Inhaltsangabe:Einleitung: Die Lebensplanungen der jüngeren Generationen von Frauen in Deutschland und in Polen haben sich in den letzten Jahrzehnten hinsichtlich der Familien- und Berufsplanung gewandelt. Frauen in Deutschland haben im Zuge von Bildungsexpansion und Emanzipationsbewegung die Möglichkeit erlangt, eine für sie sinnvolle Erwerbstätigkeit zu erlernen und zu ergreifen. Ebenso schuf der Sozialismus in Polen eine Basis für die Erwerbstätigkeit der Frau. Die Berufstätigkeit wird die Frauen eventuell ein Leben lang begleiten, dementsprechend wird der Berufswahl eine besondere Bedeutung zugemessen. Die weibliche Erwerbstätigkeit ist häufig identitätsstiftend und ein wichtiger Bestandteil der Unabhängigkeit. Somit können sie den Status der materiellen und persönlichen Autonomie erreichen. Demgegenüber steht das Problem, die Gründung einer Familie und die damit einhergehende Verantwortung in den Lebensplan einzubetten. Eine wie immer gewichtete Balance dieser beiden Bereiche zu erreichen, ist eine Schwierigkeit, der sich Frauen heute stellen müssen, da eine ausschließliche Konzentration auf die Familie, ohne einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, legitimiert werden muss. In der sozialistischen Gesellschaft in Polen war die arbeitende Frau und Mutter, welche familiäre Pflichten und Berufstätigkeit miteinander verknüpfte aufgrund von Arbeitskräftemangel in den 1950er Jahren staatlich gefordert und gefördert. Zusätzliche Rahmenbedingungen zur Förderung der weiblichen Erwerbstätigkeit wurden geschaffen, wie beispielsweise staatliche Kinderbetreuung. Die weibliche doppelte Lebensführung, Familie und Beruf zu verbinden entstand nicht aus der weiblichen Wahlmöglichkeit, sondern eher aus ökonomischen Zwängen. Diese Art der Lebensführung war eine Doppelbelastung für die Frauen und von der polnischen Bevölkerung abgelehnt, da dieses Modell den traditionellen Strukturen und Werten widersprach, welche die Frauen in der Familie verorteten. Dennoch wurde diese Art der Doppelbelastung als Selbstverständlichkeit wahrgenommen, unterstützt durch das historische Leitbild der Matka Polka (auf dieses Leitbild wird ausführlicher in Kapitel 2.2. eingegangen). Nach 1989 endete die Selbstverständlichkeit der staatlich geförderten weiblichen Vollzeiterwerbstätigkeit. Die hohe Frauenerwerbstätigkeit in der Volksrepublik hat in keiner Weise zu einem Wandel der Werte und Normen der Menschen geführt. Noch 1993 waren über 90% der polnischen Bevölkerung der Ansicht, dass ein Kind leiden würde, wenn die Mutter berufstätig ist. Abbildung 1 zeigt, dass sich im Jahr 1994/95 die Einstellung der Menschen geringfügig verändert hat, 65% der Bevölkerung unterstützen weiterhin traditionelle Ansichten. Auch aufgrund von Arbeitsplatzmangel ist ein traditionelleres Familien- und Frauenbild von der Regierung gewünscht. Walczewska bringt die politische Meinung eines Präsidentschaftskandidaten und Abgeordneten im EU-Parlament auf den Punkt: "Die Frauen würden viele Arbeitsplätze freimachen, die dann von arbeitslosen Männern besetzt werden könnten". Die Regierung sieht die Frau im Haushalt und bei der Kindererziehung, was die katholische Kirche in Polen grundsätzlich befürwortet. Insbesondere verbunden mit dem damaligen Pontifikat des Papstes Johannes Paul II. sind die Ausprägungen von Religiosität in Polen äußerst intensiv. In diesem Zusammenhang muss beachtet werden, dass über 90% der polnischen Bevölkerung dem katholischen Glauben angehören, sich als religiös einschätzen und an Gott glauben. Die jungen polnischen Frauen wollen jedoch eine Erwerbsarbeit ausüben, aus Gründen der Existenzsicherung, zur Selbstverwirklichung oder individuellem Karriereaufbau. 1996 wollten 71,8% der polnischen Frauen ihre Erwerbstätigkeit weiter ausüben, auch wenn die ökonomische Notwendigkeit nicht bestehen würde. In Deutschland orientieren sich immer weniger junge Frauen an traditionellen Leitbildern, denn mit dem Gleichheitsanspruch der Frauen, mit dem Wandel der Geschlechterrollen und des Alltagslebens ändern sich die Lebenslage und die Möglichkeiten der Lebensführung. Althergebrachte Leitbilder lösen sich weitgehend auf. Geburtenrückgang, erweiterte Bildungschancen für Frauen, das Streben nach Selbstständigkeit und Autonomie sowie die Pluralisierung der Familienformen sind relevante Prozesse für diesen Wandel. Erwerbstätigkeit in der Lebensplanung von Frauen nimmt heute einen wichtigen Platz ein. Der Anteil der deutschen Frauen an der Gesamtzahl der Erwerbstätigen lag 2002 bei 44,3%. Hierbei sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass der Anteil der Frauen mit Kindern, die ausschließlich einer Teilzeitarbeit nachgehen, in Deutschland bei 38%, in Polen jedoch nur bei knapp 10% liegt. Frauen heute werden sich immer die Frage stellen müssen, "wie sie als Frauen sein sollten" und "wie sie als individuelle Person sein wollten, wenn sie könnten", gerade auch hinsichtlich normativer Leitbilder. Aufgrund der Wiedervereinigung in Deutschland ist die Zugehörigkeit zu einer christlichen Religionsgemeinschaft in West- und Ostdeutschland zu unterscheiden. Gut 70% der Westdeutschen und weniger als 30% der Ostdeutschen sind Mitglieder einer christlichen Kirche. Kirchenmitgliedschaft ist jedoch kein Indikator für gelebte Religiosität. Studien hinsichtlich der Religiosität ergaben, dass sich die Westdeutschen zu 55% und die Ostdeutschen zu ungefähr 30% als religiös einschätzen. In Ostdeutschland liegt der Anteil der Menschen, die sich als unreligiös einschätzen bei circa 40%, in Westdeutschland bezeichnen sich unter 30% als nicht religiös. Die unterschiedlichen Ausprägungen von Religiosität, die sich aufgrund der Wiedervereinigung 1990 und der vorangegangenen strukturellen Trennung und der damit verbundenen Entwicklungsunterschiede ergeben, sind Bestandteil der Arbeit. Nachfolgend ist zu überprüfen, ob sich in Deutschland und Polen mit ihrer verschieden hoch ausgeprägten Religiosität Frauen an traditionelle Vorstellungen halten und wie sich dies in deren Lebensplanung äußert. Um Unklarheiten zu vermeiden, werden in den nachfolgenden Kapiteln Aussagen über polnische bzw. deutsche Frauen besonders gekennzeichnet. Die verschiedenen Phasen der Lebensplanungsmodelle basieren auf der Studie von Birgit Geissler und Mechthild Oechsle "Lebensplanung junger Frauen" (1996). Für meine Untersuchung wurden jedoch ausschließlich Studentinnen befragt, die in Deutschland bzw. Polen beheimatet sind. Als Grundlage der Untersuchung wurden mit je drei Studentinnen im Alter von 21 bis 26 Jahren aus Duisburg und Danzig qualitative Interviews durchgeführt. Diese wurden methodisch aufgearbeitet und unter Berücksichtigung der bestehenden Literatur analysiert. Das Thema der Diplomarbeit steht in Verbindung mit einem Projekt an der Universität Duisburg-Essen, welches das Ziel "(…) einer interkulturellen Kommunikation und Kooperation zwischen Studierenden und Lehrenden (…)" an den Universitäten Danzig und Duisburg hat (Internetbrücke Danzig-Duisburg). Unter den Projektteilnehmerinnen und –teilnehmern wurden unterschiedliche Themen wie gesellschaftspolitische, ökonomische und kulturelle diskutiert. In Zusammenhang mit diesen Gesprächen entwickelte sich bei mir das Interesse, in meiner Diplomarbeit einen Vergleich von deutschen und polnischen Studentinnen hinsichtlich ihrer Lebensplanung durchzuführen. Die Arbeit untergliedert sich einschließlich Einleitung und Fazit in sechs Kapitel. Neben dem kurzen Überblick in der Einleitung wird in Kapitel 1.1. eine Klärung der für diese Arbeit zentralen Begriffe erfolgen. Kapitel 2 gibt einen wissenschaftlichen Überblick über die Themen Leitbilder, Lebensplanung und Religiosität. Kapitel 2.1. hat eine Studie zur Lebensplanung junger Frauen von den Wissenschaftlerinnen Birgit Geissler und Mechthild Oechsle zur Grundlage. Verschiedene Formen von Lebensplanungen sind hier in übersichtlichen Modellen dargestellt. Ergänzend zu dem Thema wurde bestehende Literatur anderer deutscher und polnischer Autoren und Autorinnen verwandt. Das Kapitel 2.2. befasst sich mit den Leitbildern der guten Mutter in Deutschland und der Matka Polka in Polen. Um Aussagen über die Entwicklung von Religiosität im Vergleich zu treffen, ist eine breitere Betrachtung notwendig. Aus diesem Grund wird die unterschiedliche historische religiöse Entwicklung in den Ländern Polen, Ost- und Westdeutschland bis zur Gegenwart in Kapitel 2.3. behandelt. Zur Beschreibung von Religiosität werden verschiedene Dimensionen der religiösen Ausprägungen, nach Gert Pickel, dargestellt. Kapitel 3 schildert den Aufbau und die Methode des Untersuchungsgegenstandes. Der Leitfaden der Interviews, die Fallauswahl und die Interviewverläufe werden vorgestellt. Mit der Aufbereitung der erhobenen Daten und deren Auswertung befasst sich Kapitel 4. Die einzelnen Fälle werden mit ihren Aussagen detailliert vorgestellt und auf zwei Ebenen ausgewertet. Die formale Ebene befasst sich mit dem biographischen Verlauf. Auf der inhaltlichen Ebene wird versucht, die einzelnen Aussagen zu Lebensplanung und Religiosität in kollektive und subjektive Sinnzusammenhänge zu setzen. Die Revision in Kapitel 5 befasst sich mit der kritischen Betrachtung der angewandten Methode und ihrer Durchführung. Die abschließende Zusammenfassung und Überprüfung der Anschlussfähigkeit der Untersuchung erfolgen im Fazit.Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis: 1.Einleitung2 1.1Begriffsklärung7 1.1.1Rolle der Frau7 1.1.2Lebensplanung8 1.1.3Religiosität8 2.Wissenschaftliche Bezüge8 2.1Typen der Lebensplanung9 2.1.1Die doppelte Lebensplanung12 2.1.2Die familienzentrierte und modernisiert-familienzentrierte Lebensplanung16 2.1.3Die berufsorientierte Lebensplanung19 2.1.4Die individualisierte Lebensplanung21 2.2Leitbilder gute Mutter/Matka Polka26 2.3Religiosität30 3.Zugang zum Forschungsgegenstand und Methoden41 3.1Methode: Problemzentrierte Interviews42 3.1.1Ausarbeitung des Leitfadens43 3.1.2Fallauswahl und Kontaktaufnahme44 3.1.3Interviewverläufe46 4.Methodische Auswertung46 4.1Fallübersicht und Fallbeschreibung48 4.1.1Aussagen zur persönlichen Lebensplanung55 4.1.2Aussagen zur Religiosität73 4.2Auswertung der empirischen Daten89 5.Revision97 6.Fazit101 7.Literaturverzeichnis105Textprobe:Textprobe: Kapitel 2.3, Religiosität "Als Christen stehen Polen und Deutsche angesichts neuer gesellschaftlicher Entwicklungen insbesondere im Hinblick auf den Schutz des Lebens, der Ehe und der Familie vor großen Herausforderungen" (Gemeinsame Erklärung der deutschen Bischofskonferenz und der polnischen Bischofskonferenz aus Anlass des 40. Jahrestages des Briefswechsels von 1965, Karl Kardinal Lehmann Erzbischof, Bischof von Mainz, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, Josef Michalik, Metropolit von Przemyoel, Vorsitzender der Polnischen Bischofskonferenz). Um festzustellen, ob und in welchem Maße die Lebensplanung von jungen Frauen in Deutschland und Polen von ihren religiösen Einstellungen beeinflusst wird, ist es notwendig, in einem ersten Schritt die unterschiedlichen Dimensionen von Religiosität herauszuarbeiten. Drei Dimensionen, erarbeitet durch Pickel, erscheinen in diesem Zusammenhang relevant: Annerkennung der Institution Kirche, die kirchliche Integration der Einzelpersonen und die subjektive Religiosität. Zusätzlich wird zur Dimension der Annerkennung der Kirche die Rolle des Papstes betrachtet. Mit diesen Dimensionen soll versucht werden, eine Verbindung zwischen dem institutionalisierten Bereich, den die Institution Kirche darstellt und dem individualisierten Bereich, welcher die persönliche Gestaltung von Religion beschreibt, herzustellen, um Religiosität im Ganzen betrachten zu können. Diese Dimensionen werden auch in Kapitel 4.2. übernommen, um die Aussagen zur Religiosität auszuwerten. Anerkennung der Institution Kirche: Die Institution Kirche hat in Polen in der Vergangenheit häufig die Bedeutung von Religion und Glauben in der Bevölkerung beeinflusst. Gerade durch positive Erfahrungen mit der Kirche zu Zeiten des Umbruchs 1989 war das Vertrauen zu ihr sehr hoch. Mittlerweile unterliegen allerdings die Religion und der Glaube einer Individualisierung, gerade wenn es sich um die Akzeptanz moralischer Werte handelt. Aufgrund der Individualisierung der Religion sinkt das Vertrauen in die Institution Kirche, die noch immer an traditionellen Ansichten festhält. Während in der Zeit des Umbruchs 1989 das Vertrauen seinen Höhepunkt von ca. 88% hatte, sank es 1994 auf ca. 40%. Auch wenn in Deutschland, Ost- sowie Westdeutschland, kirchliche Feste, wie zum Beispiel die Kommunion oder Konfirmation, weiterhin bei der Mehrheit der Bevölkerung gefeiert werden, ist das Verhältnis zu der Kirche distanziert. Als Indikator für die Anerkennung der Institution Kirche kann ebenfalls die Bedeutung des Papstes für die polnische und deutsche katholische Bevölkerung herangezogen werden. In Bezug auf Polen ist es elementar, auf die Rolle des Papstes einzugehen. Gerade die starke emotionale Verehrung Papst Johannes Paul II. durch die Bevölkerung in Polen muss beachtet werden. Brandys, ein polnischer Schriftsteller und Essayist, publizierte zum 1. Besuch des Papstes in Polen 1979 folgendes: "(…) Der Heilige Vater im Himmel über Warschau schwebend, ein polnischer Papst, der aus den Wolken herabsteigt direkt ins Herz der Hauptstadt (…)". Lenschen gibt die Haltung der Bevölkerung wieder, indem er anmerkt, dass Papst Johannes Paul II. den Menschen in Polen neues Selbstbewusstsein und Mut eingab. Unter dem Aspekt, dass er der erste polnische Papst in der Geschichte war, sorgte er Lenschens Ansicht nach für eine Aufwertung Polens (ebd.). Gerade die Rolle von Johannes Paul II. als Mittler zwischen Regierung und Gesellschaft während der Zeit des Umbruchs 1989 förderte die Treue zum Papst und ist auch der jüngeren Generation noch im Gedächtnis geblieben. Der Tod des polnischen Papstes im Jahr 2005 war für die Mehrheit der polnischen Bevölkerung ein furchtbares Ereignis. Die Einflussnahme des Pontifikats des deutschen Papstes Benedikt XVI. in Hinblick auf die Religiosität in Deutschland, aber auch in Polen, bleibt abzuwarten. Die kirchliche Integration der Einzelpersonen: Wird der Kirchgang als Indikator für religiöse Integration betrachtet, kann man erkennen, dass in Polen, wo der Katholizismus stark ausgeprägt ist und die Tradition der katholischen Kirche eine starke Bindung an Religion und Kirche fördert, die kirchliche Integration weitaus höher ist als in Deutschland. Dies lässt sich auch auf den stärker verpflichtenden Charakter der katholischen Kirchenregularien zurückführen. 1998 gingen 54% der Bevölkerung regelmäßig in die Kirche. Jopek sieht das Bekenntnis zum Glauben und zu religiösen Praktiken als stabil an (ebd.). Gerade wenn es um gesellschaftspolitische Fragen geht, hat die Religion auch heute noch Einfluss auf die Bevölkerung. Durch den Besuch des Papstes 1987 in Polen wurde der Glaube der Bevölkerung gestärkt und die kirchliche Integration nahm nach einem Abwärtstrend wieder zu. Gerade in der Zeit des Umbruchs gewann die Kirche an Vertrauen und die Zahlen der Gottesdienstbesucher stiegen an. Pickel beschreibt für Deutschland, West- sowie Ostdeutschland, einen Trend zum Rückgang der kirchlichen Integration. Der Kirchgang wird nur noch sporadisch ausgeführt. 26% der katholischen und 7% der evangelischen Gläubigen besuchen regelmäßig die Kirche. Dennoch ist das Verhältnis der Mehrheit der Kirchenmitglieder zu kirchlichen Riten wie Taufe oder kirchliche Bestattung positiv. Die kirchliche Integration ist in einem eher gemischt konfessionellen Land wie Westdeutschland durchschnittlich ausgeprägt. Der Anteil der evangelischen Christen ist in etwa so hoch wie der der katholischen Christen. Meulemann führt aus, dass 2002 32% der westdeutschen Bevölkerung nie den Gottesdienst besuchten und dass der Anteil in Ostdeutschland 65% beträgt. Die gering ausgeprägte kirchliche Integration im Osten Deutschlands lässt sich ebenso durch die erzwungene Säkularisierung in der Zeit des Sozialismus erklären, wie durch das Unvermögen der Kirchen, die Mitglieder zu einer höheren Beteiligung am gottesdienstlichen Leben zu motivieren und sie dadurch enger an zentrale Inhalte des christlichen Glaubens zu binden. Die subjektive Religiosität: Wird der Glaube und die persönliche Religiosität betrachtet, erkennt man in Polen eine überwiegend gläubige Bevölkerung. Laut Untersuchungen von Zulehner/Deutz schätzen sich 95% der Polen als religiös ein. Mittlerweile ist in Polen eine Individualisierung von Religion zu beobachten. Auch wenn die Anzahl des sonntäglichen Kirchgangs weiterhin stabil ist, werden die Gebote der Kirche nicht unbedingt angenommen. Die Akzeptanz für christliche Moralvorstellungen ist gesunken. Die traditionellen Einstellungen der Kirche gegenüber modernen Entwicklungen werden von den Bürgern eher kritisch wahrgenommen. Eine Untersuchung im Jahr 1990/91 zeigt, dass die Mehrheit der polnischen Bevölkerung die Ansicht vertritt, dass die Kirche Antwort geben kann (und soll) auf Fragen bezüglich des Lebenssinns (ca. 80%), der Familie (ca. 70%) und der Moral (ca. 76%). Doch eine Studie aus dem Jahr 1994 belegt durch die Meinungsmehrheit der befragten Personen, dass der Mensch seine Entscheidungen selbständig treffen und sich nicht zu sehr von den Geboten der Kirche leiten lassen sollte. In Fragen der Moral, wie Abtreibung oder Scheidung, und in religiösen Fragen, wie die Art der Glaubensausübung, wird eine Verschiebung und Individualisierung deutlich. Untersuchungen von Pickel zur Gläubigkeit in Deutschland ergaben, dass die Bevölkerung der Bundesrepublik innerhalb Gesamteuropas durchschnittlich gläubig zu nennen ist. 65% der Bevölkerung Westdeutschlands schätzt sich als "subjektiv religiös" ein In Ostdeutschland ist die subjektive Religiosität nur schwach ausgeprägt, der Anteil liegt hier bei 37%. Zusammenfassend ist für Deutschland zu sagen, dass die Dimension der subjektiven Religiosität höher ist als die der kirchlichen Religiosität.
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Über zwei Drittel der promovierten Forschenden spielen mit dem Gedanken, aus der Wissenschaft auszusteigen. Der Ampel-Koalitionsvertrag versprach ein Bund-Länder-Programm für besser Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft. Was ist daraus geworden?
Bald keiner mehr da? Foto: Brian Penny, Pixabay.
ES SIND BESORGNISERREGENDE ZAHLEN. Laut dem neuen "Barometer für die Wissenschaft", erhoben vom Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW), haben 71 Prozent aller befristet beschäftigten Postdocs in den vergangenen zwei Jahren ernsthaft den Ausstieg aus der Wissenschaft erwogen. Und nur noch 16 Prozent der Promovierenden haben als Berufsziel die Professur. Die Ergebnisse "sollten alle Beteiligten aufhorchen lassen", kommentierte Lambert T. Koch, Präsident des Deutschen Hochschulverbands (DHV). Politik und Hochschulen müssen ihre Hausaufgaben machen. Teil der Lösung können verlässlichere und planbarere, aber auch gegenüber außerhochschulischen Märkten attraktive Karriereperspektiven sein."
Wer wissen will, warum Deutschlands Wissenschaft im Wettstreit um die knappen Fachkräfte zu unterliegen droht, wie international, findet seine Antworten nicht nur in Umfragen, sondern mitunter auch auf dem früheren Twitter. Am Sonntag zum Beispiel berichtete die Politikwissenschaftlerin Federica Genovese unter der Überschrift "Eine kurze akademische Geschichte" über ihre Erfahrungen mit einer deutschen Wissenschaftseinrichtung.
"Deutschlands Verlust ist unser Gewinn"
"Juli 2022“, begann Genoveses "X"-Thread: "Ich werde ermutigt, mich für einen Job in Deutschland zu bewerben. Ich bewerbe mich."Damals war sie Associate Professor an der University of Essex, eine Karriereposition auf dem Weg zur Vollprofessur, die es in Deutschland bislang kaum gibt.
Im Februar 2023, schreibt Genovese weiter, habe sie dann eine "semi-kryptische E-Mail" erhalten, die sie einlud, mehr Bewerbungsunterlagen zu senden als Voraussetzung, auf die Bewerbungs-Shortlist zu kommen. Im Großen und Ganzen dieselben Unterlagen, die sie schon 2022 gesendet habe, "aber ja, okay, in Ordnung."
Im März 2023 folgte die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch. Als Genovese aus familiären Gründen um einen anderen Termin oder alternativ um ein Online-Interview gebeten habe, um die Kinderbetreuung zu organisieren, lautete die Antwort des Berufungskommitees, das Gespräch gehe nur persönlich und eine Nichtbestätigung des vorgeschlagenen Termins sei gleichbedeutend mit einer Absage Genoveses. "Ich sage ab."
Seitdem erhielt sie eine Vollprofessur in Essex und wechselte vor wenigen Wochen an die Universität Oxford. Jetzt, genau ein Jahr später, erreichte die Wissenschaftlerin ein weiterer Brief aus Deutschland mit der Information, dass die Ausschreibung gescheitert sei, also keiner berufen wurde – wegen Bedenken hinsichtlich der Geschlechterrepräsentation. "Der Vorhang fällt", schreibt Genovese in ihrem inzwischen hunderttausende Male gelesenen Post – woraufhin ein Wissenschaftler aus Oxford kommentierte: "Deutschlands Verlust ist unser Gewinn."
Die WissZeitVG-Novelle hängt seit Sommer 2021 in der Ressortabstimmung
Unterdessen stellt sich nicht der Eindruck ein, dass alle wissenschaftspolitisch Verantwortlichen den Ernst der Lage bereits erkannt haben. Zwar trommeln seit Jahren unter dem Hashtag "#IchbinHanna" junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für bessere Karrierebedingungen und gegen die Rekord-Befristungsquote unter Postdocs. Der Druck reichte, dass SPD, Grüne und FDP im Ampel-Koalitionsvertrag versprachen, das sogenannte Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG), das die Beschäftigungsregeln vorgibt, zu ändern.
Doch schon die Erstellung eines diesbezüglichen Gesetzentwurfs führte zu einem monatelangem Hin und Her zwischen den Koalitionspartnern und am Ende zu einem Ergebnis, das seit Mitte 2023 in der Ressortabstimmung zwischen den beteiligten Ministerien festhing. Haupt-Streitpunkt: Die FDP von Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger wollte erst nach vier Jahren eine verbindliche Entfristungszusage für Postdocs, SPD und Grüne hingegen früher, um eine frühere Karriereplanbarkeit zu ermöglichen. Als sich das BMBF im Referentenentwurf vom vergangenen Juni einseitig auf die vier Jahre festlegte, zeigte sich derselbe DHV-Präsident Koch, den die jüngsten Wissenschaftsbarometer "aufhorchen" lassen, damals per Pressemitteilung "erleichtert". Und zwar, dass das BMBF die vier Jahre anstatt der drei Jahre bevorzugt hat.
Am Sonntag wurde bekannt, dass der Gesetzentwurf jetzt zeitnah, voraussichtlich bereits am 27. März, ins Kabinett soll, nachdem sich die Ressorts geeinigt haben. Wobei die Einigung im Kern nur bedeutet, dass der Streit ins Parlament verschoben wird – also wohl weitergeht. Unterdessen wächst der Frust in der "#IchbinHanna"-Community weiter.
Angesichts der Wissenschaftsbarometer-Zahlen wundert noch mehr, dass das BMBF ein weiteres im Koalitionsvertrag angekündigtes Vorhaben aussitzen könnte. Von einem "Bund-Länder-Programm" war darin die Rede, das "Best-Practice-Projekte für 1) alternative Karrieren außerhalb der Professur, 2) Diversity-Management, 3) moderne Governance-, Personal- und Organisationsstrukturen fördern" sollte. Also im Kern genau das, woran es in Deutschlands Wissenschaft hapert: attraktive Jobs und Aufstiegsmöglichkeiten, mehr Betonung von Chancengerechtigkeit und Vielfalt – und, siehe Genovese, moderne Verwaltungs- und Berufungsverfahren.
Vom geforderten Dauerstellen-Programm hat in der GWK noch keiner gehört
Verhandelt werden müsste ein solches Programm in der sogenannten "Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz" von Bund und Ländern, der GWK, doch wurde eine entsprechende Initiative vom BMBF nicht einmal angekündigt bislang. Gerade erst traf sich die GWK in Bonn, inklusive vertraulichem Kaminabend mit Stark-Watzinger. Doch von einem solchen Programm: noch immer kein Wort.
Obwohl das Ministerium inzwischen sogar unter explizitem Zeitdruck steht: Bis September, legte der einflussreiche Haushaltsausschuss des Bundestages vergangenen Herbst fest, muss Stark-Watzinger über eine mögliche Bund-Länder-Vereinbarung für ein befristetes Programm zum Ausbau wissenschaftlicher Dauerstellen neben der Professur berichten. "Da zum aktuellen Zeitpunkt noch kein Konzept zu Dauerstellen im Mittelbau vorliegt und auch keine Entwicklungen erkennbar sind, mussten nun wir Abgeordnete im Haushaltsausschuss tätig werden", begründete der grüne Haushaltspolitiker Bruno Hönel damals die Ungeduld der Koalitionsfraktionen, die durch die Verzögerungen beim WissZeitVG noch verstärkt wurde. Zugestimmt hatten bei dem sogenannten Maßgabebeschluss übrigens auch die FDP-Abgeordneten.
Vor September trifft sich die GWK-Minsterrunde jetzt nur noch einmal: im Juli. Und das BMBF? Betont, wie wichtig attraktive Karriereperspektiven für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler seien, damit Deutschland an der Spitze von Forschung und Innovation bleibe. Und verweist neben dem Tenure-Track- und Professorinnenprogramm auf die – ebenfalls festhängende – WissZeitVG-Reform als Beispiel für die "wichtigen Beiträge", die das BMBF hierzu leiste. Auch eine Art von Zirkelschluss.
Und was ist mit dem geforderten Bund-Länder-Programm? Das BMBF habe "einen Beratungsprozess mit Expertinnen und Experten von Universitäten, Hochschulen für angewandte Wissenschaften und außeruniversitären Forschungseinrichtungen initiiert und wird dem Haushaltsausschuss auf Basis dieser Gespräche zur Umsetzung des Maßgabebeschlusses berichten." Außerdem erarbeite der Wissenschaftsrat Empfehlungen zu Personalstrukturen in der Wissenschaft, die voraussichtlich Ende 2024/Anfang 2025 veröffentlicht würden.
Ob das den Haushaltspolitikern reichen wird? Haushaltspolitiker Hönel kommentiert auf Anfrage, er begrüße es ja, wenn aktuell Gespräche mit Fachverbänden stattfänden. Doch müsse das BMBF jetzt zeitnah Gespräche mit den Ländern aufnehmen, die zentral für die Ausgestaltung dieses Programms seien. "Gute Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft sind eine Frage des Respekts und der Wertschätzung gegenüber unseren Wissenschaftler*innen, sie werden aber auch zunehmend zu einem relevanten Standortfaktor für den Wissenschafts- und Technologiestandort Deutschland."
Sonst heißt es künftig häufiger: Deutschlands Verlust ist der Gewinn für andere.
Dieser Beitrag erschien in leicht gekürzter Fassung zuerst im Tagesspiegel. Ich habe ihn außerdem vorm Erscheinen hier im Blog aktualisiert.
In eigener Sache: Es geht so nicht mehr
Dieser Blog hat sich zu einer einschlägigen Adresse der Berichterstattung über die bundesweite Bildungs- und Wissenschaftspolitik entwickelt. Doch wirtschaftlich steht die Idee seiner freien Zugänglichkeit vor dem Scheitern.
Planungen und Kunstwerke teilen sich den städtischen Raum: Die Beschäftigung der Kunst mit Beschaffenheit und Gestaltung öffentlicher Räume liefert einen eigenen Beitrag zur stadtplanerischen Auseinandersetzung mit spezifischen Qualitäten der Stadt. Künstler und Kunsttheoretiker in den vergangenen Jahrzehnten einen ausführlichen Diskurs zum ästhetischen Arbeiten in und mit öffentlichen Räumen geführt. Dieser Diskurs spiegelt sich aber nur zu einem geringen Teil in stadtplanerischen Überlegungen, obwohl verbindende Fragestellungen einen fruchtbaren Austausch vermuten lassen. Auch die ambivalente Beschaffenheit der Stadtplanung, die sowohl funktionale als auch ästhetische Kriterien zu verbinden sucht, bietet Ansatzpunkte für die Auseinandersetzung mit der "Kunst im öffentlichen Raum", die sich in ihrer Geschichte mit ähnlichen Fragen beschäftigen musste. Die Beschäftigung mit Kunstwerken bietet Anlass und Rahmen für die eigene stadtplanerische Auseinandersetzung mit dem ästhetischen Blick auf die Stadt. Die stete Veränderung und Erweiterung künstlerischer Strategien und Arbeitsweisen ist immer wieder eine neue Herausforderung für stadtplanerische Überlegungen. Für diesen Dialog liefern einzelne Positionen Beiträge und Hinweise, gleichzeitig schränkt der stark subjektive Charakter stadtplanerischer und künstlerischer Einzelpositionen die Aussagekraft von einzelnen Überlegungen ein. Ziel der Arbeit - geschrieben aus einem stadtplanerischen Blickwinkel und mit einem Fokus auf Deutschland seit den 50er Jahren - war daher, zu einer Herangehensweise zu kommen, die der stark durch den Einzelfall und den Blickwinkel der Beteiligten geprägten Umgang von Stadtplanern mit Kunstwerken in der Stadt gerecht wird und gleichzeitig fl exibel genug ist, um zukünftigen Themen Entfaltungsmöglichkeiten zu bieten. Die Arbeit verfolgt weder einen qualitativ bewertenden noch einen quantitativen Ansatz, sondern lehnt sich in ihrer Vorgehensweise an das theoriegenerierende Verfahren der Grounded Theory an. Diese Arbeit geht drei Fragekomplexen nach: 1. In welchem Verhältnis steht die Auseinandersetzung mit Kunstwerken zu angrenzenden Fragestellungen der Stadtplanung? Dabei stehen Fragen nach der unterschiedlichen Deutung öffentlicher Räume zwischen räumlicher Fassung und diskursiver Öffentlichkeit, nach der Entwicklung der Kunst im öffentlichen Raum und dem sich wandelnden Verhältnis von Kunstwerk und Stadtraum und nach dem stadtplanerischen Selbstverständnis und seiner Auswirkung auf den interdisziplinären Dialog im Vordergrund. 2. Welche Wünsche und Vorstellungen verbinden Stadtplaner mit Kunstwerken in der Stadt? Die Wünsche und Vorstellungen, die Stadtplaner an Kunstwerke in der Stadt richten, werden in hohem Maße von der jeweiligen Schwerpunktsetzung geprägt. Daher beleuchtet die Arbeit die Überlegungen zur Rolle von Kunstwerken in der Stadt aus dem Blickwinkel jeweils eines stadtplanerischen Handlungsfeldes (Stadtpolitik, Soziales, Stadtökonomie und Stadtkultur). Die fehlende Evaluierung der Erfüllung der an Kunstwerke gerichteten Wünsche und Erwartungen macht deutlich, dass die stadtplanerische Beschäftigung mit Kunstwerken in der Stadt weniger auf die systematische Entwicklung von Instrumenten zum Umgang mit Kunstwerken als auf eine gedankliche Öffnung und Ausdifferenzierung der eigenen Tätigkeit abzielt. 3. Welche Erkenntnisse ergeben sich aus der Untersuchung der stadtplanerischen Beschäftigung mit Kunstwerken in der Stadt für den interdisziplinären Austausch und für die stadtplanerische Tätigkeit? Die stadtplanerische Beschäftigung mit Kunstwerken in der Stadt kreisen um das Kunstwerk, seine Platzierung und die durch seine Gestaltung bewirkten Veränderungen in der Umgebung. Damit wird ein Gegenstand zum Mittelpunkt der Auseinandersetzung, der die Anforderungen des interdisziplinären Austausches an eine Vergleichbarkeit von Begriffl ichkeiten, Grundannahmen und Arbeitsergebnissen kaum erfüllen kann. Die Konzentration auf das Kunstwerk und seine Gestaltung erklärt auch, warum sich die Potentiale einer interdisziplinären Auseinandersetzung in der stadtplanerischen Beschäftigung mit Kunstwerken nur in begrenztem Maße verwirklichen. Zur Lösung dieses Dilemmas wird daher ein veränderte Blickwinkel auf die Situation des Kunstwerks in der Stadt vorgeschlagen: Lenkt man den Blick auf den Ort des Kunstwerks und seine Qualitäten ergibt sich ein Gegenstand für den interdisziplinären Austausch, der für beide Disziplinen von Interesse ist, über den beide Disziplinen kompetente Aussagen treffen können und der so einen tatsächlichen Austausch ermöglicht. ; There has been a wide-ranging discussion about aesthetic practice in public spaces among artists and art theorists in recent decades. Even though it stands to reason that the essential similarity in issues and questions of principle would offer the opportunity of a fertile exchange of thoughts and methods, the debate of urban planners about public spaces reflects this discourse and its contents only to a small degree. Urban planning and artistic projects share the same urban space. The intense preoccupation of artists with the constitution and design of public spaces offers a unique contribution to the debate about specific qualities of the city. The ambiguous character of urban planning as a discipline that attempts to combine functional and aesthetic criteria raises questions that are similarily discussed in connection with the history of Public Art. The preoccupation with artistic theories and strategies therefore offers an occasion and a framework for an examination of the aesthetic dimension of the city from the viewpoint of urban planners. The constant expansion of artistic strategies and concepts challenges the dialogue between both disciplines and allows for a discussion of ongoing developments. This dissertation - written from an urban planning viewpoint and with a focus on Germany since the 1950s - attempts to fuse significant ideas that outline an urban planning viewpoint on art in public spaces. The overall concern of urban planners with art in urban spaces is characterized by the strong influence of individual cases and highly subjective positions. This thesis tries both to do justice to this specific character of the debate and to create a foundation for the development of prospective problems. To reach this goal, this dissertation is neither using a qualitative nor a quantitative approach but follows the principles of "Grounded Theory" The dissertation explores concepts of urban planners and asks the following questions: 1. How is the preoccupation with artworks related to adjoining questions of urban planning? This question aims at differences in the interpretation of public spaces between a spatial definition and a discursive definition of the "public", on the historical development of Public Art and the changing relation between artwork and the surrounding urban space. It also focuses on changes in the self-conception of urban planners and its effects on an interdisciplinary dialogue. 2. Which ideas and desires are latched onto art in urban spaces by urban planners? The various expectations that are connected with the implementation of art in the city are strongly dependent on the professional focus of the urban planner. In this thesis, the expectations derived from four major workfields (urban politics, social issues, urban economy and urban culture) are collected and linked to artistic ideas. The survey of the various ideas and wishes and the obvious lack of a serious evaluation of these expectations reveals an underlying tendency to use artworks as an occasion for a reflection about aims and limitations in the planning practice. 3. Which conclusions can be drawn for an interdisciplinary exchange? The preoccupation of urban planners with art in urban contexts is focused on the piece of art, its location and the effects its appearance is expected to have on the surrounding urban space. This concentration on the artwork itself does not comply with the requirements concerning the comparability of object, methods and results of an interdisciplinary exchange. It also explains why the interdisciplinary exchange between artists and urban planners could realize so little of its inherent potentials. As a solution for this dilemma, this thesis proposes a change in the concentration away from the artwork itself to its location. Focusing on the geometrical as well as the discursive position ("Ort") of an artwork, the object of the interdisciplinary exchange shifts to a question of immediate interest for both disciplines and a topic for which both disciplines are equally competent.
