer Besorgnis auf das schauen, was vorgefallen ist. Wir haben allen Anlass, genau auf die Motive zu schauen, die jene bewogen haben könnten, so zu handeln. Wir müssen aber auch die Motive derer genau untersuchen, die ganz offensichtlich kein Gefühl dafür hatten, dass ihnen grobes Unrecht angetan worden ist. Das sind die Fragen, die uns bewegen. Eines sollten wir nicht tun: Wir sollten nicht die Bundeswehr generell unter einen Verdacht stellen. Ich glaube, wir Verteidigungspolitiker tun gut daran, solche Vorwürfe zurückzuweisen.
Nein. Ich möchte jetzt keine Zwischenfrage zulassen, sondern meine Ausführungen fortsetzen. Ich will auf einen weiteren Punkt eingehen, der hier immer wieder eine Rolle gespielt hat: die Wehrpflicht. Ich kann gut verstehen, dass man, wenn man die derzeitige Diskussion in meiner Partei verfolgt - auf die wir im Übrigen zu Recht stolz sein können, weil wir diese Frage nämlich wirklich offensiv aufnehmen und diskutieren -, den Versuch unternehmen könnte, der SPD respektive den Verteidigungspolitikern zu unterstellen, sie seien dabei, die Wehrpflicht infrage zu stellen. Das ist nicht so. Wir halten die Wehrpflicht nach wie vor für die bessere und die modernere Wehrform, auch unter Berücksichtigung all der Fragen, die in dem Zusammenhang beantwortet werden müssen. Natürlich stellt sich die Frage nach der Wehrgerechtigkeit und nach der Ausbildung. Natürlich gehört die Frage, welchen Stellenwert Wehrpflichtige bei Auslandseinsätzen haben, ebenso dazu wie die Frage nach der Sinnhaftigkeit ihres Einsatzes nach ihrer Ausbildung. Diese Fragen werden wir in aller Ruhe in den nächsten Monaten miteinander diskutieren und beantworten. Ich will aber an dieser Stelle all jenen, die hier jetzt immer beklagen, das Konzept der so genannten Transformation - davon spricht Herr Austermann immer -, lasse die Erfordernisse der Verteidigung unseres eigenen Landes völlig außer Acht, sagen: Wahr ist doch, dass die Einsätze heute und in der Zukunft sehr wahrscheinlich Einsätze zur Krisenbewältigung und zum Konfliktmanagement sind und sein werden. Sich daran vorbei zu mogeln hieße, den Realitäten nicht ins Auge zu sehen. Auch Beiträge der Bundeswehr zum Kampf gegen den internationalen Terrorismus gehören dazu. Auf diese Anforderungen richten wir Struktur, Organisation und Ausrüstung der Bundeswehr aus. Im Haushaltsentwurf 2005 werden die konzeptionellen und operativen Vorgaben im Transformationsprozess der Bundeswehr klar und deutlich abgebildet. Die Zeit, in der der Einzelplan 14 ein Brückenhaushalt war, ist endgültig vorbei und das ist gut so. Wir setzen Prioritäten auf der Basis des finanziell Machbaren. Natürlich könnten wir auch ähnliche Luftnummern machen, wie wir sie noch aus Ihrer Regierungszeit kennen, aber damit würden wir weder der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik unseres Landes noch den Soldatinnen und Soldaten dienen. Zu den aktuellen Schwerpunkten gehören eine solide Ausbildung und Einsatzbefähigung unserer Streitkräfte auf hohem Niveau sowie eine gute allgemeine Ausrüstung. Wer in diesem Zusammenhang immer darauf hinweist, das Material, das wir zur Verfügung stellen, sei alt und verbraucht, der muss sich wirklich noch einmal ein paar Jahre zurückerinnern und an das Geraffel denken, mit dem die Bundeswehr ausgerüstet war, als Sie die Verantwortung für diese Streitkräfte hatten. Zu den Schwerpunkten gehören weiter zivilberuflich nutzbare Qualifikationen für unsere Frauen und Männer in den Streitkräften und eine einsatzfähige Technik. Alle im Gesamtspektrum denkbaren Waffen und Geräte zu beschaffen, ermöglicht dieser Haushalt