Jean Baudrillard lässt sich auf seiner Reise durch das Land wie seine geistigen Vorfahren Crèvecoeur und Tocqueville von den gewaltigen Stadt- und Naturlandschaften zu philosophischen Reflexionen anregen. Auch bei ihm geht es um ihren Symbolwert für Amerika als verwirklichte Utopie. Doch stellt sich dieses Problem heute anders als vor zweihundert Jahren: Einst ging es um pursuit of happiness, um das optimistische Streben nach Glück innerhalb einer idealen Staatsform. Am Ende des zwanzigsten Jahrhunderts sind in Amerika die politischen, materiellen und sexuellen Dimensionen der Freiheit in geradezu obszönem Ausmaß realisiert, so dass die Frage nunmehr lautet: "What are you doing after the orgy?" Sind wir an einem Ende der Geschichte angelangt? Baudrillard findet nach dem Bankrott aller großen gesellschaftstheoretischen Alternativentwürfe heute in Amerika wieder eine tabula rasa vor, die neuer Einschreibungen harrt. Und so ist für Baudrillard auch nicht mehr die fruchtbare Natur, sind nicht mehr die üppigen Prärien Amerikas Sinnbild und Symbol, sondern: seine Wüsten.
Der Existentialismus findet wenig Beachtung in der politischen Philosophie, der er als unpolitisch, romantisch, pubertär, obszön gilt. Zurecht beschuldigt man ihn des Individualismus. Denn der Existentialismus geht von einem Primat des Individuums gegenüber dem Staat aus, was sich keinem Vertrag, sondern originär der individuellen Widerständigkeit verdankt. Daraus entsteht politische Macht, während undemokratische Staaten darauf zumeist mit Gewalt reagieren. So entwickelt sich ein hochaktuelles Staatsverständnis, wie es sich als partizipatorische Demokratie im späten 20. Jahrhundert verbreitet. Dieses Staatsverständnis vertreten vor allem die französischen emanzipatorischen Existentialisten, es findet sich aber auch bei Randgängern wie Arendt und Bataille und kann sich auf Wegbereiter wie Kierkegaard und Stirner sowie Nietzsche berufen. Ein metaphysisch religiöser Existentialismus von Marcel, Jaspers, Cioran oder am Rande Heidegger und als Vorläufer Bergson insistiert auf einem traditionellen Staatsverständnis, das lebens- oder seinsphilosophisch renoviert wird. Der Band führt vor, dass die Nachwirkungen des verfemten Existentialismus politischer sind, als dessen spärliche, teilweise fragwürdige Rezeption heute glauben machen möchte
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Caitlin Morans Weg von 13 zu 35, vom verwirrten 82-Kilo-Teenager im Sozialhilfe-Milieu zur erwachsenen berufstätigen Frau und Mutter führte durch erschöpfende, illusionäre, schmerzhafte Seelenlandschaften und Körpererfahrungen, die wohl jede zumindest streift. Doch keine hat bislang so atemberaubend heutig, drastisch, obszön, witzig, warmherzig davon berichtet. Sie lässt nichts aus, stellt Gesellschaft und Natur an den Pranger, doch ohne Klage. Opfer sein ist keine Option, aufs Erkennen folgt Wut, doch die liest sich sehr anders als die Wut feministischer Ahninnen, voller hinreissender Szenen zwischen Slapstick und Doku. "Dieses ganze 'Wir sind doch alle Schwestern'-Gesülze" findet sie wirklichkeitsfremd, Männer durchaus wegweisend, denn in vielen irritierenden Lebenslagen lässt sich mit einer schlichten Frage testen, ob sozialer Druck und Frauenfeindlichkeit am Werk sind: "Machen Männer das eigentlich auch?" Dieser Feminismus entspannt und steckt an, erst recht sein geradezu kantscher Imperativ: "Alle sind höflich zueinander." In England ein Bestseller, bei uns (hoffentlich) auf dem Weg dorthin. (2)
