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In: Parliamentary affairs: a journal of representative politics, Band 54, Heft 4, S. 701-742
ISSN: 0031-2290
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In: Parliamentary affairs: a journal of representative politics, Band 54, Heft 4, S. 701-742
ISSN: 0031-2290
World Affairs Online
In: International affairs, Band 89, Heft 4, S. 1003-1017
ISSN: 0020-5850
Enthält Rezensionen u.a. von: Dower, John W.: Ways of forgetting, ways of remembering : Japan in the modern world. - New York/N.Y. : The New Press, 2012
World Affairs Online
In: Current history: a journal of contemporary world affairs, Band 111, Heft 746, S. 241-243
ISSN: 0011-3530
World Affairs Online
In: Internationale Politik und Gesellschaft: IPG = International politics and society, Heft 2, S. 58-84
ISSN: 0945-2419
World Affairs Online
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Mehr als 650 Angehörige Thüringer Hochschulen und Forschungseinrichtungen haben eine Erklärung gegen die AfD unterzeichnet. Ein Signal vor dem Hintergrund der Landtags-Tumulte – und der Thüringer Geschichte.
DIE AUFREGUNG IST GROß in Thüringen und bundesweit nach dem Eklat, der am Donnerstag die konstituierende Sitzung des neugewählten Landtages überschattete. Der AfD-Alterspräsident Jürgen
Treutler verteilte ungehemmt Ordnungsrufe, verweigerte die Zulassung von Anträgen und Abstimmungen zur Tagesordnung, die CDU sprach von "Machtergreifung" und rief am Ende den
Verfassungsgerichtshof an. Zeichnet sich hier erstmals ab, wie die Rechtsextremen, sobald sie wie in Thüringen stärkste Fraktion geworden sind, systematisch die Demokratie aushebeln werden?
Und wieder zuerst in Thüringen, kommentierten am Donnerstag viele mit Verweis auf den Aufstieg der NSDAP vor über 90 Jahren. Dort war es, wo die Nationalsozialisten bei der Landtagswahl Ende
1929 ihren Stimmenanteil verdreifachen konnten, obgleich auf im Vergleich zum heutigen AfD-Wahlergebnis noch bescheidene 11,3 Prozent, und anschließend erstmals in der Geschichte der Weimarer
Republik Mitglied einer Landesregierung wurden.
Nein, die Parallele ist alles Andere als perfekt. Am Freitag standen CDU, BSW, Linkspartei und SPD bei allen Unterschieden zusammen gegen die AfD, deren Eintritt in eine
Landesregierung gleich welcher Konstellation erscheint derzeit ausgeschlossen. Doch die historische Symbolkraft der Thüringer Tumulte schmälert das kaum.
Zugleich war der Donnerstag aber ein Tag mit einem anderem, im positiven Sinne herausragenden Ereignis in Thüringen. Die Initiative "Uni gegen Rechts" an der Friedrich-Schiller-Universität
Jena (FSU) teilte mit, dass seit Montag über 650 Angehörige aller Thüringer Hochschulen und vieler außeruniversitärer Forschungseinrichtungen die Forderung nach einer stabilen Regierung
"ohne die Beteiligung, Unterstützung oder Duldung der rechtsextremen AfD" unterzeichnet haben.
In
der Erklärung heißt es: "Dass eine Partei vom äußersten rechten Rand in zwei Bundesländern über 30 Prozent der Wählerstimmen erhalten hat und der als gesichert rechtsextremistisch eingestufte
Thüringer Landesverband der AfD stärkste Kraft im Parlament wird, war für viele ein Schock. Wir verstehen dieses Ergebnis auch als Aufgabe, mit verstärkter Überzeugungsarbeit dazu beizutragen,
dass es sich nicht wiederholt. Zugleich fordern wir die demokratischen Parteien in Thüringen auf, jede Einflussnahme der AfD auf Regierungsentscheidungen im Land auszuschließen."
Einst unterstützten vor allem auch Professoren
und Studenten den Aufstieg der Nationalsozialisten
Wie anders verlief die Geschichte in Jena, Thüringen und an Universitäten fast überall in Deutschland in den Jahren vor und nach dem 30. Januar 1933. Ja, es gab mutige Hochschullehrer, die
gegen die NSDAP aufbegehrten, aber es waren wenige, und innerhalb kurzer Zeit wurden sie zu Verfemten innerhalb der deutschen Wissenschaft. Der überwiegende Teil der
Professorenschaft verteidigte die junge Weimarer Demokratie nicht nur nicht, sondern unterstützte die von der NSDAP ausgerufene "nationale Erhebung", manchmal durch passives Mittun,
allzu oft durch zur Schau getragene Begeisterung. Ausgerechnet die intellektuelle Elite des Landes.
Beispiel Universität Jena. Nachdem Wilhelm Frick 1930 zum ersten nationalsozialistischen Minister in Deutschland ernannt worden war, sorgte er dafür, dass noch im selben Jahr ein
"Lehrstuhl für Rassefragen und Rassekunde" eingerichtet wurde. Berufen wurde, immerhin gegen den Willen von Senat und Rektor, Hans F. K. Günther. Zu seiner Antrittsvorlesung mit dem Titel "Die
Ursachen des Rassenwandels der Bevölkerung Deutschlands seit der Völkerwanderungszeit" kamen Adolf Hitler und Hermann Göring.
Der Physiker Abraham Esau, 1932 Rektor geworden, trat zum 1. Mai 1933 in die NSDAP ein, schlug die Umbenennung in Friedrich-Schiller-Universität vor, die 1934 mit einem Festakt
vollzogen wurde, in dem Schiller als Vertreter "deutscher Vaterlandsliebe" und "deutscher Ehre" gefeiert wurde. Bei den Studentenschaftswahlen im Januar 1933 erzielte der NS-Studentenbund in
Jena 49,3 Prozent der Stimmen, das zweitbeste Abschneiden im Reich. Nur eine Fußnote: Auch heute erzielt die AfD ihre stärksten Wahlergebnisse bei den jungen Wählern.
Aber nein, Geschichte wiederholt sich nicht. Doch ist es umso wichtiger, aus der Geschichte zu lernen. Waren es 1930 und folgende die Professoren- und Studentenschaft,
die überwiegend willfährig die aufziehende Diktatur begrüßten, so sind es heute Thüringer Hochschullehrende, die sich mit maximaler Lautstärke gegen die Höcke-AfD wenden. Das macht Mut,
es könnten noch mehr Unterzeichner werden. Vor allem aber sollte die Initiative Vorbild sein für die Mitglieder anderer Hochschulen in Sachsen, Brandenburg und darüber hinaus, ihrer
Verantwortung gerecht zu werden.
Die Hochschulfinanzierung
als Druckmittel
Einer Verantwortung, die in der Erklärung der schon mehr als 650 Thüringer Wissenschaftlern und Hochschulangehörigen so beschrieben wird: "Als zivilgesellschaftliche Gruppe sind wir in der
Verantwortung, die aktuelle Bedrohung der liberalen Demokratie zu benennen. Zugleich sehen wir unsere Arbeit und das Grundrecht auf Wissenschaftsfreiheit gefährdet. Da die Länder die Hochschulen
finanzieren, verfügt die Landespolitik über starke Druckmittel, welche die Regierung und das Parlament indirekt gegen politisch unliebsame Positionen oder Personen einsetzen können. Konkret sind
zudem Institutionen wie der Studierendenrat, Gleichstellungs- und Diversitätsbüros bedroht. Angesichts dieser Gefahren ist jetzt auch eine vorausblickende Sicherung der Hochschulfinanzierung
geboten. Wissenschaft lebt von Vielfalt und internationalen Kooperationen, weshalb wir an den Thüringer Hochschulen und in der Wirtschaft auf ein weltoffenes Klima im Land angewiesen sind."
Womöglich noch heute entscheidet der Thüringer Verfassungsgerichtshof. Am Samstag soll dann die Landtagssitzung fortgesetzt werden. In Thüringen geht es um die Zukunft der deutschen
Demokratie. Mal wieder.
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Geschichtsbewusstsein. Einstellungen zu politischen Fragen und zum
Gesellschaftssystem.