nicht. Das wissen wir und das will auch ich überhaupt nicht leugnen; das hat im Übrigen niemand getan. Der vorliegende Haushalt schließt auch nicht alle Lücken zu den Fähigkeiten, zu denen wir uns in der NATO und in der EU verpflichtet haben. Aber er markiert einen wichtigen Meilenstein zur notwendigen Modernisierung der Streitkräfte. Wir haben heute Morgen im Verteidigungsausschuss da-rüber gesprochen und werden in dieser Woche auch hier im Bundestag noch darüber sprechen. Der Haushalt ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Modernisierung der Streitkräfte. Mit ihm können wir außerdem unsere laufenden multinationalen Einsätze finanzieren. Wir werden in Zukunft noch genauer darauf achten, ob das, was wir beschließen, verantwortbar ist. In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen der Opposition, heute Morgen im Verteidigungsausschuss die Finanzierbarkeit eines denkbaren Einsatzes im Sudan nicht infrage gestellt haben. Ich möchte noch einen anderen Punkt aufgreifen. Angesichts der Tatsache, dass Sie zwar bei jeder Gelegenheit über den - angeblich - drastisch unterfinanzierten Verteidigungshaushalt lamentieren, dass Sie sich aber nicht scheuen, an der einen oder anderen Stelle Kürzungen zu fordern, frage ich mich, was Sie eigentlich wollen. Ich möchte nicht noch einmal die Vorschläge des bayerischen Ministerpräsidenten oder von Herrn Austermann, der glaubt, dass eine Kürzung sämtlicher Bundesausgaben um 3 statt um 5 Prozent ausreichend ist, als Beispiele bemühen. Herr Kollege Austermann, da Sie in Ihrer Rede unser Stationierungskonzept infrage gestellt haben, frage ich Sie, wie das alles, was Sie fordern, zusammenpassen soll. Auf der einen Seite wollen Sie, dass die Bundeswehr den Weg zu mehr Wirtschaftlichkeit einschlägt, um größere Spielräume für Investitionen zu bekommen, und dass sie als Arbeitgeber ihren Beschäftigten eine attraktive Besoldungsstruktur bietet. Auf der anderen Seite fordern Sie, an allen Standorten festzuhalten, und tun so, als ob die Entscheidungen im Zusammenhang mit unserem Stationierungskonzept nach dem Gusto von Duodezfürsten und nicht nach sachlichen Erwägungen getroffen worden wären. Dies ist einfach unseriös. Bei aller Ernsthaftigkeit, die die Kolleginnen und Kollegen der Opposition durchaus an der einen oder anderen Stelle gezeigt haben, ist wieder deutlich geworden, dass Sie die Sicherheit unseres Landes allein über die Verteidigungsausgaben definieren. Angesichts unserer heutigen gesellschaftlichen Probleme - das zeigt doch die Diskussion über Hartz IV in den letzten Monaten - ist Ihr Ansatz aus meiner Sicht völlig unrealistisch. Unser Verständnis von Sicherheit bindet auch die Aspekte von sozialer Zufriedenheit und Wirtschaftskraft ein. Das Gesamtwohl unseres Landes ist ein tragender Pfeiler unserer Interessen und somit der Sicherheit unseres Landes. Deshalb ist es unrealistisch, mehr Geld für die Verteidigung zu fordern, wenn man weiß, dass dies zu gravierenden Einschnitten in anderen gesellschafts- und sozialpolitischen Bereichen führen wird. Wir gehen einen anderen Weg. Wir nutzen die tatsächlich verfügbaren Haushaltsmittel für die Verteidigung zukunftsorientiert und aufgabenbezogen, und zwar für unsere Streitkräfte und die davon abhängige wehrtechnische Industrie. Es wird nur noch das beschafft, was die Bundeswehr tatsächlich braucht. In der Ausrüstungsplanung sind nur noch die Beschaffungsvorhaben, die auch realisiert werden. Dadurch bekommen wir mittelfristig Gestaltungsspielraum für neue Rüstungsvorhaben und Waffensysteme, die im Streitkräfteverbund notwendig sind. Mit dem Haushaltsentwurf 2005 für den Einzelplan 14 werden die konzeptionellen und operativen Vorgaben im Transformationsprozess klar und deutlich abgebildet. Der Einzelplan 14 ist zwar knapp bemessen, keine Frage. Er ermöglicht aber, die Bundeswehr mit dem auszustatten, was sie tatsächlich benötigt. Er bietet eine solide Basis, um die Transformation fortzusetzen, und Deutschland die Möglichkeit, weiterhin als verlässlicher Partner in der internationalen Gemeinschaft anerkannt zu werden. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich will dem Kollegen Koppelin zuerst antworten. Herr Kollege Koppelin, ich kann gut verstehen, dass Sie nicht an eine Situation erinnert werden möchten, die Sie gerne vergessen machen wollen. Ich habe mich im Zusammenhang mit Ihrer ständigen Anklage, wir seien nicht in der Lage, die Bundeswehr angemessen und mit dem notwendigen Gerät auszustatten, geäußert. Ich habe Sie in diesem Kontext an das erinnert, was wir in diesem Zeitraum angeschafft haben, wie wir die Bundeswehr ausgestattet haben und wie es zu Ihrer Zeit gewesen ist. Herr Kollege Austermann, ich wiederhole, was ich gesagt habe: Sie versuchen jetzt, es so darzustellen, als habe uns der Minister im Zusammenhang mit Coesfeld nicht zeitnah und hinreichend informiert. Dazu will ich Ihnen Folgendes sagen: Wenn das so war, dann muss ich heute Morgen in einer ganz falschen Vorstellung gewesen sein. Ich hatte heute Morgen den Eindruck, dass die Kollegen und Kolleginnen des Verteidigungsausschusses das Gefühl hatten, vom Verteidigungsminister angemessen und rechtzeitig - so gehört es sich und so können wir es erwarten - informiert worden zu sein. Was den letzten Punkt, den sie angesprochen haben, angeht: Der Kollege Kahrs hat mit der ihm eigenen Ausführlichkeit und Sachlichkeit die Zahlen genannt, um die es hier de facto geht. Er hat genau dieses Gespinst von Fantasie und Wunschdenken, was es letztlich ist, auseinander genommen. Da gibt es nichts hinzuzufügen. Insofern handelt es sich jetzt eher um eine Verlängerung der Debatte. Wir tun vielleicht gut daran, sie an dieser Stelle zu beenden. Dann machen wir uns auch bei den Kollegen und Kolleginnen beliebt, die noch nach uns reden.
Frau Präsidentin! Sehr verehrter Herr Dr. Penner! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Jahresbericht 2003 liegt uns eine detaillierte Information über Zustand und inneres Gefüge der Bundeswehr vor, die wir nie bekommen würden, wenn es den Wehrbeauftragten nicht gäbe. Wir könnten gar nicht so viele Besuche bei der Truppe machen, die notwendig wären, um die Informa-tionen zusammenzutragen, die wir Jahr für Jahr durch den Wehrbeauftragten und sein Team bekommen, bei dem ich mich ganz ausdrücklich dafür bedanken möchte. Einsatz und Reform der Bundeswehr haben sich im Berichtsjahr - es wurde schon mehrfach darauf hingewiesen - gewandelt und weiterentwickelt. Wichtige Impulse dafür gingen unter anderem auch von der Entwicklung auf europäischer und internationaler Ebene aus. Die Belastungen für die Soldatinnen und Soldaten sind dabei keineswegs geringer geworden. Deshalb müssen wir auch genau abwägen, wenn wir politische Entscheidungen treffen, die neue, zusätzliche Belastungen mit sich bringen. Wer meint, er könne die Bundeswehr mit zusätzlichen Aufgaben im Inneren belasten, der muss auch aufrichtig vor die Soldaten und Soldatinnen treten und sagen, wie sie das leisten sollen und wie das finanziert werden soll. Herr Kollege Raidel, Ihre Klage über die Belastungen und über die Mängel in der Ausbildung aufgrund der Auslandseinsätze ist vor dem Hintergrund dessen, was Sie hier fordern, ein wenig unehrlich. Das muss