Im heutigen Lateinamerika herrscht »Wahlaktivismus«. Wahlen finden immer häufiger statt und dienen zusehends unterschiedlichen Zwecken. In vielen Fällen geht mit ihnen aber keine Stärkung der Demokratie einher. Ein aktuelles Beispiel ist Argentinien, wo am 28. Juni vorgezogene Parlamentswahlen abgehalten werden und Regierung und Opposition vor Gericht über die Rechtmäßigkeit mancher Kandidaturen streiten. Damit reiht sich Argentinien in die Gruppe von Ländern wie Bolivien und Venezuela ein, in denen Wahlen nicht nur als Quelle demokratischer Legitimation und als Kontrollinstanz dienen, sondern von regierenden und oppositionellen Kräften situationsbezogen als Mittel eingesetzt werden, um die eigene Macht auszubauen
In present-day Latin America 'election activism' is widespread. Elections are held with growing frequency and increasingly serve differing aims. In many cases, however, they do not go along with a strengthening of democracy. A current example is Argentina, where early congressional elections were held on June 28 and the government and opposition fought in court over the legality of several candidateships. Argentina thus joined the ranks of countries like Bolivia and Venezuela, where elections not only serve as a source of democratic legitimation and a form of political oversight, but are also used by both ruling parties and opposition forces in certain situations as a means to extend their own power
Für die argentinische Regierung bleibt Hugo Chávez ein unberechenbarer Freund: Bei seinem Argentinienbesuch Mitte Mai schloss der venezolanische Präsident Abkommen über eine Intensivierung der bilateralen Zusammenarbeit und verstaatlichte wenige Tage später in Venezuela drei Firmen, die zum größten argentinischen Konzern Techint gehören. In Argentinien, wo am 28. Juni vorgezogene Parlamentswahlen stattfinden, prangern viele Akteure aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft Parallelen in der Politik und die engen Beziehungen mit Venezuela vermehrt an. Zugleich werden die Hürden, die einem Import des »Chavismo« entgegenstehen, und die Notwendigkeit, mit der außenpolitischen Selbstisolation zu brechen, zunehmend deutlich
Nach einer Dekade stetiger Wahlerfolge erlitt Hugo Chávez am 2. Dezember bei dem Referendum über sein Verfassungsprojekt seine erste Niederlage. Das Wahlergebnis war knapp, es reichte jedoch, um seine Reformpläne zu stoppen. Diese hätten zu einem erheblichen Zuwachs an Macht für den Präsidenten, zu einer weiteren Aushöhlung der Demokratie und zum Aufbau einer staatszentrischen Wirtschaft geführt. Nun steht die siegreiche Opposition vor der Herausforderung, auf der Basis dieses Erfolgs eine konstruktive und programmatische Alternative zum »Sozialismus des 21. Jahrhunderts« zu entwickeln. Der geringe Zusammenhalt in ihren Reihen und das Fehlen einer Integrationsfigur werden es ihr allerdings schwer machen, diese Aufgabe zu erfüllen. (SWP-aktuell / SWP)
Während der venezolanische Staatspräsident Hugo Chávez nach seiner Wiederwahl eine neue Amtzeit beginnt, Evo Morales in Bolivien sein erstes Regierungsjahr feiert und in Ecuador Rafael Correa nach der erfolgreichen Stichwahl die Präsidentschaft antritt, verschärfen sich in allen drei Staaten die politischen Konflikte zwischen Regierung und Opposition, zwischen den Verfassungsinstitutionen und zwischen den sozialen Gruppen. Diese Entwicklung hat von Land zu Land unterschiedliche Gründe; sie zeugt indes von einer starken Polarisierung der Gesellschaft und davon, dass die Demokratie im Andenraum institutionell hinkt. (SWP-aktuell / SWP)