Themen: Wichtigstes derzeitiges Problem in Deutschland; Parteipräferenz
(Sonntagsfrage); Politikinteresse; Wirtschaftsinteresse; allgemeines
Geschichtsinteresse und Interesse für die Lokalgeschichte; bedeutsamster
Geschichtsabschnitt der deutschen Geschichte für das heutige
Deutschland; erinnerungswürdige Geschichtsereignisse der letzten hundert
Jahre; Einstellung zu politischen Entscheidungen (NATO-Beitritt,
Beitritt der DDR zum Warschauer Pakt, Mauerbau, Ostpolitik der Regierung
Brandt, Einführung der D-Mark in der DDR); Einstellung zur Beschäftigung
mit der DDR-Vergangenheit und dem Nationalsozialismus; Einschätzung der
Rolle der nationalsozialistischen Vergangenheit bei der Beurteilung der
Deutschen durch das Ausland; Bedeutsamkeit fehlender persönlicher
Kriegs- und Nachkriegserfahrungen derzeitig aktiver Politiker für die
deutsche Politik; Lernfähigkeit aus Fehlern der Vergangenheit;
Einstellung (Skala) zu: Arbeitsplatzsicherheit bei entsprechender
Leistung, Vertrauen in Politiker, zukünftig sinkender Lebensstandard,
erweitertes Mitspracherecht der Arbeitnehmer, politische Partizipation,
Politikinteresse, Leistungsorientierung, Abhängigkeit der Demokratie von
einer starken politischen Führung, DDR-Nostalgie, Geschichtsbewusstsein,
Lernen aus der Vergangenheit, Gemeinschaftssinn, Vermeiden von Risiken
bei der Geldanlage, Interesse an Geldangelegenheiten,
Personenorientierung statt politischer Inhalte bei der politischen
Berichterstattung in den Medien; Präferenz für Sparen oder Konsum;
zwischenmenschliches Vertrauen; Gefühl des Stolzes auf die
Wirtschaftskraft, die demokratische Ordnung, die Geschichte, die
kulturellen Leistungen oder den sozialen Frieden;
Demokratiezufriedenheit; Einstellung zu politischen Entscheidungen in
Deutschland außerhalb der vorgesehenen Gremien; Erwartungen an eine gute
Opposition; Einstellung zum Anlegen höherer moralischer Maßstäbe an
Politiker; Wichtigkeit bestimmter Bedingungen für politische
Entscheidungen (Zustandekommen durch demokratische Verfahren und
Institutionen, breite Zustimmung in der Bevölkerung, Berücksichtigung
der Bedürfnisse von Minderheiten, Zügigkeit); Einschätzung der Stärke
gesellschaftlicher Konflikte zwischen Arm und Reich, Arbeitgebern und
Arbeitnehmern, Jungen und Alten, Ausländern und Deutschen, Ostdeutschen
und Westdeutschen; Vorhandensein sozialer Gerechtigkeit in der
Gesellschaft und Beurteilung des Ausmaßes der sozialen Gerechtigkeit
unter der rot-grünen Bundesregierung im Vergleich zur
christlich-liberalen Koalition unter Helmut Kohl; Zufriedenheit mit der
sozialen Absicherung bei Arbeitslosigkeit, im Alter sowie bei Krankheit;
Einstellung zum Umfang der Sozialleistungen, zur Rentenhöhe sowie zur
Höhe der Bildungsausgaben in Deutschland; Notwendigkeit von
Gewerkschaften; Konfliktpotential zwischen den Alten und Jungen aufgrund
der Finanzierungsprobleme in der Renten- und Krankenversicherung;
Einstellung zur Angleichung oder Leistungsorientierung von Einkommen;
Einstellung zur direkten Beteiligung der Bürger an wichtigen politischen
Entscheidungen und zur Eigenvorsorge für Alter und Krankheit durch den
Bürger; Ausüben einer unentgeltlichen sozialen oder karitativen
Tätigkeit bzw. einer ehrenamtlichen Tätigkeit; Bereitschaft zur Spende
eines Teils eines angenommenen Lottogewinns für gemeinnützige oder
karitative Zwecke; Höhe des zu spendenden Betrages; Bereitschaft zur
Übernahme eines politischen Amtes; Veränderung der eigenen
Lebensverhältnisse seit der deutschen Einheit; Einstellung zu
Umweltschutz-Maßnahmen (Skala); vordringliche Aufgabe der Kulturpolitik;
monatliche Ausgaben für den Besuch kultureller Veranstaltungen;
Einstellung zur finanziellen Förderung kultureller Einrichtungen durch
den Staat; Wichtigkeit der staatlichen Förderung deutscher Kultur im
Ausland; Veränderung der Gesellschaft durch das Internet; Einschätzung
des Gefahrenpotentials der weltweiten Umweltverschmutzung, des
Terrorismus und religiöser Konflikte; Bereitschaft zur
Landesverteidigung; erwartete Zunahme der Zuwanderung nach Deutschland
in den nächsten Jahrzehnten; Einstellung zu vermehrter Einwanderung als
Ausgleich für den Rückgang der deutschen Bevölkerung; Einstellung zum
Einfluss Deutschlands in der Welt; Einstellung zur Übernahme von mehr
Verantwortung durch das vereinte Deutschland bei der Lösung von
Konflikten in der Welt; Auswirkung eines Vereinten Europas auf die
deutsche Identität; Befürwortung eines EU-Außenministers und gemeinsamer
europäischer Streitkräfte unter einem europäischen Oberbefehl; führende
Macht in Europa; USA oder Frankreich als wichtigster Partner
Deutschlands.
Demographie: Bundesland, Ortsgröße; Alter (klassiert); Schulabschluss,
akademischer Abschluss; Anerkennung des Fachschulabschlusses als
Fachhochschulabschluss; berufliche Ausbildung und Berufstätigkeit des
Befragten; Einschätzung der eigenen Arbeitsplatzsicherheit; berufliche
Position des Befragten; Haushaltsgröße; Anzahl Personen über 18 Jahre im
Haushalt; Gewerkschaftsmitgliedschaft; Geschlecht.
GESIS
Gabriele Dietze untersucht in ihrem Essay Sexueller Exzeptionalismus das Wie und Warum von Überlegenheitserzählungen der Neuen Rechten. Sie konzentriert sich auf das Erklärungspotenzial der Kategorie Geschlecht für die zunehmende Verbreitung rechtspopulistischer Positionen. Ihre Analyse soll etablierte sozioökonomische Erklärungsansätze ergänzen und wendet sich Rassismus und Sexismus als "zweiten Strom des neurechten Kraftfeldes" (S. 9) zu. Für dieses Vorhaben betrachtet sie Zeitschriften, Karikaturen, Socialmediaprofile, Romane und Memes, die durch neurechte Akteur*innen erstellt wurden, sie zu Wort kommen lassen oder ihre Überlegenheitsnarrative aufgreifen. Der Essay führt zwei Begriffe ein, die eine Auseinandersetzung mit der Verquickung von Rassismus und Sexismus ermöglichen sollen. Ethnosexismus erfasst Formen "von Sexismus, dem Rassismus zugrunde" (S. 12) liegen, und eine abwertende und rassifizierende "Kulturalisierung von Geschlecht, Sexualität und Religion" (S. 12). Die so produzierte Hierarchie ermöglicht ein Gefühl von Freiheit und Überlegenheit gegenüber den vermeintlich sexuell Unfreien. Die ethnosexistische Konstellation, die titel- und richtungsgebend für den Essay ist, nennt Dietze sexuellen Exzeptionalismus. Angelehnt an den american exceptionalism steht sexueller Exzeptionalismus für die Überzeugung, dass der globale Norden über die "'beste' aller denkbaren Sexualordnungen" (S. 27) verfügt und dass diese in die Welt getragen werden müsse. Dieses Narrativ lenkt von den eigenen Defiziten und Ambivalenzen in Bezug auf Emanzipationsfragen ab: Das eigene Unbehagen und die eigene Rückständigkeit werden zu jenen der Anderen. Das erste Kapitel beschäftigt sich unter diesem Gesichtspunkt mit der Fixierung auf Sexualität im Zusammenhang mit Migrationsbewegungen und macht drei Themen aus, an denen sich die Wirkungsweise des sexuellen Exzeptionalismus exemplarisch zeigen lassen: Die sogenannte "Kopftuchfrage" (S. 29), die Infragestellung der Akzeptanz von Homosexualität (S. 30) und die Figur "des sexuell gefährlichen Geflüchteten" (S. 31). Diesen aktuellen Beispielen stellt Dietze eine historische Kontextualisierung zur Seite: Vorgänger des gegenwärtigen sexuellen Exzeptionalismus' sind im sexual-hygienischen Kolonialdiskurs (vgl. S. 33) und der Sexualmoral des fin de siècle zu finden. Ethnosexistische Konstellationen verändern sich also mit der Sexualmoral: "Was [früher] als Schande galt, gilt jetzt als Emanzipationsausweis" (S. 36). Gegenstand des zweiten Kapitels sind die Geschehnisse der Silvesternacht 2015 auf der Kölner Domplatte. Diese konnten zu einem wirkungsvollen Ereignis werden, weil sie auf ein "noch unstrukturierte[s] Meinungsklima" (S. 41) zur Ankunft hunderttausender Geflüchteter im selben Jahr gestoßen sind. Sie hatten zahlreiche (rechts)politische Konsequenzen und wurden unter der Chiffre Köln "zu einem Topos für neurechtes Denken und Fühlen" (S. 43). Dieser Topos wird weltweit von Neuen Rechten aufgegriffen. Er konnte so wirkmächtig werden, weil die damit verbundenen Gefühle und vermeintlichen Zusammenhänge gefühlt und gesehen werden wollen (vgl. S. 45). Davor sind auch zunächst betrauerte Schicksale nicht gefeiht: Aus den Toten des europäischen Grenzregimes werden potenzielle Gewalttäter, jedes zugewanderte Kind könnte zu einem "erwachsenen Belästiger" (S. 46) heranwachsen. Fantasien der Vernichtung der Anderen zum Schutze der Eigenen infiltrieren Diskurse, die sich zuvor noch wohlwollend zur Aufnahme von Geflüchteten geäußert haben. Der liberale sexuelle Exzeptionalismus wird vom rechtspopulistischen "überholt und angepasst" (S. 48). Die liberale, bürgerliche Presse beteiligt sich, so vollzieht Dietze einleuchtend nach, an der Konstruktion eines "Wissensobjekt[es] 'arabischer Mann'", das nicht Fakten entsprechen muss, sondern Wahrheiten über dieses Wissensobjekt produziert. Die Presse dokumentiert, welche Auswirkungen sexueller Exzeptionalismus auf die Subjektivierung von jungen muslimischen Männern hat, und bedient sich zugleich der von Edward Said herausgearbeiteten Sexualisierung des 'Orientalen'. Ethnosexistische Konstellationen müssen nicht dauerhaft präsent sein, um Wirksamkeit zu entfalten, sondern werden strategisch aufgerufen, um später, wenn sie keinen Vorteil mehr bieten, wieder zu