Städte haben für Menschen mit einem prekären und illegalisierten Status eine besondere Relevanz. Der illegalisierte rechtliche Status hat Planungsunsicherheit und geringe Teilhabe an relevanten Lebensbereichen wie Wohnen und Gesundheit zur Folge. Der Beitrag zeigt, am Beispiel einiger nordamerikanischer und europäischer Städte, wie Städte Teilhabe- und Partizipationsprozesse für undokumentierte bzw. illegaliisierte Bewohner*innen entwickeln und ihre kommunalpolitische Gestaltungsaufgabe wahrnehmen. Hierbei zeigt die Praxis ganz unterschiedliche Wege der Umsetzung von kommunalen Spielräumen. Dabei zeigt sich, dass, neben lokalen Besonderheiten (politische Zusammensetzung des Rats, Perspektiven von Führungspersonen, Bürgerinitiativen), auch die ökonomischen Ressourcen einer Stadt eine wichtige Rolle spielen.
Kaum eine Kommune in der Bundesrepublik Deutschland kann noch von sich behaupten, ihr sei das Thema "Integration von Zuwanderern" wichtig, ohne dies auch in einem städtischen Integrationskonzept oder einem Leitbild verankert zu haben. Städte wie Stuttgart haben hier den Anfang gemacht und verdeutlicht, dass dieses als Querschnittsthema alle Fachressorts der Kommunalpolitik durchzieht und auch zur "Chefsache" erklärt werden muss, um eine Wirkmächtigkeit nach innen (Verwaltung und Politik) und außen (Adressaten der Integrationspolitik mit und ohne Migrationshintergrund) zu erzielen. Auch der Rat der Stadt Oldenburg hat nach einem langen Diskussionsprozess ein Integrationskonzept einstimmig verabschiedet. Der parteiübergreifende Konsens kann als ein wichtiger Erfolg für das Thema gewertet werden, da dies bei kommunalen Entscheidungsprozessen nicht als selbstverständlich gilt. Im vorliegenden Beitrag werden die Maßnahmen und Projekte kurz vorgestellt, die die Stadt Oldenburg in den letzten Jahren initiiert hat, um Benachteiligungen und Vorurteile abzubauen und den Zuwanderern zu signalisieren, dass sie in der Stadt willkommen sind. (ICI2)
Hochschulen sind Orte, an denen diskriminierende Unterscheidungspraktiken in institutionalisierter Form in alltäglichen Interaktionsprozessen stattfinden. Aus einer diskriminierungskritischen und diversitätsbewussten Perspektive erfordern die Disparitäten in der Teilnahme an akademischer Bildung eine genauere Untersuchung von Rahmenbedingungen, Zugangsvoraussetzungen und Hierarchieverhältnissen an Hochschulen. Der Beitrag stellt einzelne Ergebnisse einer Studie zu Diskriminierungserfahrungen von Studierenden an der Fachhochschule Kiel vor und formuliert Handlungsempfehlungen für eine diskriminierungskritische Gestaltung von Bildungsprozessen.
Ähnlich wie im Schulsystem zeigen sich auch in der hochschulischen Bildung Disparitäten zwischen den Studierenden entlang des Bildungsabschlusses beziehungsweise des sozioökonomischen Status der Eltern und ihres 'Migrationshintergrundes'. Nur wenige Studien beschäftigen sich bislang mit Formen und Folgen rassialisierender Adressierungs- und Abwertungspraxen an Hochschulen. Der Beitrag stellt relevante Erkenntnisse einer Untersuchung an der Hochschule Osnabrück vor, in der die Diskriminierungserfahrungen von Studierenden und Mitarbeitenden aus einer intersektionalen Perspektive untersucht wurden. Es wird deutlich, dass Beratungs- und Unterstützungsangebote für Studierende und Mitarbeitende mit Rassismus- und Diskriminierungserfahrungen notwendig sind, die diese in ihrer Handlungsfähigkeit und Selbstwirksamkeit stärken und im hochschulischen Kontext zu einer kritischen Auseinandersetzung mit entwürdigenden Anrufungen und Handlungspraxen beitragen.
