Die unerwartete Krise der Vierten Gewalt
In: Transit: europäische Revue, Heft 41, S. 170-173
ISSN: 0938-2062
Die digitale Revolution ist, so Erstaunliches sie hervorgebracht hat, ein zweifelhafter Segen für die Demokratie. Sie ist sicher gut für die Meinungsfreiheit. Sie ist auch gut für die Informationsfreiheit, das heißt, um zuvor geheime oder unzugängliche Informationen einer breiteren Öffentlichkeit verfügbar zu machen. Doch sie war nicht durchgängig gut für die Pressefreiheit, wenn man diese Freiheit als etwas versteht, das sich nicht bloß auf die formalen Rechte bezieht, sondern auf die reale Unabhängigkeit der Presse als Institution. In den etablierten Demokratien hat die digitale Revolution die Fähigkeit der Presse geschwächt, als wirkungsvoller Sachwalter öffentlicher Verantwortlichkeit aufzutreten, indem sie die wirtschaftliche Basis professioneller Berichterstattung untergraben und die Öffentlichkeit fragmentiert hat. Wenn man den Gedanken ernst nimmt, dass eine unabhängige Presse unverzichtbarer Bestandteil jeder Demokratie ist, könnte ihre gegenwärtige Notlage die Demokratie selbst schwächen. (ICF2)