In dem Beitrag wird die Methode des Experiments in den Sozialwissenschaften, zu dem es, wie festgestellt wird, keine methodische Alternative gibt, dargestellt und diskutiert. Einleitend werden Anwendungsgebiete, Voraussetzungen und das soziologische Vorwissen angesprochen. Es folgen einige Bemerkungen zur Methodenlehre des sozialwissenschaftlichen Experiments, in denen besonders darauf hingewiesen wird, daß jede experimentell zu bearbeitende Problemstellung ihre Besonderheiten aufweist, es daher kein allgemeingültiges Untersuchungsdesign für Experimente gibt. Dann werden einige Beispiele für Experimente in ihren Grundzügen dargestellt, um daran die besonderen Probleme experimenteller Verfahren zu demonstrieren. Eine grundlegende Unterscheidungsmöglichkeit durch die Situation, in der das Experiment stattfindet, wird herausgearbeitet: (1) das Laboratoriumsexperiment, in der vom Forscher eine Situation geschaffen wird; (2) das Feldexperiment, in dem der Forscher eine Situation aufsucht. Abschließend wird das Problem der wissenschaftlichen Ethik bei der Anwendung des Experiments als sozialwissenschaftlicher Methode angesprochen. (KW)
Enthält Rezensionen u.a. von: Becker, David: The new bourgeoisie and the limits of dependency: mining, class, and power in "revolutionary Peru". - Princeton/N.J. : Princeton University Press, 1983. - 447 S
In: Zukunftsorientierte Planung und Forschung für die 80er Jahre: deutsche und amerikanische Erfahrungen im Bereich der Erziehungs-, Wohnungs-, Beschäftigungs-, Gesundheits-, Energie- und Umweltpolitik, S. 64-85
Der Autor unterscheidet drei Arten der Forschungstätigkeit: Evaluation laufender Programme, Pilotprogramme und soziale Experimente einschließlich Programminitiativen sowie Wohnungsmarktforschung. In seinen Ausführungen setzt er jede dieser drei einander ergänzenden Tätigkeiten in Beziehung zur Entwicklung der derzeit in den USA laufenden wohnungspolitischen Programme und anderen Maßnahmen zur Unterstützung von Haushalten mit niedrigem Einkommen. Die in den letzten Jahren durchgeführten Evaluationen wohnungspolitischer Programme der amerikanischen Bundesregierung haben zu bemerkenswert ähnlichen Ergebnissen geführt. Wohnungen sind in erster Linie eine Ware des privaten Marktes; den gesetzlich vorgeschriebenen Normen nicht entsprechende Wohnbedingungen sind weitgehend das Ergebnis von Armut; Neubauförderungsprogramme sind ineffizient und ungerecht. Gleichwohl haben diese Ergebnisse nicht bewirkt, daß die bestehenden Neubauförderungsprogramme durch ein Wohngeldprogramm ersetzt wurden. Als soziales Experiment ist das Experimental Housing Allowance Programm (EHAP) angelegt. Mit ihm sollen die Wohnungsmarkteffekte von Transferzahlungen untersucht werden. Wegen gravierender Mängel in der Konzeption des Programmes ist kaum damit zu rechnen, daß das soziale Experiment eine Antwort auf die Frage gibt, ob ein breitangelegtes Wohngeldprogramm mit effektiven Qualitätsnormen zu einer schwerwiegenden Mietinflation und sonstigen Markteffekten führen würde. Aus dieser Prognose läßt sich der Schluß ziehen, daß die Schwächen der wissenschaftlichen Vorbereitung der Wohnungspolitik in der unzulänglichen Förderung der Grundlagenforschung liegen. Zwei gegenwärtig entwickelte Computer-Simulationsmodelle könnten allerdings in Zukunft die Evaluation der Fragen, die den Anstoß zum EHAP gaben, ermöglichen. (NG)
Das Buch "Realexperimente" stellt dar, wie als Reaktion auf die Zunahme von Nichtwissen und Risiken in Wissensgesellschaften der Typus des Realexperiments als Kombination aus Wissensanwendung und Wissensgenerierung entstanden ist. Dazu gehen die Autoren auf die Geschichte des wissenschaftlichen Experiments ein und stellen dar, was aus der Sozialwissenschaft, insbesondere der Chicago School, über die "Gesellschaft als Labor" zu lernen ist. Ausführlich werden mit Hilfe der Grounded Theory vier Fallbeispiele rekonstruiert (Viehzucht in Tansania, die ökologische Restaurierung einer Halbinsel bei Chicago, die Sanierung des Schweizer Sempachersees sowie das System der Abfallbehandlung in Deutschland). Diese stehen für unterschiedliche Ausprägungen des ökologischen Realexperiments und des damit verbundenen Gestaltungszyklus rekursiven Lernens. Das Buch schließt mit einigen Überlegungen zur Frage der Gestaltung robuster und erfolgreicher Realexperimente, lässt hier aber den Konkretheitsgrad der Fallbeispiele vermissen. Interessant dürfte es damit vor allem für WissenschaftlerInnen aus dem Bereich der Wissenschafts- und Technikforschung sein, wohingegen die bloß skizzenhafte Darstellung "guter" Realexperimente als Leitfaden für PraktikerInnen nicht ausreicht. Kritisch anzumerken ist ferner die Beschränkung auf Realexperimente aus dem Bereich der Ökologie, obwohl der Typus Realexperiment als weitergreifend beschrieben wird.
