Partnerschaften zwischen Migranten und Einheimischen gelten gemeinhin als Ergebnis erfolgreicher sozialer Integration und möglicherweise treibende Kraft hinter ökonomischem Erfolg. So verfügen inter-ethnisch lebende Migrantinnen und Migranten über eine höhere Schulbildung, einen besseren beruflichen Status und durchschnittlich höhere Löhne als solche in intra-ethnischen Beziehungen. Daten des Sozio-Oekonomischen Panels (SOEP) zeigen, dass sich vor allem Migrantinnen und Migranten in Beziehungen mit Einheimischen im Durchschnitt als besonders kommunikativ und offen einschätzen. Deutsche in inter-ethnischen Beziehungen unterscheiden sich hingegen diesbezüglich nicht von jenen in deutsch-deutschen Partnerschaften. Auch Risikobereitschaft und allgemeine Lebenszufriedenheit liegen bei den deutschen Partnern nicht über dem Durchschnitt. Migranten und Migrantinnen in inter-ethnischen Beziehungen sind dagegen nach eigener Aussage besonders risikofreudig und politisch interessiert. Sie sehen sich zudem seltener Diskriminierungen ausgesetzt als Migrantinnen und Migranten, die in intra-ethnischen Partnerschaften leben.
Interethnische Freundschaftsbeziehungen bilden einen grundlegenden Aspekt der Einbeziehung von Migranten in die sozialen Systeme des Aufnahmelandes und stellen ein spezifisches soziales Kapital dar. Über individuelle Merkmale der Migranten hinaus sind auch kontextuelle Einflüsse der ethnischen Segregation in städtischen Gebieten von Relevanz. Eine eingliederungshemmende Wirkung ethnisch segregierter Wohnquartiere ist im Untersuchungsgebiet (Bremen-Gröpelingen) nicht festzustellen (moderater Migrantenanteil). Die Annahme eines engen Zusammenhangs zwischen residentieller Segregation und der Herausbildung eingliederungshemmender ethnischer Gemeinschaften ist heute zudem ein weithin überholtes Denkmodell. Drehpunkt der sozialen Beziehungen ist die nähere Wohnumgebung der Akteure. Kleinräumige multivariate Analysen belegen einen signifikant negativen Einfluss der ethnischen Segregation in der näheren Wohnumgebung auf das Ausmaß inter-ethnischer Freundschaftsbeziehungen auf der Ebene von Baublöcken und der jeweiligen Nachbarschaft. (ICE2)
Mit dem Ende der kommunistischen Herrschaft in Ost- und Südosteuropa sind eine Vielzahl ethnischer Spannungen und Konflikte in dieser Region Europas sichtbar geworden. Nichts lag daher zunächst näher, als diese zum Teil eruptiv in Erscheinung tretenden und um sich greifenden Auseinandersetzungen als problematische Hinterlassenschaft der kommunistischen und nationalkommunistischen Ideologie und Herrschaftsausübung zu betrachten. Tatsächlich lassen sich wichtige Erscheinungsformen der gegenwärtigen interethnischen Konflikte auf die Art der Behandlung der Nationalitätenfragen unter kommunistischen Herrschaftsbedingungen wie auch auf die spezifische Dynamik der politischen Entwicklungen nach der Überwindung des kommunistischen Ideologie- und Machtmonopols in den einzelnen ost- und südosteuropäischen Staaten zurückführen. Zugleich wird aber deutlich, dass den heute in Erscheinung tretenden ethnischen Spannungen und Verwerfungen auch längerfristige, historisch überkommene Modernisierungs- und Strukturkonflikte zu Grunde liegen, die in der sozialwissenschaftlichen Problemanalyse nähere Berücksichtigung finden müssen. Im ersten Aufsatz dieses Heftes ("Historische Aspekte der ethnischen Beziehungen und Konflikte in Rumänien") wird ein Überblick über die langfristigen Entwicklungen der interethnischen Beziehungen und Konflikte in Rumänien unter besonderer Berücksichtigung der Zwischenkriegszeit zu vermitteln versucht. Dabei soll aufgezeigt werden, daß die ethnischen Beziehungen nicht immer und überall konflikthafte Züge angenommen haben und dass die bis zur Gegenwart fortbestehenden ethnischen Spannungen nicht zuletzt als Folge gravierender Modernisierungsrückstände und insbesondere verspätet erfolgter, bis heute noch keineswegs befriedigend zum Abschluß gekommener, vielfach tief umstrittener Prozesse