Die Landschaft zeigt ihrer Alter, reflektiert die politischen, wirdschaftlichen, und kulturellen Auswirkungen, die mit ihrem Evolutionsprozess werbunden sind. Die veraenderte Landschaft ist vergleichbar mit einem Manuscript auf dem verschidenartige Gedanken festgehalten sind. Der Massenindividualismus und die Globalisation haber auch im Land die zentrale Wichtigkeit der Politik herabgesetz und gleichzeitig die Konsumsideologie herforgehoben. Das Ende der Kultur der Planung siet deshalb Teileingriffe in Stadtbau vor: es geht um Wohnungsbau statt Stadtplanung. "Neu ist besser", das gewinnende Wort, wo auch immer und wie auch immer, wird ausschlaggebend in der ruecklaeufigen Spirale, in der die "Spielregeln" durch "Regeln des Spiels" ersetzt werden, zweideutig und ungewiss. Dessen Zeuge ist die Schrift "Code der Reichtuemer der Kultur und der Landschaft", die zwei Materien vereint. Das Gesetz von 1939 hatte diese getrennt, weil das Kulturgut, objektiv ein Fortdauern ist und die Landschaft ein Gut, das mit der Zeit vergaenliche Geschichte wird. Unsere Zeit scheint sich darzustellen wie das "gewinnende Wort" voller Gleichzeitigkeit, ohne Vergangenheit, ohne Zukunft, zerquetscht von der Gegenwart, unetisch gegenueber frueherer positiver Werte, von denen die Reichtuemer der Kultur und der Landschaft sprechen. ; The landscape is charged with time, reflecting political , economic and cultural events related to its development. The man-made landscape is like a palimpsest in which writing placed one upon another document, different modes of thinking and acting. The individualism of the masses and globalism, have changed even with regard to space the key role of politics, emphasizing, with the market, the ideology of material consumption. The negation of the culture of planning has consequently favored intervening in urban fragments: favoring building to making a city. "New is better", is the winning formula everywhere and no matter how it is used, it becomes decisive in the involuted way of thinking which has replaced the "rules of the game" with the "game of rules" functioning with ambiguity and uncertainty and whose basic corollary is the "Code of Cultural Assets and Services and of the Landscape" which unites two subjects, which indeed, the general law of 1939 had kept separate since a cultural asset objectively identifiable and a persistent element in our memory "free" from change, and the landscape which is a good charged in time with a mutable historicity. Our age seems to be, with regard to the formula, saturated with "simultaneousness", without a past and without a future, crushed by the present, antithetical to the affirmed values of the past which our cultural assets and landscape attest to. ; El paisaje esta marcado por el transcurso del tiempo, ya que refleja las consecuencias políticas, económicas y culturales vinculadas a su procesualidad. El paisaje antropizado se puede paragonar a un manuscrito en el que escrituras superpuestas testimonian modos diferentes de actuar y pensar. El individualismo de masa y el globalismo han ridimensionado, también en el territorio, la centralidad de la politica, enfatizando el mercado y la ideología del consumo. La negación de la cultura de la planificación ha fomentado intervenciones sobre fragmentos urbanos, privilegiando la idea de construcción sobre la de ciudad. "Nuevo es mejor", la formula que se ha considerado ganadora bajo cualquier prisma, desempeña un papel crucial en el la espiral involutiva en la que se han substituido las reglas del juego con el juego de las reglas: juego que conlleva ambiguidad e incertidumbre. Su corolario es el "Código de los Bienes Culturales y del Paisaje" que reúne dos temas que, con razón, la Ley Marco de 1939 mantenía separados ya que el bien cultural, objetivamente determinable, es una persistencia de la memoria "independiente" del transcurso del tiempo mientras que el paisaje es un bien que se carga de historicidad mutable. Segun esta formula, nuestro tiempo se configura cargado de simultaneidad, sin pasado y sin futuro, antitetico hacia los valores del pasado testimoniados por los bienes culurales y el paisaje. ; Le paysage porte en soi les marques du temps en reflétant les conséquences politiques, économiques et culturelles entraînées par les changements. Le paysage antropisé peut être comparé à une grille dans laquelle des écritures superposées documenteraient différentes façons de penser et d'agir. L'individualisme de masse et le globalisme ont diminué le rôle central de la politique sur le territoire, en accentuant l'idéologie de la consommation grâce à l'action du marché. Le manque d'actuation d'une culture du plan d'urbanisme a encouragé des interventions urbaines fragmentaires, préférant ainsi la simple édification à l'actuation d'un plan urbain organique. "Ce qui est neuf est meilleur" est la formule gagnante partout où on la pratique. Elle devient décisive au moment où on enregistre une involution qui remplace les "règles du jeu" avec le "jeu des règles", ambigu et incertain. Le Code des Biens culturels et du Paysage en est le corollaire. Il réunit deux matières qui ont été séparées à juste raison par la loi-cadre de 1939, car le Bien culturel objectivement individuable témoigne d'une mémoire "autonome" par rapport au devenir, tandis que le paysage est chargé de valeurs historiques muables. Dans le respect de la formule, notre temps paraît saturé de "simultaneité", sans passé ni avenir, écrasé par le présent en opposition aux valeurs positives du passé témoignées par les biens culturels et le paysage. ; Il paesaggio si carica di tempo, riflettendo le ricadute politiche, economiche e culturali correlate alla processualità. Il paesaggio antropizzato è paragonabile ad un palinsesto in cui sovrapposte scritture documentano modi di pensare e di agire diversi. L'individualismo di massa ed il globalismo hanno ridimensionato, anche nel territorio, la centralità della politica, enfatizzando, con il ruolo del mercato, l'ideologia del consumo. La negazione della cultura del piano ha conseguentemente favorito gli interventi per frammenti urbani: privilegiando il fare edilizia al fare città. "Nuovo è migliore", la formula vincente ovunque e comunque la si pratichi, diviene determinante nella spirale involutiva che ha sostituito "le regole del gioco" con "il gioco delle regole" viaggiante nell'ambiguità e nell'incertezza; ne costituisce corollario il "Codice dei Beni Culturali e del Paesaggio" che unisce due materie che, a giusta ragione, la legge quadro del 1939 aveva tenuto separate essendo il Bene Culturale, oggettivamente individuabile , persistenza della memoria "autonoma" dal divenire , ed il Paesaggio un bene che si carica, nel tempo, di mutevole storicità. Il nostro tempo sembra configurarsi, nel rispetto della formula, saturo di "simultaneità", senza passato e senza futuro, schiacciato dal presente, antitetico ai valori affermativi del passato testimoniati dai beni culturali e dal paesaggio.
Ergebnisse einer "Suche in einem Scherbenhaufen". - Zum "Handbuch des deutschsprachigen Exiltheaters 1933–1945" Im Frühjahr dieses Jahres erschien im Münchner K.G. Saur Verlag das umfangreiche Handbuch des deutschsprachigen Exiltheaters 1933-1945, herausgegeben von Frithjof Trapp, Werner Mittenzwei, Henning Rischbieter und Hansjörg Schneider. Das Handbuch besteht aus zwei Teilen, die in drei Bänden vorliegen. Der erste Teil (und 1. Band) trägt den Titel Verfolgung und Exil deutschsprachiger Theaterkünstler, der zweite Teil ist ein Biographisches Lexikon der Theaterkünstler, das zwei Teilbände umfaßt und rund 4000 Biographien enthält Die Idee zu einem Buch über deutschsprachiges Exiltheater entstand schon Anfang der siebziger Jahre an der "Hamburger Arbeitsstelle für deutsche Exilliteratur"; unter völlig veränderten politischen Bedingungen wurde sie 1990, anläßlich einer Tagung in Hamburg, wieder aufgenommen. Im Gegensatz zu früheren Arbeiten über Exiltheater finden sich hier Themen wie "Auf Abruf" - Das Theater des Jüdischen Kulturbundes im "Dritten Reich" 1933 – 1941 (von Herbert Freeden) oder eine Analyse über Österreichs Rolle als Asylland bis 1938 (Exilland Österreich von Hilde Haider-Pregler). Nach einer ausführlichen Beschreibung der Verfolgung und Vertreibung deutscher Bühnenkünstler durch den Nationalsozialismus (von Werner Mittenzwei) beschäftigt sich eine Reihe von Aufsätzen mit deutschsprachigem Exiltheater in allen denkbaren Exilländern – wie z. B. in der Tschechoslowakei, Frankreich, den Niederlanden, Luxemburg, Polen, Schweiz, den skandinavischen Ländern, der Sowjetunion, Großbritannien, Türkei, Palästina / Israel, USA, Mexiko, Südamerika – und in Städten wie Danzig und Shanghai. Der zweite Teil des Handbuchs, das Biographische Lexikon, kam mithilfe einer Förderung der Deutschen Forschungsgemeinschaft sowie Mitteln der P. Walter Jacob Stiftung Hamburg zustande. Im einleitenden Beitrag beschreibt Herausgeber Frithjof Trapp die Probleme bei der Erstellung der einzelnen Biographien, die sich vor allem durch die disparate Quellenlage ergaben, und er bezeichnet das Lexikon als Forschungsinstrument, das einen erreichten Erkenntnisstand dokumentiere und so Ergänzungen und Korrekturen ermögliche. Sehr unterschiedlich sind die Beiträge über Verfolgung und Exil deutschsprachiger Theaterkünstler im 1. Band des Handbuches. Helmut Müssener etwa schreibt detailliert über Deutschsprachiges Theater im skandinavischen Exil, einleitend gibt er einen Einblick in die Theaterszene, die die Exilanten vorfanden, beschreibt, welche Chance sie unter den völlig anderen Arbeitsbedingungen hatten und wie sie sie nutzten. Müssener räumt auch mit dem Mythos auf, daß Bertolt Brecht in den skandinavischen Ländern Anschluß an die lokale Szene gefunden hätte. Ganz anders liest sich Henry Marx' Beitrag über Exiltheater in den USA, der sich vor allem mit der New Yorker Emigrantenszene beschäftigt und mit den Schwierigkeiten, mit denen die deutschsprachigen Künstler unter den Produktionsbedingungen des Broadway konfrontiert waren. Trotz aller Differenzen in Intention und Ausführung der Aufsätze gibt der vorliegende Band einen sehr guten Überblick über die Arbeitsbedingungen, die die deutschsprachigen Theaterkünstler in den Exilländern vorfanden, über ihre Probleme und ihre – trotz aller menschlicher und finanzieller Schwierigkeiten – geleistete Theaterarbeit. In der Zusammenschau der Beiträge werden die politischen Verhältnisse sowie die Bedingungen für eine künstlerische Arbeit in den einzelnen Exilländern deutlich, was sich etwa in der Geschichte von Erika Manns Kabarett "Die Pfeffermühle" zeigt. Am 1. Jänner 1933 wurde das Anti-Nazi-Kabarett "Die Pfeffermühle" von Erika Mann, Klaus Mann, Therese Giehse u.a. in München eröffnet, mußte aber wegen der Machtübernahme der Nazis bald geschlossen werden. Erika Mann und Therese Giehse gingen in die Schweiz, wo im Oktober 1933 die "Pfeffermühle" in Zürich wiedereröffnet wurde. In den folgenden Jahren gab das Kabarett 1.034 Vorstellungen in sieben Ländern, u.a. im Jänner und August 1935 sowie im Februar 1936 in der Tschechoslowakei. Hansjörg Schneider beschreibt in seinem Beitrag über Exiltheater in der Tschechoslowakei die Intention und das Programm der anti-nationalsozialistischen Kabarettgruppe. Erika Mann und ihre Truppe stellten sich "mit der Waffe des Geistes gegen den Nazismus", sie kämpften gegen Lüge und Dummheit und wandten sich dabei vor allem an ein bürgerliches Publikum, das die "Brandzeichen der Zeit nicht wahrnahm oder ignorierte". Schneider schätzt die Wirkung der "Pfeffermühle" sehr hoch ein: "Durch ihre Vorstellungen erreichte 'Die Pfeffermühle' Zehntausende von Zuschauern und warnte sie vor der braunen Gefahr. Und wenn sich 1938/39 viele tschechoslowakische Bürger durch rechtzeitige Flucht vor dem deutschen Faschismus retten konnten, hatte sie durch ihre Aufklärungsarbeit einen Anteil daran." Eine ähnlich interessierte Aufnahme wie in der Tschechoslowakei hatte die "Pfeffermühle" auch in Luxemburg. Trotz aller künstlerischen Erfolge der Kabarettgruppe gab es bald Probleme: Die Behörden weiterer Länder, in denen die "Pfeffermühle" spielte oder spielen wollte, wie etwa die Schweiz und die Niederlande, wollten sich ihre (guten) Beziehungen zu NS-Deutschland nicht durch die Auftritte des engagierten Kabaretts "verscherzen". In der Schweiz kam es zu Krawallen von nationalsozialistischen "Fröntlern" anläßlich der Aufführungen, 1937 wurde die Tätigkeit ausländischer politischer Kabaretts, also auch der "Pfeffermühle", vom Züricher Kantonatsrat verboten. Ein Versuch Erika Manns und ihrer Schauspieler, die "Pfeffermühle" 1937 in New York erfolgreich herauszubringen, endete in einem Totaldesaster, wie Henry Marx in Exiltheater in den USA beschreibt. Das Ensemble löste sich auf. Die "Pfeffermühle" war ein engagiertes Kabarett, das, solange es vor deutschsprachigem Publikum auftreten konnte, Erfolg hatte und vielleicht auch eine gewisse aufklärende Wirkung. Außerhalb dieses Publikums aber, das genauso wie die Betreiber des Kabaretts mit der deutschsprachigen Theater- und Kabaretttraditon vertraut war, konnte es nicht bestehen. Wie erging es nun Theaterleuten, die in einem fremdsprachigen Land Exil fanden? Warum und wie sollte man etwa in Shanghai Theater spielen? Shanghai gehört sicher zu den "fernsten" Fluchtorten der deutschsprachigen Emigranten, aber auch zu den wichtigsten, nach Angaben von Michael Philipp (Exiltheater in Shanghai 1939-1947) gelangten etwa 20.000 Verfolgte in diese Stadt. Shanghai war in den Jahren nach 1933 der einzige Hafen der Welt, in dem eine Landung ohne Visum möglich war, diese Stadt war also auch nach dem "Anschluß" Österreichs an Deutschland und nach den Novemberpogromen 1938 noch Flüchtlingen offen. Philipp beschreibt im folgenden, daß die Exilanten in Shanghai eine (negative) gemeinsame Erfahrung hatten: jahrelange Entrechtung und Bedrohung (wenn sie aus Deutschland kamen), bürgerliches Leben bis vor kurzem, dann aber extrem feindliche antisemitische Aktionen (sofern sie aus Österreich kamen); relativ hoch war auch der Anteil an Menschen, die in einem Konzentrationslager inhaftiert gewesen waren. Im Zusammenhang mit diesen Erfahrungen der Flüchtlinge sei ihr Bemühen um eine kulturelle Identität genauso wichtig gewesen wie die materielle Lebenssicherung, so Philipp. In Shanghai waren die ungefähr 200 Kulturschaffenden unter den Exilanten vor besonders eklatante Probleme gestellt. Die Lebensbedingungen waren sehr hart: Noch 1941 wurden rund drei Viertel der Flüchtlinge aus Gemeinschaftküchen verpflegt; nach Beginn des Pazifikkrieges im Dezember 1941 verfügten die japanischen Behörden die Einrichtung eines Ghettos für "stateless refugees", von Juni 1943 bis August 1945 mußten sie alle im teilweise noch zerstörten Stadtteil Hongkew leben. Der Alltag erlaubte also kaum einen Luxus wie die Beschäftigung mit Theater; dennoch bildeten etwa 40 der rund 80 professionellen Bühnenkünstler, die im Shanghaier Exil waren, Spielgemeinschaften, die "Bunte Abende", viele Komödien und im Exil geschriebene ernsthafte Dramen zeigten. Das Theater der Exilanten in Shanghai war kein dezidiert anti-nazistisches Theater, wie es die "Pfeffermühle" bot, sondern, wie Michael Philipp schreibt: "Seine entscheidende Bedeutung – und beachtliche Leistung – liegt darin, in einer fremden, weitgehend sogar bedrohlichen Umgebung den Künstlerinnen und Künstlern die Möglichkeit individueller Selbstbehauptung gegeben zu haben. Zugleich wurde ein nicht zu unterschätzender Beitrag zur sozialen und kulturellen Identität aller Emigranten geleistet. Als "Suche in einem Scherbenhaufen" stellt Frithjof Trapp das Herangehen an ein Projekt wie dem Biographischen Lexikon der Theaterkünstler dar. Als die Nazis an die Macht kamen und systematisch jüdische und politisch unliebsame Künstler aus ihren Engagements drängten und verfolgten, sorgten sie auch dafür, daß die Erinnerung an sie zerstört wurde, ihre Namen, sogar die berühmter Exilierter, verschwanden aus den Lexika. Und nur ein Teil der Verfolgten kam zurück; und nur von einem Teil dieser Künstler ist bekannt, wo sie in den Jahren des Exils waren und ob und wie sie dort Theater spielten. Aufgrund der äußerst disparaten Quellenlage ist es verständlich, daß manche der Lebensläufe nur fragmentarisch sind. Die Wichtigkeit des Biographischen Lexikon liegt vor allem in zwei Bereichen: Sein Erscheinen ist ein Zeichen, daß der Intention der Nazis, ihnen unliebsame Künstler aus der Erinnerung zu löschen, entgegengehalten wird; und es erfaßt neben den Namen prominenter Künstler und Künstlerinnen wie Alexander Granach, Therese Giehse und Elisabeth Bergner ebenso Theaterkünstler, deren Lebensweg und künstlerischer Werdegang weniger bekannt sind, wie etwa Jaro Klüger oder Walter Firner. Vereinzelt werden auch Theaterleute genannt, die eigentlich mehr der jiddischen als der deutschsprachigen Theaterszene angehören, wie etwa Jacob Kalich und Sigmund Turkoff, und über die in der entsprechenden Literatur auch weitere Angaben zu finden sind. Einige Namen emigrierter Künstler/innen, wie etwa der Tänzerin Vera Goldmann oder des Tanzkritikers Walter Sorell, sucht man vergebens. Trotzdem bietet die vorliegende Ausgabe des Lexikons Informationen, die sonst nirgends zu finden sind, etwa über die Schauspielerin Silvia Grohs, die vor dem "Anschluß" an kleinen Wiener Bühnen aufgetreten war, 1938 über die Schweiz in die Niederlande kam, nach Belgien flüchtete, verhaftet wurde, in die Konzentrationslager Mechelen, Auschwitz und Ravensbrück kam, überlebte und 1947 in die USA ging. Insgesamt ist das Lexikon als Zusammenfassung eines derzeitigen Forschungsstands zu betrachten, auf dem aufbauend weitere Ergänzungen zu den Lebenswegen der Theaterkünstler gesammelt werden können und sollen. Der erste Teil (und 1. Band) des Handbuchs des deutschsprachigen Exiltheaters 1933 – 1945 mit dem Titel Verfolgung und Exil deutschsprachiger Theaterkünstler ist interessant und bietet eine Vielfalt an Informationen aus allen Teilen der Welt, in denen die Theaterkünstler Exil suchten. Nach der Lektüre bleiben aber einige Wünsche offen: Die Einbeziehung neuerer Bücher und Forschungen ist hier an erster Stelle zu nennen. So wird etwa Werner Mittenzweigs Darstellung der Arbeit der Exilanten am Züricher Schauspielhaus beziehungsweise der Rezeption ihrer Arbeit, wie er sie in Exiltheater in der Schweiz beschreibt, von der Darstellung in Peter Exingers und Ute Krögers Buch über das Schauspielhaus Zürich ("In welchen Zeiten leben wir!" Das Schauspielhaus Zürich 1938-1998. Zürich: Limmat Verlag, 1998) etwas relativiert. Ferner wäre es aufgrund der sehr unterschiedlichen Ansätze der einzelnen Beiträge notwendig, kurze Informationen über deren Verfasser zu bieten. Eine in diesem Sinn aktualisierte und mit Anmerkungen zu den Autoren ergänzte Buchausgabe, die für ein breiteres Publikum erreichbar (und erschwinglich) ist, ist ein weiterer Wunsch. Der zweite Teil (Band 2 und 3) des umfangreichen Projekts, das Biographische Lexikon der Theaterkünstler, ist eine sehr brauchbare und ausbaufähige Quelle für alle weiteren Forschungen und Arbeiten über das Leben und Theater der exilierten Künstler, und es ist zu hoffen, daß es auch als solche wahrgenommen wird.
ÖSTERREICHS KAMPF FÜR SEIN SÜDLAND AM ISONZO 1615 - 1617 Österreichs Kampf für sein Südland am Isonzo 1615 - 1617 ( - ) Einband ( - ) Einband ( - ) [Abb.]: Görz in Friaul ( - ) Werbung ( - ) Titelseite ([1]) Impressum ([2]) [Widmung]: ([3]) Vorwort. ([5]) Zur Vorgeschichte des zweiten Friauler Krieges. ([7]) [Karte]: Das Isonzogebiet nach einer kartographischen Darstellung des XVII. Jahrhunderts. (9) [Karte]: Karte der zwischen dem österreichischen Besitz gelegenen Enklave der Festung Palma (aus dem Original der österreichischen Grenzkarte des Jahres 1796; k. k. Statthaltereiarchiv Triest). Die punktierten Linien geben die österreichischen Grenzen der Gebiete Ontagnano und Jalmico an. (10) [Karte]: Plan der alten Festung Palmanova (nach einem alten Drucke). (11) Österreichische Maßnahmen gegen die venezianische Bedrohung der küstenländischen Gebiete. (12) [Karte]: Gradiska, Stadtplan aus der Zeit um 1570. Nach Fr. Valegio. (9) [Abb.]: Kaiser Ferdinand II. ( - ) [2 Abb.]: (1)Die venezianische Feste aus dem XVI. Jahrhundert auf dem Fels von Monfalcone. Aufnahme der Ruine in ihrem Zustande vor Ausbruch des Weltkrieges 1914. (2)Das alte Stadtkastell in Görz. ( - ) Die letzten Vorbereitungen Venedigs zum Feldzuge gegen Österreich. (16) [2 Abb.]: (1)Der Doge Marc Antonio Memo (regierte vom 24. Juni 1612 bis 29. Oktober 1615). (2)Der Doge Giovanni Bembo (regierte vom 2. Dezember 1615 bis 16. März 1618). ( - ) [Abb.]: Das Hochschloß (1916 von den Italienern zerstört). Schloß und Burgfeste Duino (Tybein.) Die untere Burg (1617 von den Venezianern zerstört). ( - ) [Karte]: Die Gegend bei Cormons im Jahre 1617. Ausschnitt aus dem Kriegsplan des Faustino Moisesso 1623. (18) Einfall der venezianischen Truppen in das österreichische Friaul. (Dezember 1615.) (18) [Karte]: Görz und das Coglio (das Land in den Eckhen) zur Zeit des zweiten Friauler Krieges. ([20]) [Karte]: Das Gebiet zwischen dem Karst und Palmanova. (Nach Faustino Moisesso 1623.) ([21]) Der Einfall der Venezianer in Lucinico. (24) Vorbereitung der österreichischen Verteidigung im Coglio und am Isonzo. (25) [2 Abb.]: (1)Die St.-Georgs-Bastion in der alten Befestigung der Stadt Gradiska. (2)Das Grenzkastell Trusio am Judrio. ( - ) [Abb.]: Der kaiserliche General Adam Freiherr von Trautmannsdorf. (Aus Khevenhiller, Annales Ferdinandei.) ( - ) Fortsetzung des venezianischen Angriffes. (Januar 1616.) (27) [2 Abb.]: (1)Der Schloßbau in der Feste Vipulzano. Aufnahme aus dem Jahre 1914. (2)Alte Festungsmauer unterhalb des Kastells in Gradiska. (Westfront.) ( - ) [2 Abb.]: (1)Das Görzer Stadtsiegel aus der Zeit der Grafen von Görz. Das Siegelbild deutet die Unterstadt und das Kastell zu Görz an. (2)Die Ortschaft Mossa. Zwischen Görz und Cormons. Im Hintergrunde der Westhang des Podgorarückens. ( - ) Das Gefecht vor Gradiksa. (30 Januar 1616.) (29) Einrichtung der venezianischen Frontquartiere und Stellungen. (Februar 1616.) (32) [Karte]: Die Gegend zwischen Medea und Romans im Jahre 1616. Ausschnitt aus dem Kriegsplan des Faustino Moisesso. (33) Die erste Belagerung der Stadt Gradiska. (12. Februar bis 29. März 1616.) (34) [Karte]: Gradiska und Umgebung. (Aus der österreichischen Grenzkarte des Jahres 1793, k. k. Statthaltereiarchiv Triest). (37) [Karte]: Die österreichischen und venezianischen Feldbefestigungen im Abschnitt Gradiska. (Nach Faustino Moisesso 1623.) (42) Erklärung zu nebenstehender Karte. (43) [Abb.]: Das alte Wappen der Stadt Gradiska. (46) Die Belagerung der Stadt Gradiska wird aufgegeben. (29. März 1616.) (46) Gradiska nach der Belagerung. (48) Verstärkung der venezianischen Feldarmee. (50) Verstärkung der österreichischen Feldarmee. (51) Wiederaufnahme der Feindseligkeiten durch die Venezianer. (Mitte April 1616.) (52) [Abb.]: Darstellung einer Schlacht in der Zeit um 1600. Nach einem Drucke aus dem XVII. Jahrhundert. (55) [Abb.]: Reitergefecht. (59) Der Überfall von Campolongo durch die Österreicher. (6. Juni 1616.) (59) Scharmützel vor Gradiska. (16. Juni 1616.) (61) Bei der österreichischen Schanzen Monte Fortino, Stella und venezianische Stellungen bei Sagrado und Fogliano. (65) Bau der österreichischen Schanzen Monte Fortino, Stella und venezianische Stellungen bei Sagrado und Fogliano. (65) [Karte]: Der venezianische Brückenkopf von Cassegliano (Cassoiano, 22) nach Faustino Moisesso 1623. (67) [Karte]: Plan einer Sternschanze am Anfange des XVII. Jahrhunderts. (Entwurf des venezianischen Kriegsingenieurs A. Deville. Erbauers des Hafenkastells in Pola 1626.) (68) Ausbruch von Seuchen in den venezianischen Quartieren. (Sommer 1616.) (69) Kämpfe bei Ponteba und Tarvis. (August 1616.) (70) Rückzug der Venezianer nach Ponteba. (September 1616.) (72) Kämpfe bei Karfreit und Tolmein. (August 1616.) (73) Fort Stella wird vergeblich angegriffen. (August 1616.) (76) Auflassung der österreichischen Stellungen bei Lucinico. (Ende August 1616.) (77) Der Kampf um den Monte Fortino. (9. bis 19. September 1616.) (80) Neuerlicher Vorstoß gegen Vipulzano. (Oktober 1616.) (82) Die Österreicher setzen sich in Podgora fest. (84) Bei einer österreichischen Schanze auf dem Podgorarücken nördlich der Groina. (86) Venezianische Schanzen auf dem Podgorarücken südlich der Groina. (87) Österreichische Reiterangriffe bei Mariano. (88) Angriff gegen den Görzer Brückenkopf. (Mitte Oktober 1616.) (89) [Karte]: Schematische Darstellung der Görzer Befestigungsanlagen aus der Zeit des zweiten Friauler Krieges (nach Merian). (91) Vor Görz: Der Kampf um die Groina. (91) [Karte]: Die befestigten Stellungen am Görzer Brückenkopf (nach Faustino Moisesso 1623). (92) Erklärungen zu nebenstehender Karte. (93) Neue Angriffspläne der Venezianer vor Görz. (94) [Abb.]: Stadt und Kastell Görz im XVII. Jahrhundert (nach Merian). (95) Kleinere Kriegsereignisse in der Zeit vom Oktober bis Dezember 1616. (97) [Karte]: Plan einer offenen Schanze am Anfange des XVII. Jahrhunderts. (Entwurf des Kriegsingenieurs A. Deville aus dem Jahr 1626.) (99) Don Giovanni Medici übernimmt das venezianische Feldkommando in Friaul. (10. Dezember 1616.) (100) Gefecht vor Lucinico. (15. Dezember 1616.) (103) Mißglückter Versuch, österreichische Streifkommandos abzufangen. (106) Österreichische Reiteroffiziere werden zum Zweikampf gefordert. (3. Januar 1617.) (107) Waffenruhe während der Reise des spanischen Gesandten durch das Kriegsgebiet. (6. Februar 1617.) (109) Mißglückter Angriff der Venezianer gegen S. Martin im Coglio. (Mitte Februar 1617.) (110) Angriffsversuch gegen Rubbia und Savogna. (20. Februar 1617.) (115) D'Ampierre überfällt Crauglio. (12. Januar 1617.) (116) Streifzüge gegen Cividale, Chiopris und Cervignano. (Februar 1617.) (117) Die Venezianischen Streitkräfte nach dem Winter 1616/17. (120) [Tabelle]: Reitertruppen. (120) [Tabelle]: Fußtruppen. (121) Die Vorbereitungen zur Einschließung der Festung Gradiska. (März 1617.) (122) Ausfall der Gradiskaner. (15. März 1617.) (123) Beginn einer allgemeinen venezianischen Offensive. (124) Österreichische Gegenmaßnahmen. (124) Der Plan für den venezianischen Angriff. (1. April 1617.) (125) Der Angriff auf Canale. (1. April 1617.) (126) [2 Abb.]: (1)Bastion im alten Stadtwall von Gradiska. (2)Canale und die alte Isonzobrücke am Ortseingange. ( - ) [Abb.]: Der österreichischer Reitergeneral Don Balthasar Marradas y Vique. ( - ) Der Angriff gegen Sankt Florian. (1. April 1617.) (128) Der Angriff gegen den Görzer Brückenkopf. (1. April 1617.) (129) Vorstoß gegen die Isonzolinie Görz - Rubbia. (1. April 1617.) (129) Die Kämpfe bei Gradiska. (1. April 1617.) (132) Gegendemonstration nach der abgewiesenen Offensive der Venezianer. (133) Der Kampf um den Görzer Brückenkopf und um sein Vorfeld. (April 1617.) (134) [Abb.]: Ansicht der Stadt Görz vom Kloster Castagnavizza aus. ( - ) [Abb.]: Triest in der Zeit um 1800 (nach Cassas-Lavallé.) ( - ) Österreichische Unternehmungen zur See. (April, Juli 1617.) (143) Ankunft des ersten Transportes der niederländischen Hilfstruppen. (143) Vorbereitungen zur letzten venezianischen Offensive. (Sommer 1617.) (144) Landung der Truppen des Grafen von Nassau bei Monfalcone. (20. Mai 1617.) (145) [Abb.]: Johann Ernst Graf von Nassau. (Nach einem alten Drucke.) ( - ) [2 Abb.]: (1)Kirchturm und alte Häuser in Gallignana (Istrien). (2)In der Bergfeste Fianona. Romanischer Turm am Vorwerk St. Georg. ( - ) Marradas verjagt die Venezianer aus der Grafschaft Mitterburg. )Mai 1617.) (147) [Abb.]: Gallignana in Istrien (Westfront). Ortsbild aus dem XVII. Jahrhundert nach Valvasor. (148) Der Vormarsch der Venezianer und Niederländer gegen die Karsthöhen. (1. Juni 1617.) (149) [Abb.]: Antignana in Istrien (Westfront). Ortsbild aus dem XVII. Jahrhundert nach Valvasor. (149) [Karte]: Kartenskizze zum zweiten Friauler Krieg. (153) [Karte]: Stellungen des Jahres 1617 bei Monte S. Michele und am Isonzo zwischen Görz und Gradiska. (Orientierung West-Ost.) (154) Das Schloß Duino wird von einer venezianischen Flotille beschossen. (155) Der Kampf um die Stellungen beim Monte S. Michele. (156) Der Heldentod des Generals Adam von Trautmannsdorf. (7. Juni 1617.) (158) [Abb.]: Ruine des Wachturmes und der alten Burg unterhalb Schloß Duino. 1617 von den Venezianern in Brand geschossen. ( - ) [Abb.]: Das alte Schloß Rubbia nach der ersten Beschießung im Sommer 1915. Wurde von den Italienern 1916 zusammengeschossen. ( - ) Marradas übernimmt das Kommando. (159) Die letzten Kämpfe um den Besitz von Gradiska. (161) [Karte]: Isonzo-Kampfgebiet. (163) [Abb.]: Görz zur Zeit des zweiten Friauler Krieges: Das alte Stadttor Porta Rastello und Palazzo Torre, heute, nach einem Umbau, Amtsgebäude der k. k. Bezirkshauptmannschaft. (Aus dem Lunari die Gurizza per l'an comun 1858.) (167) Inhaltsverzeichnis. ( - ) Literatur zur Geschichte des zweiten Friauler Krieges 1615 - 1617. ( - ) Einband ( - ) Einband ( - )
