Essentialismuskritik, transnationaler Antirassismus, Körperpolitik: Paul Gilroy und der 'Black Atlantic'
In: Schlüsselwerke der Postcolonial studies, S. 153-164
Die Idee vom "Schwarzen Atlantik" als einem imaginierten kulturellen Raum, der auf die Sklavenverschleppung von Afrika in die Amerikas zurückgeht, hat ihren festen Platz in der modernen Historiographie, komplementär zur Beschreibung eines atlantischen Dreiecks, das die Macht- und Herrschaftsbeziehungen sowie den Personen- und Güterverkehr innerhalb Afrikas, Amerikas und Europas verkörpert. In Paul Gilroys Formulierungen hat das Konzept "Black Atlantic" eine neue theoretische und politische Konnotation hinzugewonnen. Es ist ihm gelungen, das Konzept normativ aufzuladen und es gleichzeitig zu de-essentialisieren, indem er die Entstehung politischer Verbindungen weder auf die gemeinsame afrikanische Herkunft noch auf phänotypische Merkmale zurückführt, sondern auf geteilte Diskriminierungs- und Widerstandserfahrungen, die sich im "Black Atlantic" ergeben. Im Vordergrund stehen gemeinsame Wege (routes) und nicht die gemeinsamen Wurzeln (roots). Dies wird im Beitrag in drei Schritten dargelegt. Zuerst erfolgt ein kurzer Überblick über das Leben und Werk Paul Gilroys. Es folgt eine Auseinandersetzung mit den Spezifika seiner Definition des "Black Atlantic" und abschließend ein Ausblick auf die Bedeutung seiner Arbeit für die postkolonialen Studien und allgemein für die gegenwärtigen Kultur- und Sozialwissenschaften. (ICF2)