Die sozialen Zeitkategorien der Hopi und der Nuer
In: Zeit als Strukturelement von Lebenswelt und Gesellschaft, S. 327-355
Abstract
Der Autor geht davon aus, daß es eine universale lebensweltliche Zeitstruktur gibt, auf deren Hintergrund erst die Zeitkategorien verschiedener soziohistorischer Lebenswelten vergleichbar sind. Es wird aufgezeigt, wie die innere, die intersubjektiv-soziale und die historische Zeit der beiden Stammesgesellschaften sich im Zusammenhang mit Lebenssituation und darauf bezogenem und tradiertem Wissensvorrat konstituieren. Aufgrund neuerer ethnologischer und linguistischer Forschungsergebnisse wird die These Whorfs (1963) widerlegt, daß Sprache und damit Denken und Wissen der Hopi "zeitlos" seien. Anhand des Materials wird auch gezeigt, daß sowohl die "kleine Zeit" des Handelns als auch die "große", gemeinsame Zeit des ganzen Stammes bei den Hopi wie bei den Nuer durch biographische Schemata und Kategorien vermittelt und erfahren werden. Schemata, die auf die Stellung im Verwandtschaftsgefüge und in der Generationsfolge bezogen sind. Hopi, Nuer und andere "einfache" Gesellschaften ohne Staat haben, wie im Detail sichtbar gemacht wird, Zeit- und Handlungsperspektiven, die durchgängig von einem subjektiven Schema der Wirklichkeitsauffassung geprägt sind. Dieses magisch-mythische Weltbild sei im Zuge der Entfaltung eines okzidentalen Rationalismus von einem naturwissenschaftlich- objektivistischen Weltbild abgelöst worden, das mehr und mehr auch in die "Reservate" der subjektivistischen Tiefenstrukturen, wie eben lebensweltlichen Perspektiven einschließlich Zeitkategorien eindringt. (TR)
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