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1. Einleitung Das Besondere an Wilhelm Heitmeyer ist, dass er uns empirisch erklärt, was wir vorher nur vermutet oder gesagt bekommen haben. Der Sozialwissenschaftler Wilhelm Heitmeyer, Jahrgang 1945, forscht seit Jahrzehnten zu gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und Rechtsextremismus (Universität Bielefeld, o.J.). Bekannt geworden ist er als Gründungsdirektor des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld 1996, wo er bis zu seiner altersbedingten Emeritierung als Direktor fungierte. Seine Langzeitstudie "Deutsche Zustände" zu rechtsextremen Einstellungen in der Gesellschaft und zu gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit machen ihn zu einem der "wichtigsten Rechtsextremismus-Forscher der Bundesrepublik" (Laudenbach, 2023).Im folgenden Beitrag soll es um ausgewählte Arbeiten von Heitmeyer gehen. In seinen jüngeren Veröffentlichungen nimmt er die Mechanismen von Krisen und daraus resultierenden Kontrollverlusten als Treiber von autoritären Versuchungen in den Fokus. In Bezug darauf wird in der vorliegenden Arbeit genauer auf Heitmeyers Beitrag zur Erklärung des Erstarkens des "autoritären Nationalradikalismus" eingegangen. Hierunter fällt die Partei "Alternative für Deutschland (AfD)", die den Kern dieses Politiktypus in Deutschland ausmacht.Heitmeyer stellte um die Jahrtausendwende die These auf, der globalisierte Kapitalismus bringe vielfältige Schieflagen mit sich in Form von Desintegration, Abstiegsängsten und Kontrollverlusten. Damals ahnte er noch nichts von den Krisen, die in den folgenden "entsicherten Jahrzehnten" auf uns zukommen und uns vor erhebliche Herausforderungen stellen würden (Heitmeyer, 2018, S. 89).Die aufgestellte These rund um soziale, politische und ökonomische Strukturentwicklungen wurde mit individuellen und kollektiven Verarbeitungsmustern gekoppelt und 2022 um Krisen der "Post-9/11"-Ära und Kontrollverluste als Krisenfolgen erweitert. Diese wiederum bilden einen Nährboden für autoritäre Versuchungen, für sogenannte rechte Bedrohungsallianzen als politische Folgen autoritärer Entwicklungen.Die Ergebnisse der Langzeitstudie eignen sich, um das Aufkommen und Erstarken einer autoritär nationalradikalen Partei wie der Alternative für Deutschland zu beleuchten. Heitmeyer ist es, der durch seine Sozialstrukturanalyse das vielzitierte Fünftel (19,6%) der Bevölkerung empirisch nachweisen konnte, das der rechtspopulistisch eingestellten Gruppe in der Bevölkerung mit Einstellungen der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit zugeordnet werden kann (Schaefer, Mansel & Heitmeyer, 2002, S. 125 f.).Wahlpolitisch blieben diese Teile der Bevölkerung lange unbedeutend. Die Wähler:innen waren meist keiner Partei zugehörig, sie "vagabundierten" zwischen den Parteien von Wahl zu Wahl oder wählten gar nicht; viele harrten in einer "wutgetränkten Apathie". Bis zu dem Jahr, als die AfD auf die politische Oberfläche trat und ab 2015 eine radikale Entwicklung nahm; ein "politisches Ortsangebot" für diese Teile der Bevölkerung ist gefunden (Heitmeyer, Freiheit & Sitzer, 2021, S. 113 ff.).Im folgenden wird zuerst eine begriffliche Rahmung des Politiktypus des "autoritären Nationalradikalismus" vorgenommen. Zentrale Schemata der Arbeiten von Wilhelm Heitmeyer sollen beleuchtet werden. Nach diesen Ausführungen wird der Blick auf Krisen und Kontrollverluste und ihre Funktion als Treiber autoritärer Entwicklungen gerichtet. Im letzten Schritt geht es um die Ausprägung des autoritären Nationalradikalismus in Form der AfD.2. Der autoritäre NationalradikalismusUm über Heitmeyers Arbeiten zu schreiben, bedarf es einer Konturierung der von ihm verwendeten Begriffe. Im Folgenden werden die Begriffe des Autoritarismus und der dichotomischen Welt- und Gesellschaftsbilder erklärt, um anschließend den politischen Typus des autoritären Nationalradikalismus von Rechtspopulismus und Rechtsextremismus abzugrenzen und entsprechend zu erläutern. 2.1 AutoritarismusDas Legitimations- und Strukturmuster politischer Macht des Autoritarismus gründet auf einer Beziehung zwischen "Machthaber:innen" in Regierungen, Parteien und anderen Organisationen und "Machtunterworfenen". Unter Machthaber:innen versteht man Amts-, Funktions- und Handlungsträger:innen, während Machtunterworfene Mitglieder, Gefolgsleute oder Anhänger:innen sind (Frankenberg & Heitmeyer, 2022, S. 31). Abhängig ist diese Beziehung in der sozialen Praxis von der Autorität der Machthabenden und der Reaktion der Unterworfenen.Autorität kann aus Bewunderung, begeisterter Unterstützung, Respekt, Ehrfurcht oder gleichmütiger Duldung aus freien Stücken zugeschrieben werden und gründet in Anerkennung. Jedoch wird Autorität dann autoritär, "[...] wenn Willfährigkeit aufgenötigt, Unterwerfung durch Täuschung bewirkt, Gehorsam durch Drohung oder handgreifliche Gewalt erzwungen wird" (Frankenberg & Heitmeyer, 2022, S. 32).Eine dominante Rolle spielen Grunderzählungen in der Entwicklung des Autoritären. Hierzu zählen die Bedrohung von Ordnung, die Auflösung von Identitäten, das Zerstören von Hierarchien und Dominanzen, Fantasien vom Untergang des (deutschen) Volkes sowie der Opferstatus aufgrund des Agierens feindlicher Mächte sowohl aus dem Inneren wie von außen (Frankenberg & Heitmeyer, 2022, S. 35). Diese Kennzeichen der Bedrohung, Auflösung, Zerstörung, des Untergangs etc. haben die Funktion, kollektive Ängste zu schüren. Zugleich sollen so Mobilisierungen in Gang gesetzt und autoritäre Bewegungen und Bestrebungen angetrieben werden (Frankenberg & Heitmeyer, 2022, S. 35).Frankenberg & Heitmeyer beschreiben die politische Rhetorik des Autoritären als Diskurslogik, die sich vor allem in Wahlpropaganda und programmatischen Erklärungen zeigt. Diese konstruieren manichäische Weltbilder, weisen eine dichotomische Struktur auf und manifestieren sich auf drei Ebenen, wie die folgende Abbildung zeigt. Häufig anzutreffen sind die Gegensätze von Volk vs. Elite, geschlossene vs. offene Gesellschaft, wir vs. die oder Ungleichwertigkeit vs. Gleichwertigkeit. Abbildung 1: Dichotomische Welt- und Gesellschaftsbilder (Quelle: eigene Darstellung nach Heitmeyer, 2018, S. 248)2.2 Dichotomische Welt- und GesellschaftsbilderDiese Gegensätze laufen auf "Entweder-Oder"-Konflikte hinaus, die sich immer aufs "Ganze" beziehen, da es um "Alles" geht (Heitmeyer, 2022 b, S. 275). Der Streitgegenstand wird der Verhandlung oder dem Kompromiss entzogen, ein "Mehr-oder-Weniger" ist nicht möglich. Die von autoritären Bewegungen, Organisationen und Regimen geführten Konflikte zielen demnach nicht auf Verständigung oder Verhandlungen ab. Es geht um "[...] Entscheidungen zugunsten einer rigiden Machtdurchsetzung und Machtsicherung mit möglichst umfassender Verhaltenskontrolle in allen Lebensbereichen der Gesellschaft und den Institutionen des politischen Systems" (Frankenberg & Heitmeyer, 2022, S. 37).Gesellschaftliche Entwicklungen sind von immer höherer Komplexität und Ambivalenz geprägt. Ebenso nimmt ihre Unübersichtlichkeit zu und sie verändern sich mit zunehmender Geschwindigkeit. In diesem Zuge stehen politische Akteur:innen vor der Herausforderung, ihre Ambitionen und Machtansprüche für die jeweilige Wähler:innenschaft passend aufzubereiten. Hierzu gehört das Anbieten von Welt- und Gesellschaftsbildern, die Unübersichtlichkeit strukturieren, Entschleunigung versprechen und Komplexität reduzieren. Aus diesen Gründen werden von gemäßigten und extremen rechten Bewegungen und Parteien solche Dichotomien verwendet, die das Ordnen der eigenen Gefühlslagen, Erfahrungen und der eigenen Weltsichten erleichtern. 2.3 Populismus und RechtspopulismusPopulismus sieht Heitmeyer als Stil der Mobilisierung, der übergehen kann in eine "machiavellistische Strategie zur Erlangung oder Verteidigung der Macht" und auf marginalisierte Gruppen abzielt. Hinzu kommt häufig eine populistisch etikettierte Rhetorik und schlichte, aber einflussreiche Weltdeutungen, die dazu dienen, Ressentiments zu aktivieren, um eine imaginäre, kollektive Identität zu beschwören. Dies ganz im Sinne eines authentischen Volkes oder "der Nation" gegen Elit:innen, gegen "das System", Minderheiten oder die "Lügenpresse" (Frankenberg & Heitmeyer, 2022, S. 24).Nach Heitmeyer hat sich eine allgemein akzeptierte Definition von Populismus etabliert, wonach eine Bewegung dann als populistisch charakterisiert werden kann, "[...] wenn ihr die Unterscheidung zwischen dem "wahren" Volk einerseits und den ausbeuterischen, dekadenten, volksverräterischen Eliten andererseits zugrunde liegt" (Heitmeyer, 2018, S. 231). Heitmeyer verwendet mittlerweile meist den Begriff autoritär anstelle von populistisch, im Folgenden wird ebenfalls diese Bezeichnung verwendet.Beim Rechtspopulismus prangert Heitmeyer eine "inflationäre Verwendung" ohne wirkliche Trennschärfe an, der keine einheitliche Definition hat, oftmals jedoch als Form des Autoritarismus mit "dünner Ideologie" und als Vergangenheitsorientierung beschrieben wird (Heitmeyer, 2018, S. 231). Im Allgemeinen bezeichnet er den Rechtspopulismus als eine Ergänzung des populistischen Grundprinzips "Volk gegen Elite" um eine nationalistische Rhetorik (Heitmeyer, 2018, S. 232).Zur These der "dünnen Ideologie" führt Heitmeyer an, dass sich populistische bzw. autoritäre Bestrebungen nicht nur durch ihren Politikstil und einer auf Machterwerb zielenden Strategie auszeichnen, sondern durch ein "Set von Ideen" und einem spezifischen Politik- und Demokratieverständnis, also ein Muster zur Deutung der gesellschaftlichen Wirklichkeit anbieten, das sich nicht nur auf Kritik an Elit:innen und demokratischer Repräsentation beschränkt."Mit der ideologischen Kombination und politischen Handlungsagenda von Antielitismus und Antipluralismus, einer Kultur der unmittelbaren Kommunikation, einem xenophoben Nationalismus und dem Phantasma imaginärer Gemeinschaftlichkeit entfernt sich die Beschreibung des Populismus weit von demokratischen grass roots und nimmt die Deutungsangebote aus dem Lager des Autoritarismus an" (Frankenberg & Heitmeyer, 2022, S. 25). 2.4 Autoritärer NationalradikalismusDer Einheitsbegriff des Rechtspopulismus als "catch-all-term" wird nach Heitmeyer der sperrigen Realität nicht gerecht und hat viele alternative Benennungen verkümmern lassen. Zudem werden mit Nutzen dieses Begriffes durch Wissenschaft, Politik und Medien Vernebelungstaktiken der politischen Akteur:innen und Bewegungen bedient, da nicht die genauen ideologischen Komponenten ihrer jeweiligen Programme benannt werden. Das Abbilden der vielfältigen Realität muss auch begrifflich differenziert abgebildet werden, was notwendig ist, um "Gegengifte" zu entwickeln. Daher müssen die Begriffe "sperrig und unpoliert" sein (Heitmeyer, Freiheit & Sitzer, 2021, S. 105).Der autoritäre Nationalradikalismus bewegt sich zwischen dem Rechtspopulismus und dem gewalttätigen Rechtsextremismus bzw. Neonazismus. Anzumerken ist, dass es sich nicht um eine faschistische Gesinnung handelt, da der italienische Faschismus nicht mit dem Nationalsozialismus identisch ist, in dem der Antisemitismus zentral ist (Heitmeyer, Freiheit & Sitzer, 2021, S. 106). Der gewalttätige Rechtsextremismus schreckt viele Wähler:innen oder Sympathisant:innen ab, da er in öffentlichen Räumen situativen Schrecken verbreiten will.Im Gegensatz dazu weist der Rechtspopulismus eine "flache" Ideologie auf und ist mit der dramatisierten Konfliktlinie Volk vs. Elite auf kurzzeitige Erregungszustände ausgerichtet, die über klassische Massenmedien und die sozialen Medien verbreitet werden sollen, wie Abbildung 2 anschaulich darstellt (Heitmeyer, Freiheit & Sitzer, 2021, S. 106). Der autoritäre Nationalradikalismus hingegen zielt auf die destabilisierende Veränderung gesellschaftlicher und politischer Institutionen. Zudem bedient er sich dichotomischer Welt- und Gesellschaftsbilder, um destabilisierende Veränderungen erreichen zu können. Abbildung 2: Die Erfolgsspur des autoritären Nationalradikalismus (Quelle: eigene Darstellung nach Heitmeyer, 2018, S. 236; Heitmeyer, Freiheit & Sitzer, 2021, S. 107)Drei markante Charakteristika des autoritären Nationalradikalismus werden in der Sozialforschung hervorgehoben. Diese werden im folgenden erklärt und in Kapitel 6 auf die AfD bezogen:Das Autoritäre zeigt sich in der Betonung einer hierarchischen sozialen Ordnung, in Forderungen nach rigider Führung politischer Institutionen und in einem fundamentalistischen Verständnis des Agierens und Opponierens auf politischer Ebene ohne Kompromisse. Politik und Gesellschaft sollen also entsprechend einem Kontrollparadigma organisiert werden. Dichotomische Gesellschaftsbilder sind maßgebend und operieren als Grundlage für kämpferisch initiierte "Entweder-oder-Konflikte" (Heitmeyer, Freiheit & Sitzer, 2021, S. 105).Die Betonung der besonderen Stellung des deutschen Volkes bildet das Nationale des autoritären Nationalradikalismus. Formulierungen und Parolen wie "Deutschland den Deutschen" oder "Deutschland zuerst" unterstreichen eine Überlegenheit gegenüber anderen Völkern, Nationen, ethnischen und religiösen Gruppen und eine neue, "deutsche" Vergangenheitsdeutung wird reklamiert (Heitmeyer, Freiheit & Sitzer, 2021, S. 105 f.).Das Radikale, vom ursprünglichen Wortsinn aus dem Lateinischen (radix = Wurzel) her bestimmt, richtet sich gegen die offene Gesellschaft und die liberale Demokratie, die trotz zahlreicher kritikwürdiger Defekte erst durch jahrzehntelange Entwicklungen und Freiheitskämpfe ermöglicht wurden. Ein rabiater und emotionalisierter Mobilisierungsstil wird dazu angewendet, der sich vor allem durch menschenfeindliche Grenzüberschreitungen auszeichnet (vgl. Heitmeyer, Freiheit & Sitzer, 2021, S. 106).Weiterhin ist auf acht Elemente hinzuweisen, die zum Instrumentarium des organisierten autoritären Nationalradikalismus zählen:""Deutsch-Sein" als Schlüsselkategorie und sicherheitsspendender Identitätsanker;Propagandierung dichotomer Weltbilder;Kontrollparadigma als Versprechen einer autoritären sozialen Ordnung;Emotionalisierung gesellschaftlicher Probleme als Kontrollverluste;eskalativer Mobilisierungsstil zur Wiederherstellung von Kontrolle;Forcierung sozialer Vergleichsprozesse zwecks Radikalisierung;Ausnutzen der "Gewaltmembran", um mit bestimmten Begriffen andernorts Gewalt freizusetzen und Legitimationen zu liefern;Konstruktion einer "Opferrolle", um Sympathisanten an sich zu binden und ein Recht auf "Notwehr" zu etablieren" (Heitmeyer, 2018, S. 213-276; Heitmeyer, Freiheit & Sitzer, 2021, S. 111).Diese Elemente sind deshalb wichtig zu nennen, da sie als Grundlage für drei wichtige Ziele dienen, die autoritär nationalradikale Parteien verfolgen:Das Besetzen vakanter politischer Themenräume, die von etablierten Parteien in der Vergangenheit übersehen wurden,das Verschieben des Sagbaren, wobei Heitmeyer auf die Theorie des "Overton-Windows" hinweist, sowie drittensdie Normalisierung von Positionen und dadurch die Schaffung neuer Normalitätsstandards (vgl. Heitmeyer, Freiheit & Sitzer, 2021, S. 111 f.).Der autoritäre Nationalradikalismus wird ab Kapitel 5 ausführlich in Bezug auf die Partei "Alternative für Deutschland" dargestellt, die den Kern des autoritären Nationalradikalismus in Deutschland bildet. 2.5 Rechtsautoritär und rechtsextremDen Bezug von Autoritärem zu Rechtsautoritärem und Rechtsextremem begründen Frankenberg & Heitmeyer damit, dass "für die Übersetzung des Autoritären in die aktuellen gesellschaftlichen und politischen Zustände und Entwicklung [...] eine Fokussierung auf das rechtsautoritäre und rechtsextreme Spektrum angebracht" ist (2022, S. 40).In Ermangelung einer umfassenden Definition von Rechtsextremismus, die die Dimension der Gewalt beinhaltet, hat Heitmeyer ein eigenes Konzept vorgelegt (Frankenberg & Heitmeyer, 2022, S. 40). Dieses akzentuiert die "Kernverbindung" von Ideologie der Ungleichheit und Gewaltakzeptanz. Die Ideologie der Ungleichheit enthält zwei zentrale Dimensionen, wobei die erste gruppenbezogen auf Ungleichwertigkeit ausgerichtet ist und sich später als "gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit" ausgeprägt hat:"Sie zeigt sich in Facetten wie nationalistische bzw. völkische Selbstübersteigerung; rassistische Einordnung; soziobiologische Behauptung von natürlichen Hierarchien; sozialdarwinistische Betonung des Rechts des Stärkeren; totalitäre Normverständnisse im Hinblick auf Abwertung des "Anders-Sein" und die Betonung von kultureller Homogenität gegen Heterogenität" (Frankenberg & Heitmeyer, 2022, S. 40 f.).Diese erste Dimension lässt sich als Vorlage für die späteren Studien "Deutsche Zustände" von Wilhelm Heitmeyer verstehen. Die zweite Dimension der Ideologie der Ungleichheit hat sich als lebenslagenbezogen erwiesen und verweist auf Ausgrenzungsforderungen in Form von kultureller, politischer, rechtlicher, ökonomischer sowie sozialer Ungleichbehandlung von Fremden bzw. "Anderen".Die Gewaltakzeptanz haben Frankenberg & Heitmeyer in vier ansteigend eskalierende "Varianten der Überzeugung unabänderlicher Existenz von Gewalt" kategorisiert, hinter denen die Grundannahme steht, dass Gewalt als "normale Aktionsform zur Regelung von Konflikten" und demnach als legitim angesehen würde (2022, S. 41). Insofern überrascht die Tatsache nicht, dass etwa rationale Diskurse oder demokratische Regelungsformen von sozialen und politischen Konflikten abgelehnt und autoritäre oder gar militaristische Umgangsformen und Stile betont werden (Frankenberg & Heitmeyer, 2022, S. 41).Die politikwissenschaftliche Forschung zum Rechtsextremismus sieht Heitmeyer fixiert auf politische Symbole, historisch-politische Bezugnahmen, Parteiprogramme und Wahlerfolge. Jedoch reicht dieser Fokus nicht aus, um den Aufschwung rechter und rechtsextremer Kräfte in der Gesellschaft zu erklären – weshalb der "[..] Blick auf die Zusammenhänge zwischen ökonomischen, sozialen und politischen Strukturentwicklungen, den individuellen und kollektiven Verarbeitungen und den politischen Handlungskonsequenzen, wenn ein entsprechendes Handlungsangebot vorhanden ist", geweitet werden muss (Frankenberg & Heitmeyer, 2022, S. 41).Dies beschreibt das "Analyseschema" (siehe Abbildung 5) im folgenden Kapitel. Fürderhin sollen nicht einzelne Aspekte oder Ereignisse parzelliert betrachtet werden, sondern mittels des "konzentrischen Eskalationskontinuums" die "rechten Bedrohungsallianzen", die bis in die Mitte der Gesellschaft hineinreichen, sichtbar werden. Hierzu hat Heitmeyer 2018 ein weiteres Untersuchungsmodell entwickelt (siehe Abbildung 3). Die beiden Schemata werden folgend beschrieben. Vorangestellt finden sich die zentralen Ausgangspunkte und Thesen von Wilhelm Heitmeyer, auf denen die Schemata beruhen. 3. Heitmeyers Arbeiten: Zentrale Thesen und SchemataWilhelm Heitmeyers Studien knüpften ursprünglich an die mittlerweile vielzitierte Prognose Ralf Dahrendorfs aus 1997 an, dass wir uns "an der Schwelle zum autoritären Jahrhundert" befinden würden, da vieles auf solch eine Entwicklung hindeuten würde (Dahrendorf, 1997; Heitmeyer, 2022 b, S. 256). Dahrendorf wies vor über 25 Jahren auf das verhängnisvolle Zusammenwirken von Ökonomie, politischer Partizipation und sozialer Integration bzw. Desintegration hin und deutete dieses Spannungsverhältnis als eine "Quadratur des Kreises". Heitmeyer fragt in diesem Zusammenhang, "zu wessen Lasten diese Spannungen gehen würden" und "[...] wie sich unter dem Druck der kapitalistischen Kontrollgewinne die individuellen, kollektiven und institutionellen Kontrollverluste auswirken würden" (Heitmeyer, 2022 b, S. 256).Insbesondere die Langzeitstudie "Deutsche Zustände" zur gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit hat ergiebiges Daten- und Analysematerial erbracht, welches Heitmeyer in seinen Arbeiten verwendet (Heitmeyer, 2018, S. 28). Das Projekt mit seinen jährlichen repräsentativen Bevölkerungsbefragungen dient dazu, Langzeitverläufe sichtbar zu machen und eignet sich, um das Aufkommen und Erstarken der autoritär nationalradikalen AfD zu beleuchten.Heitmeyer konnte mit Hilfe der Resultate empirisch Zusammenhänge in zwei Richtungen nachweisen: "für die Unterstützung autoritärer Bewegungen sowie Parteien und gegen verschiedene Gruppen in der Gesellschaft (Frankenberg & Heitmeyer, 2022, S. 55). Je deutlicher man autoritäre Überzeugungen vertritt, desto eher stimme man fremdenfeindlichen und rassistischen Äußerungen zu, abgeschwächt auch Äußerungen zu Antisemitismus, Heterophobie und klassischem Sexismus sowie der These von Etabliertenvorrechten, also sozialer Dominanz in einem Hierarchiengefüge.So kam Heitmeyer auf das oben erwähnte und seither vielzitierte Fünftel der Bevölkerung (19,6%), das Einstellungen zu gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit hegt und als "Machtmaterial" für autoritäre Bewegungen, Parteien und Regime zur Etablierung und Sicherung von autoritären gesellschaftlichen und politischen Machtstrukturen dienen kann (Schaefer, Mansel & Heitmeyer, 2002, S. 125 f.; Frankenberg & Heitmeyer, 2022, S. 56). 2001 formulierte Wilhelm Heitmeyer seinen Ausgangspunkt wie folgt:"Die zu verfolgende These geht davon aus, daß [sic] sich ein autoritärer Kapitalismus herausbildet, der vielfältige Kontrollverluste erzeugt, die auch zu Demokratieentleerungen beitragen, so daß neue autoritäre Versuchungen durch staatliche Kontroll- und Repressionspolitik wie auch rabiater Rechtspopulismus befördert werden" (Heitmeyer, 2001, S. 500).Der sogenannte "autoritäre Kapitalismus" entstand durch eine neoliberale Politik rund um die Jahrtausendwende. Weitreichende ökonomische Kontrollgewinne in einerseits gesellschaftlichen Lebensbereichen über soziale Standards von Verdiensten und soziale Absicherung sowie andererseits über Standortentscheidungen waren zu verzeichnen, ergo übergriffig eindringende Prozesse, sodass nun mehr ökonomische Dominanz als Quelle für Kontrolllosigkeit sowie für Anomie gilt.Diese weitreichenden Kontrollgewinne des Kapitals wurden begleitet von ebenso weitreichenden politischen Kontrollverlusten nationalstaatlicher Politik, verbunden mit sozialen Desintegrationsprozessen von Teilen der Bevölkerung. Diese Auswirkungen blieben auf politischer Ebene allerdings solange wahlpolitisch folgenlos, bis ein entsprechendes politisches Angebot auf den Plan trat. In Deutschland erschien dieses Angebot in Form des autoritären Nationalradikalismus der AfD, besonders anschaulich im Jahr 2015 durch die politisch-kulturelle Krise der Flüchtlingsbewegungen und die Spaltung der AfD auf Bundesebene (Heitmeyer, 2022 a, S. 301; Heitmeyer, 2022 b, S. 261).2018 schreibt Heitmeyer, dass sich dies tatsächlich so ereignet hat und sich empirisch nachweisen lässt: "Ein zunehmend autoritärer Kapitalismus verstärkt soziale Desintegrationsprozesse in westlichen Gesellschaften, erzeugt zerstörerischen Druck auf liberale Demokratien und befördert autoritäre Bewegungen, Parteien und Regime" (Heitmeyer, 2018, S. 23). Nachfolgend werden das Modell des konzentrischen Eskalationskontinuums und das Untersuchungsschema beschrieben. 3.1 Konzentrisches EskalationskontinuumMit dem Schema des konzentrischen Eskalationskontinuums soll dargestellt werden, wie autoritäre Eliten auf Legitimation und Partizipation – unter anderem durch die Bürger:innen - angewiesen sind, zumindest so lange, wie sie ein "formales Demokratiesystem westlicher Prägung" aufrecht erhalten wollen oder auch durch soziale, politische und ökonomische Gegenkräfte dazu genötigt werden.Heitmeyer rückt somit die "[...] Entstehung von Eskalationsdynamiken ins Blickfeld, mit denen die zustimmende oder schweigend duldende Beteiligung von erheblichen Teilen der Bevölkerung zu erfassen ist" (Frankenberg & Heitmeyer, 2022, S. 43). Das konzentrische Eskalationskontinuum dient dazu, die Wucht rechter Bedrohungsallianzen herauszukristallisieren und soll helfen, Gewalt, Gewaltstadien und deren Ursachen besser verstehen zu können.Betrachtet werden Einstellungen und Verhaltensweisen einzelner unverbunden nebeneinander lebender Personen sowie formelle Mitgliedschaften in politischen Parteien oder Vereinigungen. Dem Eskalationsmodell zugrunde liegt das Milieukonzept. Heute sind nicht mehr zwingend physische Kontakte notwendig, da Milieubildung auch im virtuellen Raum stattfindet. Heitmeyer weist darauf hin, dass in diesem Zusammenhang durch ein entstehendes "Wir"-Gefühl gleichzeitig eine abwertende, diskriminierende und ausgrenzende "Die"-Kategorie mitgeliefert wird.Das Schema stellt im "Zwiebelmodell" fünf Stufen dar, die als Einstellungsmuster der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit in Teilen der Bevölkerung zu verstehen sind, die wiederum autoritären Versuchungen nachgeben und somit den Autoritären Nationalradikalismus der AfD in Deutschland, aber auch Fidesz in Ungarn oder der FPÖ in Österreich begünstigen (Heitmeyer, 2022, S. 43). Die jeweiligen eskalierenden Akteur:innengruppen in den Schalen des Modells werden kleiner, während die Gewaltorientierung im Inneren des Modells zunimmt.Als Kernmechanismus und verbindendes Element der Schalen zueinander werden die verschiedenen Legitimationsbrücken genannt. Fürderhin darf nicht unerwähnt bleiben, dass die Ideologie der Ungleichwertigkeit der kleinste gemeinsame Nenner aller Schichten des Eskalationskontinuums ist. Sie dient als Legitimationsfundus für personen- wie gruppenbezogene Diskriminierung, Ausgrenzung und Gewalt (Heitmeyer, Freiheit & Sitzer, 2021, S. 20). Abbildung 3: Konzentrisches Eskalationskontinuum (Quelle: eigene Darstellung nach Heitmeyer, 2018, S. 356; Heitmeyer, Freiheit & Sitzer, 2021, S. 59) Nachfolgend werden die Schichten im Spektrum von rechtem Denken bis zum terroristischen Handeln kurz erläutert: Die äußerste Schicht repräsentiert die gesamte Bevölkerung, in der in unterschiedlichem Ausmaß Einstellungen vertreten werden, je nach gesellschaftlicher Debatte, die der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit zugeordnet werden können. Diese Einstellungen in der Bevölkerung stellen individuelle Positionierungen dar, die parteipolitisch gebunden, "freischwebend" sein oder auch zwischen Parteien "vagabundieren" können. Diejenigen Teile der Bevölkerung mit menschenfeindlichen Einstellungen sympathisieren zwar maßgeblich mit der AfD, sind an sie jedoch nicht zwangsläufig gebunden und können auch andere Parteien präferieren und wählen (Heitmeyer, Freiheit & Sitzer, 2021, S. 60).Das Milieu des autoritären Nationalradikalismus, insbesondere der AfD, das an diese erste Schicht anschließt, präsentiert und propagiert entsprechende Ausgrenzungsstrategien und konstruierte Feindbilder. Die AfD "saugt" die jeweiligen individuellen Einstellungen in der Bevölkerung auf und verdichtet sie zu kollektiven Aussagen, die sie dann wiederum auf die politische Agenda setzt. Sie konzentriert also potenzielle menschenfeindliche Einstellungen in der Bevölkerung, die bereits im Vorfeld durch andere Bewegungen, wie beispielsweise Pegida, verdichtet wurden und bildet für sie den parlamentarischen Arm.Ein weiteres Kennzeichen dieses Milieus ist eine gewisse ideologische Heterogenität, da die Einstellungen von "[...] rechtskonservativen bis hin zu "Übergangspositionen" in das systemfeindliche Milieu des völkischen "Flügels" der AfD" reichen" (Heitmeyer, Freiheit & Sitzer, 2021, S. 62). Zudem bemüht sich die AfD um den Anstrich einer "bürgerlichen" Partei, um anschlussfähig an die Mitte der Gesellschaft zu sein.Im systemfeindlichen Milieu ist man parteipolitisch eindeutig im rechtsextremen Milieu verortet, Bezug genommen wird etwa auf die NPD, was auch für die extremistisch-modernistische Identitäre Bewegung gilt. Gemeint sind also rechtsextremistische Bewegungen und neonazistische Kameradschaften, die sich an einschlägigen historischen Vorbildern orientieren. Die gemeinsame Grundlage stellt die Ideologie der Ungleichwertigkeit dar. In diesem Milieu sind bereits Gewaltattitüden verbreitet, Gewalt wird akzeptiert und zur Ausübung ist man situativ bereit (Heitmeyer, Freiheit & Sitzer, 2021, S. 62). Jedoch lässt man sich in Form von Parteien durchaus darauf ein, vorübergehend am demokratischen System teilzunehmen.An staatliche Vorgaben passt man sich nur aus strategischen Überlegungen an, indem beispielsweise Demonstrationen angemeldet werden; zugleich ist "Systemüberwindung" das zentrale Ziel: "In der "Parteifantasie" arbeitet man auf den "Volksaufstand" hin, mit dem die Vergangenheit wiederhergestellt werden soll. Es ist ein offener und weitgehend öffentlicher Kampf gegen das verhasste System" (Heitmeyer, Freiheit & Sitzer, 2021, S. 64).Diese wenn auch nur vorübergehende Teilnahme am demokratischen System gilt als wesentlicher Unterschied zur vorletzten Schicht, dem klandestinen terroristischen Planungs- und Unterstützungsmilieu. Es schließt jegliche Teilnahme am demokratischen System aus und fasst jede partielle und temporäre Teilnahme als Verrat an der Bewegung auf (Heitmeyer, Freiheit & Sitzer, 2021, S. 64). Dieses Milieu gilt als noch radikaler und agiert im Geheimen, oft mit eindeutiger Gewaltoption oder Gewalttätigkeit. Ziel ist der "Umsturz", wenn nötig mit Waffengewalt, weshalb dieser verdeckte Kampf auch aus dem Untergrund unterstützt wird – hier weist Heitmeyer auf die hohe Zahl untergetauchter rechtsextremistischer Straftäter:innen als aufschlussreiches Indiz hin (Heitmeyer, Freiheit & Sitzer, 2021, S. 64).Den Kern der "Zwiebel" stellen terroristische Zellen oder Einzeltäter:innen dar. Den Unterschied zur vorherigen Eskalationsstufe stellt das alleinige Merkmal des "Grad(s) der Klandestinität und Vernichtungsrealisierung" dar: "Die einen führen zum Schein noch ein "normales" Alltagsleben, die anderen eine Existenz im Untergrund. Sie beschaffen Waffen, erstellen Todeslisten und bereiten sich auf den Tag X vor. Die einen planen die Vernichtungstaten, die anderen setzen sie um" (Heitmeyer, Freiheit & Sitzer, 2021, S. 64).Die fünf Schichten des konzentrischen Eskalationskontinuums werden durch sogenannte "Legitimationsbrücken" zusammengehalten. Diese können dann entstehen, wenn es für gesellschaftliche Entwicklungen keine Lösungen zu geben scheint. Die Entwicklungen werden als Bedrohungen empfunden, für die die "Anderen", beispielsweise Geflüchtete oder Menschen mit anderen Lebensstilen, oder "die da oben", ergo der Staat als Ganzes, demokratische Institutionen oder demokratisch gewählte Entscheidungsträger:innen, verantwortlich gemacht werden. Diese kollektiven Schuldzuweisungen aus Teilen der Bevölkerung können sich dann in gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit übersetzen.Zum anderen können sich die Legitimationen aus Verschwörungsideologien, aus Anleihen bei gesellschaftlichen Ordnungen oder historischen ideologischen Konzepten, wie dem Regime des Nationalsozialismus, dessen Ordnung wiederhergestellt werden soll, ergeben. Diese beispielhaft aufgezeigten Legitimationsquellen werden dann im Eskalationskontinuum von den äußeren Schichten weiter nach innen "transportiert (Heitmeyer, Freiheit & Sitzer, 2021, S. 65). Heitmeyer hat vier solcher Legitimationsbrücken jeweils zwischen den Stufen bestimmt, wie die folgende Abbildung zeigt:Abbildung 4: Legitimationsbrücken im Eskalationskontinuum (Quelle: eigene Darstellung nach Heitmeyer, Freiheit & Sitzer, 2021, S. 67)1. Das Einstellungsmuster gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit in Teilen der Bevölkerung stellt den Ausgangspunkt dar. Es dient dem autoritären Nationalradikalismus der AfD als Legitimation, entsprechende Feindbilder aufzubauen und zuzuspitzen. Wichtig anzumerken ist, dass auch Menschen mit diesen Einstellungen, die nicht die AfD wählen oder mit ihr sympathisieren, zu diesem Legitimationsfundus beitragen. Sie bestimmen das gesellschaftliche Klima mit, aus dem die AfD ihre politische Legitimation "saugt" (Heitmeyer, Freiheit & Sitzer, 2021, S. 66 f.).2. Führende Vertreter:innen des autoritären Nationalradikalismus der AfD machen von einer "Gewaltmembran" Gebrauch, was bedeutet, dass eine aggressive Rhetorik die trennende Membran zur nächsten Stufe in gewissen Fällen durchdringen kann und den Weg freilegt für autoritär nationalradikale Bewegungen mit weiteren Aufheizungen – psychische Gewaltandrohungen können von gewalttätigen Akteur:innen in physische Gewalt umgesetzt werden, "[...] ohne dass diese Gewalt den sprachlichen Urhebern und Legitimationsbeschaffern direkt zuzurechnen wäre" (Heitmeyer, 2018, S. 271). Durch diese Gewaltmembran werden dem systemfeindlichen Milieu Motive für entsprechende Gewalt geliefert. Zur aggressiven Rhetorik zählen beispielsweise Erzählungen von einem "Bevölkerungsaustausch", Parolen wie "Corona-Diktatur" oder das Beschwören von Untergangsszenarien von Führungskräften der AfD. Auch das Propagieren einer Reinterpretation der deutschen Geschichte insbesondere seitens des völkischen "Flügels" der AfD durch Begriffe wie "Umvolkung" bringt die Gewaltmembran zum Schwingen. Diese Rhetoriken und Untergangsfantasien erzeugen Handlungsdruck (Heitmeyer, Freiheit & Sitzer, 2021, S. 67 f.).3. Das systemfeindliche Milieu ist geprägt von verschiedenen Akteur:innen, die sich auf der Schwelle zur Legitimation offener Gewalt gegen Vertreter:innen des Staates und gegen Minderheiten bewegen. Heitmeyer führt als Beispiel die Partei "Die Rechte" an, die den klandestinen terroristischen Planungsmilieus Motivation und Legitimation liefert (Heitmeyer, Freiheit & Sitzer, 2021, S. 68).4. Im letzten Schritt stehen die klandestinen Planungsmilieus. Diese errichten im Gegensatz zu den vorherigen Eskalationsstufen keine zusätzlichen ideologischen Legitimationsbrücken. Ihr Ziel sind die "Brücken zur Tat" und das Abschirmen terroristischer Akteur:innen gegen staatliche Verfolgung (Heitmeyer, Freiheit & Sitzer, 2021, S. 68).Hieraus resultiert die Schlussfolgerung, dass über verschiedene, eskalierende Stufen jene Teile der Bevölkerung, die explizite autoritäre Einstellungen oder Einstellungen der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit aufweisen, an politischer