Die Mitwirkung der Bürger an der europäischen Integration
In: Vorgänge: Zeitschrift für Bürgerrechte und Gesellschaftspolitik, Band 51, Heft 3, S. 53-59
ISSN: 0507-4150
Der Lissabonner Vertrag bringt in institutioneller Hinsicht unter dem Begriff "partizipative Demokratie" in Ergänzung des bestehenden Wahlrechts zum EU-Parlament sowie des schon länger existierenden Petitionsrechts nur ein weiteres konsultatives Verfahren. Dieses ist nach Auffassung des Autors jedoch kein Funktionsmerkmal von Demokratie und begründet für sich genommen keinen Fortschritt der Demokratie. Die zentrale politische Frage wird also sein, ob die jüngst in Kraft getretene europäische Bürgerinitiative hier eine zusätzliche neue Mobilisierungswirkung für eine weitere Demokratisierung der EU bietet. Weiterhin stellt sich die Frage, wer von diesem Instrument mit welchen Zielen Gebrauch machen wird und welche Rolle die Bürger dabei spielen, die sich für mehr Demokratie einsetzen. Vermutlich sind es diejenigen Bürger, die bisher überwiegend passiv die europäische Politik verfolgt haben und vielleicht sogar zu jener Minderheit gehören, die sich bereits jetzt schon mit den national vorhandenen Möglichkeiten als Anti-Europäer artikuliert haben. Es gehört nach Ansicht des Autors zur bekannten Logik kollektiven Handelns, dass sich der partikulare Protest "gegen etwas" leichter als die diffuse Unterstützung auf Dauer mobilisieren lässt. Die direkte Demokratie begünstigt - so paradox dies erscheinen mag - in der Mobilisierungschance zunächst Minderheiten. Und diese müssen nicht immer nur europa- und demokratiefreundlich sein. Damit ist auch bei der zukünftigen Praxis der europäischen Bürgerinitiative zu rechnen. (ICI2)