Eltern, Kinder und Erwerbsarbeit: die EU als familienpolitischer Akteur
In: Jahrbuch für Europa- und Nordamerika-Studien. Folge 7/2003, Wohlfahrtsstaat und Geschlechterverhältnis im Umbruch; was kommt nach dem Ernährermodell?, p. 285-307
Abstract
Auch wenn von expliziter europäischer Familienpolitik bisher kaum die Rede sein kann, so scheinen doch zahlreiche neue EU-Regelungen im Bereich der Freistellung zur Kinderbetreuung und Verbesserung der außerfamiliären Betreuungsangebote familiäre Lebensformen stärker denn je zu berücksichtigen. Der vorliegende Beitrag geht der Frage nach, wie die konkrete Formulierung und Umsetzung europäischer familienpolitischer Strategien sich zur Durchsetzung des "adult worker model" verhält, und er vertritt die These, dass die zunehmende Arbeitsmarktbezogenheit dieser Politiken Familienleben jenseits des "adult worker model" marginalisiert. Neues Leitbild für eine europäische Familienpolitik ist damit die Familie doppelerwerbstätiger Eltern. Das europäische Spezifikum dieses Modells ist der Anspruch auf umfassende, auf die Arbeitszeiten der Eltern abgestimmte Kinderbetreuung. Offenbar scheint dieses Modell auch den Wünschen vieler Eltern in Europa zu entsprechen. Es lässt sich deutlich beobachten, dass die Lebensform Familie vor allem dort durch extrem niedrige Geburtenraten bedroht ist, wo die Effekte der europäischen Integration und die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen auf dem Arbeitsmarkt nicht abgefedert wurden durch den entsprechenden Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen, vor allem in Spanien, Portugal, Griechenland und Italien. Dagegen scheint sich die Kombination von hoher Frauenerwerbsbeteiligung, umfassender Kinderbetreuung und ggf. auch Verfügbarkeit von Teilzeitarbeit positiv auf die Realisierung von Kinderwünschen auszuwirken, z.B. in Frankreich und den skandinavischen Ländern. (ICA2). Die Untersuchung bezieht sich auf den Zeitraum 1983 bis 2002.
Report Issue