Gewalt beteiligt sind; nicht zwangsläufig als Täter:innen im juristischen Sinne, aber als Gehilf:innen und Legitimationshelfer:innen, wie das konzentrische Eskalationskontinuum anschaulich darstellt (Frankenberg & Heitmeyer, 2022, S. 43). Das Modell des konzentrischen Eskalationskontinuums wird in Kapitel 6 in Bezug auf das Auftreten der AfD näher erläutert und an Beispielen untersucht.3.2 Analyseschema2018 hat Heitmeyer ein weiteres Analyseschema eingeführt. Ausgangspunkt für dieses soziologische Analysekonzept ist die Thematik, dass allein das Vorhandensein von autoritären Versuchungen in Teilen der Bevölkerung nicht ausreicht, um die entsprechenden Inhalte dann auch umgesetzt zu sehen. Hierzu ist es notwendig, dass diese Einstellungen in der Bevölkerung zusammen mit autoritären politischen Angeboten wirken. Insofern, formuliert Heitmeyer, "[...] wäre es zu kurz gegriffen, die Entstehung von autoritären Versuchungen nur aus Fehlentwicklungen des politischen Systems erklären zu wollen" (2018, S. 21).Die erste Ebene des Analyseschemas bildet Interdependenzen zwischen dem ökonomischen, sozialen und politischen Bereich ab. Diese sind als strukturelle Entwicklungen gekennzeichnet. Die unter "individuelle Verarbeitung" genannten Punkte sind von großer Bedeutung. Zentral ist hier, wie diese Erfahrungen bzw. Wahrnehmungen der ersten Ebene seitens der Bevölkerung subjektiv und individuell verarbeitet werden. Die individuellen Verarbeitungsmechanismen werden nach der Konzeption von Heitmeyer durch die "gesellschaftliche Integrations- und Desintegrationsdynamik" geprägt. Hierfür sind die folgenden Faktoren und Fragen von besonderer Bedeutung:"Sicherheit oder Unsicherheit der materiellen Reproduktion, der Anerkennung, des Statusaufstiegs, der Statussicherung bzw. des Statusabstieges, und ein Gefühl der Kontrolle über die eigene Biografie.Wird die eigene Stimme bzw. die Stimme der sozialen, ethnischen oder religiösen Gruppe, der Personen sich zugehörig fühlen, von den Regierenden wahrgenommen oder vielmehr ignoriert?Verlässlichkeit oder Erosion sozialer Beziehungen und Anerkennung der eigenen Identität bzw. der Identität der eigenen Gruppe durch Dritte, um emotionale Zugehörigkeit zu sichern" (Heitmeyer, 2018, S. 22).Zentral in Heitmeyers Analyse sind der Kontrollverluste und die Defizite in der Wahrnehmung sowie der subjektive Begriff der Anerkennung. Diese Verarbeitungen haben Auswirkungen auf die Integrations- und Desintegrationsprozesse bzw. auf Anerkennungsverhältnisse, aus welchen im letzten Schritt politische Konsequenzen, also politische Handlungsfolgen, resultieren.Essenziell ist an dieser Stelle die Tatsache, dass die individuellen Verarbeitungen auch als Grund dafür angeführt werden können, weshalb nicht alle Teile der Bevölkerung, die unter einer Art von Desintegrationsdynamik leiden, zwangsläufig für autoritäre Versuchungen anfällig sind und sich wahlpolitisch entsprechend verhalten. Von einer Krisenfolge betroffen zu sein, hat also nicht zwangsläufig das Annehmen eines autoritär nationalradikalen Angebots zur Folge (Heitmeyer, 2022 b, S. 269).Auch die autoritären Bewegungen, Parteien und Regime weisen autoritäre Versuchungen auf, die zu entsprechenden Einstellungen und Entscheidungen führen, die das gesellschaftliche Zusammenleben beeinflussen, da sie Bezug auf die ökonomischen, sozialen und politischen Systeme nehmen (Heitmeyer, 2018, S. 21 f.). Dieses Schema wurde von Heitmeyer mit diversen theoretischen Ansätzen angelegt und ausgefüllt mit empirischen Daten (Heitmeyer, 2022 b, S. 252).Das Theoriegeflecht aus mehreren sich ergänzenden disziplinären Zugängen besteht aus der Theorie Sozialer Desintegration von Anhut & Heitmeyer, der Konflikttheorie von Hirschman, der Theorie kapitalistischer Landnahme von Dörre, der Anomietheorie von Thome und dem kontrolltheoretischen Ansatz aus der Sozialpsychologie von Frey & Jonas. Die für das Analysekonzept wichtigsten Charakteristiken dieser Theorien werden in Heitmeyer 2018 und 2022 b ausführlich erklärt. Die genauere Betrachtung dieser Theorien würde den Rahmen der vorliegenden Arbeit sprengen, weshalb darauf an dieser Stelle verzichtet wird.Abbildung 5: Analyseschema (Quelle: eigene Darstellung nach Heitmeyer, 2018, S. 21)Erfolge rechter Parteien und Bewegungen wären demnach nicht möglich gewesen ohne bestimmte Entwicklungen im sozialen System der Gesellschaft, im politischen System der Demokratie und im ökonomischen System des globalisierten Kapitalismus (Heitmeyer, 2018, S. 16). Durch das vorliegende Analyseschema soll verdeutlicht werden, wie autoritärer Kapitalismus in Zusammenwirken mit sozialen Desintegrationsprozessen und politischer Demokratieentleerung als "Ursachenmuster für die Realisierung autoritärer Sehnsüchte" fungiert (Heitmeyer, 2018, S. 16 f.).Demokratieentleerung meint, dass ein Teil der Bevölkerung das Gefühl hat, nicht mehr wahrgenommen zu werden und gleichzeitig das Vertrauen schwindet, dass die herrschende Politik bzw. die Regierung willens und fähig ist, soziale Ungleichheit zu bekämpfen. Dies mündet bei Teilen der Bevölkerung in ein Gefühl, Bürger:innen zweiter Klasse zu sein (Heitmeyer, Freiheit & Sitzer, 2021, S. 48). Heitmeyer hat 2022 das Analyseschema ergänzt; die Komponenten Krisen und Kontrollverluste wurden entsprechend ausdifferenziert (siehe Abbildung 6). Im Folgenden werden Krisen und Kontrollverluste als besondere Treiber autoritärer Entwicklungen und die dahingehende Erweiterung des Analyseschemas beleuchtet.4. Krisen und Kontrollverluste als Treiber autoritärer EntwicklungenEine Krise wird von Frankenberg & Heitmeyer durch drei Charakteristika definiert. Die bisherigen sozialen, ökonomischen und politischen Routinen zur Bewältigung von Ereignissen greifen nicht mehr und die bis dato vorhandenen Wissensbestände zur Problemlösung reichen nicht aus. Zusätzlich sind die Zustände, wie sie vor diesen Ereignissen herrschten, nicht wieder herstellbar. Darüber hinaus konkurrieren in solch krisenhaften Situationen verschiedene Möglichkeiten zu ihrer Bewältigung, was wiederum anomische Verhaltensunsicherheiten erzeugt (Frankenberg & Heitmeyer, 2022, S. 45).Die Kombination der drei Kriterien legt nahe, dass "Situationen mit notstandsähnlichem Zuschnitt" mit der Erfahrung von Kontrollverlusten verflochten sind (Frankenberg & Heitmeyer, 2022, S. 45; Heitmeyer, 2023, S. 253). Insofern verwundert die Tatsache nicht, wenn die These vertreten wird, dass krisenhaft zugespitzte Entwicklungen und Ereignisse nicht allein, jedoch in besonderem Maße als Treiber und Pfade des Autoritären sowie rechtsextremer Aktivitäten zählen (Heitmeyer, 2022 b, S. 251).Von autoritären Regimen wird in Krisen oder notstandsähnlichen Situationen erwartet, dass sie Sicherheit und die Wiedergewinnung der Kontrolle gewährleisten können (2022, S. 44 f.). Zudem werden die Ereignisse von der Bevölkerung individuell je nach Betroffenheit und auch Resilienz unterschiedlich bearbeitet. Diese Verarbeitung wiederum wird unterschiedlich intensiv und nachhaltig in individuelle Befürchtungen sowie kollektive Ängste übertragen. Somit dienen sie dazu, Vorstellungen von Entsicherungen und Kontrollverlusten zu erzeugen, die sich identifizieren lassen als Treiber autoritärer Bestrebungen (Frankenberg & Heitmeyer, 2022, S. 45 f.).Eine weitere wichtige Unterscheidung in der Konzeption von Krise ist die Unterteilung in zwei Typen von Krise. Der erste Typus, sektorale Krisen, erfasst unterschiedliche Lebensbereiche und Funktionssysteme einer Gesellschaft schlagartig und mit massiven "Funktionsstörungen". Dazu gehören ein zeitlich entzerrtes Auftreten sowie die Lokalisierung in unterschiedlichen Teilbereichen der Gesellschaft. Zudem gab es verschiedene Instrumente, um diese Funktionsstörungen einzudämmen und gravierendere Auswirkungen zu verhindern.In der "Post-9/11"-Ära, in den sogenannten "entsicherten Jahrzehnten" seit Beginn des 21. Jahrhunderts, werden nach Heitmeyer vor allem drei – mit 9/11 als religiös-politische Krise vier - verschärfte Gefahrenlagen als sektorale Krisen identifiziert. Dazu zählt ab 2005 die Einführung von Hartz IV als eine sektorale, soziale Krise für gewisse Teile der Bevölkerung, die mit Statusängsten oder auch mit sozialem Abstieg konfrontiert waren. Weiter ist ab 2008/2009 die weltweite Banken- und Finanzkrise zu nennen, die die "systemrelevante" Finanzökonomie ins Wanken brachte mit Ausstrahlungseffekten auf das Gesamtsystem als ökonomisch-politische Krise. Fürderhin wird die sogenannte "Flüchtlingskrise" 2015/2016 als sozial-kulturelle bzw. kulturell-politische Krise angesehen, die das politisch-administrative System prägte (Frankenberg & Heitmeyer, 2022, S. 46; Heitmeyer, 2022 b, S. 255).Der zweite Typus bezieht sich auf systemische Krisen. Sie erfassen das gesamte Gesellschaftssystem in sich zuspitzenden Gefahrenlagen. Als langsame bzw. schleichende systemische Krise kann die Klimakrise angesehen werden, als "schnelle" systemische Krise die COVID-19 Pandemie. Hier werden die Potenziale für autoritäre Entwicklungen besonders offen sichtbar, da zahlreiche "Einhegungsinstrumente" nicht greifen, wodurch politische, individuell-biografische und kollektive Kontrollverluste auftreten, die politisch instrumentalisiert und mit Verschwörungstheorien und Wahnvorstellungen verbunden werden können (Frankenberg & Heitmeyer, 2022, S. 46 f.). Krisen lösen je nach Gefahrenlage individuelle und kollektive Befürchtungen aus, die sich in der Vorstellung einer "kollektiven Hilflosigkeit" verdichten können.In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage nach Krisenängsten, ob und wie sie zu Treibern autoritärer Entwicklungen werden können. Ängste, unabhängig davon, ob eingebildet oder realistisch, ob auf Wissen oder Unwissen beruhend, lassen sich schwerlich von einer politischen Klasse, von Unternehmen oder dem freien Markt abfangen. Je mehr sich Gefahrenlagen häufen und sich Wahrnehmungen von Kontrollverlusten sowie Unsicherheiten ausbreiten, fallen auch Rechtsprechung und Verfassung als Orientierungsmedien aus und auch Wissenschaften können diese nicht mit der Lieferung von Begleitgewissheit neutralisieren.In solchen Situationen "[...] mutieren selbst Realängste, die vor greifbaren, konkreten Gefahren warnen, zu frei flottierenden, allfälligen Befürchtungen, die jede Risikoeinschätzung verhindern und irrationale Rettungsbedürfnisse wecken" (Frankenberg & Heitmeyer, 2022, S. 53). Diese Situationen können dann von autoritären Bewegungen, Organisationen und Regimen ausgebeutet werden, indem zunächst Ängste geschürt und im zweiten Schritt die Anhänger:innen mit wahnhaften Rettungsphantasien "versorgt" werden. Alexander Gaulands Aussage, "Wir werden uns unser Land und unser Volk zurückholen", liefert ein entsprechendes prominentes Beispiel für das Versprechen, die Kontrolle wieder herzustellen (Reuters Staff, 2017; Frankenberg & Heitmeyer, 2022, S. 53; Nickschas, 2023).Eine Annahme von Heitmeyer & Heyder lautet hier, dass die Faktoren der Standortlosigkeit und Kontrollverluste Autoritarismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit bestärken. Eine Variante zur Wiederherstellung von Stabilität stellt die Demonstration von Überlegenheit dar, die durch autoritäre Aggression ausgeübt werden kann. Um wirklich Überlegenheit demonstrieren zu können, muss diese möglichst risikoarm sein; dies ist dann gegeben, wenn besonders schwache, machtlose Gruppen als Gegner:innen ausgewählt werden (Heitmeyer & Heyder, 2002, S. 62). Empirisch stehen Abstiegsängste in einem signifikanten Zusammenhang mit einerseits Kontrollverlust-Situationen und andererseits der Abwertung schwacher Gruppen:"Wenn jemandem das eigene Leben außer Kontrolle gerät (oder zu geraten scheint), kann das Panik erzeugen. Zur Panikbekämpfung erfolgt dann eine Selbstaufwertung, die gleichzeitig die Abwertung von ungleichwertig markierten Gruppen bedeutet (Flüchtlinge, Migranten, Langzeitarbeitslose etc.)" (Heitmeyer, 2018, S. 109).Die individuellen Verarbeitungsmuster von Krisen und (gefühlten) Kontrollverlusten lassen sich durch entsprechende autoritäre Angebote von "rechtspopulistischen Mobilisierungsexperten" – mittels scharf konturierter Feindbilder und Kontrollversprechen - politisch aufladen und bedienen zur vermeintlichen "Wiederherstellung von Ordnung" (Heitmeyer, 2018, S. 106).2022 stützt Heitmeyer also die oben erwähnte These von Krisen als besondere Treiber autoritärer Entwicklungen und rechtsextremer Aktivitäten, indem er formuliert, dass der Blick auf Veränderungen in Richtung autoritärer Entwicklungen in gesellschaftlichen und politischen Verläufen geweitet werden soll, die unter verstärktem Einfluss zeitlich verdichteter Krisen stattfinden (Heitmeyer, 2022 b, S. 251). Das soziologische Analysekonzept von 2018 wird entsprechend angepasst um die zwei zentralen Eskalationstreiber Krisen und Kontrollverluste bzw. "Kontrollverluste als Krisenfolgen" (siehe Abbildung 6).Dies geht aus der Abbildung insofern deutlich hervor, als in die Strukturentwicklungen der ökonomischen, sozialen und politischen Dimension "[...] verschiedene Krisen mit unterschiedlichen Auswirkungen "hineingewirkt" und Einfluss genommen haben auf die individuellen psychologischen und sozialen Verarbeitungen, die wiederum mit Kontrollverlusten durchsetzt waren – immer auch je nach Krisenbetroffenheit" (Heitmeyer, 2022 b, S. 252 f.). Hierdurch entstanden durch das generelle Bedürfnis nach Realitätskontrolle Handlungsoptionen, die mehrfach variieren und auch autoritäre Versuchungen bzw. Gefahren beinhalten können.Abbildung 6: Analyseschema, erweitert und angepasst (Quelle: eigene Darstellung nach Heitmeyer, 2018, S. 21; Heitmeyer, 2022 b, S. 254)Fürderhin ist anzufügen, dass sich Kontrollverluste in Krisen verschiedenartig ausdrücken und sich Verhaltensmöglichkeiten zur Realitätskontrolle, also zur Lösung von Problemen, massiv verengen, insbesondere in systemischen Krisen. Individuelle Suchbewegungen setzen ein, um das grundlegende Bedürfnis nach Realitätskontrolle zu befriedigen. Diese Suchbewegungen schließen politische Suchbewegungen nach autoritären Akteur:innen mit ein, die die Wiederherstellung von Kontrolle durch Reduktion der Krisenkomplexität versprechen (Heitmeyer, 2022 b, S. 256).Krisen und Kontrollverluste treten daher als Treiber autoritärer politischer sowie gesellschaftlicher Entwicklungspfade in Erscheinung, da indes eine kritische Masse entstanden ist, die nicht mehr in der Lage ist, ihr zentrale Bedürfnis nach Realitätskontrolle im "bisher gewohnten Maße" zu realisieren. Genau das bieten autoritäre Akteur:innen im Gegensatz zur abnehmenden Kapazität liberaler Demokratien, geeignete Lösungen schnell zu finden und die Kontrolle wiederherzustellen (Heitmeyer, 2022 b, S. 257). Zudem ist diese versprochene Wiederherstellung keine Wiederherstellung des vorhergehenden Prä-Krisenzustandes, "[...] sondern eine autoritäre Veränderung von Kontrolle und damit auch veränderte ökonomische, soziale, kulturelle und politische Verhältnisse" (Heitmeyer, 2022 b, S. 257).Als Indiz sieht Heitmeyer zwei Mechanismen, die besonders hervorstechen: Einerseits die Ambivalenz, dass zahllose Widersprüche zunehmen, und andererseits die Ambiguität, dass zunehmende Komplexität von modernen Gesellschaften gepaart sind mit uneindeutigen Situationen und Zukünften. Ambivalenz- und Ambiguitätstoleranz kristallisieren sich also als unabdingbar heraus, um autoritären Versuchungen nicht nachzugeben."Denn wenn Sitationen [sic] oder auch die Anwesenheit von fremden Menschen als unberechenbar oder unkontrollierbar wahrgenommen werden, dann reagieren Personen, deren Ambiguitätstoleranz niedrig ist, mit vereinfachten Weltsichten oder Stereotypen, um wieder Ordnung, Struktur und Kontrolle zu erreichen" (Heitmeyer, 2018, S. 80).Hinzu tritt das Verschwimmen von gesellschaftlichen Koordinaten, die eigentlich als Vergewisserungen der jeweils eigenen Position in der Gesellschaft dienen, welches die Suchbewegungen nach politischen Akteur:innen aktiviert, die vorgeben, Widersprüche zu lösen, Unklarheiten in Klarheiten verwandeln und Kontrolle wiederherzustellen versprechen (Heitmeyer, 2018, S. 109 ff.; Heitmeyer, 2022 b, S. 258 f.).Hieraus könnte die Folgerung gezogen werden, dass das Potenzial von autoritären Versuchungen in der Moderne angelegt sei: "Ambivalenzen und Ambiguitäten als Grundparadigma der Moderne entfalten unter dem Druck von Krisen und damit verbundenen Kontrollverlusten eine neue Wucht, die ins Autoritäre drängt" (Heitmeyer, 2022 b, S. 259). Beispielsweise ist die erwähnte "Entweder-Oder" Logik im Vergleich zu "Mehr-oder-weniger" darauf angelegt, Ambivalenzen und Ambiguitäten zu beseitigen. "Das Autoritäre dient dann als Strategie zur Reduzierung von ökonomischer, sozialer und politischer Komplexität – und gleichzeitig von Freiheitsräumen" (Heitmeyer, 2022 b, S. 259).Heitmeyers Analysen zeigen, dass die Fähigkeiten zum Aushalten von Ambiguitäten und zum Umgang mit Ambivalenzen über zukünftige soziale, politische und ökonomische Entwicklungspfade in Teilen der Bevölkerung abnehmen. Dies ist passgenau für das Angebot vonseiten der autoritär-nationalradikalen Akteur:innen mit ihren dichotomischen Welt- und Gesellschaftsbildern (siehe Kapitel 2.2); das Angebot eignet sich hervorragend für mobilisierende Ideologien und rhetorische Eskalation (Heitmeyer, 2018, S. 246 f.).Erfolge rechter Parteien und Bewegungen wären demnach also nicht möglich gewesen ohne bestimmte Entwicklungen im sozialen System der Gesellschaft, im politischen System der Demokratie und im ökonomischen System des globalisierten Kapitalismus (Heitmeyer, 2018, S. 16). Konkreter ist es das Zusammenwirken eines autoritären Kapitalismus, sozialer Desintegrationsprozesse und politischer Demokratieentleerung als Ursachenmuster für die "Realisierung autoritärer Sehnsüchte" (Heitmeyer, 2018, S. 17).5. Die Partei "Alternative für Deutschland"Mit der inhaltlichen Neuausrichtung der vormals liberal-konservativen, eurokritischen Partei ab 2015 sowie mit dem immer weiter um sich greifenden Einfluss von rechtsextremistischen Akteur:innen innerhalb der AfD hält Heitmeyer es nicht mehr für angemessen, die AfD als rechtspopulistisch zu "verharmlosen", noch die Partei als vollständig rechtsextrem oder neonazistisch zu bezeichnen (Heitmeyer, 2022 a, S. 302; Heitmeyer, 2022 b, S. 265 f.; Heitmeyer & Piorkowski, 2023). Mit der herkömmlichen Typologie sei die AfD, als Typ einer neuen Partei, nicht zu beschreiben. Ebenso reichen die bisherigen Begriffe und Kategorien nicht aus, um "analytische Klarheit" über Zustand und Entwicklung der AfD zu gewinnen (Heitmeyer, 2018, S. 233).Seit dieser Neuausrichtung zieht die AfD Teile der Bevölkerung an, die unter den oben beschriebenen Krisen Kontrollverluste wahrnehmen oder empfinden und eine Wiedererlangung der Kontrolle forcieren. Das Autoritäre ist dann ein Weg zur Realitätskontrolle. Insofern lässt sich deutlich machen, dass die AfD nicht der Grund für die Entstehung von autoritären Versuchungen in der Bevölkerung ist. Diese autoritären Einstellungsmuster "schlummern" in Teilen der Bevölkerung bereits über einen längeren Zeitraum als Gefahrenpotenzial für die offene Gesellschaft (Heitmeyer, 2018, S. 113):"Ein Zwischenfazit zum Zusammenwirken von strukturellen Entsicherungen und individuellen Verunsicherungen zeigt, dass aufgrund der Krisen und ihrer Verarbeitungen, aufgrund von veränderten Lebensumständen und von Verschiebungen der gesellschaftlichen Koordinaten in entsicherten Zeiten bei Teilen der Bevölkerung ein erheblicher "Vorrat" an gruppenbezogen-menschenfeindlichen Einstellungen existiert, an die autoritäre politische Akteure bloß noch anzuknüpfen brauchten" (Heitmeyer, 2018, S. 117).Dies bedeutet, dass die Erfolgsvoraussetzungen des autoritären Nationalradikalismus der AfD eine längere Vorgeschichte haben, die in den letzten Jahrzehnten geformt und vorangetrieben wurden durch neue Entwicklungen des kapitalistischen Systems. Die Wähler:innen der AfD waren zuvor Wechselwähler:innen oder wählten gar nicht (Heitmeyer, Freiheit & Sitzer, 2021, S. 115). Sie verharrten dann in "wutgetränkter Apathie", was folgenlos blieb für die Politik, da diese Teile der Bevölkerung keinen wahlpolitischen Ausdruck fanden.Dieser in der Bevölkerung existierende Autoritarismus, der laut Heitmeyer "[...] vagabundierte, mal auf diese, mal auf jene im Bundestag vertretene Partei setzte oder aber gar nicht offen zutage trat, sondern in der politischen Apathie verharrte [...]" (2018, S. 237), hat durch das Aufkommen der Partei "Alternative für Deutschland" und ihren autoritären Nationalradikalismus ein neues politisches "Ortsangebot" bekommen. Hinsichtlich des oben beschriebenen Zwischenfazits lässt sich konstatieren, dass es der AfD offensichtlich gelungen ist, "[...] Personen aus ihrer individuellen Ohnmacht herauszuholen und mit kollektiven Machtfantasien auszustatten. Dazu gehört es auch, gruppenbezogen-menschenfeindliche Einstellungen zu kanalisieren und gegen schwache Gruppen zu richten" (Heitmeyer, Freiheit & Sitzer, 2021, S. 116).In diesen Prozessen ist die Ideologie der Ungleichwertig eingelagert und wird genutzt, um sich selbst aufzuwerten durch Abwertung und Ausgrenzung der vermeintlich "Anderen". Für die sogenannte "rohe Bürgerlichkeit" entstehen neue Anschlussmöglichkeiten. Unter diesem Begriff verbirgt sich keine soziale Klassenzugehörigkeit, sondern es handelt sich um eine verachtende Haltung gegenüber Schwächeren, geäußert in einer rabiaten Rhetorik und gepaart mit einer Ideologie, in der bestimmte Gruppen als ungleichwertig angesehen werden, während sich die eigentlichen autoritären Haltungen hinter einer dünnen Schicht zivilisiert-vornehmen, also bürgerlichen äußeren Umgangsformen, verbergen (Heitmeyer, 2018, S. 310; Heitmeyer, 2022 b, S. 273).6. Der autoritäre Nationalradikalismus der AfDSo folgert Heitmeyer, dass die AfD vorrangig für jenes Publikum attraktiv ist, "[...] das sich einerseits von den flachen Sprüchen rechtspopulistischer Akteure, die nur auf schnelle Erregungszustände fixiert sind, nichts verspricht, und sich andererseits von der Brutalität des Rechtsextremismus distanziert, um seine Bürgerlichkeit zu unterstreichen" (Heitmeyer, 2018, S. 235). Er weist zurecht auf ihre "bürgerliche Patina" hin, die die AfD für viele gesellschaftliche Gruppen wählbar macht (Heitmeyer & Piorkowski, 2023).Vor diesem Hintergrund überrascht der empirische Befund nicht, dass die bereits benannten 19,6 % der Bevölkerung mit Einstellungen zu gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit sich selbst in der "politischen Mitte" einordnet, weshalb sich die "bürgerliche Patina" für die AfD als unentbehrlich erweist (Schaefer, Mansel & Heitmeyer, 2002, S. 132 f.).Die neue begriffliche Rahmung dient dazu, unterschiedliche inhaltliche und formale Ebenen zusammenzufassen, wie prägende Einstellungsmuster, der Mobilisierungsstil sowie zentrale programmatische Aussagen zu "bewegenden Themen" (Heitmeyer, 2018, S. 234). Daher ordnet Heitmeyer die AfD als autoritäre nationalradikale Partei ein, die gleichzeitig als Kern des autoritären Nationalradikalismus in Deutschland fungiert. Im Folgenden wird das Agieren der Partei als Protagonistin des autoritären Nationalradikalismus anhand der in Kapitel 2.4 erklärten Charakteristika erläutert:Als autoritär wird sie charakterisiert, da das Kontrollparadigma grundsätzlich ihre Vorstellungen von Politik sowie Gesellschaft durchzieht. Beispiele sind Forderungen nach einer streng hierarchisch organisierten sozialen Ordnung sowie nach rigider Führung in politischen Institutionen. Auch beruht das Verständnis von Politik und Gesellschaft wesentlich auf den Kategorien "Kampf und Konflikt", womit dichotomische Gesellschaftsbilder und strenge Freund-Feind-Schemata einhergehen (Heitmeyer, 2018, S. 234).Als national wird sie aufgrund der "[...] Betonung der außerordentlichen Stellung des deutschen Volkes" bezeichnet (Heitmeyer, 2018, S. 234). Hinzu kommt auch die Beanspruchung einer "neuen deutschen" Vergangenheitsdeutung sowie eines Überlegenheitsanspruchs gegenüber anderen Nationen oder ethnischen und religiösen Gruppen (Heitmeyer, 2018, S. 235).Das radikale Moment liegt in der Bekämpfung der offenen Gesellschaft und dem Ziel, die liberale Demokratie grundlegend umzubauen. Somit positioniert sich die Partei gegen zwei zentrale politisch-gesellschaftliche Errungenschaften. Hierzu dient ein rabiater und emotionalisierter Mobilisierungsstil der AfD, der mit menschenfeindlichen Grenzüberschreitungen arbeitet (Heitmeyer, 2018, S. 235).Die AfD hat die Destabilisierung gesellschaftlicher und politischer Institutionen zum Ziel, was entscheidend für die Erfolgsgeschichte der Partei ist, es geht um Militär, Polizei, Gerichte, Gewerkschaften, Rundfunkräte, politische Bildung, Theater oder auch Feuerwehrverbände (Heitmeyer, Freiheit & Sitzer, 2021, S. 107). Hierin besteht nach Heitmeyer die eigentliche Gefahr. Das Fiasko rund um die Wahl des Ministerpräsidenten in Thüringen 2020 zeigt, dass mittlerweile auch das parlamentarische System von der forcierten Destabilisierung betroffen ist (Heitmeyer, Freiheit & Sitzer, 2021, S. 107). Der autoritäre Nationalradikalismus der AfD und das Agieren der Partei soll im folgenden exemplarisch an zwei Krisen der vergangenen Jahre behandelt werden.Die Fluchtbewegungen ab 2015 bezeichnete Alexander Gauland als "Geschenk" für seine Partei, die AfD (Decker, 2022). In der Tat diente sie AfD und PEGIDA, um Personen, die vorrangig unter Anerkennungsdefiziten litten, mittels dichotomischer Weltbilder und der Emotionalisierung sozial-kultureller Probleme zu instrumentalisieren. Der anhaltende Erfolgsmechanismus von Parteien und Bewegungen wie AfD und PEGIDA besteht demnach darin, Anerkennungsprobleme zu bearbeiten und so Selbstwirksamkeit erfahren zu lassen. Als (potenzielle) Wähler:in würde man wahrgenommen werden und dies ließ Handlungsbereitschaften entstehen, die einerseits autoritäre Ausrichtungen entwickelten und andererseits themengebunden immer wieder neu aktiviert werden können (Heitmeyer, 2022 b, S. 275). Dies ist bei dem bereits genannten "Entweder-Oder"-Mechanismus der Fall, da es um "Alles" geht und Kompromisse von vornherein ausschließt.Weiter führt Heitmeyer aus, dass die Verbindungen von einem systemischen Krisentypus, wie beispielsweise der COVID-19-Pandemie, mit einer "Entweder-Oder"-Konfliktstruktur gesellschaftliche Entwicklungen begünstigen, die zwar nicht die Gesellschaft spalten, jedoch asymmetrisch polarisieren zwischen einer Bevölkerungsmehrheit und einer Minderheit (Beispiel: Geimpfte vs. Impfgegner:innen). In solchen Konstellationen enthüllt sich das Zusammenwirken und gemeinsame Auftreten der aufgeführten Mechanismen als äußerst gewaltanfällig (Heitmeyer, 2022 b, S. 275 f.).Im Jahr 2015 war der "Kampf um die Opferrolle" ein zentraler Mechanismus der AfD, um die Mobilisierung gegenüber Geflüchteten und staatlicher sowie gesellschaftlicher Integrationspolitik voranzubringen. Entsprechend entstanden Kampfbegriffe wie "Umvolkung" oder das Propagieren des "Untergangs der deutschen Kultur". Die Opferrolle kann nach Heitmeyer als Schlüsselkategorie interpretiert werden, "[...] denn wer [sich] in der öffentlichen Wahrnehmung glaubhaft als Opfer darstellen kann, schafft damit eine zentrale "moralgetränkte" Kategorie, um Widerstand als Notwehrrecht einschließlich Gewalt zu legitimieren" (Heitmeyer, 2022 b, S. 266). Insofern gilt der Opferstatus als eines der wichtigsten Instrumente, um Anhänger:innen an sich zu binden.Im Verlauf der COVID-19-Pandemie verkehren sich die Verhältnisse in den digitalen Medien, auf radikalisierten Demonstrationen und in der öffentlichen Debatte, was auch darauf zurückzuführen ist, dass der Mechanismus einer veränderten "Täter-Opfer"-Konstruktion sich ausbreitet. Neue Gelegenheitsstrukturen und Mobilisierungsaktivitäten werden in Figuren von "Freiheitskämpfern" ausgebaut und radikalisiert.Während der sogenannten "Flüchtlingskrise" waren es vor allem männliche Geflüchtete, die in der öffentlichen Wahrnehmung als bedrohliche Täter, die Verbrechen wie Vergewaltigungen und Tötungen begehen, dargestellt wurden. Staatliche Institutionen ließen sie "gewähren" im Sinne einer bevorstehenden "Umvolkung" (Heitmeyer, 2022 b, S. 266). In der COVID-19-Krise trat der Staat als Haupttäter auf: Die Bevölkerung wurde in den Lockdown getrieben, massiven Freiheitsbeschränkungen unterworfen und Ungeimpfte – ob Gegner:in oder nur Zweifelnde – wurden durch eine "Corona-Diktatur" in die Knie gezwungen.In diesem Strukturwandel wirken Verschwörungstheorien passgenau auf ideologische Konzeptionen ein, die an Krisen sowie an Kontrollverluste andockt. Verschwörungstheorien bilden hier als quasi-religiöses, glaubensbasiertes Kampfinstrument eine Art Ersatzlösung für die in der Moderne verloren gegangenen Gewissheiten und markieren gleichzeitig Feindgruppen für autoritäre politische "Lösungen", meist auch antisemitisch aufgeladen.Im Sinne des angeführten konzentrischen Eskalationskontinuums sind es unter anderem solche Parolen und Kampfbegriffe, die als begrifflich "notwehrrelevante" Legitimationsbrücken dienen. So wurden während der COVID-19-Pandemie von parlamentarisch einflussreichen Positionen weitere eskalationsorientierte Handlungsweisen beflügelt (Heitmeyer, 2022 b, S. 267). Die bisher aufgeführten Mechanismen und Strukturen fungieren demnach also als Bestandteile von Radikalisierungsprozessen. Diese wiederum bilden die Voraussetzungen für das Aufkommen von physischer Gewalt, von Körperverletzungen bis hin zu rechtsterroristischen Vernichtungstaten. Um diese Wirkung aufzuzeigen, soll folgend das Agieren der AfD anhand des oben beschriebenen Eskalationskontinuums verdeutlicht werden.In den "Schalen" des "Zwiebelmusters" wird, wie oben erläutert, die Gewaltorientierung größer, während die eskalierenden Akteur:innengruppen kleiner werden. Als Kernmechanismus werden die verschiedenen Legitimationsbrücken angeführt. In der äußersten, der größten Schale, finden sich feindbildliche autoritäre Einstellungsmuster in Teilen der Bevölkerung gegenüber dem Staat als Ganzes und generell demokratischer Politik. Diese liefern die entsprechenden Legitimationen für das Auftreten und Agieren des autoritären Nationalradikalismus der AfD.Zu Beginn der Pandemie forderte die AfD zunächst besonders harte Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung, sie blieb bei ihrem Stil der Emotionalisierung politischer und sozialer Probleme inklusive dem autoritären Kontrollparadigma. Da hiermit keine Zustimmungserweiterungen von potenziellen Wähler:innen gewonnen werden konnten, wurde eine radikale Richtungsänderung ins Gegenteil vollzogen. Dies führt Heitmeyer an, um zu verdeutlichen, "[...] dass es der Partei nicht um sachbegründete Prinzipien, sondern um opportunistische Nutzenkalküle zur Ausbreitung von Zustimmungen bzw. Verfestigungen der Wählerschaft geht – und um die Straße" (Heitmeyer, 2022 b, S. 276). Insofern mussten Parolen geprägt werden, wie der Begriff der "Corona-Diktatur", dem Selbststilisieren als "Freiheitskämpfer:innen" oder dem Verbreiten von Verschwörungsideologien wie des "Great Resets" (Siggelkow, 2023).So trat die AfD im Herbst und Winter 2021/2022 als wesentlicher Treiber der Corona-Proteste auf und baute gleichzeitig mit diesen Parolen, wie bereits ab 2015 in Zusammenhang mit der Krise um die Flüchtlingsbewegungen, gezielt Legitimationsbrücken für ohnehin schon mit Gewalt operierende rechtsextremistische Gruppen (Heitmeyer, 2022 b, S. 277). Diese Gruppierungen können sich durch diese Parolen