Sprechen, Schmecken, Lecken, Küssen, Zeigen: Die menschliche Zunge ist der soziale Muskel schlechthin. Wer aber respektiert werden will, sollte sie im Zaum halten. Fast könnte man meinen, dass wir diesem Organ, das so zentral ist für unsere Weltbeziehung, misstrauen. Als wäre die Zunge ein Wesen mit eigenem Willen – unberechenbar wie die Schlange, die eine gespaltene Zunge hat. "Die Zunge" beschreibt dieses Organ erstmals in seiner ganzen Komplexität: als Sprachinstrument und Geschmacksorgan, als erogene Zone und obszönes Zeichen, als Gegenstand von Literatur, Musik, Kunst, Film und Werbung. "Wer hat eine Stimme, wer bleibt ungehört? Die Zunge hat bei dieser großen gesellschaftlichen Frage ein Wörtchen mitzureden. Florian Werner erkundet in seinem Zungen-Porträt Wesen, Macht und unheimliches Eigenleben der Zunge. Und er kitzelt schreibend heraus, was dieses glitschige Organ immer schon in uns hervorrief: Lust und Ekel, Scham und kindliche Neugier. Wer dieses Buch liest, entdeckt sie plötzlich überall: die Zunge und ihre verborgene Bedeutung für unsere Kultur" (Nominiert für den Bayerischen Buchpreis 2023 in der Kategorie Sachbuch, Marie Schoeß)
Die militärische Strategie der Bekämpfung von Aufständen entwickelt sich - v.a. im Zuge des "Krieges gegen den Terror" - mehr und mehr zu einer neuen Regierungsform. Der Autor analysiert diese Entwicklung aus der Perspektive eines Rechts- und Politikwissenschaftlers. - Rezension: Der Autor ist Professor für Rechts- und Politikwissenschaften, arbeitet als Verteidiger für zum Tode Verurteilte und ist engagierter Menschenrechtsaktivist. In seiner Analyse widmet er sich einer beängstigenden Entwicklung. Die Art und Weise, wie früher koloniale Aufstände bekämpft wurden, hat sich im Zuge des "Krieges gegen den Terror" zu einer neuen Regierungsform entwickelt. Dabei werden nicht nur Phantomfeinde ins Visier genommen, sondern mehr und mehr jede Bürgerin und jeder Bürger. Was den Autor am meisten verblüfft, ist die Tatsache, dass diese Entwicklung ohne Gegenwehr vonstattengeht. Die Autorin Carolin Emcke fasst es im Vorwort gekonnt zusammen: "Der amerikanische Präsident generiert permanent neue obszöne Spektakel, die skandalisiert werden können - damit die eigentlichen Skandale unbeobachtet bleiben" (Seite 11). - Diesem Mechanismus auf die Schliche zu kommen ist die wichtigste Motivation hinter den klugen Argumenten Bernard E. Harcourts in seinem Buch, das allen Bibliotheken mit aktuellen Sachbuchbeständen gern empfohlen werden kann. (2)
Gestenforscher Krüger geht Geschichte, Bedeutung und heutiger Verwendung des Mittelfingergestus von der griechisch-römischen Antike bis heute nach. Rezension: Yanis Varoufakis, "Effe" Effenberg, Ronald Reagan, Madonna oder Peer Steinbrück: Sie alle hielten schon den ausgestreckten Mittelfinger, vulgo: Stinkefinger in die Kamera. Einer zwischen offener Aggression (Abneigung, Beleidigung) und ironischem Verstoss gegen die üblichen Benimmregeln angesiedelten Geste, die ebenso alt ist wie unsere Kultur. Grund genug für Gestenforscher Krüger, ihre Lexik und Semantik wissenschaftlich dingfest zu machen. Krüger hat den Ursprung des körpersprachlichen Zeichens bereits in der griechisch-römischen Antike ausgemacht; hier galt der "digitus impudicus" (der "schamlose Finger") als obszön-herausfordernde Gebärde von Abwehr, Spott und Hohn, als Indiz für die "Sublimation von atavistischem Primatenverhalten". Der Autor verfolgt akribisch die Geschichte des Mittelfingergestus und besonders seine "Kollektivierung" und "Globalisierung" in der neuesten Zeit durch Leitfiguren aus Musik, Film und Politik sowie Internetkommunikation; auch herabsetzende Gestenvarianten weltweit und juristische Konsequenzen des Stinkefinger-Gestus sind Thema dieses kulturgeschichtlichen Unikats. (2-3)