verschwinden (S. 55). Dabei setzen diese Konstellationen asymmetrische Geschlechterverhältnisse voraus und verstärken sie, indem sie sich immerzu auf eine vermeintlich schützenswerte weibliche Schwäche berufen. Zu Beginn des dritten Kapitels unterzieht die Autorin die diagnostizierte Krise weißer Männlichkeit einer kritischen Revision. Weiße Männlichkeit sei nicht ernsthaft gefährdet, vielmehr nehmen "(heterosexuelle) weiße Männer" (S. 60) wahr, dass vereinzelt Menschen in ihren Machtfeldern auftauchen und mitreden, die nicht mit ihnen identisch sind. Dieser Exklusivitätsverlust sei es, der als Krise empfunden wird. Im Angriff gegenüber dieser Krisenabwehr werden all jene aufgestellt, die keine weißen Männer sind. Und diese Abwehr "bewegt sich also immer in ethnosexistischen Konstellationen." (S. 60) Die von Dietze diskutierten Selbstinszenierungen weißer Männlichkeiten, wie beispielsweise die postheroische und die heroische Männlichkeit, und dessen, was sie abwehren, führen vor Augen, wie vielgestaltig sexueller Exzeptionalismus und seine Konstruktionen sind. Ihre Überlegenheitserzählungen bedienen sich dabei nicht nur offenkundiger Rassismen und Misogynie, sondern greifen auch Remaskulinisierungsfantasien, sozialdarwinistische Ideen und Homonationalismen auf. Das vierte Kapitel widmet sich den Anknüpfungspunkten der Neuen Rechten im Feminismus. Dietze bespricht zu Beginn die Wirkmächtigkeit von Alice Schwarzers Positionen als feministische "Bewegungspionierin" (S. 99) und stellt deren Ermöglichungsbedingungen heraus. Auch Schwarzer nutzt sexuellen Exzeptionalismus als Argumentationsgrundlage. Durch die Universalisierung der weißen Frau in der Kategorie Frau und die "Ethnisierung von Sexismus" (S. 101) als Eigenschaft der Anderen stellt sie eine Überlegenheit weißer Männer her und lässt deren Sexismus und Rassismus vergessen. Der hier fehlenden Verknüpfung von Antirassismus und Feminismus wird Sara Farris' Konzept des Femonationalismus' gegenübergestellt. Dieses identifiziert und erklärt die neoliberale und nationalistische Indienstnahme feministischer Forderungen. Jedoch bewertet Dietze das Konzept als für ihre Analyse zu wenig differenziert und übernimmt lediglich den Begriff des feministischen Ethno-Nationalismus'. Beispielhaft für feministischen Ethno-Nationalismus führt Dietze den französischen Mainstreamfeminismus an. Diesem Feminismus sei es ein Anliegen, muslimische Frauen vom Kopftuch zu befreien und den Männern die Freiheit zu lassen, Frauen gegenüber aufdringlich (oder auch übergriffig) zu sein (vgl. S. 115). Er macht sich so zum Komplizen des französischen Machismo und Nationalismus'. Im Rest des vierten Kapitels widmet sich die Autorin rechten Frauen(politiken). Sie portraitiert Frauen, die innerhalb der Neuen Rechten, sei es in deren ThinkTank, in der identitären Bewegung oder der AfD, eine gewisse Bekanntheit genießen und für unterschiedliche Seiten der Geschlechterpolitiken der Neuen Rechten stehen. Sie knüpfen in ihrer öffentlichen Selbstinszenierung an Bedrohungs- und Überlegenheitserzählungen an und führen teilweise paradoxe Existenzen, wie Dietze am Beispiel der Frauen an der Spitze rechtpopulistischer Parteien herausarbeitet: Sie vertreten eine Frauenpolitik, die politische Arbeit, wie sie sie betreiben, verunmöglichen würde. Zugleich stellen "[r]echtspopulistische Frontfrauen […] ein dynamisches Paradox dar. Als weibliche Anti-Feministinnen delegitimieren sie Gleichheitsforderungen von Frauen. Das geht umso besser, je erfolgreicher und sichtbarer sie selbst sind." (S. 140) Raewyn Connells Konzept hegemonialer Männlichkeit bietet im letzten Kapitel den Interpretationsrahmen für das Verhältnis zwischen den von Dietze herausgearbeiteten Männlichkeiten, deren Vorstellungen von Macht und Überlegenheit und der Komplizinnenschaft bestimmter feministischer Strömungen. Zur Erklärung dieser Komplizinnenschaft führt Dietze, leider etwas knappgehalten, drei Thesen an. Die erste bezieht sich auf die Angst der Frauen vor der Freisetzung als ökonomisches Subjekt im Neoliberalismus, den unter anderem die stete Aushöhlung des Staates kennzeichnet. Die Verunsicherung des Staates übertrage sich auf dessen Subjekte, die darauf mit Renationalisierung reagieren. Die zweite greift das Thema Komplizinnenschaft explizit auf: Sich mit dem Rechtspopulismus gemein zu machen, ermöglicht ein Gefühl der Überlegenheit, das Selbstermächtigung verspricht. Die letzte These geht von einer Emanzipationsverdrossenheit aus. Diese Verdrossenheit stelle sich bei jenen ein, die sich durch die permanente Thematisierung der noch nicht abgeschlossenen Gleichstellung der Geschlechter, abgewertet fühlen. Dietze schließt ihren Essay mit der Forderung nach einer selbst- und herrschaftskritischen, intersektionalen Analyse rechter Erzählungen. Gabriele Dietze bezieht in ihrem Text sprachlich klar Position gegen die neue Rechte. Der Essay macht es so leicht, sich von neurechten Personen, Positionen und ihrer öffentlichen Wirksamkeit zu distanzieren. Pauschalisierungen und Pejorative verhindern an vielen Stellen eine Auseinandersetzung mit der Mehrdeutigkeit des Materials, die ebenfalls zu ihrer Wirkmächtigkeit beiträgt. Diese fehlende Differenzierung holt die Autorin nur in ihrer Diskussion der feministischen Antworten auf die Silvesternacht 2015 in Köln ein. An anderen Stellen bleiben medien- und literaturwissenschaftlich zweifelhafte Einordnungen unkommentiert stehen und trüben die analytische Schärfe des Essays. Der Autorin gelingt es, entlang zahlreicher Beispiele nachzuweisen, wie Sexualität und Geschlecht im Rechtspopulismus diskursiv in Stellung gebracht werden und diese Narrative in liberalen Medien Eingang finden. Die Fülle und Medienwirksamkeit des Materials verdeutlichen, dass die neue Rechte kein Randphänomen (mehr) ist. Die Arbeit mit dem Konzept des sexuellen Exzeptionalismus zeigt, wie Fortschritts- in Überlegenheitserzählungen kippen und von reaktionären politischen Kräften in Dienst genommen werden. Allerdings gerät durch das Augenmerk auf die neue Rechte und ihre Narrative die deutsche Vergangenheit aus dem Blick. Da die neue Rechte im deutschen Kontext keineswegs geschichtslos ist, ist eine Berücksichtigung der Kontinuitäten altrechter Positionen in der neuen Rechten und der deutschen Öffentlichkeit, gerade im Hinblick auf das Erklärungspotenzial von Geschlecht und Sexualität für die Verbreitung derartiger Positionen vielversprechend.
BASE
In: Zeitschrift für Politikwissenschaft: ZPol = Journal of political science, Band 15, Heft 3, S. 765-791
ISSN: 1430-6387
World Affairs Online
Am Beginn seines Buches beschreibt Michael Brenner das geläufige Bild der Juden in der Weimarer Republik: das Bild von "Juden ohne Judentum", von Juden, die einerseits die Kultur der Weimarer Zeit entscheidend mitprägten, andererseits keine Bindung zu ihrem Judentum und dessen Kultur hatten. Im Buch wird dieses Bild revidiert. Im ersten Teil, betitelt - Auf der Suche nach Gemeinschaft - beschreibt der Autor die Änderungen im Leben der Juden im 19. Jahrhundert, die Befreiung aus der Enge der Ghetti, die zunehmende Rezeption von weltlichem Wissen und deutscher Literatur, die dazu führten, daß das Judentum mehr und mehr auf eine Konfession reduziert wurde. Der jüdische Alltag wurde immer weniger von den Geboten der jüdischen Gesetze geprägt, die Zuordnung zum Judentum war auf den Synagogenbesuch beschränkt. Brenner: "Einhergehend mit diesem Prozeß der Konfessionalisierung schufen deutsche Juden säkulare Kulturformen, um ihre jüdische Eigentümlichkeit auszudrücken. [.] Die deutschen Juden wählten bestimmte Aspekte des reichen jüdischen Erbes aus und integrierten sie in die moderne europäische Kultur, wie sie sich in Wissenschaft, Kunst und Literatur artikulierte. Das Ergebnis war die Bildung einer neuen Tradition, die bleibenden Einfluß auf die jüdische Existenz in der modernen Welt ausübte." (S. 22) Die Entwicklung säkularer jüdischer Kultur in Deutschland wird in drei Phasen beschrieben. Die erste setzt der Autor von 1819 (Gründung des "Vereins für Cultur und Wissenschaft der Juden" in Berlin) bis in die 90er Jahre des 19. Jahrhunderts an. In dieser Phase entwickelte sich die Wissenschaft vom Judentum, die eine der beliebtesten Mittel zur Selbsterforschung im 19. Jahrhundert war; eine Vielzahl von Erzählungen, Romanen und Theaterstücken mit jüdischen Themen entstand; und Moritz Oppenheim, der erste professionelle jüdische Maler in Deutschland, schuf seine populären "Bilder aus dem altjüdischen Familienleben". Die zweite Phase wurde, so Brenner, durch die Gründung neuer Organisationen und die Herausbildung neuer politischer Parteien möglich und nötig. 