auf eine Art gewaltlegitimierendes "Notwehrrecht" berufen, um gegen eine "Diktatur" zu agieren, verbunden mit "Umsturzfantasien".Heitmeyer führt weiter aus, dass diese Gruppen sich öffentlich in Demonstrationen bewegen und gleichzeitig klandestine rechtsterroristische Kleingruppen bedienen, "[...] die unter anderem aus Misserfolgen gegen die staatlichen Ordnungsmächte dann Legitimationen zum Umsturz des Systems ziehen" (Heitmeyer, 2022 b, S. 277). Aus diesem Mechanismus eröffnet sich, was Heitmeyer durch das konzentrische Eskalationskontinuum eindrucksvoll darstellen kann, dass schlussendlich Teile der Bevölkerung durch die verschiedenen "Schalen" hindurch zu den Legitimationslieferant:innen zählen, auf die sich Gewaltakteur:innen berufen, wenn sie sich auf "das Volk" beziehen (Heitmeyer, 2022 b, S. 277).Die Mechanismen verweisen insgesamt auf Bedrohungen der liberalen Demokratie und der offenen Gesellschaft. Weiter führt Heitmeyer an, dass staatliche Kontrollapparate sowie die Politik samt Appellen oder Ankündigungen der "wehrhaften Demokratie" nicht in der Lage sind, mehrere dieser Mechanismen in ihren Wirkungen "in den Griff zu bekommen". Die aufgezeigten Mechanismen, die bereits während der Krise der Flüchtlingsbewegungen und der Corona-Pandemie gewirkt haben, sind etabliert und werden auch weiterhin wirken.Die so genannte "3K-Trias" - Krisen, Konfliktstruktur und Kontrollverluste - gilt mittlerweile als etabliert und wirkt als wirkungsvoller Zusammenhang für autoritäre Entwicklungen. Die zukünftigen Krisenthemen werden wechseln, jedoch bleiben die gesellschafts- und demokratiezerstörerischen Mechanismen bestehen und können durch autoritär-nationalradikale Akteur:innen immer wieder neu themenbezogen aktiviert und emotional aufgeladen werden (Heitmeyer, 2022 b, S. 277).7. Fazit & AusblickHeitmeyers Arbeiten bilden einen Meilenstein in der empirischen Forschung zu Einstellungen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und zu rechten Einstellungen in der Bevölkerung. Er wies bereits zu Beginn seiner Studien im Jahr 2001 darauf hin, dass ein globalisierter Kapitalismus zu politischen und sozialen Kontrollverlusten führen könne, die mit Demokratieentleerung und einem Erstarken des rabiaten Rechtspopulismus einhergehen.Anhand der Ergebnisse seiner langjährigen Forschung, unter anderem der Langzeitstudie zu den "deutschen Zuständen", konnte er empirisch nachweisen, dass knapp 20 % der Bevölkerung autoritäre Einstellungen haben (Schaefer, Mansel & Heitmeyer, 2002, S. 125 f.). Diese Einstellungen "schlummerten" in diesen Bevölkerungsteilen und fanden politisch bis zum Aufkommen der AfD keine sonderliche Beachtung. Sie "vagabundierten" zwischen den Parteien - meist zwischen den Volksparteien CDU/CSU und der SPD - oder verharrten in einer "wutgetränkten Apathie" und machten von ihrem Wahlrecht keinen Gebrauch (Schaefer, Mansel & Heitmeyer, 2002, S. 127 f.).Die strukturellen Ursachen des autoritären Kapitalismus, also Transformationsprozesse in ökonomischen Strukturen samt den Krisen in der "Post-9/11"-Ära führen zu Veränderungen im sozialen Bereich, wie individuelle Verarbeitungsprozesse der Krisenfolgen in Form von Abstiegsängsten oder Anerkennungsverlusten, also soziale Desintegrationserfahrungen bzw. Desintegrationsgefährdungen. In Kombination mit den damit einhergehenden Kontrollverlusten sehnen sich Teile der Bevölkerung nach einem krisensicheren, kollektiven kulturell-politischen Identitätsanker und nach der "Wiederherstellung der Ordnung" (Heitmeyer, 2022 a, S. 325). Dies schafft günstige Gelegenheitsstrukturen für die AfD, die sich 2015 inhaltlich radikal neu ausrichtete und als autoritär nationalradikales Angebot wahlpolitisch von diesen Entwicklungen profitierte. Durch ihre Fokussierung auf die kulturelle Dimension hat die Partei die Möglichkeit erhalten, "[...] soziale Kontrollverluste in Versprechungen zur Wiederherstellung von politischer Kontrolle zu übersetzen" (Heitmeyer, 2022 a, S. 325).Die Frage nach dem weiteren Verlauf liegt auf der Hand. Hier spricht Heitmeyer von "Zukünften" in einer Zeit, in der viele Menschen auf tiefgreifende Verunsicherungen seit 2001 mit einer Sehnsucht nach Ordnung, Kontrolle und Sicherheit reagiert haben, die von dem autoritären Nationalradikalismus der AfD bedient wird (Heitmeyer, Freiheit & Sitzer, 2021, S. 281). Zu den Entsicherungen der sozialen Zustände der letzten Jahrzehnte gesellt sich nun eine "Unübersichtlichkeit möglicher Zukünfte". Klar ist, dass die Routinen zur Bewältigung politischer, ökonomischer und sozialer Probleme und Krisen nicht länger funktionieren und es kein Zurück zu den Zuständen davor geben wird.Nach Heitmeyer muss die Frage nach der Resilienz demokratischer Einstellungen und Gegenevidenzen zum grassierenden Autoritarismus auf der Ebene der Akteur:innen angesetzt werden, bei der Bürger:innenschaft. Jedoch beschreibt er sie, die in Krisen sonst durchaus wehrhaft und spontan auf Herausforderungen reagierten und heute mehr denn je gefragt seien, als erschöpft, auch wenn in der Mehrheit der europäischen Staaten bisher nur eine Minderheit der autoritären Versuchung vollends nachgibt (Heitmeyer, Freiheit & Sitzer, 2021, S. 282; Heitmeyer, 2022 b, S. 277).Dennoch haben sich quer durch die Altersgruppen und unabhängig von der sozialen Lage unterschiedliche Teile der Bevölkerung "[...] statistisch signifikant und im Erscheinungsbild deutlich autoritären Versuchungen nachgegeben [...]" (Frankenberg & Heitmeyer, 2022, S. 74). Ebenso erschöpft seien auch die politischen Eliten, die eigentlich Visionen und Ideen für individuelle und gesellschaftliche Zukünfte, die Freiheit spenden und Sicherheit verheißen, entwickeln sollten. Es benötigt also mehr visionäre und zukunftssichernde Gesellschafts- und Politikvorstellungen gepaart mit neuen Beteiligungsformen, die von den Bürger:innen wahrgenommen werden (Heitmeyer, 2022 b, S. 278).Aktuelle empirische Befunde zu weiteren demokratischen Fortschritten geben wenig Anlass zu Optimismus (Frankenberg & Heitmeyer, 2022, S. 73 f.). Insofern folgert Heitmeyer, dass sich der Höhenflug autoritärer Politikangebote weiter fortsetzen wird, insofern sich der autoritäre Nationalradikalismus nicht selbst (von innen) zerlegt und es kein massives politisches Umsteuern mit gravierenden wirtschaftspolitischen Reformen gibt, wofür derzeit keine Anzeichen bestehen (Heitmeyer, 2018, S. 368). Nach Heitmeyer müssten aus den folgenden Punkten ökonomische, soziale und politische Konsequenzen gezogen werden:"Der finanzialisierte Kapitalismus verfolgt weiter ungehindert seine globale Landnahme, ohne Rücksicht auf die gesellschaftliche Integration.Die nationalstaatliche Politik ist angesichts der ökonomischen Abhängigkeit nicht willens oder in der Lage, soziale Ungleichheit konsequent zu verringern.Ein Fortschreiten der sozialen Desintegration ist angesichts von Prozessen wie der Digitalisierung sehr wahrscheinlich.Kulturelle Konflikte entlang konfessioneller und religiöser Grenzen werden nicht dauerhaft befriedet; vielmehr ist davon auszugehen, dass sie – auch im Zusammenhang mit Migrationsbewegungen – immer wieder angefacht werden.Sozialgeografische Entwicklungen wie Abwanderung und das ökonomische Abdriften ganzer Regionen gehen ungebremst weiter" (Heitmeyer, Freiheit & Sitzer, 2021, S. 283 f.).Die aufkommenden Probleme dieser auf Dauer gestellten Faktoren können von autoritär nationalradikalen Parteien und Bewegungen als "Signalereignisse" für sich ausgebeutet werden. Sie stellen also "stabile" günstige Voraussetzungen für ein weiteres Erstarken des autoritären Nationalradikalismus der AfD dar (Heitmeyer, Freiheit & Sitzer, 2021, S. 284). Es ist mittelfristig nicht abzusehen, dass die Themen, die die AfD mit ihrer eskalativen Rhetorik bearbeitet, in absehbarer Zukunft von der Bildfläche verschwinden werden.Zudem weisen die Strukturen der AfD und des sie unterstützenden Milieus mittlerweile einen hohen Organisations- und Institutionalisierungsgrad auf. Insofern ist davon auszugehen, dass die autoritär nationalradikalen Parteien und Bewegungen öffentliche Debatten weiterhin maßgeblich prägen und so das soziale Klima innerhalb der Gesellschaft dauerhaft in Richtung von mehr Aggressivität verschieben werden.Die Bedrohungen für die liberale Demokratie und die offene Gesellschaft durch den globalisierten Kapitalismus, durch Desintegrationsprozesse und dem autoritären Nationalradikalismus sind offensichtlich. Es hängt also viel von der Kraft konfliktbereiter und widerspruchstrainierter Gegenbewegungen ab, die für die offene Gesellschaft eintreten und sich nicht mit den Normalitätsverschiebungen, die aktuell bereits ablaufen, abfinden wollen (Heitmeyer, 2018, S. 372).LiteraturverzeichnisDahrendorf, R. (14. 11 1997). Die Globalisierung und ihre sozialen Folgen werden zur nächsten Herausforderung einer Politik der Freiheit. Von zeit.de: https://www.zeit.de/1997/47/thema.txt.19971114.xml/komplettansicht abgerufen am 21.10. 2023.Decker, F. (02. 12 2022). Etappen der Parteigeschichte der AfD. Von bpb.de: https://www.bpb.de/themen/parteien/parteien-in-deutschland/afd/273130/etappen-der-parteigeschichte-der-afd/ abgerufen am 21.10. 2023.Frankenberg, G., & Heitmeyer, W. (2022). Autoritäre Entwicklungen. Bedrohungen pluralistischer Gesellschaften und moderner Demokratien in Zeiten der Krisen. In G. Frankenberg, & W. Heitmeyer (Hg.), Treiber des Autoritären: Pfade von Entwicklungen zu Beginn des 21. Jahrhunderts (S. 15-86). Frankfurt a. M.: Campus Verlag GmbH.Heitmeyer, W. (2001). Autoritärer Kapitalismus, Demokratieentleerung und Rechtspopulismus. Eine Analyse von Entwicklungstendenzen. In D. Loch, & W. Heitmeyer (Hg.), Schattenseiten der Globalisierung (S. 497-534). Frankfurt a. M.: Suhrkamp Verlag, 1. Auflage.Heitmeyer, W. (2018). Autoritäre Versuchungen. Berlin: Suhrkamp Verlag.Heitmeyer, W. (2022 a). Autoritärer Nationalradikalismus (2018). In K. Möller (Hg.), Populismus. Ein Reader (S. 300-328). Berlin: Suhrkamp Verlag, 1. Auflage.Heitmeyer, W. (2022 b). Krisen und Kontrollverluste - Gelegenheitsstrukturen für Treiber autoritärer gesellschaftlicher Entwicklungspfade. In G. Frankenberg, & W. Heitmeyer (Hg.), Treiber des Autoritären: Pfade von Entwicklungen zu Beginn des 21. Jahrhunderts (S. 251-280). Frankfurt a. M.: Campus Verlag GmbH.Heitmeyer, W., & Heyder, A. (2002). Autoritäre Haltungen. Rabiate Forderungen in unsicheren Zeiten. In W. Heitmeyer (Hg.), Deutsche Zustände. Folge 1 (S. 59-70). Frankfurt a. M.: Suhrkamp Verlag, 1. Auflage.Heitmeyer, W., & Piorkowski, C. (09. 10 2023). "Autoritärer Nationalradikalismus". Von bpb.de: https://www.bpb.de/themen/deutschlandarchiv/522277/autoritaerer-nationalradikalismus/ abgerufen am 21.10. 2023.Heitmeyer, W., Freiheit, M., & Sitzer, P. (2021). Rechte Bedrohungsallianzen. Bonn: Sonderausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung.Laudenbach, P. (09. 07 2023). Die Gründe des Aufstiegs der AfD: Soziologe Wilhelm Heitmeyer im Interview. Von sueddeutsche.de: https://www.sueddeutsche.de/kultur/wilhelm-heitmeyer-afd-analyse-1.6012038?reduced=true abgerufen am 21.10. 2023.Nickschas, J.-B. (06. 02 2023). Zehn Jahre AfD: Zunehmend radikal. Von tagesschau.de: https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/afd-zehn-jahre-103.html abgerufen am 21.10. 2023.Reuters Staff. (24. 09 2017). Gauland kündigt an - "Wir werden Regierung jagen". Von reuters.com: https://www.reuters.com/article/deutschland-wahl-afd1-idDEKCN1BZ0QJ abgerufen am 21.10. 2023.Schaefer, D., Mansel, J., & Heitmeyer, W. (2002). Rechtspopulistisches Potential. Die "saubere Mitte" als Problem. In W. Heitmeyer (Hg.), Deutsche Zustände. Folge 1 (S. 123-135). Frankfurt a. M.: Suhrkamp Verlag, 1. Auflage.Siggelkow, P. (16. 01 2023). Verschwörungsmythen: Klaus Schwab, das WEF und der "Great Reset". Von tagesschau.de: https://www.tagesschau.de/faktenfinder/wef-schwab-101.html abgerufen am 21.10. 2023.Universität Bielefeld. (o.J.). Prof. Dr. Wilhelm Heitmeyer. Von ekvv.uni-bielefeld.de: https://ekvv.uni-bielefeld.de/pers_publ/publ/PersonDetail.jsp?personId=21765 abgerufen am 21.10. 2023.
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Deutschland braucht mehr internationale Fachkräfte. Leisten die Hochschulen bereits, was sie können? Ein Interview mit Muriel Helbig und Andreas Zaby über politische Rahmenbedingungen, die öffentliche Willkommenskultur und die gesellschaftliche Verantwortung der HAWs.
Muriel Helbig ist seit 2014 Präsidentin der Technischen Hochschule Lübeck und ist seit 2020 Vizepräsidentin des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD). Andreas Zaby ist seit 2016 Präsident der HWR Berlin und ebenso lange Vorsitzender des HAW-Verbunds UAS7. Ende März verlässt er die HWR und wechselt zur Bundesagentur für Sprunginnovationen (SPRIND). Fotos: TH Lübeck/Oana Popa-Costea.
Frau Helbig, Herr Zaby, Deutschland zieht mehr internationale Studierende an denn je, die Zahl der Wissenschaftler aus dem Ausland liegt ebenfalls auf Rekordniveau. Die Hochschulen der Bundesrepublik sind also weltweit beliebt und offen wie nie?
Muriel Helbig: Natürlich bin ich als Vizepräsidentin des Deutschen Akademischen Austauschdiensts (DAAD) hocherfreut, dass Deutschland bei den Gastländern für internationale Studierende erstmals auf Platz drei liegt und mit Australien sogar ein englischsprachiges Land hinter sich gelassen hat.
Andreas Zaby: Angesichts der herausragend guten rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen für internationale Studierende ist es umgekehrt fast schon erstaunlich, dass nicht längst noch viel mehr zu uns kommen – und anschließend bei uns als Fachkräfte bleiben.
Wie meinen Sie das?
Zaby: Für Studierende aus Nicht-EU-Staaten gelten bei uns sehr liberale Regeln für den Arbeitsmarkt, und sie werden zum 1. März noch liberaler. Künftig dürfen internationale Studierende 140 Tage im Jahr arbeiten, was 50 Prozent Teilzeit entspricht, die Studierenden-Jobs an Hochschulen werden nicht einmal angerechnet. Und schon während sie einen Studienplatz suchen, dürfen sie sich für neun Monate in Deutschland aufhalten und bis zu 20 Stunden die Woche jobben. Nach dem Studienabschluss dürfen sie weitere 18 Monate in Deutschland bleiben, um sich um eine Festanstellung zu bewerben. Vergleichen Sie das einmal mit den rigorosen Bestimmungen in den USA oder anderswo! Und da haben wir noch gar nicht darüber gesprochen, dass bei uns keinerlei Studiengebühren anfallen, während Sie in Amerika, in Australien oder dem Vereinigten Königreich enorme Summen zahlen müssen.
"Wir erliegen der Illusion, dass unsere Hochschulen inzwischen so kosmopolitisch seien, dass man überall mit Englisch durchkommen könne."
Vielleicht bieten die Hochschulen in diesen Ländern dafür den Studierenden mehr?
Zaby: Das Studium ist bei uns qualitativ auch sehr hochwertig. Doch wir vergessen manchmal, dass die Sprachbarriere immer noch eine große Rolle spielt. Wir erliegen der Illusion, dass unsere Hochschulen inzwischen so kosmopolitisch seien, dass man überall mit Englisch durchkommen könne. Tatsächlich aber ist es so, dass sie Ihren Alltag in Deutschland nur dann auf Dauer bewältigen, erfolgreich studieren und anschließend auf Jobsuche gehen, wenn Sie halbwegs Deutsch sprechen.
Handelt es sich nur um eine Sprachbarriere, die verhindert, dass noch mehr junge hochqualifizierte Menschen nach Deutschland kommen? Bei Umfragen unter Expats landet die Bundesrepublik immer wieder auf den hinteren Plätzen. Besonders schlecht werden Willkommenskultur, Wohnen, digitale Infrastruktur, aber auch die Verwaltung bewertet.
Helbig: Wir müssen hier differenzieren. Die deutsche Wissenschaft, die deutschen Hochschulen haben einen enorm guten Ruf, und dass das Studium hier gebührenfrei ist, wollen viele, wenn sie es zum ersten Mal hören, gar nicht glauben. Außerdem gilt Deutschland als sicheres Land, ein Vorteil, den man nicht unterschätzen darf. Auch die fairen Arbeitsbedingungen und guten Löhne werden gelobt, da kommt ein ganzes Konglomerat an positiven Anziehungspunkten zusammen.
Aber?
Helbig: Es gibt einige Themen, die es uns schwer machen. Das Eine ist die Sprache. Das Andere ist, dass wir zwar rechtlich Vieles liberalisiert und sehr gute Voraussetzungen geschaffen haben, damit Menschen aus dem Ausland bei uns studieren können, dass wir bei der Umsetzung aber nicht überall hinterherkommen. Der Zeitraum der Visavergabe ist oftmals ein Thema, viele Ausländerbehörden sind personell unterbesetzt, und unsere Wirtschaftsstruktur besteht aus vielen kleinen und mittleren Unternehmen, die sich schwertun, internationale Studierende für Praktika zu betreuen oder später als Absolventen einzustellen. Erst recht, wenn sie nicht fließend Deutsch sprechen. Ich würde das aber nicht vorrangig als kulturelles Problem oder mangelnde Offenheit der Gesellschaft sehen.
Tatsächlich nicht? Studierende berichten online von frustrierenden und diskriminierenden Erfahrungen mit den Behörden, und dass in Deutschland Rechtsradikalismus und Antisemitismus im Aufstieg begriffen sind, wird international aufmerksam wahrgenommen.
Zaby: Natürlich haben solche Entwicklungen Auswirkungen, das gilt in Frankreich und anderswo genauso, wenn dort rechtsextreme Parteien Wahlerfolge einfahren. Wir hören von deutschen Studierenden, die ins Ausland wollen, dass sie ihrerseits genau auf die politische Situation schauen.
"Es frustriert mich sehr, dass bestimmte Wahlergebnisse und politische Äußerungen all die harte Arbeit, die wir leisten, wieder kaputt machen."
Helbig: Aber gerade in Deutschland mit unserer Geschichte haben wir die Aufgabe, jeden Tag für gesellschaftliche Offenheit einzutreten. Zudem, und jetzt rede ich als Präsidentin einer Technischen Hochschule: Es frustriert mich sehr, dass bestimmte Wahlergebnisse und politische Äußerungen all die harte Arbeit, die wir leisten, wieder kaputt machen. Da müssen wir uns dagegenstemmen. Die Hochschulen, Wirtschaftsverbände und viele andere tun das jetzt, und überall in Deutschland gehen die Menschen auf die Straße. Auch das, da bin ich mir sicher, wird im Ausland wahrgenommen.
Zaby: Wir müssen aber feststellen, dass wir im Vergleich zu klassischen Einwanderungsländern wie den USA oder Australien längst nicht so gut aufgestellt sind, wo die Einwanderung von Hochqualifizierten ganz klar priorisiert und gefördert wird. Unsere Konsulate und Ausländerbehörden müssen viel aktiver unterstützen, auch die Hochschulen müssen noch offener werden, ich möchte uns da gar nicht ausnehmen. Allerdings ist die Motivationslage einer amerikanischen Hochschulleitung schon deshalb eine andere, weil dort jeder Student und jede Studentin aus dem Ausland 30.000, 40.000 oder 50.000 Dollar pro Jahr bringt.
Bei der Tagung der Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW) in der Hochschulrektorenkonferenz haben Sie neulich zusammen in einem Workshop die These aufgestellt, dass HAWs besonders gut geeignet seien, um mehr internationale Fachkräfte nach Deutschland zu holen. Außer dass Sie beide eine HAW leiten, was macht Sie da so sicher? In Wirklichkeit gehen die allermeisten Studierenden aus dem Ausland an Universitäten.
Helbig: Der Abstand ist nicht groß. An den HAWs sind es neun Prozent internationale Studierende mit Abschlussabsicht, an den Universitäten knapp 13 Prozent.
Zaby: Und die Lücke schließt sich weiter. Der Fachkräftemangel ist in MINT-Berufen am größten. Gleichzeitig wollen internationale Studierende besonders häufig MINT-Fächer studieren, und HAWs bieten abseits der Naturwissenschaften besonders viele solcher Studiengänge an, vor allem in den Ingenieurwissenschaften und in der Informatik. Das können wir nutzen, indem wir noch deutlicher machen: An HAWs brechen weniger Menschen ihr Studium ab als an Universitäten, und gerade bei internationalen Studierenden sind die viel zu hohen Abbruchquoten ein drängendes Problem.
Ist die Abbrecherquote unter den internationalen Studierenden wirklich nachweislich geringer an den HAWs?
Zaby: Diese Daten liegen mir nicht vor. Ich denke aber, dass es eine valide Hypothese für eine empirische Untersuchung wäre, denn es gibt aus wissenschaftlichen Studien Hinweise darauf, dass einzelne Vorteile des typischen HAW-Studienmodells sich positiv auf den Studienerfolg bei deutschen und ausländischen Studierenden auswirken.
Woran liegt das?
Zaby: Besonders internationale Studierende stehen immer in der Gefahr, in den Massen unterzugehen. Da hilft es, dass wir an den HAWs das Kleingruppen-Prinzip verfolgen und eine erhöhte Interaktion der Studierenden mit den Lehrenden ermöglichen. Hinzu kommt, dass HAWs in ihren Regionen oft sehr nah dran sind an den örtlichen Arbeitgebern, was den Übergang ihrer Absolventen in den Arbeitsmarkt erleichtert. Gerade duale Studiengänge sind sehr geeignet, mit den zwei Lernorten Hochschule und Betrieb vom ersten Tag an, diese können und sollten wir im Ausland stärker bewerben. Erste solche Initiativen der deutschen Wirtschaft und der Hochschulen gibt es bereits.
"Die Schnittstelle zum Arbeitsmarkt müssen wir gerade für internationale Studierende weiter ausbauen."
Helbig: Unsere gesellschaftliche Verantwortung als Hochschulen besteht ja nicht nur darin, die Leute zu immatrikulieren, sondern ihnen dabei zu helfen, das für sie richtige Studium zu wählen und es dann auch zum Abschluss zu bringen. Und auch wenn sie ihr Abschlusszeugnis in der Hand halten, ist noch nicht Schluss. Die Schnittstelle zum Arbeitsmarkt, von der Andreas Zaby spricht, müssen wir gerade für internationale Studierende weiter ausbauen.
Zaby: Dabei helfen uns zum Glück neue Programme des DAAD, indem sie die Karriereservices der Hochschulen speziell für internationale Studierende unterstützen, intensive Sprachtrainings finanzieren, solche Dinge, um sie für den Arbeitsmarkt fitzumachen.
Helbig: Was mich sehr freut, ist die hohe Beteiligung an der DAAD "Campus-Initiative Internationale Fachkräfte", die offen ist für alle Hochschultypen. Ob Sie das neue Programm "FIT" – Förderung internationaler Talente zur Integration in Studium und Arbeitsmarkt nehmen oder "Profi plus“ – Akademische Anpassungsqualifizierung für den deutschen Arbeitsmarkt" – bei beiden Ausschreibungen haben die HAWs überproportional häufig mitgemacht. Und dann gibt es noch das Programm "HAW.International", das beispielsweise Auslandsaufenthalte von HAW-Studierenden finanziert und Hochschulen beim Ausbau ihrer Kooperationen mit ausländischen Partnern unterstützt, genau zugeschnitten auf die typische Praxisorientierung an HAWs. Dadurch werden die HAW insgesamt verändert, ihre Atmosphäre wird internationaler.
Sie sprechen von der gesellschaftlichen Verantwortung der Hochschulen, vom Wohlergehen der Studierenden und dem Schließen der Fachkräftelücke. Hand aufs Herz: Ganz so selbstlos ist das alles nicht, oder? Dass viele Hochschulen verschärft auf internationale Studierende schielen, liegt auch daran, dass die inländischen Studienanfänger weniger werden.
Zaby: Ich glaube schon, dass die Hochschulleitungen aus Überzeugung handeln. Das Hochschulbarometer von Stifterverband und Heinz-Nixdorf-Stiftung zeigt, dass überwältigende 99 Prozent der Rektorate und Präsidien über alle Hochschultypen hinweg sagen, dass sie die Bekämpfung des Fachkräftemangels als ihre Aufgabe ansehen. Als HAWs hören wir ja jeden Tag aus den KMUs, wie groß deren Not ist. Der limitierende Faktor fürs Wirtschaftswachstum sind die Menschen. Es gibt zu wenige, ob in der Industrie, in der Verwaltung oder in der Pflege. Auch wenn wir als Hochschule eine Professur ausschreiben, bekommen wir mitunter kaum noch Bewerbungen. Was ich aber nicht sehen kann: dass die Hochschulen jetzt einfach anfangen, blind ihre Studiengänge in den MINT-Fächern mit Menschen aus Nicht-EU-Ländern aufzufüllen. Sondern sie bemühen sich, ihre Studienangebote attraktiver zu gestalten, damit sich mehr junge Leute für sie entscheiden. Aus dem Inland und aus dem Ausland.
Helbig: Alles Andere wäre überhaupt nicht zu verantworten. Das sind Individuen, junge und kompetente Menschen, über die wir hier sprechen. Wenn sie sich entscheiden, nach Deutschland zu kommen und nach dem Studium zu bleiben, ist das wunderbar. Sie sind eine Bereicherung für unseren Campus und für unsere Gesellschaft – und kein Mittel zum Zweck.
Zugleich ist ihr Bleiben bei uns ein Verlust für ihre Heimatländer. Eine Frage, die in Zeiten des Fachkräftemangels kaum noch gestellt wird: Haben wir überhaupt das Recht, anderen Staaten ihre jungen Talente wegzufischen?
Zaby: Das ist eine uralte Frage. Wir sollten ihre Antwort nicht moralisieren, sondern eine utilitaristische Perspektive einnehmen: Wir machen Angebote zur Bildungsmigration, über die wir hier reden. Wir freuen uns, wenn sie von Studienanfängern aus dem Ausland angenommen werden und wenn diese nach ihrem Abschluss bleiben. Umgekehrt entscheiden sich viele Menschen auch zu einer Rückkehr, vielleicht nicht sofort, aber nach ein paar Jahren Berufserfahrung. Diese nehmen sie mit und werden zu wertvollen Brückenbauern zwischen Deutschland und ihren Heimatländern.
Helbig: Es gibt Regionen und Länder auf der Welt, da haben selbst sehr gut Qualifizierte – beispielsweise aus den Bereichen Medizin oder Ingenieurswissenschaften – keine Aussicht auf einen Arbeitsplatz. Deren Regierungen sagen uns oftmals: Wir sind froh, wenn unsere jungen Leute für zehn oder 20 Jahre bei euch arbeiten können, und dann können wir sie wieder gut in unseren Arbeitsmarkt integrieren.
"Die Menschen müssen sich bei uns innerhalb und außerhalb ihres Studiums wohl, angenommen und integriert fühlen."
Zaby: Bitter finde ich, wenn junge Menschen zu uns kommen, ihr gesamtes Studium bei uns absolvieren und dann in die USA gehen und dort einen Job annehmen. Das sollten wir als Lerngelegenheit verstehen, womit wir wieder am Anfang sind: Die Menschen müssen sich bei uns innerhalb und außerhalb ihres Studiums wohl, angenommen und integriert fühlen.
Was wünschen Sie sich von der Politik?
Zaby: Die Integration von internationalen Studierenden ist eine Daueraufgabe. Wenn wir die Bildungsmigration stärken wollen als Weg, um den Fachkräftemangel zu lindern, dann können die Unterstützungsprogramme für die Hochschulen, so gut sie sind, nicht befristet sein. Sonst entstehen daraus in den Welcome Offices und Karriereservices keine nachhaltigen Strukturen. Zumal die neuen DAAD-Programme nicht so gut finanziert wurden seitens der Politik, wie die Hochschulen das gebraucht hätten – was schon die große Zahl der Förderanträge zeigt.
Helbig: Für einen gewichtigen Hinderungsgrund halte ich das studentische Wohnen. In Lübeck haben wir jetzt zum ersten Mal erlebt, dass Studierende aus dem Ausland, die bereits immatrikuliert waren, wieder gehen, weil sie keinen Platz zum Wohnen finden. Hier haben Hochschulen in anderen Ländern einen großen Wettbewerbsvorteil, wenn sie den Studienplatz gleich zusammen mit einem Wohnheimplatz anbieten können. Wenn wir Vergleichbares hätten, wäre das ein Game Changer.
Zaby: In Berlin haben wir die geringste Wohnheimquote aller Bundesländer und einen Riesenzustrom ausländischer Studierender. Selbst die 5000 Wohnheimplätze, die der ehemalige Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit einst versprach, sind noch nicht gebaut worden, und ich sehe keine Besserung, wenn der eigentlich auf unserem Campus vorgesehene Wohnheimbau gerade aus dem Landesinvestitionsplan gestrichen wurde. Dafür entstehen umso mehr privatfinanzierte und entsprechend teure Studentenapartments.
Helbig: Wir dürfen auch innerhalb der Hochschulen bestimmte Diskussionen nicht länger scheuen. Jetzt spreche ich wieder als TH-Präsidentin. Wir haben an den Hochschulen viele englischsprachige Studiengänge eingeführt, das ist gut so. Aber wenn wir es mit der Integration und der Begleitung in den Arbeitsmarkt ernst meinen, müssen wir das Erlernen der deutschen Sprache in den Curricula verbindlicher machen. Da drücken wir uns derzeit an vielen Stellen drumherum.
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Die Landwirtschaft nimmt durch die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmittel eine zentrale Position im wirtschaftlichen Zusammenhang eines Landes sowie für den Industrialisierungsprozeß ein. So weist schon Walt W. Rostow 1960 darauf hin, dass das Vorhandensein ausreichender Nahrungsmittelreserven erst ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum ermöglicht hat (Stadien wirtschaftlichen Wachstums. Göttingen, 1960). Durch Rationalisierungsmaßnahmen und Fortschritte auf dem Gebiet der Agrartechnologie wird nicht nur die landwirtschaftliche Nettoproduktion erhöht, sondern es werden Arbeitskräfte freigesetzt, die in der Industrie benötigt werden (Jean Fourastié oder William Patty: Drei-Sektoren-Hypothese. Vergl.: Fourastié J.: Die große Hoffnung des 20. Jahrhunderts. Köln 1954, S. 135f.). "Das wichtigste Kennzeichen der Entwicklung der Landwirtschaft in den heute industrialisierten Ländern ist der relative Rückgang des Gewichts der Landwirtschaft – im Verhältnis zur Summe der anderen Wirtschaftsbereiche – und das zur gleichen Zeit zu beobachtende Ansteigen der Arbeitsproduktivität der landwirtschaftlichen Bevölkerung, …" (Friedrich Wilhelm Henning (1968), Stadien und Typen in der Entwicklung der Landwirtschaft in den heutigen Industrieländern. In: Th. Heidhues et. al: Die Landwirtschaft in der volks- und weltwirtschaftlichen Entwicklung. BLV, München, S. 42). Dabei wurden die Ertragssteigerungen zunächst – in einer ersten Phase – durch verbesserte Ausnutzung der landwirtschaftlichen Nutzfläche, durch neue Anbaumethoden und Fruchtfolgen sowie durch verbesserte Fütterung in der Tieraufzucht erreicht, aber nicht durch den Einsatz neuer Techniken. "Der Einsatz ganz neuer, wissenschaftsbasierter, industrieller Inputs wie sie die moderne Agrarentwicklung seit Ende des 19. Jahrhunderts zunehmend charakterisiert, so daß man für das 20. Jahrhundert vom Übergang zur industrialisierten Landwirtschaft sprechen kann, spielte für neuzeitliches Agrarwachstum so gut wie keine Rolle. … Ganz im Gegenteil, während der neuzeitlichen Agrarrevolutionen kamen quasi alle Ressourcen für Agrarwachstum, von der Arbeit bis zum Wissen immer noch aus dem landwirtschaftlichen Sektor selbst. … (Es kam während der) neuzeitlichen Agrarrevolutionen zu einem … langanhaltenden Ertrags- und Produktivitätszuwachs nur mit den Mitteln traditioneller, vorindustrieller Technologie: höhere Arbeitsintensivität, flächendeckende Anwendung von schon lange bekannter hochintensiver Fruchtfolgen, graduelle Verbesserung althergebrachter Arbeitsgeräte, verbesserte organische Düngung und vermehrter Einsatz tierischer Zugkraft" (vergl. Kopsidis, Michael (2006): Agrarentwicklung. Historische Agrarrevolutionen und Entwicklungsökonomie. S. 9). Mit diesen Mitteln gelang es der Landwirtschaft, der steigenden Nachfrage durch den fortdauernden Urbanisierungsprozeß, das anhaltende Bevölkerungswachstum und die Veränderung der Berufsstruktur im 19. Jahrhundert durch Produktionssteigerung zu begegnen. Mit Ausnahme des von Liebig entwickelten wasserlöslichen Phosphatdüngers zwischen 1846 und 1849 kamen ansonsten technische Erneuerungen nur in relativ begrenztem Umfang zur Anwendung. Eine bedeutend wichtigere Rolle nahm der Zugang der einzelnen Regionen zu zentralen Märkten in Ballungsgebieten ein. Denn die Erwirtschaftung eines Ernteüberschusses lohnt sich nur, wenn dieser Überschuss auch auf Märkten angeboten werden kann. Erst sehr viel später, im 20. Jahrhundert, nahmen Forschung und Technik einen großen Einfluß auf die landwirtschaftliche Produktionsweise, die dann in die industrialisierte Landwirtschaft überging.
