Sammelrezension von: 1. Birgit Becker / David Reimer (Hrsg.): Vom Kindergarten bis zur Hochschule. Die Generierung von ethnischen und sozialen Disparitäten in der Bildungsbiographie. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2009 (316 S.; ISBN 978-3-5311-6224-9; 39,95 EUR); 2. Heinz-Hermann Krüger / Ursula Rabe-Kleberg / Rolf-Torsten Kramer / Jürgen Budde (Hrsg.): Bildungsungleichheit revisited. Bildung und soziale Ungleichheit vom Kindergarten bis zur Hochschule. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 29,9 (324 S.; ISBN 978-3-5311-6672-8; 29,95 EUR).
"In diesem Artikel werden zwei Studien berichtet, die die Rolle subjektiver Evaluationen auf die psychologischen Auswirkungen bedeutsamer sozialer Veränderungen untersuchen: zum einen in der Korea nach der Wirtschaftkrise 1997 und zum anderen in Hong Kong nach der Wiedervereinigung mit China 1997. In den beiden Studien wurden Zusammenhänge zwischen der Evaluation sozialer Veränderungen (Geschwindigkeit und Umfang), der Verfügbarkeit von Bewältigungsressourcen und psychologischem Wohlbefinden untersucht. Beide Studien zeigten, dass die subjektive Evaluation den Zusammenhang zwischen sozialem Wandel und psychologischen Wohlbefinden vermittelt. Auf dem Hintergrund dieser Ergebnisse stellen die Autoren die Vorteile der Nutzung subjektiver Evaluationen bei der Erforschung bedeutsamen sozialen Wandels." (Autorenreferat)
"Dieser Artikel beschreibt die Ursprünge und die Ergebnisse einer Studie zum Übergang ins Berufsleben von Jugendlichen aus England und Deutschland in den späten 1980er Jahren, einer Zeit des dramatischen sozialen, ökonomischen und politischen Wandels. Das neuartige Design der Studie umfasste die Sammlung von quantitativen und qualitativen Daten von jungen Männern und Frauen, die sich auf den gleichen 'Karrierepfaden' in zwei vergleichbaren Arbeitsmärkten in England und zwei in Deutschland befanden. Dadurch ließen sich feststellen, wie die berufliche Ausbildung in den zwei Ländern durch junge Leute wahrgenommen wurde und wie die beruflichen Ausbildungssysteme an den sozialen Wandel angepasst wurden. Das deutsche Lehrstellensystem mit seinen kulturellen Wurzeln im Mittelalter sollte eine Reihe von bürgerschaftlichen Eigenschaften vermitteln, von denen eine berufliche Identität die wichtigste war. Im Gegensatz dazu war das englische System ausschließlich darauf ausgerichtet, junge Menschen mit den Fertigkeiten auszustatten, die es ihnen ermöglichten, eine Beschäftigung aufzunehmen und aufrechtzuerhalten. Während des Übergangsprozesses selbst war die Identität der deutschen Auszubildenden näher an der eines Schülers während bei den englischen Auszubildenden die Identität des Arbeiters dominant war. In Zeiten eine massiven ökonomischen (und in Deutschland auch politischen) Wandels lernten beide Länder voneinander wie sich ihre Systeme verändern lassen um den Bedürfnissen der jungen Leute Rechnung zu tragen, wobei die Ergebnisse durchwachsen waren. Die sich daraus ergebenden Herausforderungen an die Politik werden diskutiert." (Autorenreferat)
"Dieser Beitrag beschäftigt sich mit dem Zusammenhang zwischen Bildungshöhe, Bildungsrichtung und Kinderlosigkeit österreichischer und schwedischer Frauen der Geburtenjahrgänge 1955-59. In beiden Ländern haben Frauen mit einer Ausbildung im Unterrichts- oder Gesundheitsbereich eine geringere Kinderlosigkeit als Frauen mit einer Ausbildung in anderen Bildungsrichtungen. Deutliche Unterschiede bestehen hingegen im Ausmaß der Kinderlosigkeit zwischen schwedischen und österreichischen Frauen nach Bildungshöhe: Schwedische Frauen mit Universitätsausbildung haben im Schnitt nur wenig höhere Kinderlosigkeit als Frauen mit niedrigerem Bildungsabschluss. In Österreich dagegen bleiben Frauen mit Abitur oder höherem Bildungsabschluss wesentlich öfters kinderlos als Frauen mit niedrigerem Bildungsabschluss." (Autorenreferat)
Rezension von: Nils C. Soguel / Pierre Jaccard (Hrsg.): Governance and Performance of Education Systems. Dortrecht: Springer 2008 (330 S.; ISBN 978-1-4020-6445-6; 129,00 USD).
