Deutschland strategiefähiger machen. Ein Sachverständigenrat für strategische Vorausschau ist nötig
In: Sirius: Zeitschrift für strategische Analysen, Volume 2, Issue 3, p. 253-260
ISSN: 2510-2648
Kurzfassung
Deutschland steht vor einer außenpolitischen Zäsur. Die klassischen Bezugspunkte deutscher Außen- und Sicherheitspolitik sind aufgrund zahlreicher Krisen und dem Aufbrechen der Weltordnung einem grundlegenden Wandel ausgesetzt. Dieser Wandel macht eine Neuausrichtung deutscher Politik und Strategieentwicklung unbedingt notwendig. Jedoch dominiert in Deutschland nach wie vor eine strategische Kultur der Zurückhaltung, Passivität und der moralischen Kompromisslosigkeit. Sie ist mit den neuen außen- und sicherheitspolitischen Realitäten nur schwer vereinbar. Zur Schaffung eines Ausgleichs ist die Förderung einer breiten und öffentlichen außen- und sicherheitspolitischen Debatte auf Basis undogmatischer Analysen und Prognosen eine zentrale Voraussetzung. Strategische Planung, das Entwerfen von Zukunftsszenarien sowie das Abschätzen von Risiken und Gefahren stellt eine Möglichkeit dar, einen solchen Ausgleich zu erreichen. Zwar hat die Bundesregierung den Bedarf an strategischer Analyse, Debatten und besserer Ressortzusammenarbeit erkannt. Jedoch stärkt sie mit Blick auf den jüngsten Koalitionsvertrag ausschließlich bestehende Strukturen innerhalb der Ministerien und den regierungsnahen Denkfabriken. Ein neuer Impuls für eine Förderung der (öffentlichen) strategischen Debatte könnte die Schaffung eines unabhängigen Sachverständigenrates für strategische Vorausschau darstellen, dessen Form und Aufgabenbereich sich an dem Rat der Wirtschaftsweisen orientiert.