Die Versuchung "Grundwerte" und "letzte Wahrheiten" in die politische Auseinandersetzung mit Hilfe der Verfassungsinterpretation einzuführen, ist in den letzten Jahren ständig gewachsen. Voraussetzung der Demokratie ist aber die prinzipielle Offenheit und der Verzicht auf letzte Wahrheiten im Bereich der Politik. Zur Erläuterung dieser These erinnerte der Autor an die Entstehungsgeschichte der Moderne: die Trennung von Staat und Kirche, die Entwicklung einer Vielfalt gesellschaftlicher Rollen, die ein Individuum ausfüllen kann und die Erkenntnis der Prinzipien der Menschenwürde und der Toleranz. Die Reduktion eines Menschen auf eine einzige Rolle ist immer ein Signal von Intoleranz und Diskriminierung. Das "Obszöne" totalitärer Regime besteht darin, daß sie diese Intoleranz, also eine prinzipielle Antimodernität, unter irgendwelchen Vorzeichen angeblicher letzter Wahrheiten neu durchsetzen und befestigen wollen. Für den Gedanken der "streitbaren Demokratie" waren die Prinzipien der Menschenwürde und der Toleranz immer zentral. Bei der Abwehr totalitärer Bestrebungen kann die Demokratie aber selbst Gefahr laufen, ihre Offenheit zu verlieren. Der kritische Punkt ist dann erreicht, wenn versucht wird, die offene, "relativistische" Verfassung mit angeblichen "Grundwerten" zu bestücken, die es dann gegen Zweifler und "Verfassungsfeinde" zu verteidigen gilt. (KA)
Latein mal anders: aus dem Alltag gegriffen, teilweise mit sprachlichen Fehlern. So gewähren uns die in Pompeji gefundenen Graffiti Einblick in das Leben ganz normaler Römer der Zeit um 79 n.Chr., manchmal lustig, oft derb, vielfach politisch eingefärbt, immer aber informativ. Rezension: Als 79 n.Chr. der Vesuv ausbrach und seine Lava Pompeji samt Nachbarstädten unter sich begrub, wurden auch Tausende von Inschriften eingeschlossen und bewahrt wie Inklusen im Bernstein. Diese Graffiti bzw. gemalten Kritzeleien, oft in eigenwilliger Grammatik abgefasst, bieten eine einzigartige Momentaufnahme des Alltagslebens ganz normaler Römer jener Zeit. Keine ausgefeilte lateinische Literatur, sondern Liebesschwüre, Werbung, politisch eingefärbte Sprüche und Parolen, oft auch derbe bis obszöne Bemerkungen über Bordellbesuche oder sexuelle Vorlieben. Eine faszinierende Lektüre, da mit Übersetzung versehen, auch für Nichtlateiner interessant. Gerade die Unmittelbarkeit des frischen, unverstellten Blicks auf die Situation von Menschen, die vor gut 2.000 Jahren lebten, zeigt, dass sie uns Heutigen in vielem ziemlich ähnlich waren. Und auch die Frauen waren in der Öffentlichkeit präsenter, als man denkt. - Vom Autor, ausgewiesenem Lateinkenner, gab es zuletzt "Das alte Rom" (2018). Empfehlenswerte und lohnende Lektüre, gern schon ab mittleren Bibliotheken. (2 S)
Aus der Zeit des Augustus hat uns der römische Dichter Horaz ein amüsantes, leicht obszönes Hexengedicht überliefert, das ein mitternächtlich makabres Streiflicht auf das Hexenunwesen des ersten vorchristlichen Jahrhunderts wirft. In Rom hatte zwar schon das Zwölftafelgesetz aus dem Jahr 450 vor Christus die Todesstrafe verhängt für jeden, der Feldfrüchte durch Besprechen verhexte (,,qui fruges incantassit") oder Getreide vom Nachbaracker auf das eigene Feld herüberzauberte. Auf Grabsteinen klagten damals die Angehörigen, dass ihr Verstorbener "durch Zaubersprüche gebannt" sein Leben lassen musste. Auch 400 Jahre später berichtet der Historiker Sallust vom Wirken des Schadenzaubers seiner Zeit, der große Redner und Politiker Cicero entwirft sogar Staatsgesetze gegen nächtliche Geheimopfer von Frauen. Horaz wandte sich in seinen Dichtungen mehrfach leidenschaftlich diesen dunklen Sphären zu, besonders in dem hier vorgestellten derben Spottgedicht auf ein nächtliches Hexentreiben in Rom. Es ist enthalten in der prächtigen Horazausgabe der Satiren, Epoden, Oden und Briefe in der Historischen Bibliothek der Stadt Offenburg. Sie wurde 1503 in Paris von Dionysius Roce in folio gedruckt und von Jodocus Badius, einem humanistischen Gelehrten dieser Zeit, ausführlich kommentiert. Registriert unter der Nummer F-351-1/2= rarum zählt diese seltene Buchausgabe mit der angehängten Inkunabel "Historia Alexandri Magni" von Georg Husner, Straßburg 1494, zu den Raritäten der Bibliothek, die uns von dem Konvent der Offenburger Franziskaner hinterlassen wurden.