man an dieser Stelle einmal sagen. Wenn wir über Belastungen reden, dann muss man auch auf den Einsatz der Bundeswehr im Zuge des Irakkrieges zu sprechen kommen. Bundeswehrsoldaten hatten amerikanische Liegenschaften in Deutschland zu schützen. Der Einsatz war zwar durchaus überschaubar. Trotzdem führte er zu erheblichen personellen und zeitlichen Belastungen der Truppe. Überdies - ich glaube, der Kollege Nachtwei hat dies angesprochen - stellten die Soldaten die Frage nach der Rechtmäßigkeit ihres Dienstes. Ich finde, wir sollten dies nicht kritisieren, sondern die Zweifel als Beleg dafür nehmen, dass wir es in der Bundeswehr mit Soldaten zu tun haben, die als kritische, zu eigenem Urteil befähigte und zivilcouragierte Staatsbürger in Uniform ihren Dienst tun. Dies ist im Übrigen das Ergebnis von fast 50 Jahren innerer Führung, die mehr denn je ihre Berechtigung hat. Deutsche Soldaten, die tatenlos zusehen, wie Jahrtausende alte Kulturgüter der Plünderung anheim fallen, werden wir - da bin ich mir ganz sicher - nicht erleben, gar nicht zu reden von den Anschuldigungen wegen Misshandlungen von Gefangenen, die jetzt im Irak gegen amerikanische und britische Soldaten erhoben wurden. Unsere Soldaten in den Einsatzgebieten sind doch auch deshalb so hoch geschätzt, weil sie eben nicht als Besatzer auftreten. Auch deshalb verdient ihr Einsatz uneingeschränkten Respekt und Anerkennung. Unsere Soldaten sind gut ausgebildet und gut vorbereitet auf ihren Einsatz in fremdem Gebiet, das eine andere Kultur hat, und im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit anderen Nationen. Ich glaube, dass der Aspekt der interkulturellen Kompetenz mit der Ableistung erfolgreicher Einsätze im Ausland zunehmend an Bedeutung gewinnen wird. Dieser Punkt sollte in der Ausbildung stärker berücksichtigt werden. Schon Graf Baudissin, der Ideengeber der inneren Führung, konzipierte die Bundeswehr im Rahmen einer europäischen Sicherheitsstruktur, das heißt mit einer internationalen Perspektive. Das Leitbild der inneren Führung ist der kritische, zu eigenem Urteil befähigte und zivilcouragierte Staatsbürger in Uniform. Vorgesetzte in der Bundeswehr tragen gegenüber den ihnen anvertrauten Soldatinnen und Soldaten eine besondere Verantwortung, für die sie adäquat ausgebildet werden müssen. Leitlinie dafür sind die Grundsätze der inneren Führung. Wie dieses Leitbild weiterentwickelt werden kann, darüber diskutieren wir im Unterausschuss; Kollege Raidel hat darauf hingewiesen. Dass unter den neuen Bedingungen der Bundeswehr neue Lösungen für neue Fragen im Bereich der inneren Führung gefunden werden müssen, liegt auf der Hand. Wir wissen, dass dies kein statisches Konzept ist, sondern durchaus an neue Bedingungen angepasst werden muss. Nicht nur das Sozialwissenschaftliche Institut der Bundeswehr stellt fest, dass die soziale Integration fortgesetzt und vertieft werden muss. Probleme der Vereinbarkeit von Beruf und Familie gewinnen für Soldatinnen und Soldaten immer größere Bedeutung, auch für Alleinerziehende, die sich fragen: Was mache ich eigentlich mit meinem Kind, wenn ich in den Einsatz muss? All das gehört im Übrigen auch zur Steigerung der Attraktivität des Soldatenberufes. Der Kollege Nachtwei hat dies angesprochen und der Herr Wehrbeauftragte geht in seinem Bericht besonders darauf ein. Ich glaube, wir tun gut daran, den Bericht des Wehrbeauftragten, in dem natürlich auch Mängel genannt werden, als eine Chance zu begreifen, ein weiteres Mal als Gesellschaft genau hinzuschauen, was in den Streitkräften vorgeht, und damit erneut unter Beweis zu stellen, dass wir eng mit den Streitkräften verbunden sind. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin mit dem Kollegen Gerhardt einer Meinung, dass es gut ist, dass wir heute eine Debatte über die Verteidigungs- und Sicherheitspolitik nicht im Kontext von Haushaltsberatungen oder im Vorfeld von Auslandseinsätzen führen. Entgegen seiner Meinung bin ich allerdings der Ansicht, dass diese Debatte durchaus noch zum richtigen Zeitpunkt und frühzeitig genug stattfindet. Weil wir inzwischen ja sehr vieles gehört haben, will ich noch einmal darauf zurückkommen, was der Minister in seiner Regierungserklärung deutlich gemacht hat: Ein schlüssiges und mittelfristig angelegtes sicherheitspolitisches Konzept stellt die Basis unserer Entscheidungen in den kommenden Monaten dar. Es ist eben nicht so, dass sich die sicherheitspolitische Vorsorge dieser Bundesregierung nur an der aktuellen Haushaltslage und nicht an der Bedrohungslage ausrichtet, wie die CDU/ CSU in ihrem heute vorgelegten Antrag unterstellt. Der Herr Kollege Schäuble hat in diesem Zusammenhang Prioritätensetzung gefordert. Ich frage Sie, Herr Kollege Schäuble: Was tun wir denn im Bereich der Ausrüstungsplanung? Wenn Sie sich das Ausrüstungskonzept und die Verteidigungspolitischen Richtlinien einmal ansehen, dann werden Sie feststellen, dass wir genau diese Prioritätensetzung vornehmen. Die eingeleitete Transformation ist aus einer wirklich realistischen und rationalen Analyse des sicherheitspolitischen Rahmens abgeleitet, in dem wir uns bewegen. Das heißt, die Bundeswehr wird konsequent zur Bündnisarmee im Einsatz umgebaut. Das spiegelt sich in den Bereichen Personal, Ausbildung und Material wider. Betrieb und Investitionen sind hier einbezogen. Mit dem angestrebten Streitkräfteumfang wird es gelingen, unseren internationalen Verpflichtungen nachzukommen. Gleichzeitig werden wir damit der Rolle und Bedeutung unseres Landes gerecht. Herr Kollege Schmidt, Sie haben in Ihrer Rede dem Kollegen Erler vorgehalten, wir würden im Rahmen von NATO-Einsätzen keine Soldaten entsenden und deswegen könne von Verlässlichkeit im Bereich unserer internationalen Verpflichtungen keine Rede mehr sein. Dabei haben Sie - ich nehme an, wissentlich und bewusst - übersehen, dass wir uns NATO-Einsätzen nicht prinzipiell verweigern, sondern dass es hier um einen ganz konkreten Fall geht, nämlich den Irak. Das müssen wir an dieser Stelle deutlich unterscheiden und können daher dem Kollegen Erler nur zustimmen. Wenn wir über unsere Einbindung in internationale Verpflichtungen reden, dann muss ich angesichts Ihrer Ausführungen zu einer angeblichen Marginalisierung innerhalb der NATO ganz deutlich sagen: Wir planen doch nicht isoliert. Es versteht sich von selbst, dass der Transformationsprozess der Bundeswehr mit dem der NATO und dem ESVP-Prozess in der EU abgestimmt ist. Der jetzt gewählte Ansatz, Streitkräftekategorien zu bilden, die sich in Einsatz-, Stabilisierungs- und Unterstützungskräfte gliedern, hat bei unseren Bündnispartnern nicht nur für Zustimmung gesorgt, sondern auch zu ähnlichen Überlegungen für den Umbau ihrer Streitkräfte geführt. Ich will an dieser Stelle überhaupt nicht verschweigen, dass es in dem anstehenden Umwandlungsprozess - ich glaube, darin sind wir uns einig - wahrlich schwierige Punkte gibt. Es geht nicht nur um die Finanzierung. Wenn man an der Schraube der Personalstärke dreht, dann muss man auch über Standorte reden. Man kann nicht auf der einen Seite ankündigen, das Personal zu reduzieren, und auf der anderen Seite den Leuten weismachen wollen, es könne bei den Standorten alles so bleiben, wie es ist. Es kann keine Rede