Es soll versucht werden, die quantitative Entwicklung der verschiedenen landwirtschaftlichen Bereiche Bodennutzung, Anbau und Ernte von Feldfrüchten, Obstanbau, Tierhaltung und Herstellung tierischer Produkte über einen möglichst langen Zeitraum wiederzugeben, um so aufbereitete Zeitreihen der Forschung zur Verfügung zu stellen.
Die vorliegende Datensammlung zum Themenbereich 'Landwirtschaft' enthält insgesamt 84 Zeitreihen, die sich schwerpunktmäßig auf den Zeitraum vom Beginn der Amtlichen Statistik zur Zeit des Deutschen Reiches im Jahr 1870 bis zur heutigen Bundesrepublik in den Grenzen vom 3. Oktober 1990 erstrecken; es soll also, soweit es die Quellen erlauben, der Zeitraum von 1870 bis 2010 statistisch wiedergegeben werden. Aufgrund von veränderten Erhebungssystematiken sowie durch die Folgen des 1. und des 2. Weltkrieges können nicht für alle Zeitreihen kontinuierlich Daten für den gewünschten Zeitraum zur Verfügung gestellt werden. Entweder liegen für die Zeitabschnitte während der Kriege keine Daten vor oder aber die Vergleichbarkeit insbesondere bei unterschiedlicher Erhebungssystematik ist stark eingeschränkt. Letzeres Problem tritt in besonderer Weise für die Statistik aus der Zeit der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik auf, aber auch die Statistik der früheren Bundesrepublik Deutschland (das Gebiet der alten Länder) kann erhebliche Brüche in der Systematik aufweisen.
Die Zeitreihen zum Bereich 'Landwirtschaft und Fischerei' decken folgende Gebiete ab: • A Betriebsgrößen, wirtschaftliche und landwirtschaftliche Nutzflächen - A01: Landwirtschaftliche Nutzfläche nach Betriebsgrößen, Besitzverhältnisse unberücksichtigt (1871-2010) - A.02: Wirtschaftsfläche nach Hauptnutzungs- und Kulturarten (1871-2010) • B Pflanzliche Produktion - B.01: Anbauflächen wichtiger Fruchtarten (1871-2010) - B.02: Erntemengen wichtiger Fruchtarten (1871-2010) - B.03: Ertrag je Hetkar wichtiger Fruchtarten (1871-2010) - B.04: Obstbäume und Weinernte (1871-2010) - B.05: Duengemittel (1871-2010) • C Tierhaltung und Gewinnung tierischer Erzeugnisse - C.01: Landwirtschaftliche Betriebe nach Tierarten auf ihrem Hof/Gut (1871-2010) - C.02: Tierbestand nach Tierarten (1871-2010) - C.03: Milcherzeugung und -verwendung (1871-2010) - C.04: Schlachtungen und Fleischgewinnung (1871-2010) • D Hochsee- und Küstenfischerei - D.01: Anlandungen der Hochsee- und Küstenfischerei (1871-2010)
Aufbau und Tabelleninhalt:
Zeitreihen zu Betriebsgrößen und wirtschaftlichen und landwirtschaftlichen Nutzflächen: A.01: Landwirtschaftliche Nutzfläche nach Betriebsgrößen, Besitzverhältnisse unberücksichtigt (1871-2010): Nutzfläche aller Betriebe zusammen (eigenes und gepachtetes Land), Nutzfläche gegliedert nach Betriebsgrößen (nur eigenes Land), Nutzfläche aller Betriebe zusammen (nur gepachtetes Land).
A.02: Wirtschaftsfläche nach Hauptnutzungs- und Kulturarten (1871-2010): Wirtschaftsfläche insgesamt; darunter landwirtschaftlich genutzte Fläche insgesamt und landwirtschaftlich genutzte Fläche zum einen für den Ackerbau, zum anderen für Weiden; genutzte Fläche für Holzungen und Forsten; unkultivierte Wirtschaftsflächen; bebaute Wirtschaftsflächen.
Zeitreihen zur pflanzlichen Produktion: Anbauflächen, Erntemengen und Ernteerträgen der wichtigsten Feldfrüchte, von Obst und Wein und Düngereinsatz: B.01: Anbauflächen wichtiger Fruchtarten (1871-2010): Ackerland insgesamt; darunter Ackerlandfläche für den Anbau von Getreide, Ackerlandfläche für den Anbau von Hackfrüchten, Ackerlandfläche für den Anbau von Futterpflanzen.
B.02: Erntemengen wichtiger Fruchtarten (1871-2010): Erntemengen der Getreidesorten und der Hackfrüchte in 1000 Tonnen.
B.03: Ertrag je Hetkar wichtiger Fruchtarten (1871-2010): Hektarerträge (d.h. Erntemenge je Hektar Ackerfläche) der Getreidesorten und der Hackfrüchte.
B.04: Obstbäume und Weinernte (1871-2010): Bestand der Obstbäume nach Sorten (Apfelbäume, Birnbäume, Pflaumenbäume, Kirschbäume) sowie Rebflächen, Weinmost-Ertrag, Weinmost-Erntemenge.
B.05: Düngemittel (1871-2010): Angaben der Düngemittelversorgung insgesamt in 1000 t Reinnährstoff und je Hektar Ackerland in Kg. Reinnährstoff, und zwar für die Nährstoffe Stickstoff insgesamt (N), Phosphat insgesamt (P2O2), Kali insgesamt (K2O), Kalk insgesamt (CaO), Stickstoff (N) je ha., Phosphat (P2O2) je ha., Kali (K2O) je ha., Kalk (CaO) je ha.
Zeitreihen zu Betrieben mit Tierhaltung, zu Tierbeständen und zur Gewinnung tierischer Produkte: C.01: Landwirtschaftliche Betriebe nach Tierarten auf ihrem Hof/Gut (1871-2010): Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe mit Pferden, mit Rindern, mit Milchkühen, mit Schweinen und mit Schafen.
C.02: Tierbestand nach Tierarten (1871-2010): Anzahl der Pferde, der Rinder insgesamt und darunter der Milchküche, der Schweine, der Schafe, des Geflügels insgesamt und darunter der Hühner, der Ziegen, und der Bienenvölker. Die Tierbestände werden in 1000 angegeben.
C.03: Milcherzeugung und -verwendung (1871-2010): Anzahl der Milchkühe; Jahresmilchertrag (Milchmenge je Kuh); jährliche Gesamtmilcherzeugung; Milchverwendung für die Molkerei, Milchverwendung für die Verfütterung an Kälber, Milchverwendung für die Verarbeitung im Haushalt des Milchkuh-Halters.
C.04: Schlachtungen und Fleischgewinnung (1871-2010): Jeweils die Anzahl der geschlachteten Rinder, Kälber und Schweine zum einen durch gewerbliche Schlachtung, zum anderen durch Hausschlachtung; Fleischgewinnung insgesamt.
Zeitreihen zur Fischerei: D.01: Anlandungen der Hochsee- und Küstenfischerei (1871-2010): Anlandungen in Tonnen aller Betriebsformen der Hochsee- und Küstenfischerei zusammen, Anlandungen der Große Hochseefischerei, der Großen Heringsfischerei, und der Kleinen Hochsee- und Küstenfischerei.
Zu den einzelnen Bereichen
Die Verwendung des Bodens (wirtschaftliche Nutzfläche) Der Boden ist die Grundlage für die Erzeugung der menschlichen Nahrungsmittel. Die landwirtschaftliche Nutzung lässt sich in verschiedene Nutzungsarten untergliedern. Von besonderem Interesse ist hier die Nutzung des Bodens für den Ackerbau zur Erzeugung pflanzlicher Produkte und für Weideland. Darüber hinaus übernimmt er weitere, verschiedene Funktionen. Während auf der einen Seite die für die Landwirtschaft nutzbare Fläche durch Bodenverbesserungsmaßnahmen wie etwa die Trockenlegung von Sümpfen oder die Reduzierung von Waldbeständen, vergrößert wurde, wird auf der anderen Seite die Verfügbarkeit des Bodens durch andere Verwendungsarten wie Siedlungs- und Straßenbau stark eingeschränkt. Die Entwicklung der verschiedenen konkurrierenden Nutzungsarten des Bodens, von der die landwirtschaftliche Nutzung nur eine Möglichkeit ist, soll durch die Wiedergabe der Entwicklung der Bodenflächen, die für die jeweiligen Nutzungsarten verwendet werden, über einen längeren Zeitraum dargestellt werden.
Die Bedeutung der Betriebsgröße
Die Betriebsgröße kann an der vorliegenden Menge von Produktionsfaktoren, Erträgen und erwirtschafteten Überschüssen (Überschuss= Erträge – Saatgut – Eigenverbrauch) gemessen werden. Im Rahmen dieser Studie soll mit Hilfe des wichtigsten Produktionsfaktors, der Flächenausstattung, die Betriebsgröße beschrieben werden. Die flächenmäßige Betriebsgrößenstruktur ist im Wesentlichen Resultat eines Anpassungsprozesses an die geografischen, historischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten. Für Deutschland ist im 21. Jahrhundert eine Zweiteilung hinsichtlich der geografischen Verteilung der Betriebe erkennbar: Große Betriebe finden sich überwiegend im Osten und Norden, kleinere hingegen im Südwesten Deutschlands. "Eine Ursache für diese Verteilung ist die Gutswirtschaft zur Zeit des späten Mittelalters, die den Grundstein für diese groß strukturierte Landwirtschaft im Osten des heutigen Deutschlands legte. Den größten Einfluss übte jedoch die Phase der sozialistischen Landwirtschaft in der ehemaligen DDR aus." (Statistische Ämter des Bundes und der Länder, 2011, S. 6). Diesen großflächigen Betrieben stehen heute in Nordwestdeutschland Betriebe mittlerer Größenordnung und in Süddeutschland eher kleinere Familienbetriebe gegenüber. Das früher in Süddeutschland vielerorts übliche Realerbteilungsrecht begünstigte die Entstehung dieser eher klein strukturierten Landwirtschaft dadurch, dass der Grundbesitz oftmals unter den Erbberechtigten aufgeteilt und so eine Zersplitterung der Betriebe herbeigeführt wurde. (Vergl.: Statistische Ämter des Bundes und der Länder (Hrsg.): Agrarstrukturen in Deutschland… . Stuttgart 2011. S. 6-10.) Seit Mitte der 1950er Jahre besteht ein Trend zur technischen Modernisierung und Vergrößerung der landwirtschaftlichen Betriebe, hervorgerufen durch den technischen und züchterischen Fortschritt sowie nicht zuletzt durch wesentliche Änderungen in der Agrarpolitik, verbunden mit einem massiven Abbau von Subventionen. Durch den stärker werdenden Druck auf die Betriebe veränderte sich die Produktionsweise hin zur Spezialisierung auf wenige Produktionszweige und oft auch hin zu einer Vergrößerung des Betriebes. Die Darstellung der landwirtschaftlich genutzten Wirtschaftsfläche nach Betriebsgrößen soll die Bedeutung und das Zusammenspiel der Klein- Mittel- und Großbetriebe im Zeitverlauf wiedergeben. Es wird deutlich, dass sich kleinere Familienbetriebe trotz geringerer Ausstattung mit den Ressourcen Kapital und Arbeit bis in die heutige Zeit gegenüber den Großbetrieben behaupten konnten (vergl. dazu: Kopsidis, 1996, S. 10f; Schulze, 2007, S. 9ff).
Anbauflächen, Erntemengen und Ernteerträge: Die landwirtschaftliche Nutzung des Bodens lässt sich in verschiedene Nutzungsarten untergliedern. Von besonderem Interesse ist in der vorliegenden Datenzusammenstellung die Nutzung des Bodens für den Ackerbau und für Weideland. Im Verlauf der Geschichte wurde die natürliche Pflanzendecke an geeigneten Standorten allmählich durch vom Menschen gezüchtete Pflanzen ersetzt und in Ackerland oder in Weideland umgewandelt. Der Statistiker Viebahn hat feststellen können, dass eine Ertragssteigerung im Ackeranbau infolge einer verbesserten Fruchtwechselwirtschaft und eines steigenden Anbaus von Hackfrüchten – insbesondere der Kartoffel – erreicht werden konnte. Hinzu kam der Futtermittelanbau, durch den eine gute Fütterung der Tiere auch im Winter unterstützt wurde. Die Verwendung der Ackerfläche für verschiedene Getreidearten, Hackfrüchte und für den Anbau von Futterpflanzen soll daher in Form von säkularen Zeitreihen bis zur Gegenwart veranschaulicht werden. Das Ackerland wurde zunächst vornehmlich für den Getreideanbau genutzt. Dabei nehmen die verschiedenen Getreidesorten eine unterschiedliche Position im Anbau ein. Der Roggen, der in kalten Regionen als widerstandsfähige Pflanze gut gedeihen konnte, hatte als Brotgetreide zunächst die größte Bedeutung. Hafer war früher sowohl Grundnahrungsmittel als auch Tierfutter. Weizen ist die älteste Getreidegattung und gedeiht am besten in gemäßigten Zonen. Gerste folgt als weniger anspruchsvolle Frucht im Fruchtwechsel dem Weizen. Die Einführung der Kartoffel als eine bedeutende Hackfrucht konnte den Ernteertrag bedeutend erhöhen, forderte aber auch eine intensivere Bearbeitung des Ackerbodens während der Wachstumsperiode. Insgesamt trug der Kartoffelanbau dazu bei, dass sich Anzahl und Intensität der Hungerkrisen in Deutschland verringerten. Wie sich die Bedeutung der unterschiedlichen Fruchtarten im Verlauf der Zeit geändert hat, verdeutlichen die Anbauflächen, die für diese Fruchtarten verwendet werden. Es zeigt sich, dass der Weizen heute die bedeutendste Getreideart ist, während die Anbauflächen für den Hafer stark gesunken sind. Die Ernteerträge je Hektar Anbaufläche geben einen Einblick, wie sich der Erfolg der landwirtschaftlichen Produktion im Zeitverlauf verändert hat. In diesem Zusammenhang soll auch auf die Anbauflächen und Erträge der Weinernte eingegangen werden, da es sich hierbei um ein Gut handelt, das in der Zivilisation seit jeher eine zentrale Rolle einnimmt.
Der Düngereinsatz: Verbrauchte Nährstoffe durch den Anbau und die Ernte von Pflanzen müssen ersetzt werden, damit die Ackerfläche für die pflanzliche Nahrungsmittelproduktion weiterhin verwendet werden kann. Diese Anforderung stellte in der Landwirtschaft ein nicht zu unterschätzendes Problem dar, dem man zunächst durch die Dreifelderwirtschaft begegnete. Die gesamte Anbaufläche wurde in drei Teile geteilt; jeder dieser Teile lag ein Jahr brach, damit sich der Boden regenerieren konnte. Neben den Vorteilen der Fruchtfolge im Jahresturnus Sommergetreide, Wintergetreide und Brache eingerichtet, die sich auch auf den Nährstoffgehalt des Bodens positiv auswirkten, blieb jedoch das Problem, dass immer ein Drittel des Bodens nicht genutzt werden konnte. Nährstoffe wurden durch Einbringen von Dung aus der Viehhaltung, Humus und Streu aus den Wäldern ersetzt. Diese Form der Nährstoffanreicherung der Ackerböden war jedoch nicht immer ausreichend. Die Folge waren schlechte Ernten oder Mißernten, verursacht durch nährstoffarme Böden. Später, zwischen 1846 und 1849, kam die Entwicklung des chemischen Düngers durch die Industrie hinzu. Liebig entwickelte den wasserlöslichen Phosphatdünger, der die Ernte und somit die Nahrungsversorgung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts deutlich verbesserte. Der englischen Agrochemikers John Bennet Lawes stellte zur gleichen Zeit aus einem Gemisch aus Knochenmehl und Schwefelsäure "Superphosphat" her, den ersten künstlichen Mineraldünger, und gründete die erste Düngemittelfabrik der Welt. 1909 entdeckte der deutsche Chemiker Fritz Haber, wie man Stickstoffdünger in Form von Ammoniaksalzen herstellen konnte. Das vom Chemiker Karl Bosch weiterentwickelte Haber-Bosch-Verfahren erlaubte ab 1913 die Massenproduktion von Ammoniak aus Luftstickstoff und Wasserstoff. Mit Hilfe des Kunstdüngereinsatzes konnten die Böden auf bequeme Weise wieder mit Nährstoffen aufgefüllt werden. Die Entwicklung des Düngereinsatzes insgesamt und pro Hektar Ackerfläche sollen daher in Form von Zeitreihen nachgezeichnet werden.
Die Tierhaltung: Erwirtschaftete Überschüsse aus dem Ackerbau ermöglichen die landwirtschaftliche Tierhaltung. Die Einführung der Hackfrüchte (Kartoffeln und Rüben) und die Stallfütterung waren in diesem Zusammenhang fördernde Faktoren für die Tieraufzucht. Vor allem die Schweinehaltung hat zunächst für die Fleischproduktion in der deutschen Landwirtschaft eine zentrale Rolle eingenommen. Da Milch und Butter leicht verderbliche Nahrungsmittel darstellten, hatte die Herstellung dieser Produkte zunächst insbesondere in den abgelegeneren Regionen ein geringeres Gewicht. Neben Pferden und Rindern spielten in der Tierhaltung auch kleinerer Tierrassen wie z.B. Ziegen für die Produktion von Milch oder Schafe für die Wollproduktion eine bedeutende Rolle. Auf der anderen Seite waren Tiere wichtige Arbeitskräfte auf dem Hof. Pferde und Ochsen nahmen somit eine zentrale Aufgabe wahr, die im Verlauf der landwirtschaftlichen Mechanisierung an Relevanz verlor. Die Bedeutung der einzelnen Tierarten, die in der Landwirtschaft genutzt werden, hat sich im Verlauf der Zeit verändert. Aus diesen Gründen soll die Entwicklung der Tierhaltung in der Landwirtschaft anhand von langen Zeitreihen sowohl zu der Anzahl der Betriebe mit Tierhaltung als auch zu den Beständen der einzelnen Tierarten dargestellt werden.
Herstellung tierischer Produkte und Fleischerzeugung: Mit fortschreitender Urbanisierung und Industrialisierung sowie einem weiteren Bevölkerungswachstum steigt die Nachfrage nach pflanzlichen Nahrungsmitteln sowie nach Nahrungsmitteln aus der Tierhaltung, wie z.B. Milch und Fleisch. Die Vergrößerung der Anbauflächen, die Verbesserung der Bodenbearbeitung sowie die verbesserte Tieraufzucht inklusive einer gehaltvollen Tierfütterung ermöglichten eine erhebliche Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion auch auf dem Gebiet der Milch-, Butter- und Fleischerzeugung, so dass dieses veränderte Nachfrageverhalten befriedigt werden konnte. Die Steigerung der tierischen Produktion wurde durch einen Anstieg der Tierbestände sowie durch einen Anstieg der Leistungen pro Tier (z.B. der Menge Milch pro Kuh, aber auch die Anzahl geschlachteter Tiere) erreicht. Lange Zeitreihen zur Milch- und Fleischherstellung können zeigen, wie sich die Produktion auf diesen Gebieten entwickelt hat.
Fischerei: Mit Fischerei bezeichnet man die Wirtschaftszweige, die sich mit dem Fangen oder Züchten von Fischen und anderen Wassertieren zur Nahrungsgewinnung und Weiterverarbeitung beschäftigen. Die Fischerei zählt zum primären Wirtschaftssektor, zu dem auch die Landwirtschaft gehört. Sie teilt sich auf in Binnen- und Seefischerei. Die Seefischerei konzentriert sich auf den Fang von Heringen, von Kabeljau und anderen Fischen der Dorschfamilie. Wirtschaftlich sehr wichtig sind auch der Fang von Makrelen und Thunfischen (vergl. http://de.wikipedia.org/wiki/Fischerei). Das Meer und die Fischerei haben für die Menschen an der Küste schon immer eine bedeutende Rolle gespielt. Bis heute bilden die Fischfänge durch die Fischerei einen wesentlichen Bestandteil der Nahrungsgrundlage nicht nur für die an der Küste lebenden Bevölkerung, sondern mittlerweile auch für die im Landesinneren ansässige Bevölkerung. "Entsprechend der Vielfältigkeit der Fangobjekte, der Fangmethoden, der Fahrzeugtypen und der Abgrenzung der Fanggebiete wird die Seefischerei in vier verschiedene Kategorien unterteilt, und zwar in die Große Hochseefischerei, die Große Heringsfischerei, die Kleine Hochseefischerei und die Küstenfischerei. Die beiden letztgenannten Betriebsformen werden auch häufig unter dem Begriff Kutterfischerei zusammengefaßt" (Universität Stuttgart, Institut für Geographie, Exkursion und Regionales Seminar. Fischfang und Fischwirtschaft S. 3. http://www.geographie.uni-stuttgart.de/exkursionsseiten/Nwd2001/Themen_pdf/Fischfang.pdf ) Daher werden zum Abschluß des Kapitels 'Landwirtschaft' Zeitreihen zu den Fangmengen nach den vier genannten Betriebsformen zusammengestellt. Hierbei wird nur die Anlandung, also der Teil des Fangs wiedergegeben, der an Land gebracht wird und tatsächlich für den Verzehr zur Verfügung steht.
Datentabellen in histat (Thema: Landwirtschaft): • A Betriebsgrößen, wirtschaftliche und landwirtschaftliche Nutzflächen - A01: Landwirtschaftliche Nutzfläche nach Betriebsgrößen, Besitzverhältnisse unberücksichtigt (1871-2010) - A.02: Wirtschaftsfläche nach Hauptnutzungs- und Kulturarten (1871-2010) • B Pflanzliche Produktion - B.01: Anbauflächen wichtiger Fruchtarten (1871-2010) - B.02: Erntemengen wichtiger Fruchtarten (1871-2010) - B.03: Ertrag je Hetkar wichtiger Fruchtarten (1871-2010) - B.04: Obstbäume und Weinernte (1871-2010) - B.05: Duengemittel (1871-2010) • C Tierhaltung und Gewinnung tierischer Erzeugnisse - C.01: Landwirtschaftliche Betriebe nach Tierarten auf ihrem Hof/Gut (1871-2010) - C.02: Tierbestand nach Tierarten (1871-2010) - C.03: Milcherzeugung und -verwendung (1871-2010) - C.04: Schlachtungen und Fleischgewinnung (1871-2010) • D Hochsee- und Küstenfischerei - D.01: Anlandungen der Hochsee- und Küstenfischerei (1871-2010)
Inhaltsangabe: Einleitung: Menschliche Aktivitäten haben schon immer die Umwelt verändert, angefangen bei der Rodung der Wälder zum Gewinn von Siedlungsland, der Einleitung von Abwasser in Gewässer bis hin zur Deponierung von radioaktivem Abfall. Im Zuge der fortschreitenden Industrialisierung nahmen diese Aktivitäten zu, und die Auswirkungen wurden erkennbar. Eine Folge der Industrialisierung ist u.a. die steigende Emission von Treibhausgasen, die die Erwärmung der Erdoberfläche verursachen. Zu den Treibhausgasen zählen gemäß der internationalen Vereinbarung von Kyoto Kohlendioxid (CO2), Distickstoffoxid (N2O), Methan (CH4), teilhalogenierte Fluorkohlenwasserstoffe (H-FKW), fluorierte Kohlenwasserstoffe (FKW) und Schwefelhexafluorid (SF6). Die atmosphärische Konzentration dieser Treibhausgase wird durch menschliche Aktivitäten im Vergleich zu den natürlich vorkommenden Volumina erheblich erhöht. Lange wurden die mit den Klimaveränderungen verknüpften wissenschaftlichen Fragen nicht vorrangig behandelt. Erst seit den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde den Aussagen der Klimatologen Beachtung geschenkt, die auf eine zunehmende Erwärmung des Planeten hinweisen. Heute ist die Tatsache, dass es einen Klimawandel gibt und dass dieser anthropogen verursacht wird, weithin akzeptiert. Lediglich über die Sensitivität des Klimas gegenüber steigenden Treibhausgaskonzentrationen und damit das Ausmaß des Temperaturanstiegs und der Auswirkungen sind die Klimaexperten verschiedener Meinungen. Die SRES-Hüllkurven beziehen sich auf die im Special Report on Emission Szenarios der zwischenstaatlichen Sachverständigengruppe über den Klimawandel (Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC)) berechneten sechs Emissionsszenarien. Diese prognostizieren eine Erhöhung der mittleren globalen Erdoberflächentemperatur bis zum Jahr 2100 zwischen 1,4 °C und 5,8 °C bezogen auf 1990. Obwohl die globale Jahresdurchschnittstemperatur während der vergangenen 100 Jahre nur um 0,6°C angestiegen ist, sind bereits heute zahlreiche Auswirkungen des Klimawandels spürbar: Gletscher sowie das arktische und antarktische Eis schmelzen ab, Permafrostböden tauen auf, der Meeresspiegel steigt, Vegetationsperioden verlängern sich, Tier- und Pflanzenarten verändern ihr Verbreitungsgebiet und Extremwetterereignisse nehmen zu. Weitere Beispiele für mögliche Auswirkungen sind in Anhang I aufgeführt. Allerdings geben diese Veränderungen laut Aussagen der meisten Wissenschaftler lediglich einen Vorgeschmack auf die Auswirkungen des zukünftigen Klimawandels. Als Reaktion auf den Klimawandel sind national wie international klimapolitische Aktivitäten in Gang gekommen. So finden beispielsweise regelmäßige internationale Klimaschutztreffen statt. Der IPCC sowie andere Arbeits-/Beratergruppen wurden gegründet und internationale Klimaschutzabkommen unterschrieben, beispielsweise das Kyoto-Protokoll. Die Kernaussage des vom ehemaligen Chefökonom der Weltbank Nicholas Stern veröffentlichen Stern Reviews - The Economics of Climate Change - lautet wie folgt: 'The benefits of strong, early action on climate change outweigh the costs'. Diese Meinung ist weithin akzeptiert und wird insbesondere von der Bundesregierung in ihren Maßnahmenplänen zum Klimaschutz aufgegriffen. Diese treffen zwar auch den deutschen Bundesbürger, vor allem aber die in Deutschland operierenden Wirtschaftsunternehmen. Dabei gehören Wirtschaftsunternehmen zu denjenigen, die durch gesetzliche Vorgaben eingeschränkt werden, denen sich aber auch Möglichkeiten, beispielsweise zur Kosteneinsparung, bieten. Besonders Industrieunternehmen haben in Deutschland eine besondere Bedeutung für die Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen. Günther Verheugen (Kommissar der Europäischen Union (EU) für Unternehmen und Industrie) sagte gegenüber der Zeitschrift Capital im Sommer 2007 zum Thema 'Ökologische Industriepolitik': 'Der scheinbare Gegensatz zwischen Wachstumspolitik und hohen Umweltstandards ist eines der großen Missverständnisse unserer Zeit. Ich bin entschieden für eine Neuorientierung: Wir sollten Wachstum und Beschäftigung stärker mit den Herausforderungen des Klimawandels verknüpfen'. Unabhängig davon, ob getroffene Maßnahmen aus klimapolitischen Vorgaben oder Druck innerhalb der Branche erzwungen werden oder aus Eigenmotivation entstehen, stellt sich die Frage, welchen Beitrag Industrieunternehmen aktiv zum Klimaschutz leisten können. Die zentralen Fragen der vorliegenden Studie lauten deshalb: -Welche internationalen Bemühungen um den Klimaschutz gibt es? -Was ist der derzeitige nationale Rahmen der Klimapolitik in Deutschland? -Wie hat sich das Umfeld der Unternehmen als Folge der Klimaänderungen gewandelt? -Wie kann sich ein Unternehmen strategisch unter dem Aspekt des Klimaschutzes positionieren? -Welche Chancen und Risiken ergeben sich aus dem Klimawandel für Unternehmen? -Wie können Unternehmen auf die nationalen Gesetzesvorgaben reagieren? -Durch welche Handlungen können Industrieunternehmen auf das Thema Klimaschutz reagieren und Wettbewerbsvorteile aufbauen und sichern? -Was ist zukünftig hinsichtlich des Klimaschutzes auf politischer Ebene zu erwarten? Der wissenschaftliche Beitrag dieser Studie besteht nicht in einer erneuten Zusammenfassung der Problematik 'Auswirkungen des Klimawandels', denn es existiert bereits eine Vielzahl von wissenschaftlichen Beiträgen zu diesem Thema. Dieses Papier gibt einen Einblick in die für Unternehmen relevanten Bereiche des Klimawandels. Diese benötigen Basiswissen im Bereich der internationalen sowie der nationalen Klimapolitik. Dabei wurde die aktuelle Literatur recherchiert und daraus die aus unserer Sicht wichtige Informationen sowie Handlungs-/Reaktionsmöglichkeiten ausgewählt, die für deutsche Unternehmen, die sich noch nicht im Speziellen mit Klimaschutz beschäftigt haben, wichtig sind. Weiterhin wird ein Ausblick auf die sich für die Zukunft abzeichnende Entwicklung der politischen Rahmenbedingungen gegeben. '87% der großen, global agierenden Unternehmen betrachten den Klimawandel als wirtschaftliches Risiko im Sinne von möglichen Produktionsunterbrechungen, steigenden Kosten als Folge staatlicher Eingriffe oder drohenden Wettbewerbs- und Imageproblemen.' Im Rahmen dieser Studie wird Organisationen bewusst gemacht, dass eine Positionierung ihrerseits in Hinblick auf den Klimawandel nötig ist, um die gefürchteten Risiken überschaubar zu machen. Aus dem Einblick in die Veränderungen der Unternehmensumwelt lässt sich ableiten, welche Strategien im Betrieb entwickelt und verfolgt werden können, um die unternehmensspezifischen Chancen und Risiken hinsichtlich des Klimawandels zu erkennen und zu nutzen. Der Kernbereich der Studie liegt in der Darstellung von Handlungsmöglichkeiten, die für die meisten deutschen Arbeitsstätten umsetzbar sind. Dabei wird in den einzelnen Kapiteln jeweils die Information dargestellt, die für Unternehmen zur Entscheidungsfindung benötigt wird. Dieses Buch spricht generell von Unternehmen in Deutschland. Diese Generalisierung verhindert es, Aussagen über die internen Einflüsse, z.B. Stärken und Schwächen eines spezifischen Betriebes, abzugeben. Dies ist auch so gewollt, da den Firmen in Deutschland lediglich Denkanstöße für den Bereich Klimaschutz vermittelt werden sollen. Die Umsetzung bleibt abhängig von der individuell gewählten Unternehmensstrategie. Die vorliegende Studie wurde rein theoretisch verfasst und gliedert sich in drei Teile. In Teil I werden bisherige internationale Bestrebungen in Bezug auf den Klimaschutz sowie die Grundlagen der Umweltschutzpolitik und Maßnahmen der Bundesrepublik zum Klimaschutz erläutert. Teil II beschreibt Grundlagen der Unternehmensführung hinsichtlich der Umfeldanalyse sowie Unternehmensstrategien. Nachfolgend werden speziell hinsichtlich des Klimawandels veränderte externe Faktoren der Umfeldanalyse aufgezeigt sowie beispielhaft Chancen und Risiken für verschiedene Branchen aufgelistet. In Teil III des Werkes werden drei mögliche Handlungsoptionen als Reaktion auf die veränderten Bedingungen in Deutschland vorgestellt.Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis: AbkürzungsverzeichnisVII AbbildungsverzeichnisIX TabellenverzeichnisX 1.EINLEITUNG1 1 1.1Problemstellung2 1.2Zielsetzung3 1.3Gliederung4 1.4Einschränkungen5 2.INTERNATIONALE KLIMAPOLITIK7 2.1Geschichte der internationalen Klimapolitik7 2.2Strategien einzelner Staaten16 2.2.1USA16 2.2.2EU17 2.2.3Schwellenländer18 2.2.4Entwicklungsländer19 2.2.5Ausblick19 3.KLIMAPOLITIK IN DEUTSCHLAND22 3.1Instrumentarien der Umweltschutzpolitik23 3.1.1Ordnungsrechtliche und ökonomische umweltpolitische Instrumente23 3.1.1.1Nichtfiskalische Instrumente24 3.1.1.2Fiskalische Instrumente25 3.2Klimaschutzmaßnahmen27 3.2.1Maßnahmen zur Emissionsreduktion29 3.2.1.1Immissionsschutzrechtliche Regelungen29 3.2.1.2Staatliche Maßnahmen im Verkehrsbereich30 3.2.1.3Emissionshandel31 3.2.2Energiepolitik in Deutschland32 3.2.2.1Anhebung der Energieeffizienzstandards32 3.2.2.2Förderung Kraft-Wärme-Kopplungstechnik34 3.2.2.3Ausbau erneuerbarer Energien34 3.2.2.4Ökologische Steuerreform35 3.2.2.5Energieverbrauchsetikett36 3.2.2.6Öko-Design-Richtlinie36 3.2.3Klimaschutzvereinbarungen mit der deutschen Wirtschaft37 4.STRATEGISCHE ANALYSE DER VERÄNDERUNGEN40 4.1Veränderte externe Faktoren - Makroumwelt41 4.1.1Ökologische Umwelt41 4.1.2Politisch-rechtliche Umwelt42 4.1.3Ökonomische Umwelt43 4.1.4Technologische Umwelt45 4.1.5Gesellschaftliche Umwelt46 4.2Veränderte externe Faktoren - Branchenumwelt46 4.3Chancen und Risiken47 4.3.1Gewinner- und Verliererbranchen47 4.3.2Energie50 4.3.3Versicherungsbranche / Finanzwirtschaft51 4.3.4Land- und Forstwirtschaft51 4.4Strategieentscheidung52 4.4.1Basisstrategien53 4.4.2Wettbewerbsstrategien54 4.4.3Risikostrategien55 5.HANDLUNGSOPTION ENERGIE58 5.1Die Bedeutung der Energiekosten für Unternehmen58 5.2Hemmnisse61 5.3Energiemanagement in Industrieunternehmen64 5.3.1Energiemanagement in der Aufbauorganisation67 5.3.2Energiemanagement in der Ablauforganisation69 5.3.3Verhaltensabhängige Energieeinsparung70 5.3.4Lastmanagement71 5.3.5Energie-Contracting72 5.3.5.1Energieliefer-Contracting72 5.3.5.2Energieeinspar-Contracting73 5.3.6Fuhrparkmanagement / Logistik74 5.3.7Optimaler Ersatzzeitpunkt von Anlagen75 5.4Technische Emissionsminderungspotenziale77 5.4.1Austausch fossiler Energieträger78 5.4.2Nutzung regenerativer Energien79 5.4.2.1Solarthermie80 5.4.2.2Photovoltaik80 5.4.2.3Bioenergieträger81 5.4.2.4Geothermie82 5.4.2.5Wasserkraft83 5.4.2.6Windkraft83 5.4.3Kraft-Wärme-(Kälte-)Kopplung84 5.4.4Wärmepumpe / Wärmetauscher87 5.4.5Steigerung der Energieeffizienz von Anlagen88 5.4.6Gebäudeoptimierung am Beispiel Beleuchtung89 5.4.7CO2-Abscheidung und -Speicherung92 6.HANDLUNGSOPTION UMWELTORIENTIERTE PRODUKTENTWICKLUNG94 6.1Top-Runner-Ansatz und EuP-Richtlinie95 6.2CO2-Fußabdruck (Carbon Footprint)96 6.3Minimierung des CO2-Fußabdrucks in den Produktlebensphasen97 6.4Praktische Umsetzung im Entwicklungsprozess99 6.4.1Ideen-Delphi101 6.4.2Morphologischer Kasten102 6.4.3Kumulierter Energieaufwand (KEA)103 6.4.4Öko-FMEA104 6.4.5MIPS Analyse105 7.HANDLUNGSOPTION UMWELT-(KLIMASCHUTZ-) MARKETING107 7.1Umweltorientiertes Marketing107 7.2Klimaschutz-Marketing108 7.3Strategisches Umwelt-Marketing109 7.3.1Marketingforschung109 7.3.2Marketingkonzept112 7.3.3Marktsegmentierung113 7.3.4Positionierung/Timing115 7.4Operatives Umwelt-Marketing116 7.4.1Produktpolitik116 7.4.2Kommunikationspolitik117 7.4.2.1Werbung118 7.4.2.2Verkaufsförderung119 7.4.2.3Öffentlichkeitsarbeit119 7.4.3Distributionspolitik120 7.4.3.1Umweltfreundliche Logistik / Absatzkanäle120 7.4.3.2Redistributionssysteme121 7.4.4Kontrahierungspolitik121 7.5Praktische Anwendungsmöglichkeiten des 'Klimaschutz-Marketings'122 7.5.1Positive Imagewirkung der Nutzung regenerativer Energien123 7.5.2CO2-Reduktion als Marketinginstrument123 7.5.3Klimazertifikate125 7.5.4Carbon Disclosure Project126 7.5.5Energieverbrauchsetikett127 8.ZUSAMMENFASSUNG128 9.FAZIT130 Literaturverzeichnis131 Anhang140Textprobe:Textprobe: Kapitel 2.2, Strategien einzelner Staaten: Wie bereits deutlich geworden, unterscheiden sich die Einstellung zum und die Herangehensweise an den Klimaschutz verschiedener Staaten eklatant. Konträrer als die Haltung der USA und Deutschlands können Denkweisen nicht sein. Im Folgenden werden kurz die Positionen der USA, EU, Schwellen- und Entwicklungsländer dargestellt. USA: Im Februar 2002 wurde das nationale Klimaschutzprogramm der USA verabschiedet. Durch dieses sollten die Treibhausgasemissionen u.a. durch Steueranreize um 18 % bis zum Jahr 2012 gesenkt werden. Bei einem erwarteten 3 %igen Wirtschaftswachstum pro Jahr würden die Emissionen um weitere 12 % steigen und damit 2012 um 24,5 % über denen von 1990 liegen. Würden sich die USA dem Kyoto-Protokoll anschließen, müssten sie in diesem Zeitraum die CO2-Emissionen um 7 % senken. Die USA bleiben somit bei der eingeschlagenen Strategie, die sie folgendermaßen erläuterten: 'Während die übrigen Industriestaaten eine Strategie (Emissionsbegrenzung) verfolgten, hätten sich die USA für eine andere Strategie (keine