Die Förderung der Demokratie in Bolivien ist ein Politikziel der deutschen staatlichen Entwicklungszusammenarbeit und des entwicklungspolitischen Engagements der Europäischen Kommission. Auf diese beiden externen (Regierungs-)Akteure richtet sich das Augenmerk dieser Studie. Beide wenden bei ihren Demokratieförderungsaktivitäten finanzielle und technische Positivmaßnahmen an.Mit der Förderung von "good governance" bzw. "guter Regierungsführung" sucht Deutschland die Leistungsfähigkeit der bolivianischen Institutionen zu stärken. Die Bundesregierung legt ihren Fokus auf die Rahmenbedingungen, die zur Armutsbekämpfung erforderlich sind.Die Europäische Kommission hingegen fördert die Zivilgesellschaft, indem sie Nicht-Regierungsorganisationen finanziell unterstützt, die sich für die Menschenrechte einsetzen. Im Zentrum der EU-Strategie steht also nicht die Stärkung von Institutionen, sondern die Stärkung der Durchsetzungsfähigkeit zivilgesellschaftlicher Organisationen gegenüber den staatlichen Institutionen.Bolivien verfügt über eine stark partizipative und mobilisierte, jedoch extrem schwache und instabile Demokratie, der es aufgrund tiefer sozial-ethnischer und regional-ökonomischer Konflikte an einem ordnungspolitischen Grundkonsens mangelt. Daher sollten es externe Akteure vermeiden, mit ihrer Demokratieförderungspolitik den sozialen Konflikt, die politische Polarisierung und Instabilität und die institutionelle Schwäche zu verschärfen. Vielmehr gilt es, den Prozess der Konsensfindung zu unterstützen, auf die Stärkung von Staatlichkeit hinzuwirken und die intermediäre Ebene der Interessenvermittlung zu stärken. (SWP-Studie / SWP)
In Brasilien gerät Präsident Michel Temer aufgrund von Korruptionsvorwürfen zunehmend unter Druck. Bereits im Mai wurden strafrechtliche Ermittlungen gegen ihn aufgenommen. Nun rückt auch eine Entscheidung des Obersten Wahlgerichts über den Vorwurf illegaler Wahlkampffinanzierung näher. Der Wahlsieg, den Temer 2014 zusammen mit Dilma Rousseff errang, könnte annulliert werden. Zugleich sind die regionalen Verzweigungen des Bestechungssystems in den letzten Monaten immer deutlicher geworden. Dafür sorgten Aussagen, die verurteilte Manager des Odebrecht-Konzerns gegen Strafminderung machten. Die brasilianische Justiz hat diese Informationen jetzt ausländischen Staatsanwaltschaften zugänglich gemacht, so dass auch in anderen lateinamerikanischen Ländern mit neuen Prozessen gegen mutmaßlich korrupte Politikerinnen und Politiker zu rechnen ist. Angesichts der Affäre sollte Deutschland in der Zusammenarbeit mit Brasilien und Lateinamerika noch stärker die Umsetzung von Antikorruptionsmaßnahmen fördern. Darüber hinaus gilt es dafür zu sorgen, dass deutsche Unternehmen sich nicht an illegalen Praktiken in der Region beteiligen
Debates about the production and use of biofuels are emotionally charged and often one-sided, with one group presenting them as a cure-all, the other condemning them out of hand. Assessments of the social and ecological repercussions of biofuel production diverge enormously, and putatively social and ecological criticism sometimes serves as a cover for economic interests. Depending on the competitiveness of their domestic biofuel production, states strive to open up new markets or erect trade barriers to protect their own industries. Finally, the debate is often conducted in idealistic terms, where the pros and cons of biofuels are measured not by the yardstick of empirical comparison with other resources and fuels, but against utopian standards that only few products can hope to satisfy. This study focuses on trade and value conflicts over biofuels, and shall contribute to de-emotionalising the discussion. We outline the positions of the biggest biofuel-producing states, Germany/EU, the United States and Brazil, and analyse their main lines of argument as well as bilateral and multilateral cooperation formats that seek to bridge differences and thus reduce conflict potential
Die Verteidigungsausgaben in Südamerika steigen. In Medienbeiträgen und Politikanalysen wird daher die Befürchtung artikuliert, die Region befinde sich auf dem Weg in einen Rüstungswettlauf. Indes sind zwischenstaatliche Auseinandersetzungen unwahrscheinlich, trotz Spannungen in der Andenregion. Das Vorgehen der brasilianischen Armee in den Favelas von Rio de Janeiro Ende November zeigt beispielhaft, dass das Militär aktuell hauptsächlich im Innern der Staaten eingesetzt wird. Eine klare Definition der Zuständigkeit der Streitkräfte bei gleichzeitiger Stärkung ihrer zivil-demokratischen Kontrolle ist aus rechtsstaatlichen Gründen zwingend geboten. Beides kann jedoch sinnvollerweise nur im Rahmen einer umfassenden Reform des Sicherheitssektors erfolgen