Aus volkskundlicher Sicht werden in dem Beitrag Fragen einer Kulturpolitik im Bereich des Alltagskulturellen diskutiert. Die Ausführungen basieren hauptsächlich auf Schweizer Verhältnissen und Schweizer Erfahrungen. Zunächst werden die Begriffe Alltag, Kultur und Alltagskultur erörtert. Programmatische Erklärungen zur Kultur auf nationaler Ebene werden dargestellt, um von daher kulturpolitische Aufgaben einzuordnen. Es wird über das Schweizer Nationale Forschungsfprogramm "Kulturelle Vielfalt und nationale Identität" berichtet. Dabei wird auf ein neues Kulturverständnis hingewiesen. Davon ausgehend wird festgestellt, daß Alltagskultur als die aktiv gestaltete Lebenswelt eines Volkes oder einer Gruppe ist. Daraufhin wird die grundsätzliche Frage gestellt, ob sich eine offizielle Kulturpolitik um Alltagsphänomene zu kümmern hat bzw. ob Alltagskultur administrative Förderung braucht. Dahinter wird ein Dilemma deutlich gemacht: Wer bestimmt im Einzelfall, was Alltagskultur ist? Abschließend wird diskutiert, welche Konsequenzen und Forderungen sich aus der Analyse für eine Kulturpolitik des Alltags ergeben. (KW)
Dieses Buch beschäftigt sich mit einem Land, dass es seit mehr als 30 Jahren nicht mehr gibt – eine abgeschlossene Geschichte, geprägt von Mauer, Stacheldraht, Stasi und SED-Diktatur? Ein Blick in die Alltagskultur ermöglicht Einsichten, wie die Gesellschaft in der DDR funktionierte, im Kleinen wie im Großen. Dieses Buch beschäftigt sich mit Arbeit und Geld, dem Kollektiv und der Versorgung, mit Vorstellungen vom modernen Leben und dem Selbermachen. 16 Kapitel über die Alltagskultur bieten Einblicke in das Innere der DDR-Gesellschaft.
Der Verfasser argumentiert, dass das kollektive Verschweigen rechtsextremer Vorfälle in Kommunen vielfach zum Alltag im Umgang mit dem Thema gehört. Das Image des Ortes leide, so die verbreitete Vorstellung, wenn das Problem öffentlich thematisiert werde. Die Entpolitisierung des Problems, die Reduktion auf unmotivierte Jugendsünden oder Jugendgewalt verharmlost den oft klaren politischen Kontext und lässt die Opfer von Gewalt und Bedrohung allein. Wenn eine solche Verharmlosung von den politischen und gesellschaftlichen Eliten der Kommune geteilt wird, sind alle Bedingungen gegeben, um eine extrem rechte Dominanzzone entstehen zu lassen. Es wird gezeigt, dass Dominanzräume in der Regel räumlich eingegrenzt sind auf bestimmte Ort der Kommune, den Jugendclub, den Marktplatz etc., und sich nicht auf ganze Kommunen oder gar Regionen erstrecken. Auch handelt es sich in den meisten Fällen um kein strategisches Vorgehen der extremen Rechten. Die spontane Entstehung solcher Dominanzräume kann jedoch strategisch vom organisierten Neofaschismus genutzt werden, auch das hat das Beispiel Schleusingen gezeigt. Angesichts der oben angeführten Verbreitung neofaschistischer Einstellungsmuster in der Mitte der Gesellschaft und der von den Sozialforschern hervorgehobenen 'Normalisierung' minderheitenausgrenzender Vorstellungen bedarf es einer schnellen und klaren Reaktion auf jeden Versuch, solche Dominanzräume zu etablieren. (ICG2). Die Untersuchung enthält quantitative Daten.