Emissionsbegrenzung) entschieden, und es sei noch immer zu früh, um zu beurteilen, welcher Ansatz überlegen sei.' Allerdings wurden auch in den USA Gegenstimmen laut. So legte der republikanische Senator John McCain aus Arizona im Oktober 2003 einen Gesetzesentwurf vor, der vorsah, dass die USA ihre Treibhausgasemissionen bis 2010 auf den Stand von 2000 und bis 2016 auf den Stand von 1990 reduzieren sollen. Dieser Vorschlag wurde zweimal vom Senat abgelehnt. Die Tatsache, dass die USA das Kyoto-Protokoll nicht ratifiziert haben und die Strategie, die auf nationaler Ebene verfolgt wird, führten aber dazu, dass auf kommunaler Ebene vielfältige Initiativen zum Klimaschutz ergriffen wurden. Wie beispielsweise in der Stadt Burlington (Vermont) in der seit 2002 eine Energiesparkampagne mit dem Titel "Zehn Prozent weniger" läuft, die sich eine Reduktion der Treibhausgase um 10 % als Ziel gesetzt hat. Oder im größeren Umfeld der Klimaschutzpakt der Bürgermeister in den USA, dem sich bis heute 170 Bürgermeister der USA angeschlossen haben. Ziel dieses Paktes ist die Bemühung, die Kyoto-Vorgaben in den jeweiligen Kommunen zu erreichen oder zu übertreffen. Auch auf Ebene der Bundesstaaten finden zahlreiche Klimaschutzaktivitäten statt. So unterzeichnete beispielsweise Gouverneur Arnold Schwarzenegger 2005 für Kalifornien eine Verordnung, nach der die Treibhausgasemissionen bis 2010 auf den Stand von 2000 und bis 2020 auf den Stand von 1990 zurückgeführt werden sollen. Inzwischen haben 29 US-Bundesstaaten Klimaschutzpläne und Energiesparpläne verabschiedet. Die US-Bundesstaaten und -Kommunen sind so zu wichtigen Klimaschutzakteuren geworden. EU: Ganz anders als die USA geht die EU mit dem Thema Klimaschutz um. Ziel der EU ist es, den durchschnittlichen Temperaturanstieg gegenüber dem vorindustriellen Niveau auf höchstens zwei Grad zu begrenzen. Ein Ziel, das immer wieder durch die Staats- und Regierungschefs bestätigt wurde. Damit nimmt und nahm die EU, und innerhalb der EU insbesondere Deutschland, eine Vorreiterrolle im Klimaschutz ein. Diese Vorreiterrolle wurde beispielsweise von Deutschland bekräftigt, das auf der 8. COP international bekannt gab, dass es bereit sei, seine Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2020 um 40 % zu reduzieren, wenn die EU sich verpflichte, ihre Emissionen um 30 % zu reduzieren, und andere Industrieländer vergleichbar ehrgeizige Ziele formulierten. Im Februar 2007 wurden schließlich unter deutscher Präsidentschaft im EU-Umweltrat ehrgeizige Klimaschutzziele bis 2020 verabschiedet: Der Europäische Rat beschloss, dass die EU im Rahmen eines internationalen Abkommens ihre Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 um 30 % bis 2020 senken wolle, wenn sich andere Industriestaaten zu vergleichbaren Anstrengungen verpflichteten und die Schwellenländer sich angemessen beteiligten. Unabhängig von internationalen Vereinbarungen hat sich die EU bereits jetzt verpflichtet, ihre Treibhausgasemissionen bis 2020 um mindestens 20 % gegenüber 1990 zu mindern. Schwellenländer: Bisher sind die großen Schwellenländer wie China, Indien und Brasilien im Kyoto-Protokoll als Entwicklungsländer eingestuft. Sie sind somit nicht zu einer Reduktion der Treibhausgasemissionen verpflichtet, obwohl sie das Kyoto-Protokoll unterzeichnet haben. Historisch gesehen sind die Schwellenländer auch nur geringfügig am Klimawandel beteiligt, so entfallen auf China ca. 10 % der Verantwortung für den Klimawandel von 1950 bis 2002. Allerdings sind gerade China und Brasilien schon jetzt für rund 15 % der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Aus Hochrechnungen der Wachstumsraten ergibt sich, dass China schon 2009 die USA als bisher größten CO2-Emittenten der Welt überholt haben wird. Die Sorge, dass das Wirtschaftswachstum durch Anstrengungen zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen gebremst werden könnte, führte in der Vergangenheit jedoch zu einer Zurückweisung jeglicher Reduktionspflichten. Insbesondere in China beginnt sich diese Haltung jedoch zu verändern, da nach Expertenmeinung die momentanen und zukünftigen Klimaveränderungen die chinesische Wirtschaft jährlich 200 bis 300 Milliarden Yuan, umgerechnet 20 bis 30 Milliarden Euro, kosten wird. Dies entspricht bis zu fünf Prozent des chinesischen Bruttoinlandsprodukts. Verantwortlich für diese Kosten sind vor allem zunehmende Dürre- und Überschwemmungskatastrophen. So wurde der chinesischen Regierung bereits vor einem Jahr von einer Gruppe aus der Akademie der Wissenschaften ein Vorschlag zur Bewältigung der Umweltprobleme vorgelegt. Empfohlen wurde eine Verbindung von technischer Innovation, institutionellen Reformen und neuen Preis- und Steuermechanismen. Für 2007 hat die chinesische Regierung ein Programm zur Reduzierung der Treibhausgase angekündigt, das verschiedene staatliche Stellen einbezieht. Schon der laufende Fünfjahresplan hatte eine Senkung des Energieverbrauchs bis 2010 um 20 % versprochen. Es ist geplant, bis Sommer 2008 in Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen in Peking die erste Emissions-Börse außerhalb Europas und den USA zu eröffnen. Sie soll den Markt für Emissionshandel für China weiter öffnen. Mit dem Einsatz moderner Technologien zum Einsparen von Treibhausgasen könnten dann die Emissions-Ersparnisse gewinnbringend an andere Unternehmen weiterverkauft werden. Nach UN-Angaben könnten bis 2012 bis zu 41 % aller Emissionsgeschäfte auf China entfallen. Auch im Bereich erneuerbare Energien geht China voran. Das Land wurde im Jahr 2005 mit der Investition von sechs Milliarden USD von weltweit 38 Milliarden USD zum größten Investor in diesem Bereich. Bis 2020 kündigte China weitere 150 Milliarden Euro in Wasserkraft, Windkraft, Solarenergie und Biomasse zu investieren. Entwicklungsländer: Die Entwicklungsländer sind von den Folgen des globalen Klimawandels am stärksten betroffen und besitzen zugleich keine ausreichenden finanziellen Mittel und Möglichkeiten, um die Auswirkungen zu handhaben. Deshalb drängen sie auf eine stärkere Beteiligung bei den internationalen Beratungen zum Klimaschutz. Aus diesem Grund war der Umgang mit den Entwicklungsländern schon auf zahlreichen Vertragsstaatenkonferenzen ein Thema. So war beispielsweise die 4. COP in Buenos Aires geprägt von der Diskussion, ob auch Entwicklungsländer zu einer Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen verpflichtet werden sollten. Ausgelöst wurde diese Diskussion von Argentinien, das erklärte, auf der nächsten Konferenz eine freiwillige Reduktionsverpflichtung zu übernehmen. Viele andere Entwicklungsländer wehren sich gegen die Festlegung von Reduktionsverpflichtungen. Sie beziehen sich dabei auf das in der Konvention festgelegte Prinzip der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortung von Industrie- und Entwicklungsländern. Auch aus diesem Grund wurde immer wieder, und besonders auf der 10. COP in Buenos Aires, über den Bedarf an finanziellen Mitteln und personellen Kapazitäten beraten, der in den Entwicklungsländern besteht, um Klimaschutzmaßnahmen und einen effizienten Technologietransfer zu gewährleisten. Ausblick: Wie oben beschrieben ist beim Klimaschutz ein Umdenken in vielen Ländern erkennbar. So stehen beispielsweise in China mittlerweile klimapolitische Themen weiter oben auf der Agenda, und mit den Neuwahlen Ende 2008 in den USA ist eine Wende in der amerikanischen Klimapolitik möglich. Dennoch treffen auch heute noch, wie früher in der Geschichte der internationalen Klimapolitik, verschiedene Meinungen und Herangehensweisen aufeinander. So gibt es derzeit Meinungsverschiedenheiten zwischen denjenigen, die beim Klimaschutz allein auf technologische Entwicklungen setzen, und denjenigen, die vor allem über anspruchsvolle Zielsetzungen die Entwicklung vorantreiben wollen. Sicher wird für eine sinnvolle und wirksame Klimapolitik das Zusammenwirken beider Komponenten benötigt. Beispielsweise brennen seit vielen Jahren unterirdische Kohleflöze in China, deren CO2-Emission auf 2-3 % der weltweiten CO2-Emissionen geschätzt wird. Internationale Anstrengungen, hauptsächlich gefördert durch Kommunikation, gemeinsame Zielsetzungen und Verbesserungen der Technologien, sind nötig, um diesen Ausstoß zu stoppen. Vielleicht wäre ein Technologieabkommen innerhalb der Klimarahmenkonvention ein möglicher Weg zur Verbesserung der internationalen Klimaschutzbemühungen. Gleichzeitig müsste aber das internationale Recht bezüglich des geistigen Eigentums angepasst werden, denn häufig stehen Patent- und Exklusivrechte der Verbreitung neuer Technologien im Wege. Weitere wichtige Schritte für die internationale Klimapolitik wären der Abschluss eines neuen internationalen Abkommens über Energieeffizienz zur Untermauerung gemeinsamer Anstrengungen sowie die Trennung von Netzbetreiber und Versorger/Erzeuger für Elektrizität und Gas, um mehr Wettbewerb in den einzelnen Ländern und auf dem europäischen Markt zu erreichen. Bis heute ermöglichen die Leitungsmonopole den Stromkonzernen die Konkurrenten klein und die Preise hoch zu halten. Auch der im Kyoto-Protokoll festgelegte Emissionshandel ist immer wieder Bestandteil von internationalen Diskussionen und Verhandlungen. So wird beispielsweise in Bezug auf die Erweiterung des Emissionshandels verstärkt darüber diskutiert, dass sowohl der Flugverkehr als auch die Seeschifffahrt in den europäischen Emissionshandel einbezogen werden sollen. Der EU-Umweltkommissar Stavros Dimas hat im Jahr 2007 einen Richtlinienentwurf eingereicht, nach dem ab 2011 jede Fluggesellschaft eine bestimmte Anzahl Emissionsrechte erhalten soll, orientiert am durchschnittlichen Verbrauch je transportierter Tonne der Jahre 2004-2006. Diese Zurückdatierung würde solche Fluglinien bevorzugen, die ihre Flugzeugflotte in den letzten Jahren erneuert haben. Vertreter mehrerer europäischer Regierungen, der EU-Kommission, der portugiesischen EU-Präsidentschaft sowie mehrerer amerikanischer Bundesstaaten und kanadischer Provinzen haben im Jahr 2007 eine internationale Partnerschaft zum Emissionshandel vereinbart. Ziel dieser Initiative namens ICAP (International Carbon Action Partnership) ist die Vernetzung der in verschiedenen Teilen der Welt existierenden und geplanten Emissionshandelssysteme. Derzeit liegt der Preis für eine Tonne gehandeltem CO2 in Europa bei 23 Euro. Laut IPCC würde bereits ein Preis von 100 USD pro Tonne CO2 ausreichen, um bis 2030 zwischen 30 und 60 Prozent des Ausstoßes klimaschädlicher Emissionen zu vermeiden. Demzufolge sind weitere Maßnahmen dringend notwendig, um über den Preis für den Zukauf von Kohlendioxidausstoßrechten eine Verhaltensänderung bei Unternehmen zu bewirken. Auch der Ausbau der CO2-Speichertechnologien (Carbon Dioxide Capture and Storage - CCS) könnte zu einem starken Instrument zur Emissionsreduktion werden. Die Option, CO2 an großen Kohlekraftwerken einzufangen und in geologischen Schichten oder dem Meer zu speichern, eröffnet die Möglichkeit weiterhin fossile Energieträger zu nutzen, ohne CO2 in die Luft entweichen zu lassen. Die EU fördert diese Technologie und plant derzeit zwölf CCS-Demonstrationskraftwerke zu bauen.
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Sommer, Sonne, Strand - Zypern ist eine Ferieninsel geworden, auf der viele Touristen Urlaub machen. In Nikosia können Tourist*innen in hippen Läden shoppen gehen, die schöne Altstadt genießen und lecker Essen gehen. Aber aufgepasst! Mitten in der Hauptstadt stehen Friedenstruppen der Vereinten Nationen und überwachen die grüne Linie. Der schöne Schein trügt und erinnert an die vergangenen blutigen Ereignisse zwischen den beiden Volkstruppen. Eine Reise nach Nikosia ist nicht nur mit Urlaub verbunden, sondern auch eine lebendige Geschichtsstunde, denn die Insel ist bis heute geteilt. Dennoch ist die Lage entspannter geworden, die Grenzen sind geöffnet und EU-Bürger*innen können mit ihrem Personalausweis problemlos den Südteil hin zum Nordteil überqueren. Der folgende Beitrag beschäftigt sich mit der Friedenssicherung durch die Vereinten Nationen. Die Friedenssicherung hat sich zu einem zentralen Auftrag der Vereinten Nationen entwickelt und soll am Fallbeispiel Zypern erläutert werden. Dabei gliedert sich die Arbeit in fünf Teile. Zu Beginn wird auf den Kontext der UN-Friedenssicherung im allgemeinen eingegangen. Anschließend wird Bezug auf die Charta der Vereinten Nationen genommen und der Prozess und die Verantwortlichkeit der Friedensmissionen geklärt. Im Folgenden werden die ersten Friedensmissionen beleuchtet und reflektiert. Dabei wird der Zypernkonflikt historisch eingeordnet. Ob die Vereinten Nationen im Fall Zypern richtig gehandelt oder den Konflikt nur auf Eis gelegt haben, ist eine Kontroverse. Um diese zu verstehen, müssen die Hintergründe des Konfliktes beleuchtet werden, welches im nächsten Kapitel geschieht. Weiter wird auf die Mitwirkung der UNO an einer Lösung des Konfliktes eingegangen. Hier sollen die Schwierigkeiten und Erfolge beleuchtet werden. Zum Schluss wird anhand von ausgewählten Praxisbeispielen der UNFICYP gezeigt, wie die Friedensmission vor Ort ablief. Die Probleme und Erfolge der Friedenstruppen werden betrachtet, ebenso werden die Konzepte der Vereinten Nationen, die in die Praxis umgesetzt wurden, auf ihre Standhaftigkeit überprüft. Friedenssicherung durch die Vereinten NationenIm folgenden Abschnitt wird das Konzept der Friedenssicherung vorgestellt und in seinen einzelnen Stufen dargestellt. Die Friedenssicherung ist, zusammen mit der Durchsetzung der Menschenrechte, ein zentraler Auftrag der Vereinten Nationen. Diese Ziele hängen direkt miteinander zusammen (vgl. Mathis, 2013). Es gibt festgeschriebene Grundsätze, die von den Mitgliedern beachten werden sollten; die folgenden stehen in unmittelbarem Zusammenhang der Friedenssicherung der Vereinten Nationen: Die Pflicht zur friedlichen Streitbeilegung, das allgemeine Verbot der Androhung und Anwendung von Gewalt und das Interventionsverbot. Ausnahme beim Gewaltverbot ist die Selbstverteidigung und die vom Sicherheitsrat erlassenen militärischen Zwangsmaßnahmen. Der UN-Sicherheitsrat nimmt hier das Gewaltmonopol ein. Durch das Interventionsverbot dürfen souveräne Staaten sich nicht in innere Angelegenheiten einmischen. Der UN-Sicherheitsrat kann deshalb nicht in innerstaatliche Konflikte und Menschenrechtsverletzungen eingreifen (Ebbing 2012, vgl. S. 3f). Dabei trägt der UN-Sicherheitsrat die Verantwortung für die internationale Sicherheit und den Weltfrieden; dieser kann bindende Entscheidungen für Mitgliedsstaaten treffen (vgl. Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen e.V.). Alle UNO-Missionen zur Friedenssicherung und die Entsendung von UN-Soldaten gingen auf die Entscheidung des Sicherheitsrates zurück. Zu betrachten ist, dass durch Menschenrechtsverletzungen Konflikte gestärkt werden und diese in bewaffneten Konflikten und Kriegen enden können. Außerdem kommt es in Kriegen zu Menschenrechtsverletzungen wie z.B. durch Folter, Ermordung von Zivilisten oder sogar Verbrechen gegen die Menschlichkeit, wie Völkermord (vgl. Mathis, 2013). Ein zentrales Gremium für das UN- Konfliktmanagement, welches anhand der UN-Charta entscheidet, ob es sich um einen Friedensbruch oder um einen Bruch der internationalen Sicherheit handelt, ist etabliert. Hier werden Maßnahmen beschlossen, um die internationale Sicherheit und den Weltfrieden wieder herzustellen (vgl. Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen e.V.). Mathis zeigt auf, dass die Friedenssicherung eine signifikante Anzahl an Aspekten aufweist und durch das Grundprinzip nicht direkt in bewaffnete Konflikte eingegriffen wird. Zu aller erst gibt es die Prävention, wirtschaftliche Hilfe, Sicherung von Menschenrechten, Verhandlung in Konflikten, Sanktionen gegen Staaten, die völkerrechtswidrig handeln oder völkerrechtliche Vereinbarungen nicht einhalten, wie die Ablehnung von ABC-Waffen. Der Sicherheitsrat kann hierbei Empfehlungen zur friedlichen Streitbeilegung nach Kapitel VI der Charta aussprechen. Darüber hinaus kann es zu Zwangsmaßnahmen nach Kapitel VII kommen. Dabei kann es sich um nicht-militärische, aber auch um militärische Maßnahmen handeln (Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen e.V.). Hinzu kommt, dass der UN-Sicherheitsrat einen Krieg völkerrechtlich legitimieren kann (vgl. Mathis, 2013). Während eines Krieges werden Verhandlungen für einen Waffenstillstand geführt, es wird humanitäre Hilfe geleistet, und die Zivilbevölkerung wird durch UN-Soldaten zu schützen versucht. Selbst nach einem Krieg sorgen die UN-Soldaten für die Sicherung des Waffenstillstandes und die Einhaltung von Friedensvereinbarungen. Dabei steht der Schutz der Zivilbevölkerung permanent im Vordergrund. Ein Wiederaufbau, eine Entwaffnung und Abrüstung wird gefördert und schwere Kriegsverbrechen werden geahndet (vgl. ebd.). In einer Resolution wird vom Sicherheitsrat über die Größe und das Mandat einer Friedensmission entschieden, und anhand regelmäßiger Berichte durch den Generalsekretär kann das Mandat verlängert oder geändert werden (vgl. ebd.). Nun soll geklärt werden, wie genau eine Friedensmission abläuft und wer die Verantwortung trägt. Für die Friedensmissionen ist das Department of Peacekeeping Operations (DPKO) zuständig; dieses plant die Mission und führt diese durch. Dabei werden sie vom Department of Political Affairs (DPA) unterstützt, dieses beteiligt sich vor allem bei diplomatischen Bemühungen. Eine Einsatzleitung (Force Commander) vor Ort wird vom Generalsekretär bestimmt. Dieser verfügt ebenso auch über die ausführende Leitung der Friedensmission (vgl. Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen e.V). Aus Kapitel VII der Charta geht eine starke Anteilnahme der Mitgliedstaaten hervor. Diese Staaten sollen auf Grundlage von Sonderabkommen Streitkräfte zu Verfügung stellen. Dabei sollte erwähnt werden, dass noch kein Sonderabkommen zustande gekommen ist. Festzustellen ist, dass die Anforderungen von den Vereinten Nationen zu hoch und den praktischen Möglichkeiten voraus sind (Gareis/Varwick 2014, vgl. S.117). Gareis analysiert, dass das kollektive Interesse der VN-Mitgliedstaaten oft zu gering ist, um ihre Streitkräfte aus der Hand zu geben und das Leben der Soldaten zu riskieren (vgl. ebd.). Daraus folgt, dass die Vereinten Nationen kein schnelles und effektives Sicherheitssystem besitzt. Die Vereinten Nationen sind "eine unvollkommene, reformbedürftige, aber doch in vielen Bereichen eminent wichtige internationale Organisation" (ebd. S. 356). Voraussetzung für den Erfolg der Vereinten Nationen ist, dass die Staaten multilaterale Strategien zur Problemlösung bevorzugen. Nur dann können die Vereinten Nationen eine Rolle in der internationalen Politik spielen. Die Mitgliedstaaten sind in der Praxis selten bereit, ihre Außenpolitik in die Hände der Vereinten Nationen zu legen. Die großen und mächtigen Staaten neigen dazu, unilateral vorzugehen. Staaten wollen alleine und, wenn notwendig, gegen andere Staaten handeln, um ihre eigenen Interessen zu verfolgen und zu maximieren. Auch wenn nur im Einzelfall unilateral gehandelt wird, entsteht dadurch trotzdem ein Bruch und gegenseitiges Vertrauen wird schwierig (vgl. ebd.). Aufgrund dessen haben sich alternative Formen der Friedenssicherung entwickelt. Diese müssen einerseits dem veränderten Kriegs- und Konfliktgeschehen standhalten und den Souveränitätsansprüchen der Mitgliedsstaaten. Eine eigene UN-Friedenssicherung sind beispielsweise die Blauhelme, welche durch Auslegung von Kapitel VII der Charta vom Sicherheitsrat seit den 1950er Jahren entsendet werden. Dabei bestehen die Blauhelme in der Regel aus unbewaffneten bis leicht bewaffneten Truppen und Beobachtern. Zu ihren Aufgaben gehört unter anderem die Überwachung der Einhaltung von Waffenstillständen oder dem Friedensvertrag. Die Neutralität steht dabei an oberster Stelle (vgl. Gareis 2015). Die ersten Friedensmissionen der Vereinten Nationen Im Mittelpunkt dieses Abschnittes stehen die Anfänge der Friedenssicherung. Dabei wird die Entwicklung beleuchtet und reflektiert. Weiterhin findet eine Einordnung der Friedenssicherung auf Zypern statt. Die Überwachung des Waffenstillstandes nach dem ersten arabisch-israelischen Krieg 1948 war der erste große Einsatz in der Entstehungsphase der Friedenssicherungen. Die nächste größere Mission bestand aus der Überprüfung des Waffenstillstandes zwischen Indien und Pakistan. Gareis stellt fest, dass es sich ebenfalls um eine zwischenstaatliche Auseinandersetzung handelte. Diese Mission wurde vom VN-Haushalt bezahlt und dauert bis heute an. Daraus entwickelte sich eine zweite Phase der Friedenssicherung, die Behauptungsphase von 1956-1967 mit neun Einsätzen (Gareis/Varwick 2014, vgl. S.127f). In die Behauptungsphase zählte der Einsatz der Friedenstruppen in Zypern, auf den im späteren Abschnitt des Blogbeitrages eingegangen wird. "Erstmals übernahmen die UN zeitweilige Autorität über ein Territorium auf dem Weg zur Unabhängigkeit, ergänzte zivile Polizei zu einer Friedensoperation, wurde in einen Bürgerkrieg verwickelt, führte einen Einsatz im größeren Ausmaß durch und erlaubte den Blauhelmen das Tragen von Waffen." (Jett 2000, S.23f), neue Aufgaben wurden erkannt. Die Vereinten Nationen bekamen zudem immer mehr Macht, aber hatten damals schon mit ersten Problemen zu kämpfen. Das klassische peacekeeping entstand durch die erste Notstandsgruppe der Vereinten Nationen, der United Nations Emergency Force (UNEFI) beim Einsatz in Ägypten. Hier kam es zu Schwierigkeiten, es konnte im Sicherheitsrat keine einstimme Verurteilung der israelischen Aggression und der ägyptischen Verstaatlichung erreicht werden. Durch das Veto von Großbritannien und Frankreich wurde der Sicherheitsrat lahmgelegt. Die Uniting for Peace-Resolution schaltete die Generalversammlung ein, welche auf den Einsatz von Friedenstruppen drängte. Eigentlich wäre laut Kapitel VII Artikel 24 Abs. 1 der UN-Charta der Sicherheitsrat zuständig gewesen, jedoch waren die Konfliktpartien freiwillig mit einem Einsatz einverstanden. Neben Frankreich und der UdSSR verweigerten einige Staaten die finanzielle Unterstützung. Dieses Problem vertiefte sich nochmal beim Einsatz im Kongo; hier wurde die Verantwortung für die Friedenserhaltung beim Sicherheitsrat gesehen. Folglich wurde der Internationale Gerichtshof eingeschaltet, welcher sowohl dem Sicherheitsrat als auch der Generalversammlung eine Zuständigkeit zusprach (vgl. Sucharipa-Behrmann 1999). Die Autoren stellten fest, dass sich aus der Kongo-Krise ein "akzeptiertes Miteinander dieser beiden Organe" (Gareis/Varwick 2014, S.129) entwickelte, wobei "der Sicherheitsrat die Initiative und Entscheidungsbefugnis stärker an sich gezogen hatte"(Gareis/Varwick 2014, S.129). Zu erkennen war außerdem eine zunehmende Bedeutung des Generalsekretärs, welcher über mehr Spielraum verfügte. Die UNEF-Mission ging durch wichtige Grundprinzipen der Notstandsgruppe durch den Generalsekretär in die Geschichte der internationalen Friedenssicherung ein. Hinzu kam der Konsens der Konfliktparteien, welcher beschlossen wurde und besagt, dass klassische Blauhelm-Soldaten nicht gegen den Willen eines Staates eingesetzt werden dürfen. Dadurch wurde eine Toleranz der Truppen gefördert und eine Bereitschaft für eine Zurverfügungstellung der Truppen, durch die Mitgliedstaaten, geschaffen. Dies waren die Grundlagen für das Modell des klassischen peacekeeping vom Generalsekretär Hammarskjöld (vgl. ebd.). Zu diesem Zeitpunkt wurde zudem die Verantwortlichkeit durch die Leitung des Generalsekretärs beschlossen. Aufgrund dessen entstand die DPKO im VN-Sekretariat. Außerdem wurde ein Budget für jede Friedensmission festgelegt, welches durch die Mitgliedstaaten gefüllt wird. Besonders wichtig ist die Unparteilichkeit der eingesetzten Truppen, welche mit dem Konsensprinzip einhergeht. Aus diesem Grund sollten die Truppen eine ausgewogene regionale Zusammenstellung haben (vgl. Auswärtiges Amt). Darüberhinaus wurde der Einsatz von Waffen zur Selbstverteidigung und zur Durchsetzung der Mission erlaubt. Hier besteht eine Problematik, die am folgenden Beispiel gezeigt werden soll: Bei der Kongo-Operation (1960-1964) sollte für den Rückzug belgischer Truppen aus der Republik Kongo gesorgt werden. Es kam zu einer Ausweitung des Mandats, wodurch ein Bürgerkrieg verhindert und die Regierung beim Aufbau ihres Amtes unterstützt werden sollte. Dafür gab es zum ersten Mal die Legitimation der Waffengewalt im Bezug auf das auszuführende Mandat (Gareis/Varwick 2014, vgl. S.131). Das führte dazu, dass die UNEF dadurch selbst zu Konfliktpartei wurde und sich in die innerstaatlichen Konflikte verwickelte. Der Einsatz wurde im Sommer 1964 beendet, aufgrund dessen, dass die Regierung Kongos einer Mandatsverlängerung nicht zustimmte. Dabei sollte man nicht außer Acht lassen, dass die Vereinten Nationen aus diesem Einsatz ihre Konsequenzen zogen. Zum einen wurden keine großen und komplexen Missionen die nächsten drei Jahrzehnte durchgeführt (vgl. ebd.). Zum anderen waren die Ziele der Friedenssicherung fortan bescheidener. Zudem kehrte man zu den Prinzipien von Hammarskjöld zurück und sicherte sich die Zustimmung der Konfliktparteien vor einem Einsatz. Zusätzlich wurden die Friedensmissionen vom Sicherheitsrat nun beobachtet (vgl. ebd.). An dieser Stelle wird nur kurz auf den Zypern-Einsatz eingegangen, um ihn in die Geschichte der Friedenssicherung der Vereinten Nationen einzuordnen. Der Zypern Einsatz gilt als klassisches peacekeeping und hält bis heute an. Nach Bellamy und Williams versteht sich unter klassischem peacekeeping die Phase zwischen einem Waffenstillstand und dem Abschluss einer politischen Konfliktlösung. Hier gibt es eine Unterstützung der zwischenstaatlichen Friedenssicherung (vgl. ebd. S. 127). Durch eine Resolution des Sicherheitsrats wurde im März 1964 die UNFICYP-Mission eingerichtet. Eine Kampfhandlung zwischen der griechisch-zypriotischen und der türkisch-zypriotischen Volksgruppe sollte verhindert werden. Trotz der Friedensmission kam es zur Teilung der Insel, es gab einen Waffenstillstand und zahlreiche Bemühungen zur Vermittlung durch den Generalsekretär. Seit 1974 wird die Pufferzone von der UNFICYP überwacht und das Mandat ab 1964 jedes halbe Jahr verlängert. Kritik an dem Einsatz gibt es durch die permanente Anwesenheit der Soldaten, wodurch der Eindruck erweckt wird, dass es keine Notwendigkeit einer Friedenslösung gibt.Durch den Einsatz der Bewachung des Waffenstillstandes zwischen dem Irak und Iran (UNIIMOG) und dem Abzug der UdSSR Truppen aus Afghanistan (UNGOMAP), wurde "eine Renaissance des peacekeeping eingeleitet" (vgl. ebd. S.132). Gareis verweist darauf, dass diese "Gute-Dienst-Missionen" vom Sicherheitsrat nur gebilligt und nicht mandatiert wurden. Alles in allem zeigt sich ein durchwachsenes Bild der Friedensmissionen in den ersten vier Jahrzehnten. Festzuhalten ist, dass jede Mission ein Einzelfall ist und separat betrachtet werden sollte. Hinzu kommen die Vorstellungen der UN-Charta, welche in der Realität nahezu utopisch umzusetzen sind. Die Blauhelme wurden zum innovativen Instrument. Ihre Aufgabe ist die Konfliktberuhigung und nicht die Konfliktlösung. Diese Aufgabe konnte in vielen Missionen erreicht werden. Bedenklich ist, dass diese häufig nur mit einer dauerpräsenten Lösung, wie in Zypern erreicht wurden (vgl. Mathis). Durch den Brahimi- Bericht von 2000 gab es neue Perspektiven in der Friedenssicherung der Vereinten Nationen. Diese beinhalten die folgenden drei Kategorien: die Konfliktvermeidung, Konfliktmanagement und die Konfliktnachsorge. Dabei gibt es erstens eine Neuorientierung für die politischen und strategischen Rahmenbedingungen. Zweitens muss das DPKO für eine personelle und strukturelle Voraussetzung der Friedensmission sorgen. Zudem gibt es für die Mitgliedstaaten konkrete geforderte Leistungen (vgl. Gareis/Varwick 2014, vgl. S.146). Hintergründe des ZypernkonfliktsUm den Zypernkonflikt verständlicher zu gestalten, werden zunächst die politischen Hintergründe beleuchtet. Der Zypernkonflikt ist die Folge der britischen Kolonialpolitik, denn bis 1960 war Zypern eine britische Kolonie (vgl. Gürbey 2014). Der Wunsch nach "Enosis", die Vereinigung mit Griechenland, wuchs unter den griechischen Zyprioten seit dem 19. Jahrhundert. Auf Grundlage der Tatsache, dass Großbritannien die Ionischen Inseln an Griechenland zurückgab, hofften die griechischen Zyprioten auf einen ähnlichen Ausgang. Dieser Wunsch wurde jedoch nicht erfüllt und deshalb gab es schon seit 1931 größere Unruhen, welche die diktatorische Führung unterdrückte (vgl. ebd.). Großbritannien nutzte Zypern geostrategisch. Zypern wurde zum Royal-Air-Force-Stützpunkt für Atombomber und Ansatzpunkt für Spionageflüge im Kalten Krieg (vgl. ebd.). Auf Grund dieser Entwicklung war Zypern für Großbritannien unverzichtbar. Deshalb begann der Unabhängigkeitskampf, bei dem die orthodoxe Kirche eine bedeutende Rolle einnahm. Der Erzbischof Makarios III. nötigte die griechische Regierung, den Zypern-Fall vor die UNO zu bringen (Gorgé 1986, vgl. S. 130). Der britische Premierminister Eden versuchte "die griechische Ambition [...] durch türkische zu neutralisieren" (Richter 2010), also die Türkei miteinzubeziehen und damit beide Länder gegeneinander auszuspielen (vgl. Gürbey 2014). Die türkische Position war glasklar; falls sich beim Status Zypern etwas ändern würde, wäre der Friedensvertrag von Lausanne ungültig und Zypern würde wieder der Türkei gehören. 