In: Die Natur der Gesellschaft: Verhandlungen des 33. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Kassel 2006. Teilbd. 1 u. 2, S. 1078-1094
"Kontext: Die Entwicklung der modernen Biowissenschaften lässt vormals feste Definitionen der Natur des Menschen brüchig werden. Entsprechend waren biowissenschaftliche Themen in der Vergangenheit oft Gegenstand öffentlicher Debatten. In diesen Debatten werden auch die Grenzen wissenschaftlicher Forschung neu justiert. Entsprechend versuchen unterschiedliche Akteure, darin zu Wort zu kommen und mit ihren Argumenten und Deutungen ihre Positionen zu begründen. Eines der massenmedial prominentesten bio-wissenschaftlichen Forschungsfelder war die Entschlüsselung des menschlichen Erbguts. Fragestellung: Wir haben den massenmedialen Diskurs über diese Humangenomforschung in Qualitäts-Tageszeitungen und im Internet in Deutschland, Österreich, Frankreich, den USA und England mit einer systematischen Inhaltsanalyse rekonstruiert. Dabei haben wir drei Dimensionen medialen Erfolgs unterschieden: In welchem Ausmaß gelingt es Akteuren, zu Wort zu kommen (Standing)? Welche Bewertungen der Humangenomforschung dominieren? Welche inhaltlichen Deutungsmuster werden zur Interpretation der Humangenomforschung und zur Untermauerung der Bewertungen verwendet (Framing)? Deskriptive Ergebnisse: Der Ländervergleich zeigt deutliche Gemeinsamkeiten. In allen Ländern konzentriert sich die Berichterstattung auf Ereignisse aus der Wissenschaft. Wissenschaftler, namentlich Humangenomforscher, und ihre politischen und wirtschaftlichen Unterstützer dominieren das Standing. Dementsprechend fallen auch die Bewertung des Themas und seine Deutung aus: Humangenomforschung wird eher positiv dargestellt, als wissenschaftliche Errungenschaft mit positiven medizinischen und wirtschaftlichen Effekten. Kurz: Die Verfasser finden eine länder- und medienübergreifende Hegemonie der Befürworter der Humangenomforschung. Erklärung: Sie haben über qualitative Interviews versucht, diese Hegemonie zu erklären. Dabei haben sie sich auf zwei Modelle für öffentliche Meinungsbildungsprozesse bezogen. Das Agenda Building-Modell geht davon aus, dass Medieninhalte durch das bestimmt werden, was Redaktionen von medienexternen Akteuren erhalten. Das medien-konstruktivistische Modell betrachtet die mediale Öffentlichkeit als von Journalisten konstruiertes Bild einer Realität. Sie können zeigen, dass sich die gefundene Hegemonie wohl v.a. durch die Aktivität extramedialer Akteure erklären lässt: durch die unterschiedliche Ressourcenausstattung der befragten Akteure und durch ihre unterschiedlich ausgeprägte Präferenz dafür, sich überhaupt in die Debatte einzumischen. Literaturhinweis: Gerhards, Jürgen und Schäfer, Mike Steffen (2006): Die Herstellung einer öffentlichen Hegemonie: Humangenomforschung in der deutschen und der US-amerikanischen Presse. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften." (Autorenreferat)
In: Die Natur der Gesellschaft: Verhandlungen des 33. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Kassel 2006. Teilbd. 1 u. 2, S. 2018-2027
"Diskriminierung auf der Grundlage von Rasse, Ethnie, Geschlecht, Herkunft, körperlicher Verfassung oder Bildungsniveau ist ein Kennzeichen der westlichen Moderne. Das für moderne Nationalstaaten charakteristische Gewaltmonopol übte nicht nur eine Schutzfunktion in Bezug auf das Leben und Eigentum der Staatsbürger aus, sondern verfügte darüber hinaus über die Definitionsmacht, die Kriterien der Zugehörigkeit zur nationalen Gemeinschaft festlegte und dabei Gewalt gegenüber Nicht-Staatsbürgern legitimierte. Das Versprechen der Vollinklusion wurde damit auf paradoxe Weise 'eingelöst': Teilhabe an der durch den Staat vergebenen, homogenen kulturellen Identität hatte das Staatsmandat zur Befriedung sozialer Binnenräume, das jedoch häufig mit dem gewaltsamen Ausschluss der kulturell 'Anderen' einherging, zur Voraussetzung. Vor dem Hintergrund der systematischen 'Erfindung des Anderen' im Zuge der Produktion und Aufrechterhaltung der rationalen gesellschaftlichen Ordnung, die sich die Moderne zur Aufgabe gesetzt hatte, erscheinen Diskriminierungsstrategien als Kehrseite der 'Projektes der Moderne' und deshalb für diese historische Epoche nicht minder konstitutiv als ihre erklärten Ziele. Im Beitrag wird die These vertreten, dass die Diskriminierung von Migranten und ethnischen Minderheiten der gleichen Inklusion/ Exklusions-Logik folgt, die das Identitätsbildungsprojekt moderner Nationalstaaten an die Pathologisierung der (Rechts)Subjekte in den außereuropäischen Kolonien koppelte, und als solche ein strukturelles Problem des modernen Weltsystems mit unterschiedlichen kontextuellen Ausprägungen darstellt. Die unterschiedliche historische Kontextualisierung von Diskriminierungspraktiken wird am Beispiel der soziokulturell und programmpolitisch divergierenden Besetzung des nationalen Selbstverständnisses als 'Einwanderungsland' in Deutschland und den USA und deren Auswirkungen für den Umgang mit Migranten und ethnischen Minderheiten diskutiert." (Autorenreferat)