Wie bei kaum einem anderen deutschsprachigen Schriftsteller nach 1945 haben Grass' Werke bei Erscheinen regelmäßig Debatten und Skandale provoziert. Neben dem Bild eines notorischen, auf große Wirkung bedachten Tabubrechers hinterließen sie Unklarheit darüber, was genau sie über den Autor, sein Verständnis von Literatur und die Form seiner Werke aussagen. Nicht einmal das jeweils Anstößige blieb nachhaltig anstößig oder verständlich. Wurden etwa der Blechtrommel bei Erscheinen intolerable Obszönität oder "pornographische Exzesse" nachgesagt, so gehört der Roman mittlerweile zu den anerkannten Klassikern der Moderne und das vermeintlich Obszöne zu den etablierten Momenten literarischer Darstellung. Andere Streitfälle wanderten ab ins Reich biographischer Anekdoten, etwa die Empörung über den 'Ein weites Feld' zerreißenden Großkritiker auf dem Cover des Spiegel. Und auch die jüngeren Skandale um Grass' Dienst bei der Waffen-SS4 oder sein israelpolitisches Gedicht werden wohl nur als rezeptionsgeschichtliche Randnotizen überdauern. Die Umwertung von einst Skandalösem in literarische Konformität oder biographische Kuriosität gehört zu den üblichen Prozessen der Historisierung ästhetischer Wirkung: Aus den Provokationen von gestern werden nicht selten die Vorurteile von morgen, aus evidenter Akutmoral erklärungsbedürftige Zeitgeschichte. Man hätte also gute Gründe, Grass' literarische Texte gegen ihre skandalöse Wirkung in Schutz zu nehmen, doch bei einem Schriftsteller, dessen Werk fest mit seinem Auftreten als öffentliche Person und steter politischer Dreinrede verbunden war, sind die Folgen seiner Historisierung schwer absehbar: Muss mit der provozierenden Kraft der Werke nicht auch ihr ästhetischer Reiz oder das Interesse an ihnen verloren gehen? Grass wäre nicht der erste Autor, der trotz einer starken Wirkung auf Zeitgenossen posthum in Vergessenheit geriete.
Intro -- Titel -- Inhalt -- Danksagung -- Geleitwort von Daniel Hell -- Wie lässt sich Autoritarismus radikal (von der Wurzel her) verstehen? -- Teil I: Ein ‹neues› Strukturmodell der Psyche - Überblick -- 1. Freiheit und Krisis sind identisch -- 1.1. Sieben Grundbegriffe: Aletheia, Krisis, Kairos, Ananke, Kenosis, Pleroma, Ekstasis -- 1.2. Jacques Lacans «Begehren» und Melanie Kleins «projektive Identifizierung» -- 1.3. Strukturmodell der Psyche: Graphik -- 1.4. Erläuterungen zur Graphik -- 1.4.1. Zum Logos, verstanden als Aletheia, Wahrheit -- 1.4.2. Zur Aufgliederung über die Aspekte tremendum und fascinosum -- 1.4.3. Zum Begriff Ekstasis -- 1.4.4. Zu den Begriffen Kairos, Krisis und Metanoia -- 1.5. Theoretische Grundgedanken: Überblick -- 1.5.1. Besetzung des Triebs und Rückwegigkeit der Ideologie -- 1.5.2. Das Unbewusste: die Abwehr oder das Abgewehrte? -- 1.5.3. Die Psychoanalyse kennt im Gegensatz zur Theologie nur das Traumatische an der Freiheit -- 1.5.4. Ideologie: Abwehr der Abwehr -- 1.5.5. Widerspruchstheoretisches Denken ‹von der Pathologie her› (Theodor W. Adorno) -- 1.5.6. Freiheit ist Kenosis (László Földényi) -- 1.5.7. Vernichtung des Nichts stellvertretend im Anderen (Terry Eagleton) -- 1.5.8. «Exterritorialität des Todes» (Ernst Bloch) -- 1.5.9. Entfremdung: imaginäre Objektbeziehung, -besetzung und -fixierung -- 1.5.10. Denkfehler der Psychoanalyse: Vermengung von Obszönem und Realem (Absolutem) -- 1.5.11. Die «Lichtgestalt des nordischen Germanen» braucht den «jüdischen Teufel» (Victor Klemperer) -- 1.5.12. Die Frau symbolisiert alle Aspekte und Hypostasen der Freiheit -- 1.5.13. Über-Ich: Schauplatz der Herr-Knecht-Dialektik -- 1.5.14. «Die existentielle Psychoanalyse verwirft das Postulat des Unbewussten» (Jean-Paul Sartre) -- 1.5.15. Sozial- und Rechtstheorie benötigen einen ontologischen Freiheitsbegriff.