Der Verfasser argumentiert, dass das kollektive Verschweigen rechtsextremer Vorfälle in Kommunen vielfach zum Alltag im Umgang mit dem Thema gehört. Das Image des Ortes leide, so die verbreitete Vorstellung, wenn das Problem öffentlich thematisiert werde. Die Entpolitisierung des Problems, die Reduktion auf unmotivierte Jugendsünden oder Jugendgewalt verharmlost den oft klaren politischen Kontext und lässt die Opfer von Gewalt und Bedrohung allein. Wenn eine solche Verharmlosung von den politischen und gesellschaftlichen Eliten der Kommune geteilt wird, sind alle Bedingungen gegeben, um eine extrem rechte Dominanzzone entstehen zu lassen. Es wird gezeigt, dass Dominanzräume in der Regel räumlich eingegrenzt sind auf bestimmte Ort der Kommune, den Jugendclub, den Marktplatz etc., und sich nicht auf ganze Kommunen oder gar Regionen erstrecken. Auch handelt es sich in den meisten Fällen um kein strategisches Vorgehen der extremen Rechten. Die spontane Entstehung solcher Dominanzräume kann jedoch strategisch vom organisierten Neofaschismus genutzt werden, auch das hat das Beispiel Schleusingen gezeigt. Angesichts der oben angeführten Verbreitung neofaschistischer Einstellungsmuster in der Mitte der Gesellschaft und der von den Sozialforschern hervorgehobenen 'Normalisierung' minderheitenausgrenzender Vorstellungen bedarf es einer schnellen und klaren Reaktion auf jeden Versuch, solche Dominanzräume zu etablieren. (ICG2)
In: Kultur und Gesellschaft: gemeinsamer Kongreß der Deutschen, der Österreichischen und der Schweizerischen Gesellschaft für Soziologie, Zürich 1988 ; Beiträge der Forschungskomitees, Sektionen und Ad-hoc-Gruppen, S. 263-266
Ausgehend von einem Kulturbegriff, der die Lebensweise der Menschen in einer Gesellschaft umfaßt, wird die Kulturentwicklung in der DDR unter verschiedenen Aspekten analysiert. Die enge Beziehung zwischen Arbeit und Kultur wird vor allem im Bereich der kulturellen Massenarbeit sichtbar, die sowohl die Befriedigung von Bedürfnissen der werktätigen Massen anstrebt wie auch die Veränderung der Massen selbst. Die meisten Betriebe verfügen über einen Kultur- und Bildungsplan, der sich auf berufliche Aus- und Weiterbildung, Aneignung von Kenntnissen des Marxismus-Leninismus, Gestaltung der Arbeitskultur, Entwicklung eines aktiven Verhältnisses zur Kunst, Befriedigung der Bedürfnisse nach Geselligkeit und Erholung erstreckt. Diesen Aktivitäten ist eine Erhöhung der Qualifikationsstruktur und vor allem die Ausbreitung der Neuerer-Bewegung zu danken, deren technische Vorschläge oft Intelligenz, Schöpferkraft und soziales Handeln voraussetzen. Ein Problem besteht jedoch darin, daß gerade die unter ungünstigen materiellen Bedingungen arbeitenden Personen kaum eine positive Einstellung zu kultureller Bildung zeigen. Eine weitere Dimension von "Alltags"- Kultur drückt sich in der Freizeitgestaltung aus. Hier ist neben der Dominanz von Fernsehen und Rundfunk unter den Freizeittätigkeiten besonders die Benachteiligung der Frauen hervorzuheben, die nicht nur für die eigentliche Freizeit gilt, sondern auch für jene Teile der arbeitsfreien Zeit, die mit Hausarbeit und Kinderbetreuung verbracht werden und insgesamt mehr Zeit einnehmen als die eigentliche Freizeit. Weist das Freizeitverhalten widersprüchliche Tendenzen auf (Entspannung/Unterhaltung versus Information/ Bildung), so wird auch die Bedeutung der Freizeit kontrovers diskutiert. Der Forderung nach Ausweitung der Freizeit wird entgegengehalten, daß damit der Gegensatz von Produktionszeit und Freizeit auf sozialistische Verhältnisse übertragen werde. In bezug auf Kunst und Literatur als Kultur im engeren Sinne ist ein starkes Interesse der Bevölkerung festzustellen. Der begrenzte Abbau politischer Einmischungen zu Beginn der 70er Jahre hat eine Literatur ermöglicht, die individuelle und gesellschaftliche Probleme in ihrer Komplexität aufgreift und durch ihre kritische Reflexion ein Bild der verschiedenen Züge des Lebens der Bevölkerung entstehen läßt. Die Herausbildung einer Alltagskultur in der DDR enthält deshalb - gerade und auch durch ihre Widersprüche - positive Entwicklungsperspektiven. (HH)