Article(electronic)1997

Berufspraxis und Praxisbezug der Hochschullehrer in den Sozialwissenschaften: Ergebnisse und Analysen aktueller Hochschullehrerbefragungen

In: Sozialwissenschaften und Berufspraxis, Volume 20, Issue 1, p. 51-64

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Abstract

'Seit einigen Jahren wird in der Bundesrepublik Deutschland dringlicher als zuvor nach dem Berufsbild und der beruflichen Wirklichkeit der Hochschullehrer gefragt. Verschiedene Anlässe haben solche Fragen stärker in den Vordergrund treten lassen. Je mehr die Entwicklung der Gesellschaft von Leistungen der Wissenschaft abhängt, desto mehr wird die wissenschaftliche Tätigkeit zu einer Schlüsseltätigkeit, und desto schwerwiegender können sich auch Defizite auf andere Bereiche auswirken. In der Öffentlichkeit wird zum Beispiel gefragt, ob es den Hochschullehrern unter den Bedingungen großer wissenschaftlicher Freiheit gelingt, eine akzeptable Balance zwischen Distanz und erwarteter Leistung für Kultur, Gesellschaft, Wirtschaft und Technik zu halten. Ebenso ist die Kritik verbreitet, daß gerade an deutschen Hochschulen die Lehraufgaben nicht mit der gleichen Ernsthaftigkeit und gleichen Qualität wahrgenommen würden wie die Forschung. Von seiten der Hochschulen kommt zum Beispiel die Kritik, daß seit zwei Jahrzehnten die öffentlichen Hochschulausgaben deutlich hinter dem Anstieg der Zahl der Studierenden zurückgeblieben sind und sich somit die Ausgangsbedingungen für qualifizierte Forschung und Lehre immer mehr verschlechtert haben. Weitgehend Übereinstimmung herrscht, daß das Ansehen des Hochschullehrerberufs im Laufe der Zeit sinkt. Schließlich sind bei jeder neuen Welle von Diskussionen über die Hochschulgesetzgebung in den letzten Jahrzehnten Fragen des 'wissenschaftlichen Nachwuchses' besonders intensiv und kontrovers aufgenommen worden. Auffällig ist jedoch erstens, daß Versuche, systematische Informationen über diesen Beruf zu gewinnen, nur sehr selten vorgenommen werden. Der Beruf, der selbst von der Überzeugung lebt, daß systematischer Informationsgewinn für den Fortschritt der Menschheit unentbehrlich ist, wird seinerseits selten zum Gegenstand systematischer Analyse gemacht. Nicht weniger bemerkenswert ist zweitens, daß die Diskussion über diesen Beruf sich sehr stark in einem nationalen Rahmen abspielt, obwohl der Beruf sich in besonderem Maße als universal und grenzüberschreitend versteht. Nachdem die letzten großen Hochschullehrerbefragungen - Anfang und Mitte der siebziger Jahre durchgeführt - nahezu zwei Jahrzehnte zurückliegen, war es zweifellos an der Zeit für eine aktuelle Bestandsaufnahme der Situation der Wissenschaftler an den Hochschulen. Die zeitliche Parallelität verschiedener Hochschullehrerstudien Anfang der neunziger Jahre, die sich etwa der Arbeitssituation unter Überlastungsbedingungen (Kopp/Weiß 1993), Selbstverständnis und Situation der Lehrenden (Schaeper 1994), der Lage der Forschung im Schatten der Lehre (Schimank 1995), der Situation der wissenschaftlichen Mitarbeiter (Enders 1996) sowie der Stellung der deutschen Hochschullehrer im internationalen Vergleich (Enders/Teichler 1995b) annehmen, zeigt das wieder gewachsene Interesse der Forschung und der Öffentlichkeit am Hochschullehrerberuf. Aus der Fülle der Themen und Ergebnisse dieser verschiedenen Hochschullehrerstudien werden im folgenden vor allem Fragen der beruflichen Praxis und der Selbsteinschätzungen der Situation der Hochschullehrer in Forschung und Lehre, der Situation und Perspektiven des wissenschaftlichen Nachwuchses, des Stellenwertes außerhochschulischer Berufserfahrung in der Karriere sowie der Prioritäten der Hochschullehrer im Hinblick auf die gesellschaftliche Funktion ihrer Arbeit aufgegriffen. Besondere Beachtung finden dabei die Hochschullehrer in den Sozialwissenschaften, wobei hierunter die Soziologie und Politologie an den Universitäten und der Lehrkörper in den Studiengängen des Sozialwesens an den Fachhochschulen subsumiert werden. Wesentliche Befunde, Trends und Analysen werden dabei über die Fächergruppen hinweg als Referenzpunkte für eine Einschätzung der Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Sozialwissenschaftler mit ihren Kollegen in den anderen Fächern herangezogen.' (Autorenreferat)

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