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Vor einer Trivialisierung des Holocaust warnend, bezeichnete Claude Lanzmann vor acht Jahren den Regisseur Steven Spielberg als "eine Art big brother der Erinnerung". Damit gehörte Lanzmann zu einem Kreis von Historikern, Publizisten und Gedenkstättenmitarbeitern, die massive Kritik an Spielbergs ambitioniertem Vorhaben äußerten, weltweit möglichst viele Überlebende des Holocaust zu befragen. Die Gegenstimmen waren vielfältig und bezogen sich unter anderem auf die in den 1990er-Jahren noch gewöhnungsbedürftige Tatsache, dass Spielberg die digitalisierten Videointerviews in einem computergestützten, internetfähigen Riesenarchiv des Holocaust speichern wollte. Zudem bestand die Sorge, Spielbergs Medienpräsenz und erfolgreiche Sponsorenwerbung werde dazu führen, dass anderen, seit Jahrzehnten arbeitenden Oral-History-Projekten keinerlei Förderung mehr zukomme. Beanstandet wurde auch, dass nicht professionell ausgebildete Personen als Interviewer eingesetzt wurden. Wegen der hohen Zahl archivierter Aussagen von Überlebenden werde sich der inhaltliche Fokus von den Getöteten hin zu jenen verschieben, die der Ermordung entgangen waren. So werde die Geschichte des Holocaust als Geschichte eines Triumphs erzählt, die sie historisch nicht sei. Die Interviews seien darauf angelegt, genau jene Gefühle hervorzurufen, die Raul Hilberg für unlauter hielt: "There is nothing to be taken from the Holocaust that imbues anyone with hope or any thought of redemption." Tatsächlich kann die Interviewsammlung Spielbergs vielzitierten und wegen seiner Assoziation zu verbrannten Leichen etwas obszön wirkenden Anspruch, "jedes Körnchen Asche" aufzusammeln, nicht einlösen. Denn diejenigen, die sprechen können, haben, wie Primo Levi es nannte, "den tiefsten Punkt des Abgrunds" nicht berührt. Deutlich wird jedoch Spielbergs nachdrücklicher, fast obsessiv wirkender Versuch, vergehende Erinnerungen an den Holocaust vor dem Vergessen bannen zu wollen.
Frontmatter --Inhalt --Nationalsozialismus und Geschlecht: eine Einführung --Im Umfeld der Macht: populäre Perspektiven auf Frauen der NS-Elite /Gehmacher, Johanna --Expositionen des Obszönen: zum Umgang mit dem Nationalsozialismus in der visuellen Kultur /Wenk, Silke --NS-Verbrechen und asymmetrische Geschlechterdifferenz: eine kritische Auseinandersetzung mit historischen Analysen zur NS-Täterschaft /Gravenhorst, Lerke --"Gestrauchelte Frauen" und "unverbesserliche Weibspersonen": zum Stellenwert der Kategorie Geschlecht in der nationalsozialistischen Strafrechtspflege /Roth, Thomas --Sexualisierte Gewalt gegen Frauen während der NS-Verfolgung /Halbmayr, Brigitte --Maskulinität und sexuelle Ausbeutung: Bordellgänger in Konzentrationslagern /Sommer, Robert --Die deutsch-französischen Liebesbeziehungen der französischen Zwangsarbeiter und beurlaubten Kriegsgefangenen im "Dritten Reich": vom Mythos des verführerischen Franzosen zur Umkehrung der Geschlechterrolle /Arnaud, Patrice --Mediale Inszenierungen von "Volk und Führer": Akustik -- Bild -- Skulptur /Frietsch, Elke --Männliche Tatkraft und weibliches Sein: eine Radioidylle 1934-1940 /Pater, Monika --Bilder partieller Emanzipation: Künstlerpaare im NS-Spielfilm /Schrödl, Barbara --Frauenbilder im Spielfilm, Kulturfilm und in der Wochenschau des "Dritten Reiches" /Scheidgen, Irina --Flucht in den Untergrund: zur Situation der jüdischen Bevölkerung in Deutschland 1941-1945 /Schoppmann, Claudia --Zur Beteiligung von Frauen an nationalsozialistischen Verbrechen im Gesundheitswesen: Fallstudien aus der Region des heutigen Sachsen-Anhalt /Schubert-Lehnhardt, Viola --Weibliches SS-Personal in