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Die fruchtbare Zusammenarbeit von Psychologen und Umfrageforschern in den letzten Jahren führte zu neuen Ergebnissen bezüglich der Fragebogenkonstruktion bei der Einstellungsmessung. Eine der wichtigen Forschungsfragen bezieht sich auf die Bedingungen des Einflusses einer Frage auf die Beantwortung der folgenden Frage im Fragebogen. Mit diesem Thema beschäftigt sich die vorliegende Untersuchung, indem sie Ergebnisse der kognitiven Theorie zusammenfassend referiert. Es geht darum zu untersuchen, unter welchen Bedingungen die Antwort auf eine Frage der vorhergehenden Antwort ähnlich oder unähnlich ist. Es wird gezeigt, daß die Anordnung von miteinander in Verbindung stehenden Fragen in einem Fragebogen großen Einfluß auf das Ergebnis hat, daß das Ergebnis von ein und demselben Fragenkomplex grundsätzlich verschieden sein kann je nach Reihenfolge der Fragen. Die Autoren hoffen gezeigt zu haben, daß Psychologen und Umfrageforscher aus einer Zusammenarbeit jeweils großen Nutzen ziehen können. Umfrageforscher verringern die Gefahr, Methodeneffekte als reale Ergebnisse zu interpretieren; Psychologen bekommen fruchtbare Anregungen für ihre theoretische Grundlagenarbeit. (AG)

Der Aufsatz geht kritisch den soziologischen Voraussetzungen methodologischer Axiome der Umfrageforschung nach, vor allem der Annahme, es gebe einen "wahren Wert", der durch Fehler und Forschungsreaktivität zwar systematsich verzerrt werden könne, aber doch vorhanden und durch entsprechende methodische Vorkehrungen herauszufinden sei, sowie daß es zumindest eine gewisse Entsprechung von Einstellung und Verhalten gebe. In einer handlungstheoretischen Analyse der Befragungssituation wird gezeigt, daß diese Annahmen auf Fiktion beruhen. Das Antwortverhalten von Befragten ist als Problemlösung aufzufassen, bei der die alltägliche personale Identität und die konkrete Befragungssituation berücksichtigt werden. Die Frage nach "Wahrheit" oder "Lüge" stellt sich so nicht mehr. Die Paralyse von stabilen und übersituativ handlungsrelevanten Primärmilieus als Folge funktionaler Differenzierung von Gesellschaft entzieht der Umfrageforschung ihre sozialstrukturellen Grundlagen. Die sozialen Bedingungen einer am Konzept des wahren Wertes orientierten Umfrageforschung sind nicht mehr herstellbar. (MH)

Die Autoren berichten über erste Analysen zu Interviewereinflüssen im Rahmen der DDR-Basisbefragung des Sozio-ökonomischen Panels 1990. Ausgehend von dem Umstand, daß in der Umfrageforschung eine mögliche Beeinflussung der Befragten durch den Interviewer grundsätzlich eine Rolle spielt, wird in diesem Beitrag der Frage nachgegangen, ob bei der SOEP-Basisbefragung über die üblichen Interviewereffekte hinaus, die durch das Geschlecht, das Alter und die soziale Stellung des Interviewers verursacht werden können, noch mit weiteren Effekten gerechnet werden muß. Zu diesen Effekten könnte gehören, daß Interviewer, die bereits in der alten DDR zum Interviewerstab gehörten, ein anderes Verhalten aufweisen als neu-rekrutierte Interviewer. Die Interviewereffekte können sich in zweierlei Hinsicht auswirken: unterschiedliche Erfolge bei der Teilnahmebereitschaft der angesprochenen Haushalte und Beeinflussung der Daten selbst. Anhand einer Variable, bei der eine starke Beeinflussung durch die persönliche Einstellung des Interviewers erwartet werden kann, wurde der Einfluß des Interviewers auf das Antwortverhalten geprüft. Die entsprechende SOEP-Frage war folgendermaßen formuliert: "Wie zufrieden oder unzufrieden sind Sie alles in allem mit der Demokratie, wie sie heute in der DDR besteht?" Bei den folgenden Analysen zeigte sich, daß das Eintrittsdatum in den Interviewerstab nicht relevant ist, es gibt jedoch durchaus Interviewereffekte, die vom Alter des Befragten und der Interviewer ausgehen. (ICF)

