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In allen post-kommunistischen Staaten Osteuropas ist im Zuge der "dreifachen Transformation" von Staat, Nation und Markt zur Institutionalisierung sogenannter Kin-state-Politiken gekommen, also zur Verabschiedung von (verfassungs)-rechtlichen Regelungen der Beziehungen zwischen einem Staat (Kin-state) und einer Minderheitengruppe (Kin-minority) in einem anderen Staat (Home-state) auf der Grundlage einer angenommenen gemeinsamen kulturellen Identität von Bevölkerung des Kin-state und den Angehörigen der Kin-minority. Solche Gesetzestexte haben offenbar einen grenzüberschreitenden Charakter, da die Adressaten weder Staatsbürger noch Einwohner des gesetzgebenden Staates sind. Dadurch scheint der Souveränitätsbereich des Home-state, des Staates, dessen Staatsbürger und Einwohner die Mitglieder der Kin-minority sind, zumindest tangiert zu sein. Auch ist der Vorwurf der ethnisch bedingten Unterscheidung immer wieder zu hören. Die Arbeit fragt einerseits nach Legitimitätsgründen einer solchen Politik innerhalb des Kontextes des Politischen Liberalismus. Andererseits liefert sie eine empirische Analyse der Kin-state Politiken ausgewählter osteuropäischer Staaten. Das bedeutet: Zunächst werden abstrakt-theoretische Legitimitätsanforderungen und -kriterien identifiziert, bevor diese dann an konkreten Gesetzestexten empirisch-analytisch überprüft werden. Die theoretische Analyse erfolgt im Rahmen der drei liberaltheoretischen Ansätze der Multikulturalismus Debatte (universalistischer, multikulturalistischer und nationaler Liberalismus); die empirische Analyse anhand der eingeführten Kategorien einer Kin-state Politik (Politik der Unterstützung, der Partizipation und der Integration). Grundsätzlich ist zwischen Haltung (Verantwortung) und Handlung (Instrumente/Maßnahmen) sowie zwischen legitimem Recht und nachvollziehbarem Interesse des Kin-state zu unterscheiden. Der multikulturalistische Liberalismus erlaubt als einziger der drei liberalen Ansätze eine Legitimierung von Kin-state Verantwortung als legitimes Recht und zwar auf der Grundlage der Kompensation von entgangenen Minderheitenrechten. Hingegen bietet der universalistische Liberalismus weder Raum für ein legitimes Recht, noch für ein nachvollziehbares Interesse an Kin-state Verantwortung. Der nationale Liberalismus erkennt zumindest ein nachvollziehbares Interesse auf der Grundlage der gemeinsamen Kultur an. Die systematische Durchsicht der Gesetzestexte ergab, dass keine der untersuchten Verfassungen die Kriterien für ein legitimes Recht erfüllt. Lediglich eine Verfassung genügt allen Kriterien für ein nachvollziehbares Interesse. Ähnlich ist das Ergebnis zu den Staatsbürgerschaftsgesetzen: Nirgends findet sich ein legitimes Recht, nur das Staatsbürgerschaftsrecht eines Landes erfüllt die Anforderungen für ein nachvollziehbares Interesse. Am ehesten genügen noch die Zuwendungsgesetze den Legitimitätskriterien. Auch wenn keines der Gesetzestexte als legitimes Recht besteht, erfüllen alle untersuchten Beispiele die Anforderungen für ein nachvollziehbares Interesse. Das Paradoxe der Kin-state Politik ist, dass sie als legitimes Recht unzureichend und als Wahrnehmung nachvollziehbarer Interessen im Zuge der EU-Erweiterung obsolet ist. Als legitimes Recht hat Kin-state Politik auf der Grundlage der Kompensation nur eine begrenzte Wirkung und erreicht nicht alle Mitglieder der Kin-minority. Als Wahrnehmung nachvollziehbarer Intreressen bedarf sie des Zugeständnisses des Home-state und könnte im Grunde durch herkömmliche bilaterale Verträge ersetzt werden. Sobald Kin-state Politikmaßnahmen sich im Legitimitätsrahmen bewegen, erfüllen sie nicht mehr den Anspruch ihrer Gesetzgeber.
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