davon sein, dass wir uns aus der Fläche zurückziehen. Herr Schmidt, Sie haben heute Morgen erklärt, der Herr Minister habe überhaupt nichts zu den Entscheidungen über die Standorte gesagt und deswegen könne man sich dazu nicht sachlich äußern. Dazu sage ich Ihnen: Ihnen geht es um etwas anderes. Es ist völlig klar, dass das Standortkonzept erst am Ende dieses Jahres vorliegen wird. Dann werden wir uns darüber zu unterhalten haben, ob die Entscheidungen sachgerecht sind, und ich bin ganz sicher, dass sie dies sein werden. Aber es geht Ihnen doch nicht um eine sachgerechte Beurteilung, sondern Sie wollen zum jetzigen Zeitpunkt möglichst viel Unsicherheit in die Bundeswehr und die Familien sowie in die betroffenen Städte und Gemeinden hineintragen. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir bei der Debatte über Standorte zwei Kriterien zugrunde legen müssen, nämlich auf der einen Seite militärische und auf der anderen Seite wirtschaftliche Gesichtspunkte. Wenn wir wirklich wollen, dass die Bundeswehr zukunftsfähig sein soll - darüber kann es keinen Zweifel geben -, dann brauchen wir diese Kriterien, um zusätzliche Spielräume zu gewinnen. Das wird sicherlich an der einen oder anderen Stelle schmerzhaft sein. Aber ich sage auch: Wenn dieser Prozess gelingen soll, dann muss der Wandel gemeinsam mit den Menschen in der Bundeswehr und ihren Familien gestaltet werden.
Nein, ich würde meine Ausführungen jetzt gerne fortsetzen. Ich habe gerade über den Wandlungsprozess in der Bundeswehr gesprochen und gesagt, dass wir die Menschen in der Bundeswehr und auch die Familien für diesen Prozess einnehmen und sie dabei mitnehmen müssen. Dies wird nur glücken, wenn das Vertrauen, das in uns gesetzt wird, nicht enttäuscht wird. Dazu gehören auch verlässliche Finanzierungsgrundlagen. Deswegen bin ich ganz sicher, dass wir es im Jahre 2007 wieder mit einem deutlich erhöhten Ansatz des Einzelplans 14 zu tun haben, was auch dringend notwendig ist, wenn dieser Transformationsprozess gelingen soll. Darüber sind wir uns, glaube ich, einig. Aber wenn heute in dieser Debatte versucht wird, einen Keil zwischen die Verteidigungspolitiker der Koalitionsfraktionen und den Bundesverteidigungsminister auf der einen Seite und den Bundesfinanzminister auf der anderen Seite zu treiben, dann sage ich Ihnen: Das wird Ihnen nicht gelingen. - Herr Kollege Nolting, darauf zu bestehen und deutlich zu machen, dass auch die Mitglieder des Verteidigungsausschusses, die den Koalitionsfraktionen angehören, sehr wohl darauf drängen werden, dass wir es mit verlässlichen Grundlagen zu tun haben, ist etwas ganz anderes als das, worüber Sie reden. Das muss man an dieser Stelle deutlich machen. Es wird Ihnen nicht gelingen, einen Keil zwischen uns zu treiben. - Es geht nicht um ein Abnicken. Ich sage aber auch: Wir haben in der Vergangenheit, als Sie die Verantwortung hatten, über Jahre erlebt, dass zwischen dem Soll und dem Ist eine riesige Lücke klaffte. Das sollten wir nicht fortsetzen. Die Planungen, die den derzeitigen finanzpolitischen Rahmen realistisch abbilden, führen dazu, dass wir die Dinge tun können, die die Bundeswehr wirklich zukunftsfähig machen. Es macht doch keinen Sinn, uns, den Menschen im Lande und den Menschen in der Bundeswehr etwas vorzugaukeln und damit die Schere zwischen Planung und Beschaffung immer weiter auseinander gehen zu lassen, wie es bei Ihnen der Fall gewesen ist. Der Bundesverteidigungsminister hat heute Morgen in seinen Ausführungen noch einmal ein klares Bekenntnis zur Wehrpflicht abgelegt. Darin unterstützen wir ihn ausdrücklich. Die Beibehaltung der