In seinem Beitrag untersucht der Autor anhand von fünf Wellen des bundesdeutschen sozioökonomischen Panels (seit 1984 mit ca. 12.000 Personen in 6.000 Haushalten) die innere Dynamik des Prozesses der Teilnahmeentscheidung bei den Befragten. Folgende Aspekte werden dabei näher untersucht: (1) die Integration neuer Personen in die Panel-Population, (2) die Ursachen steigender Teilnahmequoten, (3) die Effekte struktureller Variablen auf das Nichtantwortverhalten. Die Befunde zeigen, daß zwischen Interviewer und Befragten folgende Beziehung besteht: Je länger jemand durch denselben Interviewer befragt worden ist, desto niedriger ist die Verweigerungsrate. Entgegen den Zielen eines "surveys" scheint die Panel-Bevölkerung einen "Interviewer-Panel" zu erwarten. (BE)

Der Beitrag befasst sich mit der Reaktivität von Messinstrumenten bzw. Messobjekten in der familiensoziologischen Forschung. "Mit Reaktivität bezeichnet man die Tatsache, dass unsere Befragten nicht nur auf das Messinstrument reagieren, sondern auf die gesamte Erhebungssituation. D. h. sie reagieren auch auf das angekündigte Thema der Befragung, auf den Auftraggeber, auf das Auftreten und vielleicht Aussehen des Interviewers oder auf die Anwesenheit Dritter bei der Datenerhebung. Darüber hinaus gibt es Effekte durch die Frageformulierung und Positionierung. Dass solche Effekte auftreten können, bedeutet aber noch nicht, dass sie in allen Studien auch auftreten oder in einem solchen Umfang virulent werden, dass die Messungen bzw. Befragungsergebnisse insgesamt keine vernünftigen Abbildungen der Realität liefern. Reaktivitätseffekte kann man durch bestimmte methodische Strategien aufdecken, man kann sie quantifizieren und in der professionellen wissenschaftlichen Forschung versucht man ihnen entgegenzuwirken. Das Gesagte gilt ganz allgemein für die empirischen Sozialwissenschaften bzw. für die soziologische Forschung. In der Familiensoziologie treten aber einige der genannten Effekte in erhöhtem Maße auf. Die hier vertretene These lautet: Familiensoziologische Forschung muss ganz besonders auf Artefakte achten, weil viele ihrer Themen besonders anfällig für Reaktivität sind. Familiensoziologische Forschung muss deshalb außerordentlich methodenkritisch, professionell und umsichtig sein. Nur dann kann sie ihre Funktion bei der Deskription der familialen Lebenswelten und bei der Prüfung von Theorien wahrnehmen. Im Folgenden sollen an einigen ausgewählten Beispielen aus der familiensoziologischen Forschung die angedeuteten Probleme verdeutlicht werden. Es sind insgesamt vier Bereiche, die angesprochen werden: die Rekrutierung von Befragten, die Schiefe von Verteilungen, die (mangelnde) Validität von Partnerauskünften und Interviewereffekte. Damit sind keineswegs alle Problembereiche angesprochen und die aufgegriffenen können auch nur rudimentär behandelt werden, aber die besondere Nähe von empirischer Familienforschung und Problemen der Datenerhebung und Datenanalyse wird in den Ausführungen doch deutlich." (Textauszug)

Unter den in der Sozialforschung - insbesondere bei transkulturellen Untersuchungen - angewandten qualitativen Forschungsmethoden kommt den erzählanalytischen Verfahren zunehmend größere Bedeutung zu. Statt die Befragten mit einem mehr oder weniger standardisierter Fragenkatalog zu konfrontieren, zielen erzählanalytische Verfahren darauf, dem Befragten längere Erzählsequenzen zu "entlocken". Es wird angenommen, daß dieses Forschungsverfahren eine originale und unbeeinflußte Reproduktion des Referenzrahmens und der Bedeutung ermöglicht, mit denen die befragte Person ihre Wahrnehmung und Konstruktion der sozialen Wirklichkeit organisiert. Aufbauend auf Forschungserfahrungen in Südost-Asien werden einige Probleme diskutiert, sowohl in Bezug auf die Anwendung narrativer Interviewtechnik in nicht-westlichen Kulturen, als auch in Bezug auf die angemessene Interpretation des Textmaterials, das in narrativer Form erhoben wurde. Die Erörterung konzentriert sich darauf, inwieweit die in asiatischen Kulturen konstitutive kulturelle Basisregel des "Gesichtswahrens" die Interaktion beim narrativen Interview und den Prozeß der Textproduktion in dieser Situation beeinflußt. Dabei wird auch diskutiert, inwieweit diese Basisregel bei der Interpretation in Rechnung zu stellen ist. (KWÜbers)

