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Die Idee vom "Schwarzen Atlantik" als einem imaginierten kulturellen Raum, der auf die Sklavenverschleppung von Afrika in die Amerikas zurückgeht, hat ihren festen Platz in der modernen Historiographie, komplementär zur Beschreibung eines atlantischen Dreiecks, das die Macht- und Herrschaftsbeziehungen sowie den Personen- und Güterverkehr innerhalb Afrikas, Amerikas und Europas verkörpert. In Paul Gilroys Formulierungen hat das Konzept "Black Atlantic" eine neue theoretische und politische Konnotation hinzugewonnen. Es ist ihm gelungen, das Konzept normativ aufzuladen und es gleichzeitig zu de-essentialisieren, indem er die Entstehung politischer Verbindungen weder auf die gemeinsame afrikanische Herkunft noch auf phänotypische Merkmale zurückführt, sondern auf geteilte Diskriminierungs- und Widerstandserfahrungen, die sich im "Black Atlantic" ergeben. Im Vordergrund stehen gemeinsame Wege (routes) und nicht die gemeinsamen Wurzeln (roots). Dies wird im Beitrag in drei Schritten dargelegt. Zuerst erfolgt ein kurzer Überblick über das Leben und Werk Paul Gilroys. Es folgt eine Auseinandersetzung mit den Spezifika seiner Definition des "Black Atlantic" und abschließend ein Ausblick auf die Bedeutung seiner Arbeit für die postkolonialen Studien und allgemein für die gegenwärtigen Kultur- und Sozialwissenschaften. (ICF2)

Résumé Le présent article analyse, selon deux axes, les rapports que les deux gouvernements Lula entretiennent avec les populations indigènes et descendantes d'Africains : la place que la période Lula occupe dans les différentes phases de formation de la nation brésilienne et son rôle dans l'application des droits reconnus dans la Constitution de 1988. La thèse défendue ici est que Lula rompt avec le discours idéologique du métissage. Au plan politique, sous les deux gouvernements Lula, on note un effort d'application des droits constitutionnels relatifs à l'égalité et à la diversité culturelle. Cependant, les progrès en matière d'antiracisme sont beaucoup plus visibles qu'en matière de protection des droits des indigènes. Souvent, la politique à l'égard de ces derniers, notamment celle touchant à leurs droits territoriaux, se heurte aux intérêts politiques et économiques du gouvernement et de son assise parlementaire, contraignant Lula à faire marche arrière.

Das politische System Brasiliens wird zusammenfassend beschrieben.Dabei kommen die Verfassungsgrundlagen, die Rolle des Staatsoberhaupts, das Parlament, Regierung und Verwaltung, Gesetzgebung, Wahlsystem und Wahlrecht, Parteien und Verbände, die Streitkräfte, Kirchen, Massenmedien, Justiz und Rechtssystem, Regionen und Kommunen, Außenbeziehungen sowie die politische Kultur zur Sprache. (GB)

Gegenstand des Beitrags sind Spannungen im Umgang mit dem schwarzen Körper im Rahmen der antirassistischen Mobilisierungen in Brasilien. Hierzu greift der Verfasser die Diskussion zu Körper und Subjektkonstruktion in der antirassistischen Politik auf, wobei er sich auf die britischen Black Cultural Studies und die Autoren Stuart Hall und Paul Gilroy stützt. Der Verbreitungs- und Rekonstruktionsprozess einer "black culture" im Kontext der von der modernen Sklaverei hervorgebrachten afrikanischen Diaspora wird als "Black Atlantic" bezeichnet. Vor diesem Hintergrund setzt sich der Verfasser mit dem Antirassismus in Brasilien auseinander, wobei er verschiedene Widerstandskontexte thematisiert: ethnische Friseursalons, die Wiedererfindung der Black Music, Reafrikanisierungstendenzen in der Stadt Salvador sowie die 1979 gegründete "Vereinte Schwarzenbewegung" (MNU). In jedem dieser Beispiele, so wird gezeigt, bringt die Suche nach einem neuen Ort für den schwarzen Körper eigene Schwierigkeiten und Paradoxien mit sich. Der schwarze Körper gewinnt jeweils einen neuen Repräsentationsort, an dem er zwar positiv konnotiert, aber doch gleichzeitig fixiert wird. (ICE2)