In der Bundesrepublik Deutschland gelten nach den repräsentativen Daten der zweiten LEO-Studie aus dem Jahr 2018 ca. 12,1 % der erwerbstätigen Bevölkerung als "gering literalisiert". Im Hinblick auf die Gesundheitskompetenz von Personen wird davon ausgegangen, dass sie einem sozialen Gradienten unterliegt und der Umgang mit Informationen über Gesundheit und Krankheit insbesondere für Menschen aus den sogenannten unteren Bildungs- oder Sozialschichten schwierig ist. Der Beitrag beschäftigt sich mit ersten Ergebnissen aus dem Forschungsprojekt "DiGeKo-Net". Übergeordnetes Ziel des Forschungsprojektes ist es, für Menschen mit "geringer Literalität" Zugänge zu gesundheitsrelevanten Informationen zu ermöglichen und eine spezielle App zu entwickeln, mit der ein konkreter Beitrag zur Förderung von Gesundheitskompetenzen geleistet werden kann. Hierzu wird eine an den Ressourcen der Teilnehmer*innen orientierte Forschungsperspektive verfolgt.
In: Soziale Ungleichheit, kulturelle Unterschiede: Verhandlungen des 32. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in München. Teilbd. 1 und 2, S. 2948-2957
"Der Vortrag beschäftigt sich auf theoretischer und empirischer Ebene mit der Frage, inwieweit das Wohnen in typischen Migrantenquartieren benachteiligende Effekte auf die Lebenssituation türkischer Migranten hat. Theoretisch können benachteiligende Effekte von Wohnquartieren in vier Dimensionen auftreten: in der materiellen Dimension etwa durch Infrastrukturen, die soziale Kontakte und Alltagsorganisation erschweren, in der sozialen Dimension durch die Herausbildung eines subkulturellen Milieus, in der symbolischen Dimension durch Stigmatisierung und in der politischen Dimension durch fehlende Repräsentanz auf Quartiers- und Stadtebene. Empirisch stützt sich der Vortrag auf Ergebnisse eines Forschungsprojekts, das Integrations- und Ausgrenzungsverläufe türkischer Migranten der zweiten Generation untersucht. Dazu wurden Interviews mit Migranten aus zwei typischen Migrantenquartieren durchgeführt: einer Großsiedlung des sozialen Wohnungsbaus und einem funktional gemischten, innenstadtnahen Altbauquartier. Ein Schwerpunkt dieser Interviews war die Integration in den Wohnungsmarkt und der Einfluss des Quartiers auf Integrations- und Ausgrenzungsverläufe. Außerdem wurden Gatekeeper interviewt, d.h. Personen, die über Zugang und Positionierung von Bewerbern auf dem Wohnungs- und Arbeitsmarkt entscheiden. Sie wurden u.a. nach Image und Stigmatisierung der beiden Quartiere befragt und nach deren Folgen für die Bewohner. Überprüft man die Quartierseffekte anhand dieses Materials, lassen sich folgende Thesen formulieren: Ausschlaggebend für benachteiligende Effekte ist das soziale, nicht das ethnische Milieu. Somit stellt die soziale und nicht die ethnische Segregation den entscheidenden Faktor für die Stabilität im Quartier dar. Neben der sozialen wirkt sich die funktionale Mischung des Quartiers positiv auf Qualität und Quantität der sozialen Netzwerke aus. Benachteiligt fühlen sich die Migranten in der Großsiedlung nicht durch ihre materielle Ausstattung, sondern durch die Stigmatisierung des Quartiers, die sie im Alltag erfahren. Sie führt zu einem Gefühl der Ausgrenzung innerhalb der Stadtgesellschaft." (Autorenreferat)