1893 wurde der "Centralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens" (= CV) zur Abwehr des Antisemitismus und zur Förderung jüdischer Kultur gegründet; 1897 fand der 1. Zionistenkongreß in Basel statt, bei dem Theodor Herzl seine Forderung nach einem jüdischen Staat vertrat. Demgegenüber betonten die Kultur-Zionisten eher die spirituellen Bedürfnisse des jüdischen Volkes. Man suchte nach einer nationalen jüdischen Kultur in deutscher Sprache - Martin Buber konnte die Grundlagen für eine solche Aufgabe legen, er wurde in den nächsten Jahren ein aktiver Proponent der jüdischen Kultur in Deutschland, wo er etwa 1902 den Jüdischen Verlag gründete und ab 1916 die Zeitschrift Der Jude herausgab. Buber und seinen Mitstreitern war es vor allem wichtig, nicht nur die Vergangenheit zu erforschen, sondern auch eine moderne und überwiegend säkulare jüdische Kunst zu schaffen. Dabei ist zu betonen, daß diese Bestrebungen nur von einem kleinen Teil der Juden in Deutschland ausgingen, ein weit größerer stand ihnen eher gleichgültig gegenüber. Diese Situation änderte sich im Verlauf des Ersten Weltkriegs, als viele Juden erfahren mußten, daß sie keineswegs als "Deutsche" akzeptiert waren; Antisemitismus herrschte in den Schützengräben, 1916 gab es eine eigene "Judenzählung" in der Armee. Desillusionierung und die Begegnung mit dem Ostjudentum in den besetzen Gebieten brachten junge, assimilierte Juden dazu, sich mit den Grundlagen des Judentums auseinanderzusetzen, und die dritte Phase der Herausbildung einer säkularen jüdischen Kultur in Deutschland begann. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden die Juden zwar einerseits wieder stärker in die deutsche Gesellschaft integriert, andererseits wuchs das Bewußtsein ihrer Eigentümlichkeit. Wie in der deutschen Gesellschaft im allgemeinen entwickelte sich auch innerhalb der jüdischen Gemeinde ein Bedürfnis nach Gemeinschaft. Geistig und spirituell flossen vor allem mystische Denkweisen, die Kabbala und der Chassidismus in die jüdische Renaissance ein - man denke nur an die euphorische Rezeption von Bubers Ostjüdischen Legenden. Nicht nur das Bedürfnis nach "Irrationalismen und Heilslehren" aller Art teilten die deutschen Juden mit ihrer nichtjüdischen Umwelt, sondern auch die Entstehung der jüdischen Jugendbewegung, die schon vor dem Ersten Weltkrieg eingesetzt hatte und in der "das neue Gemeinschaftsgefühl unter deutschen Juden erstmals institutionellen Ausdruck" gefunden hatte. (S. 61) Auch innerhalb der jüdischen Gemeinden änderte sich vieles, mit dem Erstarken des Zionismus konnte die Frage "liberal oder konservativ" nicht mehr als einziger großer Konflikt der Gemeinden gelten. Die neuen jüdischen Parteien gingen von politischen Entwicklungen aus, 1926 stand erstmals ein Zionist an der Spitze der jüdischen Gemeinde in Berlin. Nicht nur aufgrund der neuen Parteien änderten sich die jüdischen Gemeinschaften, der Trend ging viel mehr allgemein "von der Kultusgemeinde zur Kulturgemeinde" (S. 66). Um ihre Mitglieder zu erreichen, gaben die jüdischen Gemeinden vermehrt Zeitungen und Zeitschriften heraus, Bibliotheken und jüdische Schulen entstanden und wurden genutzt. Auch assimilierte jüdische Familien schickten ihre Kinder an jüdische Schulen, da sie hier die jüdischen Feiertage sowie den Sabbath einhalten konnten und zudem vor antisemitischen Beschimpfungen geschützt waren. Die Wiederaneignung jüdischen Wissens, wie der zweite Teil des vorliegenden Buches heißt, beschäftigt sich mit der Erwachsenenbildung, der Wissenschaft des Judentums und ihrer Popularisierung. Im Zentrum der Erwachsenenbildung stand das Freie Jüdische Lehrhaus Frankfurt, das 1920 von Ranz Rosenzweig gegründet wurde und in dem großteils nach dem von ihm vertretenen Konzept des "Lernens in umgekehrter Richtung" gearbeitet wurde. Doch nicht nur dieses gut erforschte Frankfurter Institut wird hier beschrieben, sondern auch die weniger bekannte Freie Jüdische Hochschule Berlin, die ab 1919 interessierte Juden und Nichtjuden über jüdische Themen und Belange mit dem Schwerpunkt auf zeitgenössischen Fragen informierte. Im Zentrum des Lehrhauses Stuttgart stand ein ganz anderer Ansatz, nämlich eine Annäherung zwischen Juden- und Christentum, die durch Diskussionen zwischen Martin Buber und christlichen Intellektuellen gefördert werden sollte; ein Anspruch, der auch innerhalb dieser Debatten nicht erfüllt werden konnte. Eine weitere Grundlage für die "Wiederaneignung jüdischen Wissens" legten anspruchsvolle Übersetzungen der Bibel und des Talmuds. Ein interessantes Detail gibt es in Zusammenhang mit der Entwicklung der jüdischen Wissenschaft in der Weimarer Zeit: Erstmals beschäftigten sich auch jüdische Frauen damit, etwa Rachel Wischnitzer, die über jüdische Kunst schrieb, und Bertha Pappenheim, die die (jiddischen) Erinnerungen der Glückel von Hameln sowie die (ebenfalls jiddische) Frauenbibel Zeena u-reena ins Deutsche übersetzte. Einen Beitrag zur Verbreitung jüdischen Wissens leistete ferner die Herausgabe von Lexika: das Jüdische Lexikon, das 1927 bis 1930 in vier Bänden (in fünf gebunden) erschien, und die Encyclopaedia Judaica, von der zwischen 1928 und 1934 zehn Bände herausgegeben wurden. Innerhalb der Geschichtsschreibung versuchte man nun nicht nur, Vergangenes zu bewahren, sondern auch das lebendige Judentum zu fördern und sich mit aktuellen Tendenzen auseinandersetzen. Im dritten Teil des Buches stellt Brenner das Ringen um Authentizität der jüdischen Künstler dar, ihre Suche nach Vorbildern und Idealen im Bereich der Literatur, Kunst und Musik. In vielen Romanen, Theaterstücken und Erzählungen, die in der Weimarer Republik erschienen, wurden die assimilierten deutschen Juden als "unjüdische" Juden gezeichnet; ihnen wird das Bild eines scheinbar "authentischen" Juden gegenübergestellt. Dieser "authentische" Jude hatte seine Vorbilder im "orientalischen" Juden und im Ostjuden, in beiden glaubte man ein "echtes Judentum" zu erkennen. Gestalten aus der Bibel wurden Gestalten der deutsch-jüdischen Literatur der Weimarer Zeit, etwa in Else Lasker-Schülers Werken und in Moritz Heimanns Drama Das Weib des Akiba (1922); auch berühmte Häretiker wie Sabbatai Zwi, Spinoza und Uriel da Costa avancierten zu beliebten Roman- und Bühnenfiguren. Musiker und bildende Künstler verwendeten "moderne Kunststile - Jugendstil, Expressionismus und Neue Sachlichkeit, Lehrkantate -, um der jüdischen Kultur in der Weimarer Republik eine neue Gestalt zu geben." (S. 172) Als Grundlage ihrer eigenen kulturellen Identität diente ihnen - wie den Schriftstellern - die angeblich authentische jüdische Welt orientalischer und osteuropäischer Juden. Traditionelle jüdische Kunst und modernes Design neben- und miteinander zu zeigen, war der Anspruch des Jüdischen Museums Berlin, das am 24. Jänner 1933 eröffnet wurde. Die Sammlung war in den Jahren vor der Eröffnung des Museums gewachsen, Kultgegenstände in modernem Design waren dafür gestaltet worden. Auch jüdische Buchillustration und der Synagogenbau waren von der Kombination aus Modernismus und dem Streben nach Authentizität geprägt. Die deutsch-jüdischen Schriftsteller strebten nach einem "authentischen" Judentum - die hebräischen und jiddischen Künstler, die sich zumindest vorübergehend in Deutschland aufhielten, boten dieses, hatten aber geringen Einfluß auf die Entwicklung einer säkularen jüdischen Kultur. Die Begegnungen mit jiddischer Kultur mehrten sich im und nach dem Ersten Weltkrieg. Während der Besetzung Polens sahen deutsche Juden die sogenannten Ostjuden in ihrer Umgebung, sie hörten Jiddisch und begannen, das Jiddische als Sprache zu akzeptieren. Nach Deutschland gebracht wurde die jiddische Sprache und Kultur durch Flüchtlinge während des Krieges und durch Gastspiele jiddischer Ensembles in den 20er Jahren. Diese Gastspiele verliefen zwar erfolgreich, ein beständiges jiddisches Ensemble konnte sich aber in Berlin - im Gegensatz etwa zu Wien - nicht etablieren. Zur jiddischen Sprache gab es - durch die Nähe zum Deutschen? - oftmals eine weit größere Distanz als zum modernen Hebräisch. Hebräischkurse wurden ganz gut besucht, und, was für die Entwicklung der jüdischen Kultur wichtiger war, hebräische Schriftsteller lebten und publizierten auch in Deutschland, von 1920 bis 1924 galt Berlin als das Zentrum der hebräischen Kultur, 1909 und 1931 gab es eine Konferenz über hebräische Kultur in Berlin. Den "Epilog" des Buches sowie der Geschichte der jüdischen Kultur in Deutschland bildet die Geschichte des Kulturbundes Deutscher Juden (ab 1935 Jüdischer Kulturbund). Die Organisation und Inhalte des Kulturbundes basierten auf dem kulturellen Leben der Juden in der Weimarer Republik, standen aber unter vollkommen anderen Vorzeichen, nämlich der Hinausdrängung der Juden aus allen Bereichen des Lebens in Deutschland. Brenner weist in diesem Buch nach, daß es entgegen einer weitverbreiteten Ansicht vor 1933 sehr wohl jüdische Kultur in Deutschland gegeben hat. Sehr interessant wird gezeigt, wie Intellektuelle und Künstler, die einerseits von der deutschen Kultur geprägt waren, sich dessen bewußt waren und zu ihr standen, nun versuchten, eine jüdische Kultur zu schaffen. Ein wichtiger Aspekt des Buches ist auch, daß nicht nur die Entwicklung der jüdischen Kultur beschrieben wird, sondern auch die geistigen und künstlerischen Voraussetzungen und Tendenzen der nichtjüdischen Umwelt miteinbezogen werden. In der Weimarer Republik schufen jüdische Schriftsteller, Künstler, Musiker und Architekten - unter Einbeziehung traditioneller jüdischer Kunst und mit bezug auf "authentische" jüdische Lebensformen - eine moderne, säkulare jüdische Kultur, und diese wurde, zumindest von einem Teil der Juden, auch interessiert angenommen. Michael Brenner zeigt in diesem Buch ein bisher vergessenes, aber wichtiges und interessantes Kapitel der Geschichte der Juden in Deutschland; ein Kapitel, dessen Aufarbeitung auch in Österreich höchst wünschenswert wäre.
