"Was ist deutsch?": deutschnationale Volkstumsideologie im Kontext von Othmar Spanns Lehre des Universalismus
In: Sprache - Denken - Nation: Kultur- und Geistesgeschichte von Locke bis zur Moderne, S. 223-241
Abstract
Die zentrale Zielsetzung des österreichischen Gelehrten Othmar Spann (1877-1950) war die Erneuerung der Gesellschaft aus einem Zustand, den er als Atomisierung und Auflösung interpretierte. Seine Deutung der Diskurse jener Zeit war von der Annahme geprägt, dass alle Erkenntnis von der Existenz idealer, dem Menschen vorgängiger Ganzheiten ausgehen sollte. Diese Einsicht erforderte in seinem Denken eine hierarchische, ständische Ordnung der Gesellschaft - mit dem geistigen Lehrstand an der Spitze und den Handarbeitern am unteren Ende der Rangordnung. Spann wendete sich vor allem gegen politisch-philosophische Strömungen innerhalb von Staaten und Gesellschaften, die diesem, den "wahren Eliten" zugänglichen Ideal zuwiderliefen und die er unter dem Begriff des Individualismus zusammenfasste. Der Autor thematisiert u.a. die Gegenüberstellung von Universalismus und Individualismus in Spanns Werk und geht näher auf dessen Verständnis des Volkstums als Kulturgemeinschaft ein. Mit seinem Anspruch auf Überlegenheit und Höherwertigkeit deutscher Kultur befand sich Spann zwar in Übereinstimmung mit Teilen des weltanschaulichen Mainstreams seiner Zeit, aber sein Anspruch wurde im Gegensatz zu diesem durch die Behauptung eines privilegierten Zugangs der Deutschen zu einer Welt des Göttlichen, der Ideen und ideellen Ganzheiten legitimiert. Dadurch war Spanns Wirkungsgrad beschränkt und blieb letztlich auch im Spektrum der rechten Bewegungen zwischen Romantik und Faschismus in einer deutlichen Minderheitenposition. (ICI2)
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