"Rentensysteme und Rentenreformen in der EU bewegen sich im Spannungs-verhältnis von Solidarität und Eigenverantwortung. Diese beiden Prinzipien werden länder- und zeitabhängig definiert. Dennoch lassen sich gemeinsame Entwicklungstendenzen erkennen. Wir analysieren vier Entwicklungstendenzen bezogen auf Reformcharakteristika: institutionelle Verschiebungen, institutio-nelle Erneuerungen und Veränderungen in der Interessenvertretung, von denen wir eine allgemeine Entwicklung ableiten. Die Analyse dieser Länderüber-greifenden Tendenzen zeigt, dass Eigenverantwortung und Solidarität in Rentensystemen redefiniert und neu verlinkt werden, sodass sie einander letzt-lich bedingen." [Textauszug]
'Die Verbesserung der Lebensbedingungen in Europa und die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse in den Mitgliedsländern gehören zu den Hauptzielen der europäischen Vereinigung. Bekanntlich gibt es zwischen den EU-15-Ländern noch immer erhebliche Wohlfahrtsunterschiede (vgl. ISI 27), und mit der Erweiterung der EU ist man von gleichwertigen Lebensverhältnissen noch weiter entfernt als zuvor. Der vorliegende Beitrag zeigt, dass dies nicht nur materielle Aspekte der Lebenssituation betrifft, sondern beispielsweise auch Fragen der Qualität gesellschaftlicher Institutionen, des sozialen Zusammenhalts und des subjektiven Wohlbefindens der Bevölkerung. Datenbasis ist der 2002/3 durchgeführte European Social Survey und die Europäischen Wertestudie von 1999/2000.1, 2' (Autorenreferat)
In diesem Jahrbuch wird kontinuierlich über die wichtigsten Themen und Diskussionspunkte zur Ganztagsschule berichtet. Die Beiträge sind folgenden Rubriken zugeordnet: Leitthema, Entwicklung in den Bundesländern, Pädagogische Grundlagen, Beiträge zur Praxis, Ganztagsschule und Schulöffnung, Ganztagsschule und Ausland, Stellungnahmen sowie Nachrichten. Das Jahrbuch wendet sich "sowohl an bildungspolitisch interessierte Bürgerinnen und Bürger als auch an Fachleute der Hochschulen, der Bildungsverwaltung, der Schulen sowie an bildungspolitische Gremien und Entscheidungsträger." (DIPF/Orig./av)
"Das Arbeitspapier, welches im Rahmen des Sfb 186 entstanden ist, soll das in der empirischen Forschung relativ unbeachtet gebliebene Problem der Zeitaggregation und des damit oftmals einhergehenden Short-Spell-Problems bei der Analyse von Ereignisdaten verdeutlichen. In Bezug auf die Zeitaggregation scheint die Konzeption diskreter Ereignisanalyse als ein gleichsam natürliches Verfahren des Umgangs mit diesem Problem zu sein. Es wird gezeigt, dass die zu behandelnde Frage weniger ein methodisches, als vielmehr ein Datenproblem ist, welches auch nicht mit den Methoden diskreter Ereignisanalyse gelöst werden kann. Die hier behandelten Probleme beschränken sich nicht nur - wie oftmals angenommen - auf den abhängigen Prozess, sondern auch auf parallele und interdependente Prozesse."
Es wird untersucht, wie sich die Haushalte in verschiedenen Teilen Europas zusammensetzen und welche Unterschiede und Ähnlichkeiten sie aufweisen. Dabei verschiebt sich die Frage nach der Haushaltsstruktur auf die Frage, inwieweit die verschiedenen Familiensysteme die Verantwortung für ihre bedürftigen - unverheirateten, verwitweten, alten - Mitglieder übernehmen. Das westeuropäische Heiratsmuster und das nordwesteuropäische Haushaltsmuster werden beschrieben. Drei Fallstudien werden vorgelegt: (1) Der einfache Familienhaushalt in England 1790; (2) die Koexistenz von Verheirateten und Unverheirateten im Kleinhaushalt in Korsika 1770; (3) der Mehr-Generationen-Haushalt in Ungarn 1816. Die Ergebnisse werden grafisch veranschaulicht. Es zeigt sich, daß englische Haushalte, im Gegensatz zu korsischen oder ungarischen, ihre Wohlfahrtsfunktion auch über die Kernfamilie hinaus ausübten. So wird nachgewiesen, daß die übliche Klassifikation nach Verwandtschaftsverhältnissen in einfache und komplexe Haushalte, die tatsächliche Vielfalt an Haushaltsgrößen und Zusammensetzungen ihrer Mitglieder nicht erfaßt. (prf)
"This paper examines the dynamic relationship between the family life cycle and women's employment patterns over time in the United States and Germany. It points to the need of performing longitudinal analysis on individual-level data to investigate how the fluctuating family responsibilities affect the level of women's labor force participation and their work schedule, and to examine to what extent part-time employment accomplishes the task to reconcile domestic and employment roles."