Der Aufsatz aus dem Jahre 1970 setzt sich mit dem in allen empirisch arbeitenden Wissenschaften auftauchenden Problem der Gültigkeit auseinander. Beschrieben werden verschiedene Methoden zur Bestimmung der formalen und inhaltlichen Gültigkeit (Expertenvalidierung, Vergleichsgruppen u.a.). Dabei gilt eine Skala/Index als formal gültig, wenn ihre Items auf einer gemeinsamen Dimension messen. Eine Skala/Index ist inhaltlich gültig, wenn sie auf der Dimension mißt, die der Forscher beabsichtigt zu messen. Als Spezialfälle der "construct validity" werden genauer dargestellt die "concurrent validity" sowie die "predictive validity". (psz)

In den letzten Jahren plädierten die Kultur- und Humanwissenschaften für eine interne Differenzierung der Kategorie "Westen". Der Ansatz gewann an Einfluss und kann als akzeptiert gelten. Das bis Mitte des vergangenen Jahrhunderts vorherrschende Modelleiner intellektuellen Elite, die von weißen, männlichen und westlichen Gelehrten gebildet wurde, wurde durch ein Modell ersetzt, das in größerem Maße gender-sensitive, entkolonialisierte und dezentralisierte Strömungen und Energien berücksichtigt. Die Autorin zeigt, wie das alte Modell auch heute noch in den postkolonialen Gesellschaften nachwirkt: In einigen Ländern ließ man die Beherrschten über Generationen hinweg an den Mythos von den Völkern ohne Vergangenheit glauben, was zu schwerwiegenden Beschädigungen im kollektiven Selbstbewusstsein der Kolonisierten führte. Für zukünftige Fallstudien und Forschungen schlägt die Autorin ein Verhalten des Forschers vor, das dem eines Konzertpublikums gleicht: er hört in respektvoller Stille zu, wie es bereits im altgriechischen Begriff des "Akousmastikos" anklinkt. Akousmastikos wurde von der pythagoreischen Schule als didaktische Praxis eingesetzt. Diese methodische Fähigkeit müssen Sozialwissenschaftler erwerben, sie müssen von der Voraussetzung ausgehen, dass Phänomene anders sind, als ursprünglich angenommen. Nur durch Bescheidenheit des Forschers, der sich in ein fremdes Land begibt, kann die Asymmetrie zwischen Forscher und Beforschtem eingeschränkt werden. (ICB)

Die Reaktivitätsforschung hat bisher nur zur Zusammenstellung von Einzelergebnissen geführt, ohne daß die Grundprobleme bei den Reaktionsvorgängen angegangen und Einzelprozesse nach allgemeinen Gesichtspunkten geordnet wurden. Da Reaktivitätserscheinungen bei Forschungskontakten den Regeln sozialen Verhaltens unterliegen, lassen sie sich mit dem entsprechenden soziologischen Instrumentarium deuten. Der Verfasser bestimmt die Reaktivität nicht als punktuell auftretendes Fehlverhalten, das in der Forschung eliminiert werden müßte, sondern als nomologische Regelmäßigkeit, die sich deduktiv aus den Prämissen der allgemeinen Verhaltenstheorie ablesen läßt. Die Reaktivität wird verursacht durch die Situationsstrukturierung eines anfangs undefinierten Sekundärkontaktes, für den eine umso adäquatere Möglichkeit der Konsensusfindung und Sinngebung besteht, je höher die Motivation für die gegebene Interaktionsaufforderung ist. Die motivationale Interaktionsaufnahme erfordert einen hohen Grad an Situationsstrukturierung. Von der Grundannahme der motivationalen Begründung der Interaktionsaufnahme werden die Bedingungen entwickelt, unter denen die Interaktion erschwert, verhindert, gefördert und am problemlosesten abgesichert werden kann. Der Autor setzt sich auseinander mit den Problemen des Versuchsleitereffekts (experimenter bias), dessen wichtigster Übertragungsmechanismus in dem von M.T. Orne gebildeten Begriff "demand characteristics" bestimmt ist. Die Diskussion über das Problem der Deutero-Motivationen wird an den kontroversen Standpunkten von Orne und Riecken/Rosenberg erörtert. Der Verfasser versucht solche Bedingungen anzugeben, unter denen Reaktivitätserscheinungen nur eine untergeordnete Rolle spielen. Eine abschließende Kritik will verdeutlichen, daß eine gängige Methodologie in den Erhebungsverfahren der Sozialwissenschaften, die keine Aussage machen kann, aus denen die systematischen Datenverzerrungen wie durch die Reaktivität erklärbar und prognostizierbar werden, implizit von sozialen Voraussetzungen ausgeht, die faktisch nicht realisiert werden können. (HM)

