Book chapter(print)2007

Bauernverbände: agrarische Interessenpolitik, institutionelle Ordnung und politischer Wettbewerb

In: Interessenverbände in Deutschland, p. 294-315

Abstract

Der Verfasser sieht eine der Erklärungen dafür, warum es der Agrarpolitik nie gelungen ist, die ihr gestellte Sachproblematik zu bewältigen, darin, dass die politische Logik des Umgangs mit der Agrarfrage zu Lösungen führte, die bestimmte Gruppen in der Landwirtschaft - hauptsächlich die industriewirtschaftlich orientierte Großlandwirtschaft - privilegierte, das Agrarproblem selbst aber perpetuierte. Die Agrarwende hat diesen institutionenpolitischen Kontext für den DBV entscheidend verändert. Mit der Neuorientierung der Landwirtschaft von der Ladentheke her wurden in der bundesdeutschen Agrarpolitik Verbraucher(schutz)interessen gegenüber den bislang strukturdominanten Interessen landwirtschaftlicher Massenproduktion erheblich aufgewertet. An die Stelle der Selbstverständlichkeiten der Einflussnahme trat eine massive staatliche Förderung der Interessen, die in Konkurrenz zum DBV stehen. Dieser Prozess beschleunigte sich noch dadurch, dass die bisherige Agrarpolitik und die von ihr geschaffenen Produktionsverhältnisse durch die BSE-Krise und die Futtermittelskandale gründlich diskreditiert wurden. Mit der weitgehenden Entfunktionalisierung der Agrar-Preispolitik für die Einkommenslage der Landwirte und dem Übergang zu einem Direktzahlungsregime droht die Agrarpolitik nun wieder in einen Grundsatzkonflikt zu geraten, weil es für das neue Transferregime keine Arenen und Verfahrensformen mehr gibt, die dem DBV einen exklusiven Einfluss garantieren würden. Es wird gezeigt, dass wenig wahrscheinlich ist, dass sich der DBV angesichts der Agrarwende einer Fundamentalopposition verschreiben könnte. Es gibt Anzeichen für eine wieder zunehmende Polarisierung innerhalb der am stärksten von der Agrarwende betroffenen Segmente der Landwirtschaft. Der Autor argumentiert, dass angesichts der weiter geltenden Tatsache, dass die Einkommensverhältnisse in der Landwirtschaft sehr viel mehr politik- als marktbestimmt sind, sich das Gros der Landwirte gleichwohl wieder verstärkt dem DBV zuwendet. Der DBV hat weder eigene Konzepte noch institutionelle Ansatzpunkte für eine alternative Agrarpolitik. Vielmehr ist er der Gefangene eines Transfer- und Verwaltungssystems, aus dem er sich nicht zurückziehen kann, wenn er seine Machtgrundlage erhalten will. (ICG2)

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