Leopold von Wiese und das Forschungsinstitut für Sozialwissenschaften in Köln 1919 bis 1934

In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie: KZfSS, Band 28, Heft 4, S. 649-673

Abstract

Aus Anlaß des 100. Geburtstags Leopold von Wieses wird dessen Wirken am "Forschungsinstitut für Sozialwissenschaften" in Köln, das von 1919-1934 existierte, im Sinne einer Fallstudie zur Institutionalisierung einer wissenschaftlichen Teildisziplin geschildert und beurteilt. Auch wenn das Institut zur wissenschaftlichen Untersuchung der "sozialen Frage" gegründet worden war, beschäftigte sich v. Wiese als Direktor der soziologischen Abteilung in erster Linie mit der 'Schaffung einer klar umreißbaren Einzelwissenschaft und des entsprechenden Lehrfaches der Soziologie'. Das Kernstück v. Wieses Soziologie war die Gestalt- und Beziehungslehre. V. Wiese führte demgemäß auch keinerlei Forschungsprojekte durch. Diese fehlende Forschungsorientierung ist einer der Faktoren, weshalb v. Wieses Werk in keiner "Schule" fortgeführt wurde. Eine wesentliche Rechtfertigung erfuhr die soziologische Abteilung jedoch noch durch die Entwicklung einer systematischen Publikationspolitik sowie in der Geschäftsführung der Deutschen Gesellschaft für Soziologie. Abschließend wird das Kölner Institut mit dem 1924 gegründeten Frankfurter "Institut für Sozialforschung" (mit Horkheimer als Direktor) verglichen hinsichtlich der internen Struktur, finanziellen Absicherung und Resistenz gegenüber dem Faschismus. (GR)