Open Access BASE2017

Der urbane Nutzgarten : ein Ort der Alltagskultur als Spiegel gesellschaftlicher Dynamiken zu Zeiten der Industriellen Revolution und der Gegenwart

Abstract

Mit der Aufklärung beginnt die Gesellschaftstransformation von einer agrarisch geprägten hin zu einer modernen Gesellschaft. Urbanisierung und Industrialisierung spielen dabei eine bedeutende Rolle und haben auf städtische Nutzgärten - als Teil eines dynamischen Großstadtgefüges - großen Einfluss. Die neue Gesellschaftsordnung mit marktwirtschaftlicher Ausrichtung und bürgerlichen Werten verändert die urbane Lebensweise des 19. Jh., was auf Ernährung und Konsumkultur ebenso tiefgreifend einwirkt, wie auf das Geschlechterverhältnis. Die eng mit alltagskulturellen Praxen verwobene Gartenkultur spiegelt dies über Veränderungen in Pflanzinventar, Besitzstruktur und geschlechtsbezogenen Zuschreibungen wider. Gärten verlieren in gehobenen Kreisen ihre ökonomische Bedeutung zugunsten der Zierfunktion und werden den, in die Privatheit zurückgedrängten, Frauen zugeordnet. Stadtgärten werden zu einem Klassenprivileg. Gleichzeitig verstärkt sich das Abhängigkeitsverhältnis ärmerer Bevölkerungsteile von nicht mehr leist- oder verfügbarem Gartenland. Es formieren sich Gegenbewegungen, die politische und sozioökonomische Aktivitäten mit dem Gärtnerischen verbinden. Im Vordergrund steht die Notwendigkeit sich selbst mit Nahrungsmitteln und Grünraum zu versorgen, da sozialpolitische Lenkungsinstrumente und ausreichende Versorgungsmöglichkeiten fehlen. Trotz veränderter gesellschaftlicher Rahmenbedingungen finden sich im aktuellen Interesse an urbanen Nutzgärten Parallelen zu diesen ersten Gartenbewegungen. Heute entspringt das Engagement weniger der existenziellen Angewiesenheit als dem Wunsch nach mehr Kontrolle über persönliche Lebensbereiche. Der Anbau von Nutzpflanzen ist Teil eines neuen Lebensstils, der urbanes Leben mit bewusstem Konsum und zivilgesellschaftlichem Engagement verbindet. Seit dem 19.Jh. sind Nutzgärten integrale Bestandteile der Stadtentwicklung und des urbanen Lebens. Sie sind gleichzeitig Spiegel und Produkt gesellschaftsdynamischer Entwicklungen. ; At the beginning of the Age of Enlightenment, a process of transformation is started, changing society from an agrarian to a more modern one. This transformation is dominated by urbanization and industrialization, which both have an enormous impact upon urban kitchen and crop gardens, at that time an intrinsic part of city dynamics. The new social order of free market economy and civil values changes the 19th century way of urban living, a fact that has profound impact both on nutrition and consumption as well as on the relation between women and men. The art of gardening, originally closely tied to the practice of everyday life, reflects this impact through changes in plant stock, structures of property and gender-related attribution. In the upper middle-class gardens lose their economic importance while being reduced to a merely decorative function and attributed to women, who at the same time suffer a restraint to private life. Urban gardens become an upper class privilege. At the same time, poorer sections of society tend to depend more and more on garden land that is no longer affordable or available. Thus counter-movements start to evolve, connecting political and socio-economic activities with gardening. Their predominant aim is to meet the need of self-supply with food and green space, which arises from the lack of socio-political regulations and sufficient means of supply. Although the social framework has changed, the present interest in urban crop gardening shows some parallels to the garden movements of former times. Todays involvement is no longer due to existential needs, but rather to the wish of having more control of various aspects of ones personal life. Cultivating crops is part of a new lifestyle which combines urban life, awareness in consumption and civil society commitment. Since the 19th century crop gardens have been an integral part of urban development and urban life. They reflect and at the same time create socio-dynamic developments. ; Maria Holoubek, Birgit Passauer ; Zusammenfassung in englischer Sprache ; Universität für Bodenkultur Wien, Masterarbeit, 2017 ; (VLID)1935757

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