Im Ausgang von einer Untersuchung der Beziehungen zwischen antirassistischen Bewegungen in Brasilien und in den USA thematisiert dieser Band die Paradoxien einer transnationalen Politik von unten. Im Zentrum des Interesses stehen demokratietheoretische und soziologische Fragestellungen, die mit Hilfe dreier Theorieansätze diskutiert werden: Habermas' Ausführungen zur postnationalen Konstellation, die Theorie der reflexiven Moderne von Giddens und Beck sowie die soziologische Rezeption der Postcolonial Studies. Durch fundierte empirische Arbeit und präzise Theoriekritik arbeitet die Studie gegen den »Mainstream« eine konstruktiv dezentrierte soziologische Perspektive aus, in der sich die globale Gesellschaftsordnung jenseits epistemologischer Eurozentrismen zeigt. Das Buch schlägt damit eine Brücke zwischen den Diskursen der Cultural bzw. Postcolonial Studies auf der einen Seite und der Soziologie auf der anderen Seite.

Aus soziologischer Perspektive wird die Diskussion um die Universalität von humanistischen Werten und Menschenrechten jenseits neokolonialer Dualismen, aber auch außerhalb der konkreten Umsetzung in einzelnen politischen Systemen, eingefordert. Sie verbindet sich in geglückten Beispielen im lokalen Kontakt auch mit konkretem politischen Handeln. Der Verfasser erläutert auf der einen Seite, wie die antirassistischen Bewegungen der Nachkriegszeit in den USA und in Brasilien zusammenarbeiten und wie die US-amerikanische Civil Rights-Bewegung zu einem Modell für eine brasilianische Politik der Chancengleichheit werden konnte. Auf der anderen Seite sind Rassismen "dezentral", wenn er die historische Verknüpfung der brasilianischen soziokulturellen Stratifikation mit dem spezifischen Hautfarben-Rassismus brasilianischer Provenienz aufzeigt. Er argumentiert, dass es in der Abwehr von Rassismen letztlich nicht um "Ausbreitung" europäischer Menschenrechte und Demokratievorstellung auf die ganze Welt gehen kann, sondern um die Dekonstruktion der künstlichen Dualismen und um praktische kulturelle Verhandlungen und lokale Kooperation. (ICG2)

O artigo estuda as relações entre economia e amor nas sociedades complexas contemporâneas. O autor recupera uma interpretação do amor romântico como forma de comunicação particular que destaca e separa os amantes de seu entorno. Assim, o que define a interação amorosa não é o consumo de rituais românticos, como sustentam a teoria crítica e os estudos culturais, mas o sentido singular que os amantes conferem à sua relação e às atividades conjuntas.

Der Autor diskutiert die analytische Tragfähigkeit postkolonialer Ansätze und fragt danach, inwiefern sie die erkenntnistheoretischen Horizonte einer noch der Dichotomie "West-Rest" (S. Hall) verhafteten Sozialtheorie erweitern. Er bewertet in makroanalytischer Hinsicht die postkoloniale Begrifflichkeit, um herauszufinden, ob sie komplexe Transformationstendenzen adäquat einordnen kann. Er untersucht ferner postkoloniale Theoreme zur kulturellen Artikulation und versucht, daraus eine Mikrosoziologie der Aushandlung von Differenzen abzuleiten, die den immer heterogeneren Teilbereichen moderner Gesellschaften gerecht wird. Er vertritt in diesem Zusammenhang die These, dass die postkoloniale Kritik nicht die Soziologie als solche betrifft, sondern dass sich ein Großteil ihrer Kritik an eine spezifische soziologische Schule richtet, nämlich an die Modernisierungssoziologie. Und hierbei unterscheidet sich die postkoloniale Kritik nicht von der Kritik jener Soziologen, die sich nicht mit dem Postkolonialismus beschäftigen. Andere von den postkolonialen Studien aufgeworfene Probleme destabilisieren nicht notwendigerweise die Soziologie als Disziplin, sondern können im Gegenteil das Fach sogar bereichern. (ICI2)

