Sammelwerksbeitrag(elektronisch)2008

Diskriminierung in der 'longue durée': von der Notwendigkeit der Kontextualisierung von Strukturproblemen

In: Die Natur der Gesellschaft: Verhandlungen des 33. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Kassel 2006. Teilbd. 1 u. 2, S. 2018-2027

Abstract

"Diskriminierung auf der Grundlage von Rasse, Ethnie, Geschlecht, Herkunft, körperlicher Verfassung oder Bildungsniveau ist ein Kennzeichen der westlichen Moderne. Das für moderne Nationalstaaten charakteristische Gewaltmonopol übte nicht nur eine Schutzfunktion in Bezug auf das Leben und Eigentum der Staatsbürger aus, sondern verfügte darüber hinaus über die Definitionsmacht, die Kriterien der Zugehörigkeit zur nationalen Gemeinschaft festlegte und dabei Gewalt gegenüber Nicht-Staatsbürgern legitimierte. Das Versprechen der Vollinklusion wurde damit auf paradoxe Weise 'eingelöst': Teilhabe an der durch den Staat vergebenen, homogenen kulturellen Identität hatte das Staatsmandat zur Befriedung sozialer Binnenräume, das jedoch häufig mit dem gewaltsamen Ausschluss der kulturell 'Anderen' einherging, zur Voraussetzung. Vor dem Hintergrund der systematischen 'Erfindung des Anderen' im Zuge der Produktion und Aufrechterhaltung der rationalen gesellschaftlichen Ordnung, die sich die Moderne zur Aufgabe gesetzt hatte, erscheinen Diskriminierungsstrategien als Kehrseite der 'Projektes der Moderne' und deshalb für diese historische Epoche nicht minder konstitutiv als ihre erklärten Ziele. Im Beitrag wird die These vertreten, dass die Diskriminierung von Migranten und ethnischen Minderheiten der gleichen Inklusion/ Exklusions-Logik folgt, die das Identitätsbildungsprojekt moderner Nationalstaaten an die Pathologisierung der (Rechts)Subjekte in den außereuropäischen Kolonien koppelte, und als solche ein strukturelles Problem des modernen Weltsystems mit unterschiedlichen kontextuellen Ausprägungen darstellt. Die unterschiedliche historische Kontextualisierung von Diskriminierungspraktiken wird am Beispiel der soziokulturell und programmpolitisch divergierenden Besetzung des nationalen Selbstverständnisses als 'Einwanderungsland' in Deutschland und den USA und deren Auswirkungen für den Umgang mit Migranten und ethnischen Minderheiten diskutiert." (Autorenreferat)

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