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Auswahl und Ausbildung junger Offiziere 1930 1945 Zur sozialen Genese des deutschen Offizierkorps Inhaltszusammenfassung: Die Planung der Aufrüstung begann schon vor 1933. Bemerkenswert ist die Genauigkeit mit der die Reichswehr die Zahlen der benötigten Offiziere schon 1920 festgelegt hatte. Deshalb ist festzustellen ; daß das NS-System nicht der Auslöser sondern lediglich der Beschleuniger der personellen Aufrüstung im Bereich der Offizierergänzung war. Da diese Aufrüstung durch die Reichswehrführung schon vorbereitet wurde ; gelang es nach 1933 die Einmischung der Partei in das Offizierkorps zunächst weitgehend abzuwehren. Die Vergrößerung des Offizierkorps erfaßte Bereiche ; die auf dem ersten Blick wenig mit dem Militär zu tun hatten. So wurden die Schulen ; die Universitäten und das Erziehungsministerium im Sinne der Militärs instrumentalisiert. Die Reichswehr erwies sich dabei als konservatives Moment ; das auf eine traditionelle Schulbildung ihrer Offiziere pochte und die Bildungsfeindlichkeit des NS Regimes ablehnte. Da die Wehrmacht einen großen Bedarf an Abiturienten hatte ; mußte sowohl das NS Regime seinen Kurs revidieren ; als auch die Wehrmacht in ihren Ansprüchen an den Offizierersatz Einbußen hinnehmen. Bis zum Ersten Weltkrieg dominierten Adel und die höheren bürgerlichen Kreise bei der Auswahl der Offiziere. Jedoch machten die Verluste des Krieges diesen Anspruch obsolet ; weshalb auch den mittleren und in Ausnahmefällen den unteren bürgerlichen Schichten der Zugang zum Korps ermöglicht wurde. Die Verkleinerung der Armee erlaubte dann eine so strenge Auswahl nach Familie und Leistung ; wie sie wohl nie zuvor in der deutschen Armeegeschichte gegeben war. Die Aufrüstung nach 1930 und besonders nach 1935 setzte aber einen Prozeß in Gang ; der die Anforderungen an das Korps im Bereich der Qualität immer mehr minimierte. So versuchte man das aktive Offizierkorps mit allen Mitteln zu erweitern ; in dem man Reserveoffiziere ; Polizeioffiziere ; ehemalige Offiziere ; Offiziere aus dem Unterführerkorps ; österreichische und sudetendeutsche Offiziere ; Offiziere aus den Wehrverbänden mit einbezog. Hinzu kamen noch reduzierte Anforderungen an die Anwärter und eine schnellere Vergrößerung des Offizierersatzes durch die Schulzeitverkürzung. Mit ihrem großen Bedarf an Offizieren beschleunigte die Wehrmacht auch einen Nivellierungsprozeß ; der nolens volens im Sinne der nationalsozialistischen Gleichschaltung verlief. Der Offizierstand wandelte sich von einer Elite zu einer rein funktionalen Führungsgruppe mit einem eng beschränkten Bildungs- und daher auch Verwendungshorizont. Durch die rasante Aufstockung und durch die Beseitigung sozialer Aufnahmebedingungen kamen immer mehr Soldaten mit heterogenen politischen und sozialen Einstellungen und Sichtweisen in das Korps. Die Homogenität des Korps wurde zerstört und ein einheitliches Denken und Handeln ; das noch die Reichswehr und auch die Alte Armee beherrscht hatte ; war in der Wehrmacht folglich nicht mehr gegeben. Der erzwungene Bruch setzte innovative Kräfte frei und wurde deshalb wichtig ; weil ein künftiger Krieg nicht mehr allein mit den Erfahrungen aus dem letzten gewonnen werden konnte. In den letzten Kriegsjahren 1941/42-45 verschlechterte sich das Personal der jüngeren Offiziere zunehmend. Dies hatte fünf Gründe: 1. Das Heerespersonalamt ging bis 1942 immer noch von einem kurzen Krieg aus und plante daher jeweils nur eine kurzfristige Ausbildung. 2. Die außermilitärische Ausbildung der Schüler wurde immer schlechter ; gleichzeitig sanken die Anforderungen an den Ersatz immer tiefer. 3. Durch Material- ; Personal- ; und Gerätemangel wurde die Ausbildung erheblich reduziert. 4. Die gewaltige Überlegenheit der Kriegsgegner erlaubte jungen Offizieren keine Lernphasen. 5. Die Eingriffe von Seiten des NS Regimes wurden immer massiver und führten zu großen Verunsicherungen der Offiziere über das Kriegsbild ; welches sie vermitteln sollten. Der Offizier wurde nur noch zum Facharbeiter in seinem Bereich ; wie sich dies schon in der Figur des Sonderführers und des Offiziers im Truppensonderdienst abzeichnete. So sollte auch bald die tradierte Bezeichnung Offizier durch die ideologisch aufgeladenen Begriffe Führer und Kämpfer ersetzt werden. Dies hätte eine radikale Veränderung des Offizierbildes an sich bedeutet: weg vom wägenden und wagenden Offizier ; hin zum fanatischen Weltanschauungskämpfer mit absoluter Hitlergläubigkeit. Personalmangel und die Veränderungen im Profil führten notgedrungen zu einer Veränderung des Korps. Neben nicht zu vermeidenden negativen Auswirkungen stellt sich in diesem Zusammenhang auch die Frage nach möglichen Modernisierungsschüben ; die hierdurch ausgelöst werden konnten. Als Indikatoren hierfür kann zum einen die Öffnung für breitere Schichten der Bevölkerung zur militärischen Elite angesehen werden und zum anderen die verbesserten Aufstiegschancen ; die eine neue soziale Mobilität in das Offizierkorps brachte. Wenn die Öffnung einer Elite für größere soziale Schichten gewissermaßen eine Modernisierung darstellt ; die auf Grund eines politischen Auftrages geschehen ist ; und nicht aus dem eigenen Interesse dieser Elite ; so ist hier nach weiteren Gründen für mögliche Modernisierungsschübe zu suchen. Im Rahmen der deutschen Militärgeschichte kann der geschilderte Prozeß als Modernisierung aber auch als Revolutionierung im Sinne eines grundlegenden Bruchs mit einer historischen Tradition bezeichnet werden. Hier wurde das tradierte deutsche Offizierkorps erstmals in seiner Geschichte zu einem reinen staatlichen Exekutivorgan der politischen Führung umgewertet. Nach liberal demokratischem Verfassungsdenken wäre das die ihm zukommende Rolle ; aber gerade diese den heutigen Vorstellungen entsprechende Normalität hatte es bisher noch nicht gegeben. Es ist daher paradox ; daß gerade der Führer eines totalitären Regimes dieses Primat der Politik über das Militär erzwingen konnte. Wenn auch in der Ergänzung des Militärs und in der Unterordnung desselben unter die Politik ein Modernisierungsprozeß oder auch nur eine Pseudomodernisierung zu erkennen ist ; so darf dabei nicht der Aufbau neuer restriktiver Methoden innerhalb dieser Innovationen mit ihrem gewaltigen zerstörerischen Potential übersehen werden.
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In: Aus Politik und Zeitgeschichte: APuZ, Band 29, Heft 21, S. 3-22
ISSN: 0479-611X
World Affairs Online
Blog: Rechtspopulismus
Das Konzept des demokratischen Rechtsstaates, bisher einigendes Fundament und Leitprinzip der europäischen Einigung, steht heute im Zentrum einer kritischen Debatte, die die Grundlagen des europäischen Friedensprojektes zu gefährden droht. Weltweit und insbesondere in Europa wächst die Sorge um den Erhalt der freiheitlich-demokratischen Werte. Populistische Bewegungen gewinnen an Einfluss, indem sie einfache Antworten auf die komplexen Herausforderungen unserer Zeit anbieten. Diese Bewegungen finden vor allem bei denjenigen Anklang, die sich inmitten des raschen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandels nach Sicherheit und Beständigkeit sehnen. Sie neigen dazu, sich Lösungen wie nationaler Abschottung und der Etablierung autoritärer Regime zuzuwenden, um ein Gefühl der Sicherheit zu vermitteln (vgl. Möllers 2018, S. 7).Seit der Flüchtlingskrise 2015 haben populistische Strömungen in verschiedenen europäischen Ländern an Zulauf gewonnen. Ungarn und Polen sind prominente Beispiele, in denen rechtsnationale bis rechtsradikale Parteien an die Macht gekommen sind. Diese Regierungen stehen im Widerspruch zu den Grundprinzipien der Europäischen Union, einschließlich der Achtung der Menschenwürde, der Demokratie, der Freiheit, der Gleichheit und der Rechtsstaatlichkeit. Der Umbau des Staatswesens in diesen Ländern zeigt sich insbesondere in der Einschränkung der Unabhängigkeit der Justiz, der Verfassungsgerichtsbarkeit und der Medien (Bundeszentrale für politische Bildung 2022).Besonders in Ungarn, wo seit Viktor Orbáns zweiter Amtszeit im Jahr 2010 ein schleichender Prozess des Demokratieabbaus zu beobachten ist, wird die Bedeutung der Medienregulierung für die demokratischen Strukturen und die politische Landschaft offensichtlich. Die vorliegende Arbeit widmet sich dieser Problematik und beleuchtet, wie die Regulierung der Medien in Ungarn demokratische Prozesse und die politische Szenerie des Landes beeinflusst.Die Arbeit beginnt mit einer grundlegenden Definition des Begriffs "Medien" und einer Erörterung ihrer primären, sekundären und tertiären Funktionen im politischen Raum. Anschließend wird die Nutzung der Medien als Instrument der Regierungskommunikation und als Mittel der Machtsicherung untersucht. Eine Analyse der aktuellen Medienlandschaft in Ungarn, einschließlich der Einschränkungen der Pressefreiheit, der Meinungsvielfalt sowie der Kontrolle und Einflussnahme der Regierung auf die Medienorgane, bildet den Kern der Arbeit.Besonderes Augenmerk wird dabei auf die Medienregulierung in Ungarn gelegt. Die Auswirkungen dieser Medienregulierung auf die Demokratie in Ungarn werden untersucht, um zu verstehen, wie Veränderungen in der Medienlandschaft die Grundpfeiler der Demokratie beeinflussen - die Bedeutung der Medien für eine demokratische Gesellschaft, die Einschränkungen der Demokratie durch Regulierungen in der Medienlandschaft und die politischen Auswirkungen auf das demokratische System. Abschließend wird in einem Fazit reflektiert, inwiefern die Medienregulierung in Ungarn als symptomatisch für eine Verschiebung weg von demokratischen Idealen gesehen werden kann.Ziel der Arbeit ist es, ein Verständnis der komplexen Wechselwirkungen zwischen Medienregulierung und demokratischen Prozessen in Ungarn zu erlangen und damit einen Beitrag zur aktuellen Debatte über die Bedeutung liberaler demokratischer Werte in Europa zu leisten.Die Rolle der Medien in der PolitikDer folgende Abschnitt befasst sich mit der Rolle der Medien in der Politik. Im Mittelpunkt steht dabei die differenzierte Betrachtung der primären, sekundären und tertiären Funktionen der Medien. Mit Hilfe dieser Unterscheidung ist es möglich, ein tieferes Verständnis dafür zu entwickeln, wie Medien die politische Landschaft gestalten und beeinflussen. Durch die Analyse dieser Funktionen wird untersucht, wie Medien Öffentlichkeit herstellen, Informationen verbreiten, politische Akteure kontrollieren und zur politischen Sozialisation und Bildung beitragen. Dies ist von entscheidender Bedeutung, um die komplexen Wechselwirkungen zwischen