der Staaten- und Nationenbildung in Südosteuropa zu betrachten sind. Diese historisch überkommenen interethnischen Konflikte und Minderheitenprobleme stellten nicht nur in der Vergangenheit eine schwere Belastung der sozialen Beziehungen dar. Sie sind ebenso als ein wesentliches Problem und eine große Herausforderung der gegenwärtigen Demokratisierungs- und Modernisierungsbestrebungen in Rumänien wie auch in anderen ost- und südosteuropäischen Staaten anzusehen. Demnach spricht vieles dafür, daß die historische "Hypothek" interethnischer Konflikte auch weiterhin ein wichtiges Problemfeld der soziologischen Analysen und Betrachtungen des Wandels in Ost- und Südosteuropa bleiben wird. Vor dem Hintergrund der langfristigen Entwicklungen der ethnischen Beziehungen und Konflikte in Rumänien sollen sodann im zweiten Aufsatz des Heftes ("Zur Aussiedlung der Deutschen aus Rumänien") das spezifische Verlaufsmuster und die strukturellen Ursachen, die wesentlichen Motive und die politischen Randbedingungen des Auswanderungsprozesses der Deutschen aus Rumänien näher dargestellt werden. Die Deutschen aus Rumänien blieben von den Vertreibungen aus Ostmittel- und Südosteuropa, von denen Hunderttausende von Menschen betroffen waren, bekanntlich zunächst ausgenommen, wenngleich sich auch ihre Zahl, durch die Kriegs- und Nachkriegsereignisse bedingt, nahezu halbierte. Der Prozeß einer massiven Auswanderung, der dazu führte, daß die deutsche Minderheit in Rumänien heute auf eine kleine Restgruppe zusammengeschmolzen ist, setzte erst Ende der sechziger Jahre ein, gewann dann aber - insbesondere in den siebziger und achtziger Jahren - eine fortschreitende Dynamik und Eigendynamik, so daß es nach dem Ende des Ceausescu-Regimes im Dezember 1989 zu einer Massenauswanderung von etwa 111.000 Menschen im Jahre 1990 und von weiteren Zehntausenden von Aussiedlern in den darauffolgenden Jahren kam. Nebst der Ausleuchtung der historischen und strukturellen Hintergründe des Aussiedlungsprozesses soll es in diesem Aufsatz daher auch darum gehen, eingehender herauszuarbeiten und darzulegen, inwiefern es sich dabei auch und nicht zuletzt um einen "eigendynamischen", also einen sich selbst in Gang haltenden oder verstärkenden sozialen Vorgang handelt, der auch im Falle anderer Migrationsprozesse in ähnlicher Weise auftreten kann. Die hier vorgelegten Aufsätze gehen auf Vorträge zurück, die in den letzten Monaten in München, bein Südostdeutschen Kulturwerk, und an der Universität Bochum gehalten wurden. In ihnen finden zugleich die intensiven Diskussionen über entsprechende Themen ihren Niederschlag, die ich im Kreis der Kolleginnen und Kollegen an der Universität der Bundeswehr Hamburg und an der Universität Heidelberg führen konnte. Dies gibt mir Anlaß, allen zu danken, die mich zu den einzelnen Überlegungen aufgefordert, die mich angeregt und beeinflußt oder die kritisch auf meine ursprünglichen Ausführungen reagiert haben und mir so Gelegenheit zur Korrektur und Weiterführung der Gedanken gaben. Wie sehr ich auch in diesem Zusammenhang allen Grund habe, für viele Anregungen und kritische Einwände dankbar zu sein, versteht es sich doch von selbst, daß die hier vorgestellten Überlegungen - insbesondere im Hinblick auf ihre Unzulänglichkeiten und Schwächen - allein von mir zu vertreten sind. Ich möchte bei dieser Gelegenheit auch endlich den Herausgebern dieser Schriftenreihe, Herrn Professor Lutz R. Reuter und Herrn Professor Gerhard Strunk danken, die sich in den zurückliegenden Jahren wiederholt zur Publikation meiner Texte in dieser Reihe bereit fanden, so daß diese Arbeiten zügig erscheinen und - wie ich durch entsprechende Rückmeldungen erfuhr - manchen interessierten Leser erreichen konnten. Aus technischen Gründen mußte in den vorliegenden Texten bei der Schreibweise rumänischer Wörter und Namen auf die Verwendung diakritischer Zeichen verzichtet werden. Ich möchte den sachkundigen und kritischen Leser diesbezüglich um Verständnis und Nachsicht bitten.