Die britische Journalistin erzählt die Lebensgeschichte der lange verkannten britischen Kristallografin Rosalind Franklin (1920-1958), die mit ihren Experimenten entscheidend dazu beitrug, dass Watson und Crick den spiralförmigen Aufbau der DNA entdecken konnten. (Frank Ufen)
Die vorliegende Studie zeigt, dass Daten in der Krise eine herausragende Bedeutung für die wissenschaftliche Politikberatung, administrative Entscheidungsvorbereitung und politische Entscheidungsfindung haben. In der Krise gab es jedoch gravierende Kommunikationsprobleme und Unsicherheiten in der wechselseitigen Erwartungshaltung von wissenschaftlichen Datengebern und politisch-administrativen Datennutzern. Die Wissensakkumulation und Entscheidungsabwägung wurde außerdem durch eine unsichere und volatile Datenlage zum Pandemiegeschehen, verbunden mit einer dynamischen Lageentwicklung, erschwert. Nach wie vor sind das Bewusstsein und wechselseitige Verständnis für die spezifischen Rollenprofile der am wissenschaftlichen Politikberatungsprozess beteiligten Akteure sowie insbesondere deren Abgrenzung als unzureichend einzuschätzen. Die Studie hat darüber hinaus vielfältige Defizite hinsichtlich der Verfügbarkeit, Qualität, Zugänglichkeit, Teilbarkeit und Nutzbarkeit von Daten identifiziert, die Datenproduzenten und -verwender vor erhebliche Herausforderungen stellen und einen umfangreichen Reformbedarf aufzeigen, da zum einen wichtige Datenbestände für eine krisenbezogene Politikberatung fehlen. Zum anderen sind die Tiefenschärfe und Differenziertheit des verfügbaren Datenbestandes teilweise unzureichend. Dies gilt z.B. für sozialstrukturelle Daten zur Schwere der Pandemiebetroffenheit verschiedener Gruppen oder für kleinräumige Daten über Belastungs- und Kapazitätsparameter, etwa zur Personalabdeckung auf Intensivstationen, in Gesundheitsämtern und Pflegeeinrichtungen. Datendefizite sind ferner im Hinblick auf eine ganzheitliche Pandemiebeurteilung festzustellen, zum Beispiel bezüglich der Gesundheitseffekte im weiteren Sinne, die aufgrund der ergriffenen Maßnahmen entstanden sind (Verschiebung oder Wegfall von Operationen, Behandlungen und Prävention, aber auch häusliche Gewalt und psychische Belastungen). Mangels systematischer Begleitstudien und evaluativer Untersuchungen, u.a. auch zu lokalen Pilotprojekten und Experimenten, bestehen außerdem Datendefizite im Hinblick auf die Wirkungen von Eindämmungsmaßnahmen oder deren Aufhebung auf der gebietskörperschaftlichen Ebene. Insgesamt belegt die Studie, dass es zur Optimierung der datenbasierten Politikberatung und politischen Entscheidungsfindung in und außerhalb von Krisen nicht nur darum gehen kann, ein "Mehr" an Daten zu produzieren sowie deren Qualität, Verknüpfung und Teilung zu verbessern. Vielmehr müssen auch die Anreizstrukturen und Interessenlagen in Politik, Verwaltung und Wissenschaft sowie die Kompetenzen, Handlungsorientierungen und kognitiv-kulturellen Prägungen der verschiedenen Akteure in den Blick genommen werden. Es müssten also Anreize gesetzt und Strukturen geschaffen werden, um das Interesse, den Willen und das Können (will and skill) zur Datennutzung auf Seiten politisch-administrativer Entscheider und zur Dateneinspeisung auf Seiten von Wissenschaftlern zu stärken. Neben adressatengerechter Informationsaufbereitung geht es dabei auch um die Gestaltung eines normativen und institutionellen Rahmens, innerhalb dessen die Nutzung von Daten für Entscheidungen effektiver, qualifizierter, aber auch transparenter, nachvollziehbarer und damit demokratisch legitimer erfolgen kann. Vor dem Hintergrund