Medien und Politik vollständig zu erfassen. Primär-, Tertiär- und SekundärfunktionDie Macht der Massenmedien, bestehende Machtstrukturen herauszufordern, darf nicht unterschätzt werden. Durch die Sammlung, Aufbereitung und Verbreitung von Informationen, Wissen und politischen Ansichten wird die öffentliche Meinung wesentlich beeinflusst (Wittkämper, S. 37). Bereits in der Frühen Neuzeit erkannten der Adel und die Kirche als damalige Machthaber die potenzielle Bedrohung, die von den Medien ausging. Sie reagierten schnell und führten nach der Entdeckung des Buchdrucks Zensurmaßnahmen ein, um die zu druckenden Inhalte vorzuprüfen und ihre Herrschaft zu sichern (Strohmeier 2004, S. 69).In der heutigen Zeit spielen die Medien eine zentrale Rolle bei der Gestaltung der politischen Realitäten, da sie in der Lage sind, die politische Macht entweder zu stärken oder zu untergraben (Strohmeier 2004, S. 69). Ziel der folgenden Ausführungen ist die Veranschaulichung des Einflusspotenzials der Massenmedien durch die Darstellung ihrer grundlegenden Funktionen.Gerd Strohmeier weist auf die Bedeutung der primären, der sekundären und der tertiären Funktion der Massenmedien hin. Die Primärfunktion besteht darin, Öffentlichkeit herzustellen, die entsteht, wenn direkte Kommunikationsformen bevölkerungsbedingt nicht ausreichen. Massenmedien ermöglichen eine schnelle und einfache Verbreitung von Nachrichten und füllen so diese kommunikative Lücke (Strohmeier 2004, S. 72).Die Kontrolle der politischen Akteure und die Verbreitung von Informationen gehören zu der Sekundärfunktion. Ziel ist die umfassende und verständliche Vermittlung von Inhalten und damit die Beeinflussung der Meinungsbildung. Zugleich haben Massenmedien die Aufgabe, das Verhalten der politischen Institutionen zu überwachen, Missstände aufzudecken und Kritik zu üben (Strohmeier 2004, S. 72f.).Die Tertiärfunktion der Medien umfasst drei wesentliche Aspekte. Erstens die Förderung der politischen Meinungs- und Willensbildung, zweitens die Integration und politische Sozialisation und drittens die Vermittlung politischer Bildung. Diese Aspekte unterstützen die Entwicklung der Persönlichkeit des Einzelnen und seine Integration in die Gesellschaft, fördern das Verständnis für das politische System und regen zur aktiven Teilnahme am politischen Leben an. Darüber hinaus haben die Massenmedien einen entscheidenden Einfluss auf die Art und Weise, wie über bestimmte Themen nachgedacht und gesprochen wird, oft ohne dass sich die Menschen der Beeinflussung ihrer Meinungen durch die Medien bewusst sind (Strohmeier 2004, S. 73f.).Medien als InstrumentIm nächsten Schritt unserer Analyse konzentrieren wir uns auf die Rolle der Medien als politisches Werkzeug. Dabei unterteilt sich unsere Betrachtung in zwei Schlüsselaspekte. Einerseits die Nutzung der Medien für Regierungskommunikation, durch die Regierungen ihre Botschaften vermitteln, und andererseits die Anwendung der Medien als Mittel zur Machtsicherung, wodurch Einfluss auf die öffentliche Meinung genommen und politische Macht gefestigt wird.Medien als Instrument für RegierungskommunikationDie strategische Nutzung der Medien durch die Regierung wird vor allem in Bezug auf den Einfluss der Mediengesetzgebung auf die Demokratisierungsprozesse und die Politikgestaltung in Ungarn untersucht. Durch die gezielte Verbreitung politischer Botschaften und Entscheidungen interagieren Regierungen direkt mit der Bevölkerung, was nicht nur die Verbreitung von Informationen fördert, sondern auch die öffentliche Meinung prägt und politische Unterstützung generiert.Um den Rechtspopulismus zu verstehen, ist es notwendig, sich mit Cas Muddes Definition des Populismus auseinanderzusetzen, der Populismus als eine Ideologie betrachtet, die die Gesellschaft in zwei homogene und antagonistische Gruppen teilt: "das reine Volk" gegenüber "der korrupten Elite", wobei Politik als Ausdruck des allgemeinen Volkswillens verstanden wird (Mudde 2004, S. 543). Die Tendenz, dass rechtspopulistische Parteien seit den 1980er Jahren Wahlerfolge erzielen und sich etablieren, zeigt sich nicht nur in westeuropäischen, sondern auch in jungen Demokratien Osteuropas, einschließlich Ungarns (Geden 2006, S. 17f.).Rechtspopulisten positionieren sich als Vertreter der "schweigenden Mehrheit" in direktem Gegensatz zu den politischen und kulturellen Eliten und privilegierten Minderheiten, denen sie die Verfolgung partikularer Interessen vorwerfen (Geden 2006, S. 20f.). Ihre politische Rhetorik ist durch Vereinfachung und Komplexitätsreduktion gekennzeichnet, wobei sie sich organisatorisch von den etablierten Parteien abgrenzen, etwa durch die Zusammenarbeit mit außerparlamentarischen Gruppen, die Initiierung von Volksentscheiden oder die Präsenz charismatischer Führungspersönlichkeiten (Geden 2006, S. 22).Ein zentrales Element rechtspopulistischen Denkens ist der "Ethnopluralismus", der besagt, dass sich ethnisch und kulturell homogene Völker nicht vermischen sollten, was eine inhärente Ungleichheit der Völker suggeriert und kulturelle Begegnungen als konfliktträchtig ansieht (Bruns et al. 2015, S. 12f.).Im spezifischen Kontext Ungarns unter der Führung von Viktor Orbán zeigt sich die kritische Rolle dieser Medienstrategien. Die Regierung Orbán hat Medienregulierung bewusst eingesetzt, um ein medienfreundliches Umfeld für regierungsnahe Nachrichtenquellen zu schaffen und gleichzeitig den Raum für kritische Stimmen einzuschränken (Mudde 2004, S. 543). Dies schränkt nicht nur die Vielfalt und Freiheit der Medien ein, sondern hat auch tiefgreifende Auswirkungen auf demokratische Prozesse, indem es die Möglichkeiten für eine offene politische Debatte einschränkt.Diese strategische Nutzung der Medien für die Regierungskommunikation verdeutlicht die Doppelnatur der Medien in der Politik. Einerseits als Kanäle für die transparente Kommunikation politischer Inhalte und andererseits als Instrumente der Machtkonsolidierung, die die demokratischen Grundlagen untergraben können. Diese Dynamik ist entscheidend für das Verständnis der politischen Situation in Ungarn und der Rolle, die die Medienregulierung dabei spielt (Geden 2006, S. 17f.).Detlef Grieswelle betont in "Politische Rhetorik: Macht der Rede, öffentliche Legitimation, Stiftung von Konsens" die bedeutende Rolle der Rhetorik in der Politik. Rhetorik dient nicht nur der Durchsetzung und Legitimation von Macht, sondern auch der Kontrolle und Repräsentation von Interessen, was ihre Bedeutung als Instrument politischer Führung und Einflussnahme unterstreicht (Grieswelle 2000, S. 33). In diesem Zusammenhang ist die rhetorische Strategie des ungarischen Ministerpräsidenten von besonderer Relevanz, da mit ihr versucht wird, politische Legitimität für diese Vision zu schaffen und die Unterstützung der Bevölkerung zu gewinnen (Bruns et al. 2015, S. 12f.).Medien als Werkzeug zur Sicherung von MachtUm zu verstehen, wie die Medien zum Machterhalt beitragen, ist die Rhetorik von rechtspopulistischen Figuren wie Viktor Orbán besonders aufschlussreich. Orbán nutzt plakative und skandalträchtige Kommunikationswege, um mediale Aufmerksamkeit zu generieren die nicht nur seine Präsenz in der Öffentlichkeit stärkt, sondern auch eine Mobilisierung seiner Anhängerschaft bewirkt (Schnepf 2020, S. 5). In seinen politischen Reden kehren bestimmte rhetorische Muster immer wieder, darunter die Verwendung von Antagonismen, die eine Konfliktsituation erzeugen, insbesondere durch die Gegenüberstellung von "Elite" und "Volk". Dabei wird das "Volk" als unterdrückt dargestellt, während die rechtspopulistische Partei als volksnah inszeniert wird (Mudde 2004, S. 543). Eine charakteristische Einfachheit in den Botschaften rechter Parteien wird von Bischof und Senninger hervorgehoben. Je weiter rechts eine Partei steht, desto einfacher ist ihr Programm (Bischof/Senninger 2018, S. 484). Solche Diskurse verwenden prägnante und leicht verständliche Formulierungen für ansonsten komplexe politische Sachverhalte, suggerieren einfache Lösungen und nutzen Dramatisierungen und Metaphern. Insbesondere werden Migrant*innen durch metaphorische Vergleiche abgewertet (Hogan/Haltinner 2015, S. 533) und es wird auf die Bedrohung der nationalen Identität durch ethnische Minderheiten und Migrant*innen angespielt, ein Vorgehen, das Ruth Wodak als "politics of fear" beschreibt (Wodak 2015, S. 2).Diese Elemente rechtspopulistischer Rhetorik finden sich in Orbáns Äußerungen deutlich wieder, wie einige seiner Reden und Interviews exemplarisch zeigen. Besonders deutlich wird dies in seiner Darstellung von Migration als Bedrohung für das ungarische Volk, wobei er einen alarmistischen Ton anschlägt, um die migrationskritische Haltung der Regierung zu untermauern und ein Klima der Angst zu erzeugen: "Europa wird von einer beispiellosen Masseneinwanderung bedroht. (...) Wir sprechen heute von Hunderttausenden, nächstes Jahr werden es Millionen sein, ein Ende ist nicht in Sicht" (Orbán, zitiert nach Mendelski 2019, S. 8). Orbáns Wortwahl, in der er von der "Wahrheit" spricht, verdeutlicht seine Überzeugung von der Legitimität seiner Politik, wobei er durch Übertreibungen wie "Millionen", "massive Integration" oder "unerwartetes Ausmaß" eine Atmosphäre der Panik schafft.In einer Rede anlässlich seiner Vereidigung als Ministerpräsident präsentierte Orbán seine Vision einer Demokratie, die er als "christdemokratisch im 21. Jahrhundert" bezeichnete und damit ein stark von christlichen Werten geprägtes Bild nationaler Identität entwarf, das traditionelle Familienbilder bevorzugt und Homosexualität ausgrenzt. Diese Ausführungen zeigen, wie Orbán die Medien nutzt, um seine politische Botschaft zu verstärken und wie er die Medien als Instrument zur Sicherung seiner Macht einsetzt, indem er sich einer Rhetorik bedient, die sowohl mobilisiert als auch polarisiert, um seine Position zu festigen und Herausforderungen zu kontrollieren.Analyse der aktuellen Medienlandschaft in UngarnDer folgende Teil der Arbeit befasst sich mit der aktuellen Medienlandschaft in Ungarn. In der ersten Amtszeit Orbáns zwischen 1998 und 2002 gab es kaum Eingriffe in die Pressefreiheit, was auf mehrere Faktoren zurückzuführen ist. Da Ungarn in dieser Zeit noch auf den EU-Beitritt hinarbeitete, vermied Orbán bewusst Auseinandersetzungen mit der Europäischen Union über Fragen der Pressefreiheit. Dies änderte sich jedoch in der darauffolgenden Amtszeit ab 2010 drastisch: Ein neues Gesetz wurde eingeführt, das staatlichen Stellen die Einflussnahme auf die Medien ermöglichte und deren Regulierung legitimierte. Fortan nutzte die Regierung Orbán