"Im folgenden sollen Bedingungen und Ausdrucksformen der nationalistischen Radikalisierung in Bosnien-Herzegowina seit dem Zerfall Jugoslawiens systematisiert werden. Dazu werden zunächst charakteristische Konfliktstrukturen in den ethnischen Beziehungen in der Vielvölkerrepublik vor Ausbruch des jugoslawischen Krieges beschrieben. In einem zweiten Schritt werden Mechanismen und Stadien der Gewalteskalation skizziert. Abschließend sollen typische Merkmale des ethnonationalistischen Konfliktaustrags beleuchtet werden." (Autorenreferat)
Der Beitrag arbeitet heraus, daß und wie das Völkerrecht der Gegenwart den Schutz und die Förderung der Menschenrechte von Angehörigen ethnischer Minderheiten in seine Regelungsbereiche aufgenommen hat. Ethnische Minderheiten innerhalb eines Staates leben nicht in einem rechtsfreien Raum. Die Selbstermächtigung von Staaten oder Militärallianzen zum gewaltsamen, gar militärischen Eingreifen in die nationalen und internationalen Beziehungen sind Akte von Willkür, nicht Recht, sondern Bruch des Rechts, blankes Unrecht, das zuweilen die Form von Verbrechen annimmt, von Kriegsverbrechen. Der Autor schlußfolgert: Aber weder durch Vertreibungen noch durch Bombardements entsteht neues und schon gar nicht besseres Recht. Im Gegenteil: Rechtsbruch ist keine Rechtsquelle. Jedenfalls nicht in einem für Veränderungen offenen Rechtssystem. (pre)
In: Georgien: Gesellschaft und Religion an der Schwelle Europas ; eine gemeinsame Vortragsreihe der Fachrichtung Evangelische Theologie der Universität des Saarlandes und der Landeshauptstadt Saarbrücken, p. 19-32
Die ethnische Vielfalt ("Territorialmosaik") und eine sensible Nationalitätenpolitik gehören zu den Grundvoraussetzungen des georgischen Staates, der sich in den Jahren nach 1991 lange Zeit als "failing state" gezeigt hat. Der Verfasser behandelt die ethno-territorialen Konflikte, in die Minderheiten mit territorialer Autonomie involviert waren (Abchasien, Ossetien). Im Gegensatz zu diesen Konflikten waren die Beziehungen zu den beiden größten Minderheiten ohne Territorialautonomie, den Armeniern und Aserbaidschanern, weitgehend konfliktfrei, auch wenn Probleme bei der Integration der beiden Minderheiten in den georgischen Staat nicht zu übersehen sind. Ein weiteres Problemfeld stellt die Rückführung der Turk-Mes'cheten in ihre ehemaligen Wohngebiete in Samtse-Djawacheti dar, die Georgien bei der Aufnahme in den Europarat zur Auflage gemacht worden war. Der Verfasser plädiert für einen politischen Neubeginn in Georgien, bei dem auch Angehörige ethnischer Minderheiten in die zentralen Machtstrukturen integriert werden sollten. (ICE)
In der gängigen Forschungsliteratur wurden deutsche und nicht-deutsche Familien und ihre (Unterstützungs-)Netzwerke getrennt untersucht. Eine "grenzüberschreitende" Netzwerkanalyse wurde bisher entweder als nicht angehbar oder aber der potentielle Ertrag als gering angesehen. Die sozialen Tatsachen sprechen dafür, daß es durchaus Kontakte zwischen diesen Familien gibt. Es gilt deshalb im Rahmen dieser Arbeit, diese Hypothese mittels eines geeigneten Forschungsdesigns und damit verbundener Forschungsfragen zu prüfen. (SH2)
In: Familie, Bindungen und Fürsorge. Familiärer Wandel in einer vielfältigen Moderne; Freiberger Studie zum familiären Wandel im Weltvergleich., p. 321-328
Die Verfasserin zeigt, dass türkische Mütter bewusst ethnisch spezifische Gepflogenheiten bewerten und auswählen und sich bemühen, diese an ihre Kinder weiterzugeben. Sie wendet sich gegen vereinfachende Begriffe wie "traditionelle ethnische Identität" sowie gegen die Vorstellung, dass ethnisch spezifische Identitäten einseitig von der älteren zur jüngeren Generation weitergegeben werden. Stattdessen setzen sich Mütter und Kinder aktiv mit ethnischen Identitätsbezeichnungen, der Bedeutung bestimmter kultureller Gepflogenheiten und der Rolle, die sie für ethnisch spezifische Identitäten spielen, auseinander. Die Verfasserin betont, dass transethnische Beziehungen und kulturelle Gebräuche eine wichtige Identitätsquelle für Mütter und Kinder darstellen. Tatsächlich kann die Gestaltung einer selbstbewussten transethnischen Identität ein zentraler Wert sein, den Mütter an ihre Kinder weitergeben möchten. (ICE2).