dieser empirischen Befunde werden acht Cluster von Optimierungsmaßnahmen vorgeschlagen: (1) Etablierung von Datenstrecken und Datenteams, (2) Schaffung regionaler Datenkompetenzzentren, (3) Stärkung von Data Literacy und Beschleunigung des Kulturwandels in der öffentlichen Verwaltung, (4) Datenstandardisierung, Interoperabilität und Registermodernisierung, (5) Ausbau von Public Data Pools und Open Data Nutzung, (6) Effektivere Verbindung von Datenschutz und Datennutzung, (7) Entwicklung eines hochfrequenten, repräsentativen Datensatzes, (8) Förderung der europäischen Daten-Zusammenarbeit. ; This study shows that data is of outstanding importance for scientific policy advice, administrative decision preparation and political decision-making in the crisis. During the crisis, however, there were serious communication problems and uncertainties in the mutual expectations of scientific data providers and political-administrative data users. Knowledge accumulation and decision-making were also hampered by uncertain and volatile data on the pandemic, combined with a dynamic development of the situation. Awareness and mutual understanding of the specific role profiles of the actors involved in the scientific policy advisory process, as well as their demarcation in particular, are still to be assessed as insufficient. The study has also identified a variety of deficits with regard to the availability, quality, accessibility, shareability and usability of data, which represent considerable challenges to data producers and users and reveal a need for extensive reform, since, on the one hand, important data sets for crisis-related policy advice are lacking. On the other hand, the depth of focus and differentiation of the available data stocks are partly insufficient. This applies, for example, to socio-structural data on the severity of the pandemic impact of different groups or to small-scale data on burden and capacity parameters, such as staffing levels in intensive care units, health offices and care facilities. There are also data deficits with regard to a holistic pandemic assessment, for example with regard to the health effects in a broader sense that have arisen as a result of the measures taken (postponement or discontinuation of operations, treatments and prevention, but also domestic violence and psychological stress). In the absence of systematic accompanying studies and evaluative research, there are also data deficits with regard to the effects of containment measures or their removal at the territorial level. Overall, the study shows that optimising data-based policy advice and political decision-making in times of crisis as well as between crises is not just a matter of producing "more" data and improving its quality, linkage and sharing. Rather, the incentive structures and interests in politics, administration and science as well as the competences, action orientations and cognitive-cultural imprints of the various actors must also be taken into account. Incentives must be set and structures have to be created in order to strengthen the interest, the will and the skill to use data. This does not only apply for political and administrative decision-makers, but also for academics who are needed to feed data into the system. In addition to preparing information in a way that is appropriate for the target group, this also involves designing a normative and institutional framework within which the use of data for decision-making can be more effective, more qualified, but also more transparent, more comprehensible and thus more democratically legitimate. Against the background of these empirical findings, eight clusters of optimisation measures are proposed: (1) Establishment of data routes and data teams, (2) Creation of regional data competence centres, (3) Strengthening data literacy and accelerating cultural transformation in public administration, (4) Data standardisation, interoperability and register modernisation, (5) Expanding public data pools and open data use, (6) Linking data protection and data use more effectively, (7) Development of a high-frequency, representative data set, (8) Promoting European data cooperation.