Konzentrationslagern: überzeugte Parteigängerinnen der NSDAP oder ganz normale deutsche Frauen? /Wolfram, Lavern --Justiz und Geschichtsschreibung --Die Bedeutung der Kategorie Geschlecht für die Bewertung politischer Rollen im NS-System: der Fall der Entnazifizierung von Gertrud Scholtz-Klink /Livi, Massimiliano --Vom Nutzen eines Klischees: das Bild der unschuldigen Aufseherin in den Verteidigungsstrategien des letzten britischen Ravensbrück-Prozesses 1948 /Erpel, Simone --"What Happened after End of Anne Frank's Diary?" /Frübis, Hildegard --: as Sie schon immer über Nazis wissen wollten.9 Nationalsozialismus und Geschlecht im zeitgenössischen Spielfilm /Dietrich, Anette ; Nachtigall, Andrea --Erica Fischers "Aimée & Jaguar": eine Analyse ausgewählter Beispiele der Rezeptionsgeschichte /Hauer, Gudrun --Prostitution: Dorn im Auge oder unterstützender Mechanismus für die Entwicklung einer neuen nationalen Identität? Tagebuchaufzeichnungen von Frauen an der besiegten "Heimatfront" /Grenz, Sabine --Tradierungsweisen von Geschlechterbildern: der Umgang mit familiengeschichtlichen Verstrickungen in den Nationalsozialismus /Wachsmuth, Iris --Abbildungsnachweise --Autorinnen und Autoren --Backmatter.
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Themen: 1. Belastung durch Schüler: verspätetes Kommen ohne Entschuldigung; Verweigerung der Mitarbeit; obszöne Bemerkungen über Mitschülerinnen; berechtigte Schülerkritik an Kollegen; Schülerwunsch nach persönlichem Gespräch; Schüler mahnen Rückgabe von Klassenarbeit an; Rangelei wegen gegenseitig weggenommener Materialien; Schüler sorgen für Unruhe in der Klasse; demonstratives Desinteresse; Gehorsamsverweigerung.
2. Belastung durch Curriculum: Unerfüllbarkeit der Lehrpläne wegen Stofffülle; vorgegebene Unterrichtsziele sind zu anspruchsvoll; Stofffülle erschwert selbstbestimmtes Lernen; hoher Einarbeitungsaufwand in Unterrichtsmaterialien; fehlende Quellen und fachlicher Rat bei nicht vertrauten Unterrichtsinhalten.
3. Belastung im Klassenraum: plötzlicher Defekt von Unterrichtsgeräten (z.B. Vorführgerät); benötigte Arbeitsmaterialien sind nicht verfügbar; Lärmbelästigung des Klassenraums von außen; Klassenraum sowie Tafel zu klein; ständiges Fehlen von Kreide oder Tafellappen; lärmende Nachbarklassen bei hellhörigen Wänden; Verschmutzung des Klassenraums.
4. Belastung durch Eltern: geringe Akzeptanz des Lehrers als Erzieher; geringeres Engagement von Unterschichteltern bei Elternversammlungen oder Lehrer-Sprechtagen; Vorwurf ungerechter Behandlung der Kinder; wenig Bereitschaft zur Unterstützung außerunterrichtlicher Aktivitäten; Eltern erwarten Bestätigung ihrer Ansichten bei Leistungs- und Verhaltensschwierigkeiten; Eltern erwarten Akzeptanz jeden Grundes für Unterrichtsbefreiung; Anvertrauen außerschulischer Probleme.
5. Belastung durch Verwaltungsaufgaben: Verwaltungsaufwand geht zu Lasten der Unterrichtsvorbereitung; sich den Verwaltungsaufgaben nicht entziehen können oder wollen; Problem des umfangreichen Verwaltungsaktes bei Nichtversetzung eines Schülers; Behinderung von Klassenreisen durch Verwaltungsaufwand; häufiges unentschuldigtes Fehlen eines Schülers; Stundenplan enthält viele Springstunden und unterschiedliche Fächer in zu vielen Klassen.
6. Belastung durch Kolleginnen und Kollegen: Fachgespräche verkürzen Pausenzeit; ständige Absprachen mit Kollegen durch gemeinsamen Unterricht nötig; Kollegenberichte von schwänzenden Schülern; geringe Kollegialität; Kommunikationsprobleme mit dem Schulleiter bzw. Fachbereichsleiter; vorgeschobene Gründe von Kollegen gegen Kooperation; Gespräch mit dem Schulrat wegen der eigenen dienstlichen Beurteilung; erfahrene Kollegenschelte.
