Aufsatz(elektronisch)2002

Regionalzentren in Westungarn: Gewinner der Transformation?; Györ und Pécs in den 1990er Jahren

In: Europa Regional, Band 10.2002, Heft 4, S. 154-165

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Abstract

Eine Folge der neuen regionalen Differenzierungsprozesse der 1990er Jahre ist die divergierende ökonomische und soziale Entwicklung der jeweiligen westlichen und östlichen Regionen innerhalb der ostmitteleuropäischen Transformationsländer. Die Grenzgebiete zum Westen gelten neben den hauptstädtischen Metropolregionen als prosperierende Regionen, die in besonderer Weise am ökonomischen Aufschwung partizipieren. So erfuhren etwa die nordwestlichen Gebiete Ungarns während der 1990er Jahre ein vergleichsweise stabiles Wirtschaftswachstum. Auch innerhalb der erfolgreichen Regionen sind es vor allem die Städte, die die Träger der ökonomischen Prosperität darstellen. Im vorliegenden Beitrag werden die wesentlichen raumstrukturellen Veränderungen zweier ungarischer Regionalstädte, Györ und Pécs, untersucht, wobei insbesondere deren spezifische regionale Bedingungen Berücksichtigung finden. Der strukturelle Wandel beider Städte wird vor allem aus der Perspektive möglicher konvergenter Entwicklungswege zu westeuropäischen Stadtentwicklungen betrachtet. Der strukturelle Wandel und die damit verbundenen Kernstadt-Umland-Prozesse verlaufen sowohl in Györ als auch in Pécs sehr dynamisch. Sie sind mit neuen sozial- und funktionalräumlichen Differenzierungen innerhalb der jeweiligen Stadtregion verbunden. Die räumlichen Differenzierungen beruhen auf einer unterschiedlichen Investitions- und Deinvestitionsdynamik in den verschiedenen Teilräumen der Stadtregion. Die Sanierung der historischen Stadtzentren beider Städte ist mit einer Inwertsetzung des Stadtraumes für den sich schnell entwickelnden tertiären Sektor verbunden. Das derzeitige Siedlungswachstum findet in beiden Städten vor allem in den kleinen Dörfern und Wochenendhausgebieten des Umlandes statt. Neu ist jedoch die Dimension der gegenwärtigen Wohnsuburbanisierung, die zu einem starken Wandel der traditionellen Dorfstrukturen führt. Neuartige räumliche Strukturen finden sich an der Peripherie beider Stadtregionen vor allem durch die Entwicklung des großflächigen Einzelhandels mit regionalen Reichweiten. Nur noch partiell an der lokalen Nachfrage orientiert, stellen die "big boxes" neuen Formen des Einzelhandels dar, die zu einem veränderten Einkaufsverhalten führen. Diese Standorte sind die wichtigsten Elemente der Internationalisierung räumlicher Strukturen in beiden Stadtregionen. Bezüglich der Entwicklung des produzierenden Gewerbes ließen sich bedeutende Unterschiede zwischen beiden Stadtregionen feststellen. Györ kann auf eine überaus erfolgreiche Investitionsentwicklung verweisen. Zwar gibt es auch in Pécs Ansiedlungserfolge auf neuen Industrieflächen, doch ließ sich hier kein derartig dynamisches Wachstum des produzierenden Gewerbes feststellen. Die Bedingungen für die erfolgreichere gewerbliche Entwicklung von Györ im Vergleich zu derjenigen von Pécs ist vor allem auf der regionalen Ebene angesiedelt. Doch sind die geographische Nähe Györs zu Österreich und die weiter entwickelte verkehrstechnische Infrastruktur nicht die einzigen Faktoren der erfolgreichen Entwicklung. Der strukturelle Vorsprung beruht vor allem auch auf der industriellen Tradition und der Konzentration von Betrieben des Maschinen- und Fahrzeugbaus in den nordwestlichen Regionen Ungarn und auf dem bereits vor der ökonomischen Öffnung existierenden Netzwerk von Zulieferfirmen. Die bereits in den 1980er Jahren einsetzende Entwicklung privater Kleinbetriebe hat wesentlich dazu beigetragen, dass sich die in der Region vorhandenen spezialisierten Wissensvorteile in strukturelle Entwicklungsvorteile umsetzen ließen. Pécs dagegen weist bisher aufgrund der ungünstigen verkehrsinfrastrukturellen Situation und Lage innerhalb eines strukturschwachen Umfeldes schlechtere Voraussetzungen für eine beschleunigte Gewerbeentwicklung auf. Der Einbindung der jeweiligen Stadt in die Weltwirtschaft ist von entscheidender Bedeutung für eine konvergente Entwicklung räumlicher Strukturmuster einer Stadtregion. Dies wurde vor allem an den jeweiligen Peripherien beider Städte deutlich, deren Strukturen (Gewerbeparks, großflächiger Einzelhandel, Produktionsstandorte internationaler Unternehmen) darüber Auskunft geben, inwieweit der Raum tatsächlich in globale Zusammenhänge einbezogen ist.

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