Mit der Digitalisierung geht der Ruf nach freiem Zugang zu wissenschaftlichen Forschungsergebnissen und einer Öffnung des Forschungsprozesses einher. Open Access und Open Science sind die Leitbegriffe dieses Transformationsprozesses, der von den einen euphorisch begrüßt und von den anderen heftig abgelehnt wird. Auf der Grundlage einer quantitativen Erhebung und eines reflexiven Experiments gibt das Buch Einblick in die aktuellen Debatten über die Chancen aber auch Hindernisse der Öffnung der Wissenschaften.
'Der Beitrag beschäftigt sich mit der Geschichte des wissenschaftlichen Sterbens während des 19. und 20. Jahrhunderts, indem er drei wissenschaftshistorische Zäsuren näher beleuchtet: die Experimentalisierung, die Implementierung und die Instrumentalisierung des Todes in Forschungskontexten. Mit der antivitalistischen Wende um 1840 verlor das wissenschaftliche Sterben, welches eng mit der 'physique amusante' des Magnetisierens und Elektrifizierens verknüpft war, seine Faszination. Wissenschaftler interessierten sich nicht länger für den physiologischen oder spirituellen Prozess des Sterbens, sondern integrierten ihn als Parenthese in ihre standardisierten Versuchsanordnungen. Dieser Implementierung des Todes folgte seine Instrumentalisierung, die sich in den nationalsozialistischen Konzentrationslagern offenbarte. Aus einer soziologischen Perspektive war das experimentelle Sterben in den Krankenrevieren konstitutiv für die absolute Macht der SS.' (Autorenreferat)
Mit der Digitalisierung geht der Ruf nach freiem Zugang zu wissenschaftlichen Forschungsergebnissen und einer Öffnung des Forschungsprozesses einher. Open Access und Open Science sind die Leitbegriffe dieses Transformationsprozesses, der von den einen euphorisch begrüßt und von den anderen heftig abgelehnt wird. Auf der Grundlage einer quantitativen Erhebung und eines reflexiven Experiments gibt das Buch Einblick in die aktuellen Debatten über die Chancen aber auch Hindernisse der Öffnung der Wissenschaften.
In zahlreichen Alltagsfragen gilt wissenschaftliches Wissen als zentrale Bezugsgröße. Zugleich ist es jedoch oft umstritten und somit eine wenig alltagstaugliche Ressource. Im Rückgriff auf digitale Medien machen einige Laien deshalb ihr Leben zum Labor und stellen so etwa in Gesundheits- oder Umweltfragen sukzessiv ein experimentelles Wissen zur eigenen Alltagsbewältigung her. Auf erkenntnistheoretischer Grundlage (Fleck, Dewey, Bachelard) unterzieht Zillien diese reflexive Selbstverwissenschaftlichung am Beispiel der digitalen Selbstvermessung einer empirischen Analyse.
Zugriffsoptionen:
Die folgenden Links führen aus den jeweiligen lokalen Bibliotheken zum Volltext:
Dieser Beitrag thematisiert das Verhältnis von wissenschaftlicher Rationalität und staatlicher Bürokratie in der Geburten- und Rassenpolitik des Nationalsozialismus. Unter Berufung auf Wissenschaft erließ der nationalsozialistische Staat Gesetze, die massive Eingriffe in die Freiheit und Unverletzbarkeitder Person beinhalteten, zugleich errichtete er den dafür notwendigen Verwaltungsapparat. Die gesundheitliche, eugenische und rassistische Selektion war nur möglich durch die Allianz von Wissenschaft und Politik. Diese Allianz soll im folgenden nicht als Frage nach Bündnissen zwischen Personen behandelt werden, sondern am Aufweis struktureller Analogien zwischen genetischer Forschung, staatlicher Bürokratie und Praxis der Selektion. Damit reicht sie - wenn auch unter anderen Bedingungen - über die Zeit des Nationalsozialismus hinaus. Focus ist das die moderne Vererbungstheorie konstituierende Experiment der »Kreuzung«.