7. Belastung durch sonstige Arbeitsbedingungen: Unterrichtsverteilung in ausbildungsfremden Fächern; empfundene Belastung durch Klassenarbeiten; Pausenbelastung durch Telefonate und Gespräche mit Schülern, Kollegen und Eltern; fehlende Zeit für Weiterbildung und Weiterbildungslektüre; Unterrichtsimprovisation wegen fehlender Versuchsvorbereitung; fehlende Lernbereitschaft der Schüler nach Klassenarbeiten; steigende Anforderungen an Organisationsvermögen; Konflikt zwischen Familie und Beruf; Familie betrachtet Lehrerberuf als Halbtagsjob.
Demographie: Geschlecht; Alter; Berufsjahre im Schuldienst; Ausbildungsabschluss; Institution und Ort des Abschlusses; Jahr des Examens; Anzahl der Studiensemester; unterrichtete Klassenstufen vor 1991 und seit 1991; Beschäftigungsumfang (Vollzeit, Teilzeit, stundenweise); Beschäftigung in Ost-Berlin oder in West-Berlin; Schultyp; derzeitige Position bzw. Funktion; Schulfächer: Lieblingsfach, Ausbildungsfach, derzeitiges hauptsächliches Unterrichtsfach.
Inhaltsangabe:Einleitung: Die Banken sitzen an einer gesamtwirtschaftlichen Schaltstelle; sie sammeln Sparbeträge ein, bieten Anlagemöglichkeiten und gewährleisten über die Kreditvergabe den Finanzierungsspielraum von Unternehmen und Verbrauchern. Im Vollzug ihrer pekuniären Vermittlungstätigkeit üben sie auch immer direkten Einfluß auf den einzelnen Verbraucher aus, sprechen seine ganz individuellen Wünsche und Bedürfnisse an: 'Die Banken selber haben sämtliche Wünsche aufgenommen, sie verwalten - mit Altersvorsorge, Ausbildungskonto, Bausparvertrag und Vermögensbildung - das Persönlichste über das größte Abstraktum, das Geld. Mit ihrer Werbung, die subtil erotisch alle Lebensbereiche durchs Nadelöhr des Finanziellen treibt, rücken sie uns näher denn je. Daß der Bankier, ganz wie ein säkularer Priester, zwischen uns und unseren Begierden steht, gibt ihm die größte historische Alltagsbedeutung. Deshalb seine hellen Räume, ihre aseptische Seriosität, ihre Diskretion: Es ist der phobische Reflex gegen das Obszöne, das im Geldverkehr unterdrückt allgegenwärtig ist.' In einem industriekapitalistischen Wirtschaftssystem mit ständig expandierendem Produktangebot verliert die Erwerbsarbeit allmählich an sinnstiftender Kraft, während die Stellung des Konsums im gegenwärtigen Alltag stark an Bedeutung zunimmt. Der Konsum von Waren generiert zu dem bestimmenden Teil des menschlichen Lebensstils, wobei die Produkte dem Konsumenten zeigen, wie er seinen Alltag gestalten kann und zu gestalten hat. Denn immer mehr Menschen sind in der Lage, einen Konsumstandard zu erreichen, der noch vor einer Generation nur wenigen zugänglich war. Die zunehmende öffentliche Präsenz der Produkte und ihre permanente warenästhetische Selbstanpreisung und Glücksversprechung besonders in der Werbung führen zu einem pathologischen Besitzwunsch, einem regelrechten 'Warenhunger', den sofort zu stillen der Konsument im Laufe der Zeit gelernt hat. Er muß nicht mehr warten, bis die erforderliche Geldsumme vollständig erspart ist, sondern er ist heute in der Lage, das Produkt gleich auf der Stelle zu erwerben und beim Warenhaus in geplanten Raten abzuzahlen oder in Höhe des notwendigen Geldbetrages bei der nächsten Bank einen Kredit aufzunehmen. Jedoch die naive Leichtigkeit der unmittelbaren Bedürfnisbefriedigung, die keinen unlustvollen Triebaufschub billigt, mündet in den letzten Jahren verstärkt in ernst zu nehmende Verschuldungsprobleme breiter Bevölkerungsschichten. Tageszeitungen und Nachrichtenmagazine weisen in regelmäßigen Zeitabständen immer wieder auf eine steigende Überschuldung der privaten Haushalte hin und stellen in diesem Zusammenhang auch 'die unerträgliche Leichtigkeit, mit