Der Text zu den neuen Forschungsperspektiven einer polit-ökonomisch orientierten kritischen Friedensforschung, die ihren Anfang in Deutschland in den 1970er Jahren hat, rückt den Interessenbegriff in den Mittelpunkt der Auseinandersetzung. Dabei werden zwei Thesen erörtert: (1) Die Interessendiskussion im Schnittpunkt zwischen Internationalen Beziehungen und kritischer Friedensforschung hat sich nach erfolgversprechenden Anfängen in eine Sackgasse begeben, was einen Beitrag dazu leistete, dass sich schließlich nahezu der gesamte Diskussionsstrang kritischer Friedensforschung zu den internationalen Beziehungen aufgelöst hat. (2) Gerade über eine Erweiterung der alten Interessendiskussion, durch Aufnahme aktueller kritischer Diskussionen in den Internationalen Beziehungen, können Auswege aus der Sackgasse gefunden werden, ohne dass der Anspruch der kritischen Friedensforschung zu den internationalen Beziehungen und die erzielten Ergebnisse der abgelaufenen Interessendiskussion über Bord geworfen werden müssen. Die Erörterung dieser Thesen gliedert sich in vier Schritte. In einem ersten Schritt wird der Schnittpunkt zwischen Internationalen Beziehungen und kritischer Friedensforschung aufgezeigt. Im zweiten Schritt wird dann auf die Ergebnisse der in diesem Kontext geführten Interessendiskussion näher eingegangen. Im dritten Schritt werden schließlich die aktuellen kritischen Diskussionen in den Internationalen Beziehungen daraufhin diskutiert, inwieweit sie Auswege aus der erreichten Sackgasse bieten und damit auch einen Beitrag leisten können, die kritische Friedensforschung zu den internationalen Beziehungen zu revitalisieren. Im vierten Schritt werden abschließend einige Fragestellungen angerissen, die sich aus der Integration der aktuellen kritischen Diskussionen für eine revitalisierte kritische Friedensforschung zu den internationalen Beziehungen ergeben. (ICG2)

Die hier vorgestellten Überlegungen zur hermeneutischen Strukturanalyse von Interviews greifen auf das von Oevermann entwickelte Konzept zurück und stellen einen Lösungsvorschlag für die Auswertungsproblematik von unstrukturierten Interviews vor. Die Diskussion allgemeiner qualitativer sozialwissenschaftlicher Methoden läßt es sinnvoll erscheinen, in der Auswerung des unstrukturierten und hoch subjektiven Interviewmaterials zwei Ebenen der Realität zu unterscheiden: den Bericht tatsächlicher Ereignisse sowie die Interpretation dieser Ereignisse durch den Interviewten. Die Rekonstruktion dieser verschiedenen Ebenen der Wirklichkeit erleichtert die Bestimmung latenter Regeln von Interaktionsmustern. (KO)

By publishing two FQS issues on "Subjectivity and Reflexivity in Qualitative Research", we address a topic that is central for modern science. On the one hand, there are many demands from philosophy of science and there are numerous methods that aim at eliminating researchers' impact on the research process except in controlled treatments. On the other hand, the insight spread that researchers, in continuously interacting with those being researched, inevitably influence and structure research processes and their outcomes – through their personal and professional characteristics, by leaning on theories and methods available at a special time and place in their (sub-) cultures, disciplines and nations. This is especially (but not exclusively) true for qualitative research, because qualitative methods are less structured than quantitative methods, and qualitative researchers interact for most part very closely with research participants in their respective research fields.