"Sérgio Costa beschäftigt sich mit den Auswirkungen des nationalen Gestaltungsverlustes auch wohl-organisierter, also demokratisch und rechtsstaatlich verfasster, Staaten. In einer Kritik des Habermasschen Konzepts 'postnationaler Konstellationen' wird zunächst für das Feld der europäischen Integration festgestellt, dass viele der in diesem skeptischen Ansatz liegenden Prämissen empirisch schlecht abgesichert scheinen. Staatsbürgerliche Identität kann sich geschichtlich auch in neuen Institutionen bilden, ist ihr nicht zwangsläufig vorgelagert. Auch die Übertragung zivilgesellschaftlicher Elemente auf der Grundlage eines westlichen Erfahrungshorizonts auf eine künftige Weltbürgergesellschaft ist als problematisch anzusehen, da ohne mögliche prozedurale Korrektur ein hegemoniales Modell voraus-setzend. Am Beispiel der Menschenrechte wird durchdekliniert, welche Probleme dabei entstehen, wenn diese als der Volkssouveränität vorgelagert aufgefasst wer-den. In einem historischen Rekurs zu Sklaverei und Kolonialismus wird das scheinbare Paradox aufgezeigt, wie formale Menschenrechtsdiskurse und faktische Exklusionsstrategien koexistieren. Die daraus gezogene Lehre lautet, dass eine geforderte Durchsetzung universaler Menschenrechtsnormen ohne Verankerung in realen Emanzipationserfahrungen bzw. -defiziten weiter bestehende Machtasymmetrien nur verdecken helfen, sie diese aber nicht aufzuheben vermögen." (Autorenreferat)

Die Sozialwissenschaften in Brasilien entwickelten sich im Gegensatz zu Europa oder den USA nicht auf Basis einer Zivilgesellschaft, sie entstanden im historischen Kontext der Diktatur des "Etado Novo" und auf Initiative regionaler Oligarchien. Den zweiten wichtigen Impuls erhielten die Sozialwissenschaften in einer Zeit, in der die demokratischen Grundrechte aufgehoben waren (1964 bis 1968). Die Überzeugung der brasilianischen Sozialwissenschaftler, daß sich ihr Fach durch Verantwortung und unteilbare Idenfikation mit dem Modernisierungauftrag der Gesellschaft definierte, hatte eine große Wirkung auf die Militärregierung, die 1964 die Macht errang. Sie bemächtigte sich der Rethorik der Wissenschaftler und setzte sie für ihre Zwecke ein. Die Politikwissenschaft entwickelte sich als eigenständige Disziplin erst Ende der sechziger Jahre. In regionaler Hinsicht läßt sich feststellen, daß Sao Paulo als Wiege der brasilianischen Soziologie die Kontrolle über die Ausbildung der Wissenschaftler behalten hat. Die Qualität der wissenschaftlichen Arbeit unterscheidet sich indessen nicht mehr von denen der anderen Institute Brasiliens. (prk)

"Die Feststellung, daß in den zeitgenössischen Demokratien öffentliche Kommunikationsformen zu einem zentralen Instrument der politischen Legitimationsvermittlung wurden, ist mittlerweile trivial." Demgegenüber wird anhand des brasilianischen Beispiels der Frage nachgegangen, wie in den "neuen Demokratien" Lateinamerikas traditionelle politische Praktiken und massenmediale Instrumente der Loyalitätsbeschaffung zusammenwirken und den Politikalltag zu einer Collage widersinniger Fragmente machen. Der Autor untersucht vor diesem Hintergrund zunächst die theoretische Konzeptionalisierung der kollektiven Akteure in der modernen Öffentlichkeit, wobei zwischen einem funktionalistischen und einem diskurstheoretischen Konzept von Öffentlichkeit unterschieden wird. Hieran anschließend wird die Öffentlichkeit in Brasilien hinsichtlich politischer Aspekte und der Medienlandschaft analysiert. In einem dritten Teil wird sodann der Aufbau der Öffentlichkeit in Brasilien näher untersucht (Transformationen im Medienbereich, der Aufbau der Zivilgesellschaft, Aufrechterhaltung und Erweiterung der 'kleinen' Öffentlichkeiten). Jüngste Transformationen in der brasilianischen Gesellschaft, so das Fazit, "deuten darauf hin, daß seit dem Zerfall des Militärregimes ein Prozeß der Herausbildung einer, sowohl im funktionalistischen als auch im diskurstheoretisch emphatischen Sinne, demokratischen Öffentlichkeit stattfindet." (ICD)