Wehrpflicht ist aus vielen Gründen richtig. Dazu zählen ganz ausdrücklich auch sicherheitspolitische Begründungen. - Dass unser Koalitionspartner dazu eine andere Meinung hat, ist kein Geheimnis. Das müssen wir nicht extra sagen. - Aber dass in dieser Frage eine Klärung herbeizuführen sein wird, ist auch klar. Ich finde, es muss in dieser Debatte, die wir gemeinsam führen, deutlich werden, dass es sich dabei um eine der wesentlichen gesellschaftspolitischen Fragen handelt und nicht in erster Linie um eine parteipolitische. Deswegen werden wir uns dieser Diskussion stellen und uns noch vor Ende der Wahlperiode intensiv damit befassen. Wenn der Herr Kollege Gerhardt - er ist nicht mehr hier - wie vorhin ausführt, die Beibehaltung der Wehrpflicht bedeute auch eine unendliche Vergeudung im Bereich der Ausbildung, dann frage ich mich, was er damit meint. Wenn ich es richtig sehe, wird Ausbildung nicht nur im Bereich der Wehrpflicht geleistet, sondern auch Zeitsoldaten haben eine Ausbildung zu durchlaufen. Wenn wir uns vor Augen führen - darum geht es doch -, dass wir auch bei Auslandseinsätzen zurzeit und in naher Zukunft auf Wehrpflichtige angewiesen sind, um diese Einsätze qualitativ und quantitativ bestehen zu können, dann ist diese Äußerung aus meiner Sicht völlig unverständlich. Ich will im Zusammenhang mit der Wehrpflicht an dieser Stelle nicht noch einmal sattsam bekannte Stereotypen bemühen. Auch eine Armee ohne Wehrpflichtige wäre kein Fremdkörper in der Gesellschaft, der abgekapselt wie ein Krebsgeschwür fern von der Gesellschaft handelt und denkt. Dies anzunehmen hieße die 50-jährige Geschichte und Entwicklung der Bundeswehr nicht zur Kenntnis zu nehmen. Es hieße im Übrigen auch, das Prinzip der inneren Führung, das sich auf die gesamten Streitkräfte bezieht und nicht nur auf die Wehrpflichtigen, in seinem Erfolg infrage zu stellen. Gerade auch vor dem Hintergrund internationaler Einsätze und der Rolle der Bundeswehr in diesen Einsätzen wäre das geradezu absurd. Wenn wir über Fähigkeiten sprechen, dann gehört das für mich zwingend dazu. Hier dürfen wir selbstbewusst sein. Wir bringen - übrigens jenseits technologischer Fähigkeiten und einsatzorientierter Ausrüstung - für das wahrscheinliche Aufgabenspektrum, in der Stabilisierungsphase Nation-Building zu betreiben, etwas mit, um das uns viele unserer Partnernationen beneiden. Insofern bin ich sehr froh, dass wir auch diesem Aspekt in unserem Antrag eine besondere Qualität verleihen und ihn mit Nachdruck gefordert haben. Das Prinzip der inneren Führung hat nicht nur für die Zeit des Ost-West-Konflikts getaugt, sondern ist, glaube ich, etwas, mit dem die Bundeswehr gerade in diesen Zeiten in beispielhafter Weise ihren Einsätzen nachkommen kann. Ich glaube, bei allen Unterschieden, die heute durchaus deutlich geworden sind - wir wollen uns gegenseitig nicht nur mitteilen, worin wir uns einig sind, auch der Konflikt und die Auseinandersetzung gehören zu einer Debatte -, ist eine gute Grundlage für eine nachhaltige Diskussion in den Fachausschüssen gegeben. Denn - das lässt sich aus beiden Anträgen der Opposition herauslesen - es gibt, gerade auch was die Analyse angeht, ein hohes Maß an Übereinstimmung. Insofern bin ich guter Dinge, dass wir uns bei der Beratung der Anträge in den Fachausschüssen wieder auf die gemeinsamen Ziele konzentrieren können. Ich bin sicher, dass wir diese Ziele, nämlich mehr Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes, ein Leben in Wohlstand und die Schaffung einer Welt, in der alle in Frieden und in Freiheit miteinander leben können, gemeinsam anstreben. Herzlichen Dank.