'Bildungsferne' und politische Bildung: zur Reproduktion sozialer Ungleichheit durch das politische Feld
In: Unter erschwerten Bedingungen: politische Bildung mit bildungsfernen Zielgruppen, S. 27-41
Abstract
Der Autor belegt zunächst empirisch die Tatsache relativ geringer Teilnahmezahlen politisch und sozial benachteiligter Gruppen an der politischen Erwachsenenbildung, aber auch an politischer Partizipation. Zum Legitimierungsproblem wird dies seiner Meinung nach, wenn man vom Ideal der partizipatorischen Demokratie ausgeht. Er argumentiert gegen eine verbreitete Begründung für das beschriebene Phänomen, wonach häufig eine "Defizitperspektive" (z. B. mangelnde kulturelle Ressourcen, mangelnde Reflexivität) eröffnet wird. Demgegenüber geht er davon aus, dass erstens die "Bildungsferne" in jedem Fall - also auch dann, wenn auf Grund biografischer Erfahrungen ein Misstrauen gegen institutionelle Bildung besteht - ein Ergebnis soziokultureller Prozesse ist, und dass zweitens die Institutionen auch ihr Verhältnis zu einem großen Teil der Bürger nicht geklärt haben, so dass sich "Selbstausschluss" und "Fremdausschluss" dialektisch überlagern. Der Autor entwickelt im Anschluss an das Konzept des politischen Feldes von Pierre Bourdieu eine Perspektive, die den Politikbegriff nicht nur eng oder weit, sondern auch relational, also eingebettet in die Beziehungen zwischen ungleichen Akteuren betrachtet. Schließlich kritisiert er die weithin stattfindende "Enteignung" der Laien, die mit einer Aneignung der Macht durch die Experten einhergeht. Die Aufweichung dieser Grenze und die Erweiterung der Spielräume würden seines Erachtens die selbstinduzierte Bildungsferne und damit die Beteiligung an der Reproduktion sozialer Ungleichheit durch die Bildungsagenturen selbst reduzieren. (ICI2)
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