In diesem Beitrag werden die ethnischen Minderheiten in Frankreich beschrieben. Es handelt sich einerseits um fremde Kulturen auf dem Gebiet des französischen Nationalstaats (z. B. Basken, Kelten, Elsässer usw.), andererseits um ausländische Arbeitsmigranten bzw. Einwanderer. Diese haben auch in Frankreich ähnliche Probleme wie in der BRD. (MH)
In: Familie, Bindungen und Fürsorge: familiärer Wandel in einer vielfältigen Moderne ; Freiberger Studie zum familiären Wandel im Weltvergleich, p. 321-328
Die Verfasserin zeigt, dass türkische Mütter bewusst ethnisch spezifische Gepflogenheiten bewerten und auswählen und sich bemühen, diese an ihre Kinder weiterzugeben. Sie wendet sich gegen vereinfachende Begriffe wie "traditionelle ethnische Identität" sowie gegen die Vorstellung, dass ethnisch spezifische Identitäten einseitig von der älteren zur jüngeren Generation weitergegeben werden. Stattdessen setzen sich Mütter und Kinder aktiv mit ethnischen Identitätsbezeichnungen, der Bedeutung bestimmter kultureller Gepflogenheiten und der Rolle, die sie für ethnisch spezifische Identitäten spielen, auseinander. Die Verfasserin betont, dass transethnische Beziehungen und kulturelle Gebräuche eine wichtige Identitätsquelle für Mütter und Kinder darstellen. Tatsächlich kann die Gestaltung einer selbstbewussten transethnischen Identität ein zentraler Wert sein, den Mütter an ihre Kinder weitergeben möchten. (ICE2)
In dem Beitrag wird das Konzept der ethnischen Identität präzisiert und der Verlauf der ethnischen Identifikation bei zwei Migrantengruppen in der BRD empirisch untersucht. Der Autor gibt eingangs einen Überblick über verschiedene Meßtechniken ethnischer Identität ("ethnicity"), erläutert seinen eigenen Operationslisierungsvorschlag und präsentiert für verschiedene Dimensionen des Assimilationsprozesses Daten aus einer Befragung türkischer und jugoslawischer Migranten der ersten und zweiten Generation. Dabei untersucht er das Ausmaß der Identifikation mit der eigenen ethnischen Gruppe, die wahrgenommene Diskriminierung durch Deutsche, das Festhalten an kulturellen Gewohnheiten und die Selbstidentifikation als Ausländer oder als Deutscher. Die Ergebnisse unterstützen den angewandten nutzentheoretischen Ansatz nur bedingt. Der Autor plädiert abschließend für weitere Überprüfungen des Ansatzes durch Längsschnittstudien. (PF)
Wie lassen sich Konflikte zwischen ethnischen Gruppen in der Schule verhindern? Gibt es psychologische Erkenntnisse, die dazu beitragen können, Konflikte zwischen Schülerinnen und Schülern unterschiedlicher Herkunft abzubauen? Diese Fragen werden mit einem Überblick über interkulturelle Arbeit in der Schule und sozialpsychologischen Ansätzen zum Abbau ethnischer Konflikte beantwortet. Die Autorin stellt mit der neu entwickelten Methode KOOP-INFO ein Unterrichtsprogramm zur Prävention von Konflikten zwischen ethnischen Gruppen vor und evaluiert seine Wirksamkeit in 23 Grundschulen. Insgesamt 1227 Schülerinnen und Schüler unterschiedlicher ethnischer Herkunft nahmen an der Untersuchung teil. Im Rahmen der Evaluation werden die Intergruppenbeziehungen, die Selbsteinschätzung und die Freundschaftsbeziehungen der Kinder untersucht. Durch die Kombination von kooperativem Lernen und Informationsmethoden (KOOP-INFO) entsteht eine Methode, die speziell für den Einsatz in der Schule geeignet ist