Der deutsche Idealismus in sozialgeschichtlicher Beleuchtung
In: Moderne deutsche Sozialgeschichte, S. 85-108
Abstract
Der Autor untersucht die Sonderstellung Deutschlands im Hinblick auf Westeuropa und Amerika im Zeitalter des deutschen Idealismus. Im Gegensatz zur westeuropäischen Entwicklung hat die gesamte geistige Bewegung des deutschen 18. Jahrhunderts beinahe ausschließlich die Erziehung des Individuums zum Ziele gehabt und ihr alle politischen Forderungen untergeordnet. Die deutsche Aufklärung des 18. Jahrhunderts unterschied sich außerdem durch ihr lebendiges Verhältnis zur Religion. Während das Verhältnis zwischen Kirche und Staat in Westeuropa von verschiedenen Formen des Naturrechts geprägt war, wurde vom deutschen Idealismus das gesamte Naturrecht verworfen. Die zentrale Idee im neuen romantischen Weltbild ist die der Individualität; diese Weltanschauung führt zu einer pluralistischen Individualethik, aber zu keiner wirklichen Sozialethik. Der deutsche Protestantismus und der auf seinem Boden erwachsene deutsche Idealismus brachten eine soziale Integration nicht zuwege. Während die messianische Erwartung des Marxismus durchaus in der Tradition des deutschen Idealismus blieb, weicht seine Geschichtsdeutung vom Idealismus radikal ab. (KS)
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