die Medien gezielt für ihre politischen Ziele.Einschränkungen der Pressefreiheit und Meinungsvielfalt in UngarnDas Beispiel Ungarns zeigt den Übergang von einem Demokratisierungsprozess zu einem schleichenden Verlust demokratischer Strukturen. Ursprünglich galt Ungarn aufgrund seiner politischen Fortschritte und wirtschaftlichen Stabilität in den späten 1990er und frühen 2000er Jahren als Vorbild unter den EU-Beitrittskandidaten. Nach dem Fall der kommunistischen Einparteienherrschaft (1949-1989) und der Etablierung einer parlamentarischen Demokratie (ab 1990) unternahm das Land erhebliche Anstrengungen, um eine demokratische Staatsform zu etablieren. Wichtige Reformen dieser Zeit schufen unter anderem eine klare Trennung der Staatsgewalten (Legislative, Exekutive, Judikative) und die neue Verfassung verankerte Prinzipien wie Rechtsstaatlichkeit und Unabhängigkeit der Justiz (Ismayr 2002, S. 310ff.).Seit 2010 hat Viktor Orbán mit seiner Fidesz-Partei jedoch einen politischen Kurs eingeschlagen der den zuvor eingeleiteten Demokratisierungsprozess nicht nur gestoppt, sondern in einigen Bereichen sogar rückgängig gemacht hat. Ein 2010 verabschiedetes Mediengesetz, das es staatlichen Stellen erlaubt, die Medien zu überwachen und bei Verstößen zu sanktionieren, markiert einen Wendepunkt in der Einschränkung der Pressefreiheit und ist ein zentraler Faktor im Demokratieabbau des Landes (Bajomi-Lazar 2018, S. 273ff.). Freedom House hebt hervor, dass von allen Kriterien zur Bewertung des Zustands von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gerade die Pressefreiheit in Ungarn die dramatischsten Einbußen zu verzeichnen hat (Bajomi-Lazar 2018, S. 273).Die ungarische Medienlandschaft hat sich seit der Regierungsübernahme durch Orbán und Fidesz sukzessive verändert. Die Regierung kontrolliert den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, die staatliche Nachrichtenagentur Magyar Tavirati Iroda sowie einen erheblichen Teil der privaten Medien, die sich im Besitz von Orbán nahestehenden Personen befinden. Im Rahmen einer umfassenden Umstrukturierung wurden 570 leitende Angestellte der Rundfunkanstalten durch der Fidesz-Partei loyale Mitarbeiter ersetzt (Bajomi-Lazar 2018, S. 275f.).Für die regionale Berichterstattung sind seit Sommer 2017 ausschließlich unternehmerfreundliche Medien zuständig. Mit der Schließung einiger kritischer Zeitungen, darunter die überregionalen Blätter Nepszabadsag und Magyar Nemzet, ist die kritische Berichterstattung landesweit nahezu zum Erliegen gekommen. Zudem werden Journalisten, die sich kritisch über Orbán und seine Regierung äußern, nicht selten auf "schwarze Listen" gesetzt, eine Praxis, die offensichtlich darauf abzielt, Kritiker einzuschüchtern (Bajomi-Lazar 2018, S. 280).Kontrolle und Einflussnahme der Regierung auf MedienorganeEin neues Medienpaket mit Änderungen des Medien- und Pressegesetzes trat am 01.01.2011 durch die Regierung Orban in Kraft. Dieses sorgte damals europaweit für Schlagzeilen. Die Rechtsstaatlichkeit des Gesetzes wurde von der EU-Kommission angezweifelt. Auf einige Aspekte soll im Folgenden kurz eingegangen werden.Die Unabhängigkeit der Medien wurde durch das Mediengesetz erheblich geschwächt. Das Mediengesetz sah unter anderem ein Verbot bestimmter Äußerungen vor und legte eine Registrierungspflicht für alle Medien fest. Es drohte die Löschung und der Entzug der rechtlichen Möglichkeit, in Ungarn zu publizieren, wenn der Registrierungspflicht nicht nachgekommen wurde. Dies galt auch für Medienunternehmen, die außerhalb Ungarns in anderen Staaten der Europäischen Union (EU) tätig waren.Die Aufsicht über die Medien wurde nicht mehr von verschiedenen Behörden, sondern von einem einzigen Medienkontrollgremium ausgeübt. Das Medienkontrollgremium war für die Verhängung von Geldstrafen bei "politisch unausgewogener Berichterstattung" (Möllers 2018, S. 47) zuständig. Hinzu kam, dass viele Journalistinnen und Journalisten, die für den staatlichen Rundfunk arbeiteten, entlassen wurden und beispielsweise privaten, regierungskritischen Medien erschwert wurde, eine Rundfunklizenz zu erhalten. Die EU konnte durch die Androhung eines Vertragsverletzungsverfahrens zumindest eine Änderung der "EU-Ausländer betreffenden Aspekte" (Möllers 2018, S. 47) erreichen.MediengesetzgebungNoch bevor Ungarn seine neue Verfassung verankerte, stand die Regierung aufgrund der Verabschiedung eines restriktiven Mediengesetzes unter Beschuss. Das Gesetz, welches im Januar 2011 in Kraft trat, beschränkt deutlich die Freiheit der Medien und Presse (Salzborn 2015, S. 76). Das Hauptziel dieser Maßnahme ist die Dominanz der Regierung Orbáns über das Mediengefüge. Zu diesem Zweck wurde die Nationale Kommunikations- und Medienbehörde ("KESMA") ins Leben gerufen. Diese Behörde und der Medienrat erhielten erweiterte Befugnisse zur Überwachung und Lizenzierung von Medienangeboten. Unter anderem ist die Nationale Kommunikations- und Medienbehörde verantwortlich für die Vergabe von Sendelizenzen und übernimmt Aufgaben im Bereich des Verbraucher- und Wettbewerbsschutzes. Eine der Hauptaufgaben des Medienrates ist die Gewährleistung einer Berichterstattung (Bos 2021, S. 38). Neben der Neustrukturierung des Medienwesens führte die Regierung ein Fördermodell ein, das regierungsnahe Medien durch staatliche Werbeverträge finanziell unterstützt.Nach den Wahlen im Jahr 2014 erwarben Unternehmer, die der Regierung nahestehen, zunehmend Medien der Opposition, die anschließend in die neu geschaffene "Mitteleuropäische Presse- und Medienstiftung" eingebracht wurden (Bos 2021, S. 38). So schaffte es die Regierung Orbán, einflussreiche Medien der Opposition zu marginalisieren oder vollständig vom Markt zu nehmen. Ebenso wurden Online-Nachrichtenplattformen in das System eingegliedert (Bos 2021, S. 39).Samuel Salzborn kritisiert insbesondere den rechtlichen Charakter des neuen Mediengesetzes, das vage Generalklauseln beinhaltet, welche sich auf unbestimmte Konzepte wie "gute Sitten" berufen. Diese Klauseln sind offen für Interpretationen und ermöglichen damit eine gewisse Willkür. Die Definition dessen was als "gute Sitte" gilt kann staatlich bestimmt und gegen kritische Berichterstattung eingesetzt werden, was deren Sanktionierung zur Folge haben kann (Salzborn 2015, S. 77).Auswirkungen der Medienregulierung auf die Demokratie in UngarnNachdem im vorangegangenen Kapitel die aktuelle Medienlandschaft in Ungarn dargestellt wurde, widmet sich der folgende Abschnitt den Auswirkungen der Medienregulierung auf die demokratische Verfasstheit Ungarns. Anhand konkreter politischer Maßnahmen der ungarischen Regierung wird untersucht, wie die Visionen Orbáns umgesetzt wurden. Darüber hinaus wird analysiert, inwiefern die rechtspopulistische Politik die Qualität der ungarischen Demokratie beeinflusst und verändert hat.Bedeutung der Medien für die demokratische GesellschaftIm Zentrum der Debatte um die Rolle der Medien in der demokratischen Gesellschaft Ungarns steht die Transformationspolitik Viktor Orbáns und seiner Fidesz-Partei, die seit ihrem Regierungsantritt eine umfassende Kontrolle über die Medienlandschaft ausüben. Die Regierung nutzt diese Kontrolle strategisch als Instrument der Regierungskommunikation, um eine fast ausschließlich positive Berichterstattung über ihre Handlungen und Entscheidungen sicherzustellen. Regierungskritische Stimmen finden kaum Gehör, stattdessen wird Kritik systematisch unterdrückt und negative Nachrichten werden in einem für die Regierung vorteilhaften Licht dargestellt. Die gezielte Durchführung von Desinformationskampagnen, die Bajomi-Lazar als "Propaganda" bezeichnet, ist ein weiterer Baustein dieser Medienpolitik (Bajomi-Lazar 2018, S. 280f.).Die Verpflichtung von Arthur J. Finkelstein, einem erfahrenen Kampagnenstrategen aus den USA, durch Viktor Orbán unterstreicht den gezielten Einsatz der Medien zur Meinungsbildung. Das Phänomen der Verbreitung von teilweise oder vollständig gefälschten Nachrichten ist zwar kein Alleinstellungsmerkmal der ungarischen Medienlandschaft, die offene Zurschaustellung dieser Praktiken durch die ungarische Regierung ohne den Versuch, ihre Aktivitäten zu verschleiern, stellt jedoch einen klaren Bruch mit demokratischen Normen dar (Bajomi-Lazar 2018, S. 281).Diese Entwicklung wirft grundsätzliche Fragen nach den Auswirkungen der Medienregulierung auf die Demokratie in Ungarn auf. Die Einflussnahme auf die Medien und die damit einhergehende Unterdrückung pluralistischer Diskurse hat unmittelbare Folgen für die demokratische Gesellschaft. Indem die Medien als verlängerter Arm der Regierungskommunikation fungieren und kritische Berichterstattung marginalisiert wird, werden demokratische Grundwerte wie Meinungsvielfalt und Pressefreiheit massiv untergraben. Die strategische Manipulation der Medienlandschaft durch die Regierung Orbán verdeutlicht die Herausforderungen vor denen die Demokratie in Ungarn steht und unterstreicht die zentrale Rolle der Medienfreiheit als Grundpfeiler einer lebendigen und funktionierenden demokratischen Gesellschaft. Einschränkung der Demokratie durch Regulierungen in der MedienlandschaftDie Regulierung der Medienlandschaft in Ungarn durch Viktor Orbán und seine Fidesz-Partei hat weitreichende Folgen für die Demokratie im Land. Durch die systematische Übernahme und Anpassung der Medien an ihre Vorstellungen, insbesondere durch die Besetzung der Führungspositionen in den wichtigsten Medienorganisationen mit Verbündeten der Regierung, haben sie die Medien zu einem Instrument der Machtsicherung gemacht. Die Aufhebung der Unabhängigkeit der Medien ermöglicht es der Orbán-Regierung, die Berichterstattung vollständig für ihre politischen Ziele zu instrumentalisieren. Es dominiert eine einseitige Berichterstattung, die den Bürgern vor allem in den ländlichen Regionen wenig Spielraum lässt die Authentizität und Richtigkeit der präsentierten Nachrichten zu überprüfen. Die Bürger Ungarns stehen vor der Herausforderung, dass sie kaum Zugang zu alternativen Perspektiven oder kritischen Stimmen haben, was sie quasi dazu zwingt, den regierungsgesteuerten Nachrichten Glauben zu schenken (Bajomi-Lazar 2018, S. 281/282).Diese Einschränkung der Medienfreiheit und die Manipulation der Informationslandschaft durch die Regierung Orbán untergraben grundlegende demokratische Prinzipien, indem sie den freien Zugang zu Informationen einschränken und eine fundierte öffentliche Meinungsbildung verhindern. Durch die gezielte Meinungsmache und die Abschottung gegenüber kritischen Debatten werden die natürlichen demokratischen Kontrollmechanismen geschwächt und die