Open Access BASE2003

Nationale Sozialpartnerschaft und Soziales Europa : eine ländervergleichende Studie zur Umsetzung arbeitsrechtlicher EU-Richtlinien in Dänemark, Schweden, Finnland, Österreich, Luxemburg und Italien

Abstract

Sozialpartnerschaft nimmt in der EU-Sozialpolitik eine Sonderstellung ein. Seit Anfang der 1990er Jahre gibt es die Möglichkeit, EU-Richtlinien durch Sozialpartnerabkommen auszuhandeln. Die EU-Kommission sieht in der Beteiligung der Sozialpartner einen Weg zu wirkungsvollerem Regieren. Profitiert die Effektivität des EU-Systems tatsächlich von sozialpartnerschaftlicher Einbindung? Die Studie analysiert anhand von 36 Fallstudien in sechs Ländern den Einfluss von Sozialpartnerbeteiligung auf die Qualität der Umsetzung europäischer Richtlinien sowie auch die Rückwirkungen einer stärkeren Einbindung der Sozialpartner in der EU auf nationale Staat-Verbände-Beziehungen. Die Untersuchung zeigt, dass in der EU-Sozialpolitik ein Umsetzungsdefizit besteht, EU-Sozialpolitik jedoch kein "Magnet nach unten" ist. Entgegen einiger Erwartungen fand eine Absenkung von Schutzstandards im Zuge der Umsetzung der Sozialrichtlinien nur in sehr geringem Maße statt. Für die Erklärung der Umsetzungsdefizite erwiesen sich Annahmen als unzureichend, die allein auf einem Faktor wie etwa der Größe des Anpassungsbedarfs oder der Anzahl der Vetopunkte beruhen. Entscheidend war stattdessen die politische Verarbeitung des Anpassungsbedarfs durch Regierungen und Interessengruppen. Die Sozialpartner waren dabei der häufigste Einzelfaktor, der für eine verspätete Umsetzung mit verantwortlich war. Ihr Einfluss hing aber nicht systematisch von der Art ihrer Einbindung ab. Der jeweils erzielte Effekt beruhte dagegen entscheidend auf dem Verhalten der Regierung. Die Sozialpartner sind somit nicht per se politische Störfaktoren, aber auch nicht der alleinige Schlüssel für gute Politik. Des Weiteren wird dargelegt, dass nationale Sozialpartnerschaft von der EU-Sozialpolitik nicht unberührt bleibt. Paradoxer Weise schwächte die EU-Sozialpolitik, in der Sozialpartnerschaft eine immer stärkere Bedeutung erlangte, einen bestimmten Typ nationaler Sozialpartnerschaft, die Sozialpartnerautonomie. Unterhalb der Schwelle einer umfassenden "best-practice-diffusion" des europäischen Modells von Sozialpartnerschaft ließ sich insgesamt eine leicht konvergente Entwicklung der Staat-Verbände-Beziehungen in der EU-Sozialpolitik beobachten.

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