der hierzulande Geld zu leihen ist', in Frage. In der vorliegenden Arbeit soll mit Hilfe einer kultursoziologischen Hermeneutik ein (möglicher) Grund der privaten Verschuldung untersucht werden: die passive Verführung des vergesellschafteten Individuums zum 'Konsumrausch' durch die Banken, exakter: durch die Werbung der Banken. Es ist hier die Frage zu klären, ob Banken durch gezielte Werbestrategien und Werbeversprechen zu jener angesprochenen 'naiven Leichtigkeit' bezüglich einer vorschnellen Kreditaufnahme beitragen, mithin eine unmittelbare lustvolle Bedürfnisbefriedigung in Form von Konsumgütern versprechen und auf diese Weise bewußt oder unbewußt die permanent steigende Überschuldung privater Haushalte zusätzlich forcieren. Zunächst ist es evident, auf die Bedeutung der Werbung und der Warenästhetik im allgemeinen einzugehen, um sich über deren mögliche 'Macht' und/oder 'Ohnmacht' in unserer heutigen Gesellschaft ein Bild machen zu können. Daran soll die eigentliche empirische Analyse von Bankenwerbung anschließen, wobei lediglich ein Werbebild - aus der Volks- und Raiffeisenbanken-Kampagne - für sich alleine und auch im Hintergrund der gesamten Kampagne genauer betrachtet wird. Die Auswahl dieser einen Kampagne unter den vielen verfügbaren erfolgte subjektiv aufgrund der ersten eigenen spontanen Assoziation bei dem Gedanken an 'Bankenwerbung'. Darüber hinaus wurde im Bekannten- und Freundeskreis bei meiner Erfragung, welche Art von Bankenwerbung ganz spontan in den Sinn komme, signifikant an erster Stelle die 'Wir machen den Weg frei'-Kampagne genannt, dicht gefolgt allerdings von der 'Wenn's ums Geld geht'-Kampagne der Sparkassen. Die Zeitschrift 'Werbung Verkaufen' weiß von einer Erhebung der 'IVE Research International GmbH' aus dem Jahr 1991 zu berichten, wonach 27 Prozent der Probanden auf die Frage hin, welche Werbung von Geldinstituten ihnen 'zur Zeit' besonders aufgefallen sei, die Volks- und Raiffeisenbanken-Kampagne nannten. Dieser statistische Wert würde lediglich in den neuen Bundesländern noch von dem 'werblichen Auftritt der Sparkassen' übertroffen werden. Anzunehmen ist, daß die etwas andere, für eine Bankenwerbung untypische Bildaufmachung einer starken Erlebnisbetonung zu dem hohen Erinnerungswert beiträgt. Insbesondere die entstandenen eigenen Irritationen bei der Rezeption eines Bildes veranlaßten mich zu der folgenden Untersuchung, bei der eine hermeneutische Deutung versucht wird, die das Verhältnis von Rezeptionsvorlage und Rezeptionsprozeß weitgehend aufklären soll. Der Analytiker fungiert dabei nicht als repräsentativer, sondern als exemplarischer Rezipient, 'der im Verlauf seiner Selbstaufklärung Verständnismöglichkeiten der Rezeptionsvorlage erschließt, die den Rezeptionsprozeß auch für andere Rezipienten strukturieren, selbst wenn diese die Vorlage letzlich nicht so verstehen, wie er sie versteht'. Am Ende werden schließlich einige andere markante Kreditwerbestrategien unterschiedlicher Banken den gewonnenen soziologischen Aussagen gegenübergestellt. Inhaltsverzeichnis: 1.Die Rolle der Banken und des Kredits1 2.Die Macht und Ohnmacht der Werbung7 3.Warenästhetische Überlegungen15 4.Empirische Bildinhaltsanalyse von Bankenwerbung24 4.1Methodologische Klärungen24 4.2Vorgehensweise32 4.3'Wir machen den Weg frei': Die Werbung der Volks- und Raiffeisenbanken34 4.3.1Beobachtungsprotokoll (vgl. Anlage I)35 4.3.2Erster Versuch eines szenischen Verstehens40 4.3.3Zweiter Verstehenszugang durch psychoanalytisch-kulturhistorische Interpretationsansätze47 4.3.4Strategische Überlegungen der Werbemacher88 4.3.5Soziologischer Gehalt91 5.Der frühzeitige Einstieg in den Schuldenturm109 6.Literaturverzeichnis116 7.Anhang124