Bevölkerung als Kontrollinstanz der Regierung faktisch entmachtet. Die Strategie, die Macht über die Medien zu festigen und dafür zu sorgen, dass keine Gegenmeinungen an die Öffentlichkeit gelangen oder Widerstand gegen politische Entscheidungen leisten können, ist ein deutliches Zeichen für den Missbrauch von Medienmacht zur Festigung autoritärer Strukturen.Diese Entwicklungen in Ungarn verdeutlichen die zentrale Bedeutung einer unabhängigen und pluralistischen Medienlandschaft für den Erhalt einer gesunden Demokratie. Die Einschränkung der Pressefreiheit und die gezielte Manipulation der Medien durch die Regierung stellen eine ernsthafte Bedrohung für die demokratischen Prozesse und die politische Freiheit im Land dar. Politische Auswirkungen auf das demokratische System UngarnsDie politischen Auswirkungen der Regulierung der Medien auf das demokratische System in Ungarn sind tiefgreifend und haben zu einer Verschlechterung der Qualität der Demokratie im Land geführt. Diese Veränderungen spiegeln sich in verschiedenen internationalen Indizes wider, die die demokratische Stabilität Ungarns bewerten. Der "Freedom in the World Index" von Freedom House stuft Ungarn als "teilweise frei" ein, da die Fidesz-Partei die Kontrolle über unabhängige Institutionen erlangt hat, was zu einer Schwächung der Aktivitäten von Oppositionellen, Journalisten, Universitäten und NGOs geführt hat (Freedom House 2021). Der "Nations in Transit Index" bezeichnet Ungarn sogar als "Transitional or Hybrid Regime" mit einem Wert von 49 von 100 Punkten, wobei 100 Punkte für eine funktionierende Demokratie stehen (Freedom House 2021b). Der Bertelsmann Transformationsindex beschreibt Ungarn als "defekte Demokratie", in den demokratischen Institutionen zwar existieren, aber eingeschränkt und ineffektiv sind (Bertelsmann Stiftung 2020, S. 13).Deutlich verschlechtert hat sich zudem die Platzierung Ungarns in der Rangliste der Pressefreiheit von "Reporter ohne Grenzen", wo das Land nur noch auf Platz 92 von 180 Ländern rangiert und die Situation der Pressefreiheit als problematisch eingestuft wird (Reporter ohne Grenzen 2021). Der "Rule of Law Index" des World Justice Project weist Ungarn den niedrigsten Wert in Osteuropa zu, weltweit liegt es auf Platz 60 von 128 (World Justice Project 2020).Diese Indizes und Bewertungen zeigen, dass die von Viktor Orbán vorangetriebene politische Transformation direkte negative Auswirkungen auf die Qualität der Demokratie in Ungarn haben. Einige Autoren wie Attila Ágh sprechen von der "ungarischen Krankheit" als antidemokratischer Herausforderung für die EU und beschreiben das Land als "worst case scenario" einer "elected autocracy" (Ágh 2015, S. 4, S. 16). János Kornai sieht in der Entwicklung seit Orbáns Amtsantritt eine Abkehr von Demokratie und Errungenschaften des Systemwechsels Ende der 1980er, einen "U-Turn" (Kornai 2015, S. 1). Samuel Salzborn identifiziert eine transformatorische Entwicklung hin zu einer Diktatur, bedingt durch rechtliche Veränderungen und eine zunehmende Ethnisierung der Innenpolitik (Salzborn 2015, S. 81).Andere Forscher sprechen von einem "hybriden Regime" und positionieren Ungarn in einer Grauzone zwischen Demokratie und Autokratie. András Bozóki und Dániel Hegedüs betonen, dass hybride Regime eine eigenständige Kategorie darstellen, die weder als Unterform der Demokratie noch der Diktatur zu verstehen ist (Bozóki/Hegedüs 2018, S. 1183). Attila Antal betont, dass das Orbán-Regime seine politische Anhängerschaft gezielt repolitisiert und den Rest der politischen Gemeinschaft depolitisiert hat (Antal 2017, S. 18).SchlussfolgerungDas Phänomen des Demokratieabbaus, beobachtet nicht nur in Ungarn, sondern weltweit und innerhalb Europas, unterstreicht eine kritische Herausforderung für die demokratische Ordnung vieler Staaten. Die systematische Einschränkung der Presse- und Meinungsfreiheit in Ungarn seit Viktor Orbáns zweiter Amtszeit im Jahr 2010 zeichnet ein beunruhigendes Bild der Degradierung demokratischer Werte, das weit über die Grenzen Ungarns hinausreicht und die europäische Gemeinschaft insgesamt betrifft (Möllers 2018, S. 7; Ismayr 2002, S. 309ff.).Die zentrale Rolle der Medien in einer Demokratie, hervorgehoben durch ihre vielfältigen Funktionen wie die Schaffung von Öffentlichkeit, Informationsvermittlung, Kontrolle der Macht, soziale Integration und Bildung, unterstreicht die Bedeutung der Medienfreiheit für das Funktionieren einer demokratischen Gesellschaft (Strohmeier 2004, S. 69ff.). Die Kontrolle über die Massenmedien zu haben bedeutet, einen entscheidenden Einfluss darauf zu besitzen, welche Informationen die Bevölkerung erhält und wie sie die politische Realität wahrnimmt.Ungarns Entwicklung seit 2010 unter der Fidesz-Regierung ist besonders alarmierend, da sie zeigt, wie gezielt Propaganda eingesetzt wird, um die Regierungsperspektive zu stärken und oppositionelle Stimmen effektiv zum Schweigen zu bringen. Die offene Ausführung dieser Maßnahmen und das scheinbare Desinteresse der Regierung, ihre Aktionen zu verbergen, verdeutlichen eine besorgniserregende Gleichgültigkeit gegenüber demokratischen Standards (Bajomi-Lazar 2018, S. 281f.). Trotz der Transparenz dieser Aktivitäten hat die Europäische Union bisher wenig Einfluss auf eine positive Veränderung nehmen können, was den Demokratieabbau in Ungarn weiter vorantreibt.Die Situation in Ungarn ist nicht isoliert zu betrachten, sondern stellt ein ernstes Problem für die EU dar, da es die konstitutionellen und demokratischen Grundlagen der Gemeinschaft untergräbt. Die aktuellen Entwicklungen in Ungarn sind ein Warnsignal und erfordern eine dringende und koordinierte Reaktion auf europäischer Ebene, um die Demokratie zu schützen und zu fördern. Die Frage, wie die Medienregulierung in Ungarn die demokratischen Prozesse und die politische Landschaft des Landes beeinflusst, lässt sich klar beantworten: Sie führt zu einer erheblichen Einschränkung der Demokratiequalität, indem sie die freie Meinungsäußerung untergräbt, die politische Pluralität einschränkt und die Kontrollfunktion der Medien schwächt.Die Hoffnung liegt nun darauf, dass die internationale Gemeinschaft und europäische Institutionen wirksame Maßnahmen ergreifen, um die demokratischen Prinzipien in Ungarn zu stärken und einen weiteren Demokratieabbau zu verhindern. Die Bewahrung der Medienfreiheit und die Sicherstellung einer pluralistischen und unabhängigen Medienlandschaft sind essenziell für die Aufrechterhaltung einer lebendigen und gesunden Demokratie, nicht nur in Ungarn, sondern in allen demokratischen Staaten. LiteraturverzeichnisÁgh, Attila. 2015. 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In: Working Paper Series of the Research Network 1989, Band 20
This paper puts the fall of the Berlin Wall in 1989 into its historical and economic context. It points out that the developments which led to the demise of communism were not restricted to the Soviet Bloc but part of a longer-term crisis of the global economy. Using Kondtratieff's theory of Long Waves in capitalist developments, this paper shows how the end of the long post-war boom in around 1974 represented the top of the Kondtratieff wave and that the primary recession of 1979-82 and the deflationary policies carried out in order to restore capitalist profitability at that point also laid the ground for the undermining of the Soviet Bloc economies. 1989 is therefore seen as the consequence of the shift to global financialisation of the economy which necessitated a competitive catch-up policy in the form of Perestroika, the corollary of which was a readiness on the part of the Soviet Union to let Eastern Europe go its own way. The period since 1989 in Germany is presented as one in which the major party of the Centre-Left, the SPD, was forced to tack to the neo-liberal wind but which left the space for the PDS/Linke to profile itself as a left alternative. The current crisis, which the author contends will issue into a long Kondtratieff depression lasting until around 2020, means that social and economic priorities will shift away from the market and back towards the re-establishment of the primacy of politics over the market. This will put Die Linke in a strong position to represent the disadvantaged and force the SPD back towards a more leftist position. The end result, the author contends, will be a realignment of the Left into a solid block on the basis of the changed demography of a reunited Germany and a global economic crisis.
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Introduction re-viewing resistance, liberating history - S. 1. - 1 Ellen Ndeshi Namhila: Transforming the traumatic life experiences of women in post-Apartheid Namibian historical narratives - S. 22. - 2 Werner Hillebrecht: Hendrik Witbooi and Samuel Maharero : the ambiguity of heroes - S. 38. - 3 Shampapi Shiremo: The Vagciriku-Lishora massacre of 1894 revisited - S. 55. - 4 Petrus Angula Mbenzi: Revolutionary songs as a response to colonialism in Namibia - S. 71. - 5 Anette Hoffmann: Of storying and storing : reading Lichteneckers voice recordings - S. 89. - 6 Kletus Muhena Likuwa: Colonialism and the development of the contract labour system in Kavango - S. 105. - 7 Dag Henrichsen: Liberals and non-racism in Namibia's settler society? Advocate Israel Goldblatts engagement with Namibian nationalists in the 1960s - S. 127. - 8 Bennett Kangumu Kangumu: The Caprivi African National Union (CANU) 1962-1964 : forms of resistance - S. 148. - 9 Bennett Kangumu Kangumu: Brendan Kangongolo Simbwaye : a journey of 'internal' exile - S. 160. - 10 Aaron Nambadi: The Kavango legislative council - S. 170. - 11 Timoteus Mashuna: The 1978 election in Namibia - S. 178. - 12 Jeremy Silvester and Martha Akava: Waking the dead : civilian casualties in the Namibian liberation struggle - S. 192. - 13 Lovisa Tegelela Nampala: Okongo : case study of the impact of the liberation struggle in the Ohangwena region - S. 207. - 14 Herbert Kandjimi Karapo: The liberation struggle inside Namibia 1966-1989 : a regional perspective from the Kavango regions - S. 221. - 15 Martha Akawa: The gendered politics of the SWAPO camps during the Namibian liberation struggle - S. 240. - 16 Reinhart Kössler: Solidarity with liberation in Namibia: an analytical eyewitness account from a West German perspective - S. 252. - 17 Pekka Peltola: Finnish solidarity with the liberation struggle of Namibia : a documentation project - S. 266. - 18 Helvi Inotila Elago: Colonial monuments in a post-colonial era : a case s
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