Ein neues internationales System
In: Staat und Demokratie in Europa: 18. Wissenschaftlicher Kongreß der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft, p. 244-268
Der Autor erörtert und prognostiziert die sich aus der gegenwärtigen ökonomischen Dynamik und wirtschaftlichen Weichenstellungen ergebenden Veränderungen im internationalen System, wobei er von einer zunehmenden Intensivierung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen den regionalen Zentren der hoch industrialisierten Welt ausgeht. Ökonomisch wird der industrialisierte Norden nicht in der Lage sein, den Ländern der Dritten Welt in der Zukunft eine ausreichende Produktivitätssteigerung und Beschäftigungswachstum zu ermöglichen. Durch das Ende des Ost-West-Gegensatzes können die Länder des Südens nicht mehr durch außenpolitische Umorientierung internationale Transferleistungen erwirken, was das Interesse der Dritten Welt an kollektiven Strategien schwinden läßt. Exemplarisch wird die Verschuldungskrise erwähnt als Beleg für den Verlust an Verhandlungsmacht der Dritten Welt. Durch die Integration der Entwicklungsländer in die Weltwirtschaft werden die Wettbewerbsbedingungen dergestalt verändert, daß die Industrieländer auf Lohnerhöhungen entsprechend der durchschnittlichen Steigerung der Arbeitsproduktivität verzichten müssen und zur Einführung sektoral variierender Lohnkosten mit weitgehenden staatlichen Kompensationszahlungen gezwungen sind. Die Industrieländer werden, obwohl die "traditionalistisch ausgerichteten Staatsklassen" in der Dritten Welt in Zukunft weniger auf die Erlangung von Renten angewiesen sein werden, den internationalen Kampf um Renten strukturbestimmend anführen. Die sich daraus ergebenden und bisher über den Markt ausgetragenen Verteilungskonflikte in den kapitalistischen Industrieländern könnten politische Auseinandersetzungen hervorrufen, die voraussichtlich den Kämpfen von Clans und Cliquen innerhalb von Staatsklassen entsprechen und gleichzeitig einen Vorsprung und eine Zunahme von bürokratischen Apparaten begünstigen. (ICE)