1922 wurde Frieden mit den Briten geschlossen und sie erhielten die formelle Anerkennung ihrer Herrschaft über Zypern (vgl. Gründer). Richter beschrieb, dass das taktische Manöver Londons aufging und ein neuer griechisch-türkischer Konflikt ausgelöst wurde. Es kam dazu, dass die "divide et impera" Politik Großbritanniens auf die Volksgruppe ausgeweitet wurde. Daraus folge 1956 der griechisch-türkische Minoritäten Konflikt, wobei die Opfer die Istanbuler Griechen waren. Gleichzeitig misslang das Suez-Abenteuer der Briten und Zypern verlor für sie an strategischem Wert. Des Weiteren kam Druck aus den USA, welche die NATO durch die griechisch-türkischen Streitereien gefährdet sahen. Folglich einigten sich Griechenland und die Türkei 1959 zu einer "Scheinlösung" in Zürich. Gleichzeitig wurde der Konflikt nur zwischen den NATO-Verbündeten beigelegt. Wie schon erwähnt, gelang Zypern 1960 die Unabhängigkeit; der innerzypriotische Konflikt blieb jedoch bestehen und verschärfte sich in den nächsten Jahren noch mehr (vgl. Richter 2009). Im Folgenden wird die Position der Bevölkerung verdeutlicht. Die griechischen Zyprioten fordern "Enosis" und die türkischen Zyprioten "Taksim", die Teilung der Insel. Mit der Unabhängigkeit der Insel begann der griechische und türkische Nationalismus auf Zypern (vgl. ebd.). Problematisch waren die Mütterländer, welche den Zypern-Konflikt als nationale Frage ansahen und deshalb enormen Einfluss hatten. Dieser Einfluss wurde durch den Schutz der eigenen Volksgruppe legitimiert (Gorgé 1986, vgl. S. 130f). Zum einen gab es die Strategie von Griechenland; diese war eine Internationalisierung des Konfliktes, um den Druck gegen die Türkei aufzubauen. Dem gegenüber wollte die Türkei den Teilungsprozess forcieren und in seinem Bestand sichern. Ab 1963 gab es blutige Unruhen, weil die griechisch-zypriotische Führung die Verfassungsrechte der türkischen Zyprioten einschränken ließ. An diesem Punkt griffen die USA und die Vereinten Nationen ein und verhinderten eine Eskalation (vgl. Gürbey 2014). Mitwirkung der Vereinten Nationen an einer Lösung des KonfliktesAb 1964 gab es ein Friedensmandat der Vereinten Nationen, durch das eine Sicherung des Burgfriedens gewährleistet werden sollte. Das Wiederaufflammen von Kämpfen sollte verhindert werden, um die Kommunikation der beiden Volksgruppen zu ermöglichen. Die Friedenstruppe UNFICYP wurde vom Sicherheitsrat gesendet und sollte "nach besten Kräften eine Wiederaufnahme von Kämpfen zu verhindern und, soweit notwendig, zur Erhaltung und Wiederherstellung von Recht und Ordnung und zur Rückkehr normaler Lebensbedingungen [in Zypern] beizutragen" (Menning 1974, S.172). Dabei wurde für die Friedenstruppen die zypriotische Nationalgarde und die reguläre türkische Armee zum Konfliktpartner, nicht die bewaffneten Volksgruppen. Außerdem musste die UNFICYP aufpassen, dass lokale Befreiungsversuche nicht als Einmischungsversuche oder Provokation aufgefasst wurden.Festzuhalten ist, dass von 1964 bis Juni 1974 die UNFICYP ein erfolgreicher Vermittler der beiden Volksgruppen war, sodass 1973 eine Kürzung des Mandats stattfand. Auch weil Griechenland und die Türkei einwilligten, dass sie schlichtend auf ihre Volksgruppe einwirken (Menning 1974, vgl. S.172). Der Konflikt spitze sich jedoch wieder zu, im Halbjahresbericht von 1974 erklärte der Generalsekretär, dass weiterhin Misstrauen und Kampfbereitschaft herrscht. Ein Klima von trügerischer Sicherheit war entstanden, die Friedenstruppen wurden als Friedensersatz wahrgenommen, obwohl das Problem ungelöst blieb (Menning 1974, vgl. S.173). Dabei hatte Waldheim in seinem Jahresbericht 1973/74 darauf hingewiesen, dass Friedenseinsätze nicht als Selbstzweck der Vereinten Nationen dienen sollten und "daß eine Friedenssicherungsaktion nicht zu einem Nachlassen der Bemühungen, eine Lösung zu finden, führen dürfe, denn wenn die Konfliktursachen nicht beseitigt werden, könnten sie schließlich das Fundament, auf dem sich die Friedenssicherung aufbaue, zerstören." (Menning 1974, S.173). So kam es 1974 zu einem Putschversuch der Griechen, um die Insel an Griechenland anzubinden. Dieser wurde von dem griechischen Militär ausgelöst und richtete sich gegen die Regierung unter Präsident Makarios. Es gab Differenzen zwischen ihm und der Militärjunta, weil Makarios linksgerichtet war und einen individuellen Kurs mit Zypern vorhatte. Dabei reagierte die Türkei mit einer Invasion. Die Situation eskalierte und die Türkei eroberte fast 40 Prozent der Insel. Die UNFICYP konnte die Angriffe der türkischen Truppen nicht abwehren. Dennoch konnten einige lokale Angriffe auf die Bevölkerung verhindert werden. Außerdem blieb die "Green Line" bestehen und die Kontrolle der Hauptstadt aufrechterhalten. Zudem wurde auf die Forderung von Waldheim eingegangen, welcher in seinem halbjährlichen Bericht Verstärkung angefordert hatte. Im Jahr 1974 stockte die UNFICYP die Zahl der Soldaten von 2.188 auf 4.400 auf. Die Minimierung seit 1971 bis Mitte 1974 war im Nachhinein ein sicherheitspolitischer Fehler der Vereinten Nationen. Nach dem Krieg legte die UNFICYP zwei separate Waffenstillstandslinien fest. Eine UN-Pufferzone wurde von Morphou bis nach Famagusta eingerichtet (vgl. Lugert 2018). Aufgrund dieser Tatsachen war eine Konsolidierung einer Teilung der Inseln der einzige Ausweg. Von nun an gab es einen griechisch-zypriotischen Süden und einen türkisch-zypriotischen Norden. Die Türkei rief 1983 die Unabhängigkeit Nordzyperns aus, dieser Teil wird immer noch nur von der Türkei als Staat anerkannt und wirtschaftlich und politisch gefördert. Der UN-Sicherheitsrat erklärte die Unabhängigkeitserklärung für ungültig und rief andere Staaten dazu auf, dasselbe zu tun (vgl. Gürbey 2014). Faustmann brachte zum Ausdruck, dass Zypern der Ruf als "Friedhof der Diplomatie" (vgl. Faustmann 2009) zusteht. Wie er zu dieser Aussage kam, wird im Weiteren erklärt. Schon im November 1974 forderte die Vereinten Nationen eine Resolution, welche zunächst einen Rückzug der auswärtigen Truppen und die Rückkehr von Flüchtlingen beinhaltete. Darüber hinaus forderten beide Volksgruppen eine Verhandlung unter dem Schutz der Vereinten Nationen. Faustmann wies darauf hin, dass eine Rückkehr zur Verfassungsordnung von 1960 unmöglich für beide Parteien war (vgl. ebd.). Beide Parteien hatten klare Vorstellungen, so forderten die türkischen Zyprioten eine politische Gleichheit als Grundprinzip, allerdings wollte die griechische Seite auch eine Berücksichtigung ihrer prozentualen Bevölkerungsmehrheit von 82% Prozent (vgl. ebd.). In drei Verhandlungsrunden trafen sich die Konfliktparteien unter der Schutzherrschaft der Vereinten Nationen in New York. Nach zähen Verhandlungen kam es 1977 zu einem Abkommen und 1979 zur Erweiterung des Dokuments (vgl. Gürbey 2014). Das Abkommen umfasst die Grundprinzipien einer Wiedervereinigung, die High Level Agreements. Darin wird postuliert, das Zypern als bizonale, bikommunale Föderation wiedervereinigt und entmilitarisiert werden sollte. Außerdem wurden Grundfreiheiten, wie Bewegungs- und Niederlassungsfreiheit und ein Recht auf Eigentum bestimmt. Das Abkommen gestand den türkischen Zyprioten dabei ein einheitliches Territorium zu, wobei die Größe strittig blieb (vgl. Faustmann 2009). Die Ergebnisse der Abkommen zusammengefasst, wird deutlich, dass eine Vereinigung mit Griechenland und eine Teilung ausgeschlossen wurde. Trotz der Unterzeichnung des High Level Agreements kam es zum Stillstand der Verhandlungen. Erst durch die Bemühungen der Vereinten Nationen fanden erneute Verhandlungen statt.Der griechisch-zypriotische Präsident Kyprianoú setzte auf die eigene Internationalisierungskampagne und die Vereinten Nationen. Denktaş forderte die Unabhängigkeit Nordzyperns, sein Streben wurde bestärkt, als eine Resolution der Vereinten Nationen zugunsten der griechischen Seite entschied (vgl. ebd.). Erkennbar wird, wie schwer es für die Vereinten Nationen ist, neutral zu bleiben und beiden Seiten gerecht zu werden. Denktaş führte die türkische Lira als Währung ein und errichtete eine Zentralbank, weiterhin blieb er bei seiner Forderung von einer Unabhängigkeit Nordzyperns. Es kam dazu, dass er am 15. November 1983 die Türkische Republik Nordzypern ausrief. Erst als sich die Beziehung zwischen Griechenland und der Türkei verbesserte, konnten 1988 neue Verhandlungen auf Basis der High Level Agreements beginnen (vgl. ebd.). Man erkannte die wichtige Rolle der beiden Mutterländer, die enormen Einfluss auf die Verhandlungen und die Situation nahmen. Außerdem ließ man eine zu große Einmischung der Vereinten Nationen auch nicht zu, mit den "Set of Ideas" von Generalsekretär Boutros Boutros-Ghali war Denktaş nicht einverstanden. Er forderte Verhandlungen ohne die Vereinten Nationen, weil diese kein Recht für solch umfassende Lösungsvorschläge hätten. Jedoch kam es nie zu Verhandlungen ohne die Vereinten Nationen. Erneute Gespräche endeten 1990, weil die Republik Zypern der EU betreten wollte. Denktaş und die Türkei glaubten, dass die EU keine Konfrontation mit Ankara wollte und der Beitrittsantrag kein Erfolg haben würde, dennoch drohten sie mit einer Annexion des Nordens. Als klar war, die EU würde Zypern auch ohne Lösung des Konflikts aufnehmen, fanden 2002 erneute Verhandlungen unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen statt. Zugunsten kam diesen die neue AKP-Regierung unter dem linken Oppositionspolitiker Mehmet Ali Talat, welche von der status-quo-Politik abwich und auch Denktaş und seine Nachfolger verschwanden mehr und mehr. Auf türkischer-zypriotischer Seite entstand erstmalig eine moderate Politik. Die griechische Seite wählte mit Tassos Papadopoulos einen Hardliner zum Präsidenten (vgl. ebd.). Dennoch wurden erstmals umfassende Kernpunkte eines politischen Lösungsplans erarbeitet, welcher Anfang 2004 freigestellt wurden, der sogenannte Annan-Plan. Dieser beinhaltete folgendes: "Vom Parlament gewählte Regierung, bestehend aus vier griechischen und zwei türkischen Zyprioten; kollektive Führung mit Vetorechten für beide Volksgruppen; Zwei-Kammern-Parlament nach 1978er Modell; 27 Prozent des Territorium für den Norden; Ambivalenz: Gründung eines neuen Staates durch zwei gleichberechtigte Staaten (wie von der türkischen Seite gefordert, von der griechischen Seite aber als möglichen Ausgangspunkt für eine spätere Abspaltung abgelehnt) oder Umwandlung der bestehenden Republik Zypern in einen neuen Staat (wie von der griechischen Seite gefordert); Ambivalenz: Föderation oder Konföderation; Rückkehr von mehr als der Hälfte der Flüchtlinge unter griechisch-zypriotischer Verwaltung und Umsiedelung von mehreren zehntausend türkischen Zyprioten; Staatsangehörigkeit für mehr als 45 000 türkische Einwanderer, erhebliche und dauerhafte Beschränkungen bei der Rückkehr der griechischen Flüchtlinge und der Niederlassungsfreiheit im Norden; Dauerhafte griechische und türkische Militärpräsenz; Griechenland und die Türkei bleiben zusammen mit Großbritannien Garantiemächte mit Interventionsrecht." (ebd.). Im April 2004 stimmten beide Volksgruppen über den Wiedervereinigungsplan ab. Diese Gelegenheit wurde verpasst, denn 76 Prozent der griechischen Zyprioten stimmten dagegen, weil einige von ihnen hofften, durch den Beitritt in die EU ein besseres Abkommen zu erhalten (vgl. Gürbey 2014). Demgegenüber stand allerdings das türkisch zypriotische Ergebnis des Referendums, welches mit 65 Prozent für eine Wiedervereinigung stimmte. Die Vereinigung Zyperns scheiterte und damit auch der Annan-Plan. Trotzdem trat am 1.Mai 2004 der griechisch Zypriotische Teil der EU bei. Allerdings stellt völkerrechtlich gesehen ganz Zypern EU-Territorium dar, wobei der nördliche Teil ausgegrenzt ist (vgl. ebd.). Seitdem werden immer noch Verhandlungsprozesse unter Aufsicht der Vereinten Nationen geführt. Espen Barth Eide ist seit 2014 der Sonderbeauftragten für den Zypernkonflikt,. Durch ihn gab es eine Einigung, dass eine dritte entscheidende Verhandlungsphase geführt werden soll. Dennoch ging die letzte Verhandlungsrunde für eine Lösung des Zypernkonflikts am 07.07.2017 ohne Ergebnis zu Ende. Hier waren auch die Repräsentanten der sogenannten Garantiemächte Griechenland, Großbritanniens und der Türkei mit dabei. Nun sollen auf Empfehlung von VN-Generalskretär Guterres erstmals eigene Vorstellungen betreffend einer Fortführung des Verhandlungsprozesses gebildet werden (vgl. Auswärtiges Amt 2018). UNFICYP- Praxisbeispiel für die Leistungen und Probleme der Friedenssicherung Zypern wird durch eine 180 Kilometer lange grüne Line geteilt, welche auch durch die Hauptstadt Nikosia verläuft. Diese Pufferzone wird von den Friedenstruppen der UNFICYP überwacht. Die Waffenstillstandslinie wurde hart umkämpft, sodass sie vor allem in Nikosia nicht gerade verläuft, sondern vor- und zurückspringt. Dadurch ist die Überwachung des Status quo für die UN-Soldaten noch mehr erschwert (Ehrenberg 1991, vgl. S. 1). Seit dem Bürgerkrieg von 1963/64 gab es auf Zypern lange keinen dauerhaften Frieden. Wie schon beschrieben, haben die Sonderbeauftragten des UN-Generalsekretärs schon seit 1964 viele Verhandlungen gestartet, aber immer noch keinen dauerhaften Frieden erreicht. Dabei kam immer wieder der Vorwurf auf, die Vereinten Nationen würden den Kern des Problems nur auf Eis legen und damit könne kein Frieden entstehen (vgl. Gürbey 2014). Unter diesen Umständen versuchen die Friedenstruppen, der Bevölkerung so viel Normalität wie möglich zu gewährleisten. Die Hoffnung, dass durch einen Generationenwechsel sich das Problem von selbst lösen würde, trat nicht ein. Das zeigte sich gerade auf der griechisch-zypriotischen Seite; hier waren die Jugendlichen ernüchtert, weil sich der politische Stillstand nicht überwinden ließ (Ehrenberg 1991, vgl. S.1f). Ein Beispiel hierfür war die Versammlung von 3000 Schülern im November 1988 an der Pufferzone. Sie wollten gegen die türkischen Truppen demonstrieren. Dabei durchbrachen einige von ihnen die grüne Linie, konnten dann aber von UN-Truppen gestoppt werden, bevor sie die türkisch-zypriotischen Truppen erreichten (vgl. ebd. S. 2). Die Jugendlichen bewarfen die UN-Soldaten dabei mit Steinen, Flaschen, Holzstücken und Dachziegeln. Die griechisch-zypriotische Polizei griff erst nach Kommando der UNFICYP-Oberkommandanten ein und räumte mit den UN-Truppen den Platz. Hier ist kritisch anzumerken, dass in der Presse nicht die UN-Soldaten die Helden waren, sondern die Schüler, welche ihr Land zurückerobern wollten. Dabei sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass auch die türkisch-zypriotische Seite der UNFICYP die Schuld gab; diese hätten nicht rechtzeitig reagiert (vgl. ebd. S. 2). Demonstrationen wie diese waren kein Einzelfall zu dieser Zeit, ein halbes Jahr später kam es zu einer Frauendemonstration, bei der die UNFICYP noch machtloser war. Auch hier verhielt sich die griechisch-zypriotische Polizei sehr passiv. Die UN-Soldaten wurden von Männern, die am Rand standen, angegriffen. Zudem hatten sich griechisch-orthodoxe Kirchenmänner unter die Frauen gemischt (vgl. ebd. S. 2). Insgesamt zeigt sich, wie schwierig es die Friedenstruppen hatten. Sie mussten sowohl Blutvergießen verhindern und die Konfliktparteien auseinander halten als auch ihre eigene Akzeptanz aufrechterhalten. An diesem Beispiel wird auch deutlich, dass die Friedenstruppen ungerechtfertigte Kritik einstecken mussten. Im folgenden Beispiel wird auf den Waffengebrauch eingegangen. Wie kritisch dieser ist, zeigte sich anhand der Todesschüsse in Athienou Ende Mai 1988. Die Waffen dürfen nur zur Selbstverteidigung gebraucht werden, zum Schutz für das Leben anderer UN-Angehöriger oder Personen, die zu verteidigen sind. Dafür ist immer die Zustimmung des ranghöchsten Soldaten vor Ort nötig (Gareis/Varwick 2014, vgl. S. 117). Athienou gehörte zur griechisch-zypriotischen Seite, war zur damaligen Zeit aber ein umstrittenes Gebiet. Ein türkischer Soldat nahm eine Familie in ihrem Haus als Geiseln. Bevor die UN-Soldaten überhaupt eintrafen, bewegten sich zwei Nationalgardisten auf das Haus zu. Der Geiselnehmer schoss auf die beiden, sodass einer schwer verletzt liegen blieb. Die Nationalgardisten forderten Verstärkung an, ohne Rücksprache mit der UNFICYP. Währenddessen bargen die UN-Soldaten den Verletzten. Die türkischen Streitkräfte wurden nicht über die Geiselnahme informiert. Die UN-Soldaten räumten das Feld, als die griechisch-zypriotische Anti-Terror-Einheit eintraf. Diese stürmte das Haus und tötete den türkischen Soldaten gezielt, obwohl die Geiseln zu diesem Zeitpunkt schon geflohen und in Sicherheit waren (Ehrenberg 1991, vgl. S.3). Ehrenberg erklärte, die UNFICYP hätte eingreifen können. Ob es so klug gewesen wäre, die griechischen Zyprioten mit Androhung von Waffengewalt an der Verletzung der Pufferzone zu hindern, stellt er in Frage. Hieraus ergab sich die Konsequenz, dass die Erwartungen an die UNFICYP viel zu hoch waren, nur aufgrund der Tatsache, dass sie bewaffnet waren. Hier stellt sich die Frage, ob der Waffengebrauch die Sicherheit erhöht und dadurch die Funktion der UN-Soldaten entlastet. Außerdem konnte man beobachten, dass die UN-Friedenstruppen oftmals mindestens einer Konfliktpartei unterlegen waren. Dabei sollte kritisch hinterfragt werden, inwiefern militärische Überlegenheit die politischen und diplomatischen Absichten von Friedenstruppen fördern würde. Dies scheint fraglich, denn würde militärische Übermacht diese nicht eher zerstören (vgl. ebd. S.3ff)? FazitFestzuhalten bleibt, dass die Friedenssicherung als zentraler Auftrag der Vereinten Nationen gesehen werden kann. In direktem Zusammenhang mit der Durchsetzung der Menschenrechte, weil diese Ziele untrennbar sind und einander beeinflussen. Durch das Interventionsverbot wird eine Einmischung in innere Konflikte durch die Charta ausgeschlossen. Der Sicherheitsrat kann deshalb nicht in innerstaatliche Konflikte und Menschenrechtsverletzungen eingreifen. Daraus folgt, dass es zu aller erst zu Präventionsmaßnahmen kommt; daneben kann der Sicherheitsrat Empfehlungen zur friedlichen Streitbeilegung nach Kapitel VI der Charta geben. Es kann aber auch zu Zwangsmaßnahmen nach Kapitel VII kommen. Dementsprechend steht der Schutz der Zivilbevölkerung permanent im Vordergrund. Allgemein und in Bezug auf die Friedenssicherung gilt für die Vereinte Nationen, dass das Verhalten der Mitgliedstaaten entscheidend ist. Die Vereinten Nationen bieten zwar einen Rahmen, bei dem sich Staaten und ihre Interessen annähern können, aber die Staaten müssen diesen nutzen, um durch Lernprozesse Fortschritte zu machen. Darüber hinaus dürfen die Vereinten Nationen nicht zu viel versprechen; dies gilt gerade im Punkt der Friedenssicherung. Ihre Ankündigung ist oftmals höher als die Möglichkeiten und Aspiration der Mitgliedsstaaten. Andersherum dürfen die Erwartungen an die Vereinten Nationen nicht abwegig sein, sie sind keine Weltregierung. Dennoch bilden sie einen Rahmen für gemeinsame Lösungsansätze. Ziel der vorliegenden Arbeit war es ebenfalls zu erklären, wer für die Friedenssicherung zuständig ist. Dabei wurde festgestellt, dies geschieht durch das Department of Peacekeeping Operations (DPKO), welches die Missionen plant und durchführt. Unterstützt werden sie vom Department of Political Affairs (DPA), welches sich vor allem um diplomatische Bemühungen kümmert. Durch eine Einsatzleitung (Force Commander) vor Ort gibt es noch eine ausführende Leitung der Friedensmission. Deutlich wird die Problematik, dass die Vereinten Nationen keine eigenen Streitkräfte haben. Es kam noch nie zu einem Sonderabkommen in Bezug auf die Streitkräfte. Hier wird deutlich, dass die Anforderungen der Vereinten Nationen an ihre Mitgliedsstaaten zu hoch und den praktischen Möglichkeiten voraus sind. Dafür entwickelten die Vereinten Nationen alternative Formen, wie z.B. die Blauhelme. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es eine Entwicklung bei der Friedenssicherung der Vereinten Nationen gab. Eine Zuständigkeit für die Friedenserhaltung wurde durch den Internationalen Gerichtshof dem Sicherheitsrat und der Generalversammlung zugesprochen. Durch die vergangenen Einsätze wurde außerdem beschlossen, dass die Friedensmissionen vom Sicherheitsrat beobachtet werden. Und die Bedeutung und Verantwortung des Generalsekretärs nahm immer mehr zu. Durch Generalsekretär Hammarskjöld sind wichtige Grundprinzipen der Notstandsgruppe in die Friedenssicherung eingegangen. Daraus folgt der Konsens der Konfliktparteien, wodurch klassische Blauhelm-Soldaten nicht gegen den Willen eines Staates eingesetzt werden dürfen. Dieser Konsens führt dazu, dass die Mitgliedstaaten ihre Truppen eher bereitstellen und die Toleranz der Blauhelme gestärkt wird. Festgestellt wurde außerdem die Wichtigkeit von einer ausgewogenen regionalen Zusammenstellung der Truppen, damit die Unparteilichkeit gewahrt werden kann. Zielsetzung der vorliegenden Arbeit war es, die Friedenssicherung anhand vom Zypern-Konflikt zu schildern, dafür wurden die die politischen Hintergründe beleuchtet. Hier kann man festhalten, es gab unheimlich viele beteiligte Parteien. Zum einen Großbritannien, weil Zypern bis 1960 eine britische Kolonie war und geostrategisch genutzt wurde. Dann Griechenland, die Türkei und die griechischen und türkischen Zyprioten. Es ist zu erkennen, dass Großbritannien die beiden Mütterländer gegeneinander ausspielte. Sie sahen den Zypern-Konflikt als nationale Frage und übten deshalb enormen Einfluss aus, dieser wurde durch den Schutz der eigenen Volksgruppe legitimiert. Durch die Unabhängigkeit Zyperns ab 1960 wurde der innerzypriotische Konflikt nicht gelöst, sondern noch mehr verschärft; dieser endete in blutigen Unruhen. Seit 1964 gibt es ein Friedensmandat der Vereinten Nationen, wodurch das Wiederaufflammen von Kämpfen verhindert werden soll. Wie dieser Blogbeitrag gezeigt hat, musste die UNFICYP darauf achten, dass lokale Befreiungsversuche nicht als Einmischungsversuche oder Provokation aufgefasst wurden. Von 1964 bis Juni 1974 war die UNFICYP ein erfolgreicher Vermittler der beiden Volksgruppen, sodass es 1973 eine Kürzung des Mandats gab. Diese Kürzung erzeugte aber ein Klima von trügerischer Sicherheit, wobei die Friedenstruppen als Friedensersatz wahrgenommen wurden, obwohl das Problem ungelöst blieb. Hier wirft man den Vereinten Nationen vor, dass es zu einem Nachlass der Friedensbemühungen kam und die Friedenseinsätze als Selbstzweck genutzt wurden. Deshalb kam es für viele überraschend, als die Griechen 1974 durch einen Putschversuch die Insel an Griechenland anbinden wollten. Man stellte fest, dass die Minimierung der Blauhelme seit 1971 bis Mitte 1974 als sicherheitspolitischer Fehler der Vereinten Nationen gesehen werden kann. Offen bleibt die Frage, ob die Vereinten Nationen den Krieg 1974 hätten verhindern können. Nach dem Krieg war eine Konsolidierung, eine Teilung der Insel der einzige Ausweg.Von Faustmann bekommt Zypern den Titel "Friedhof der Diplomatie". Festhalten lässt sich, dass es etliche Verhandlungen durch die Vereinten Nationen gab und der Konflikt bis heute nicht gelöst wurde. Auch ein Grund dafür sind die klaren Vorstellungen der beiden Parteien, so forderten die türkischen Zyprioten eine politische Gleichheit als Grundprinzip und die griechische Seite eine Berücksichtigung ihrer prozentualen Bevölkerungsmehrheit. Ein Abkommen konnte im Jahre 1977 erreicht werden und eine Erweiterung 1979, hier wurden die Grundprinzipien einer Wiedervereinigung, die High Level Agreements festgehalten. Es kam immer wieder zum Stillstand der Verhandlungen, welcher meistens erst durch die Bemühungen der Vereinten Nationen unterbrochen wurde. Die Regierungen der beiden Volksgruppen trugen auch dazu bei, dass sich die Verhandlungen so schwierig gestalteten. Erkennbar wird, wie schwer es für die Vereinten Nationen war, neutral zu bleiben und beiden Seiten gerecht zu werden. Erneute Gespräche brachen 1990 ab, weil die Republik Zypern der EU beitreten wollte. Als klar war, die EU würde Zypern auch ohne Lösung des Konflikts aufnehmen, fanden 2002 erneute Verhandlung unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen statt. Es gab einen Erfolg, denn es wurden erstmals umfassende Kernpunkte eines politischen Lösungsplans erarbeitet, welcher Anfang 2004 fertiggestellt wurde, der sogenannte Annan-Plan. Im April 2004 wurde in den beiden Volksgruppen über den Wiedervereinigungsplan abgestimmt. Diese Gelegenheit verpasste man, weil die griechischen Zyprioten dagegen stimmten. Die Vereinigung Zyperns scheiterte und damit auch der Annan-Plan. Die stille Hoffnung, dass durch ein Generationenwechsel sich das Problem von selbst lösen würde, trat nicht ein. Festzuhalten ist, dass die Friedenstruppen den Zivilisten soviel Normalität wie möglich gewährleisten wollen. Die UN-Soldaten mussten in der Vergangenheit viel einstecken, sie wurden z.B. bei Demonstrationen attackiert oder in der Presse schlecht dargestellt. Insgesamt zeigt sich, wie schwierig es die Friedenstruppen haben. Sie müssen sowohl Blutvergießen verhindern als auch die Konfliktparteien auseinander halten und zum anderen ihre eigene Akzeptanz aufrechterhalten. Ebenso im Zypern-Konflikt wurde die Erlaubnis zum Gebrauch von Waffen zur Selbstverteidigung kontrovers diskutiert. Dadurch waren die Erwartungen an die UNFICYP teilweise zu hoch. Umstritten bleibt, ob der Waffengebrauch die Sicherheit erhöht und dadurch die Funktion der UN-Soldaten entlastet. Hinzu kam die Tatsache, dass die UN-Friedenstruppen oftmals mindestens einer Konfliktpartei unterlegen waren. Dabei stellt sich die Frage, inwiefern militärische Überlegenheit die politischen und diplomatischen Absichten von Friedenstruppen fördert. Die Vereinten Nationen geben den Konflikt nicht auf und führen immer noch Gespräche, nun auch mit der Beteiligung von den sogenannten Garantiemächten Griechenland, Großbritannien und der Türkei. Wünschenswert wäre eine Lösung des Konfliktes, hierfür reicht nicht allein das Engagement der Vereinten Nationen, sondern der Wille und ein Einsatz auf beiden Seiten ist notwendig. Dennoch gibt es eine Freizügigkeit trotz der Trennung. Die Trennungslinie ist keine Außengrenze, sondern hier wird die Freizügigkeit der Bürger*innen gewährleistet. Dadurch können EU-Bürger*innen und somit auch griechische und türkische Zyprioten*innen diese Linie an sieben Übergängen mit dem Personalausweis passieren. Literaturverzeichnis:Textquellen:Auswärtiges Amt: ABC der Vereinten Nationen. Edition Diplomatie, hg. Von Günther Unser, 7. Auflage, Berlin 2011, S. 57.Ehrenberg, Eckhart (1991): Die UNFICYP: Praxisbeispiel für Leistungen und Probleme der Eriedenssicherung vor Ort, In: Vereinte Nationen 1/1991, vgl. S.1-6.Gareis, Sven Bernhard/ Warwick, Johannes (2014): Die Vereinten Nationen, hg. Verlag Barbara Budrich Opladen & Toronto, 5.Auflage, vgl. S.111-148.Gorge, Remy (1986): Zypern und die Mutterländer, In: Vereinte Nationen 4/86, vgl. S.130-134.Jett, Dennis C. (2000): Why Peacekeeping Fails, In: New York, vol. S.23f.Menning, Gerhard (1974): Zypern-Mitwirkung der UNO an einer Lösung des Konflikts, In: Vereinte Nationen 6/74, vgl. S.172-176.Sucharipa-Behrmann, Lilly (1999): Die friedenserhaltende Operation der Vereinten Nationen, In: Cede/Sucharipa-Behrmann 1999, vgl. 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What is a radical? Somebody who goes against mainstream opinions? An agitator who suggests transforming society at the risk of endangering its harmony? In the political context of the British Isles at the end of the eighteenth century, the word radical had a negative connotation. It referred to the Levellers and the English Civil War, it brought back a period of history which was felt as a traumatic experience. Its stigmas were still vivid in the mind of the political leaders of these times. The reign of Cromwell was certainly the main reason for the general aversion of any form of virulent contestation of the power, especially when it contained political claims. In the English political context, radicalism can be understood as the different campaigns for parliamentary reforms establishing universal suffrage. However, it became evident that not all those who were supporting such a reform originated from the same social class or shared the same ideals. As a matter of fact, the reformist associations and their leaders often disagreed with each other. Edward Royle and Hames Walvin claimed that radicalism could not be analyzed historically as a concept, because it was not a homogeneous movement, nor it had common leaders and a clear ideology. For them, radicalism was merely a loose concept, « a state of mind rather than a plan of action. » At the beginning of the nineteenth-century, the newspaper The Northern Star used the word radical in a positive way to designate a person or a group of people whose ideas were conform to those of the newspaper. However, an opponent of parliamentary reform will use the same word in a negative way, in this case the word radical will convey a notion of menace. From the very beginning, the term radical covered a large spectrum of ideas and conceptions. In fact, the plurality of what the word conveys is the main characteristic of what a radical is. As a consequence, because the radicals tended to differentiate themselves with their plurality and their differences rather than with common features, it seems impossible to define what radicalism (whose suffix in –ism implies that it designate a doctrine, an ideology) is. Nevertheless, today it is accepted by all historians. From the mid-twentieth century, we could say that it was taken from granted to consider radicalism as a movement that fitted with the democratic precepts (universal suffrage, freedom of speech) of our modern world. Let us first look at radicalism as a convenient way to designate the different popular movements appealing to universal suffrage during the time period 1792-1848. We could easily observe through the successions of men and associations, a long lasting radical state of mind: Cartwright, Horne Tooke, Thomas Hardy, Francis Burdett, William Cobbett, Henry Hunt, William Lovett, Bronterre O'Brien, Feargus O'Connor, The London Society for Constitutional information (SCI), The London Corresponding Society (LCS), The Hampden Clubs, The Chartists, etc. These organizations and people acknowledged having many things in common and being inspired by one another in carrying out their activities. These influences can be seen in the language and the political ideology that British historians name as "Constitutionalist", but also, in the political organization of extra-parliamentary societies. Most of the radicals were eager to redress injustices and, in practice, they were inspired by a plan of actions drawn on from the pamphlets of the True Whigs of the eighteenth-century. We contest the argument that the radicals lacked coherence and imagination or that they did not know how to put into practice their ambitions. In fact, their innovative forms of protest left a mark on history and found many successors in the twentieth century. Radicals' prevarications were the result of prohibitive legislation that regulated the life of associations and the refusal of the authorities to cooperate with them. As mentioned above, the term radical was greatly used and the contemporaries of the period starting from the French Revolution to Chartism never had to quarrel about the notions the word radical covered. However, this does not imply that all radicals were the same or that they belong to the same entity. Equally to Horne Tooke, the Reverend and ultra-Tory Stephens was considered as a radical, it went also with the shoemaker Thomas Hardy and the extravagant aristocrat Francis Burdett. Whether one belonged to the Aristocracy, the middle-class, the lower class or the Church, nothing could prevent him from being a radical. Surely, anybody could be a radical in its own way. Radicalism was wide enough to embrace everybody, from revolutionary reformers to paternalistic Tories. We were interested to clarify the meaning of the term radical because its inclusive nature was overlooked by historians. That's why the term radical figures in the original title of our dissertation Les voix/voies radicales (radical voices/ways to radicalism). In the French title, both words voix/voies are homonymous; the first one voix (voice) correspond to people, the second one voies (ways) refers to ideas. By this, we wanted to show that the word radical belongs to the sphere of ideas and common experience but also to the nature of human beings. Methodoloy The thesis stresses less on the question of class and its formation than on the circumstances that brought people to change their destiny and those of their fellows or to modernize the whole society. We challenged the work of E.P. Thompson, who in his famous book, The Making of the English Working Class, defined the radical movements in accordance with an idea of class. How a simple shoe-maker, Thomas Hardy, could become the center of attention during a trial where he was accused of being the mastermind of a modern revolution? What brought William Cobbett, an ultra-Tory, self-taught intellectual, to gradually espouse the cause of universal suffrage at a period where it was unpopular to do so? Why a whole population gathered to hear Henry Hunt, a gentleman farmer whose background did not destine him for becoming the champion of the people? It seemed that the easiest way to answer to these questions and to understand the nature of the popular movements consisted in studying the life of their leaders. We aimed at reconstructing the universe which surrounded the principal actors of the reform movements as if we were a privileged witness of theses times. This idea to associate the biographies of historical characters for a period of more than fifty years arouse when we realized that key events of the reform movements were echoing each other, such the trial of Thomas Hardy in 1794 and the massacre of Peterloo of 1819. The more we learned about the major events of radicalism and the life of their leaders, the more we were intrigued. Finally, one could ask himself if being a radical was not after all a question of character rather than one of class. The different popular movements in favour of a parliamentary reform were in fact far more inclusive and diversified from what historians traditionally let us to believe. For instance, once he manage to gather a sufficient number of members of the popular classes, Thomas Hardy projected to give the control of his association to an intellectual elite led by Horne Tooke. Moreover, supporters of the radical reforms followed leaders whose background was completely different as theirs. For example, O'Connor claimed royal descent from the ancient kings of Ireland. William Cobbett, owner of a popular newspaper was proud of his origins as a farmer. William Lovett, close to the liberals and a few members of parliament came from a very poor family of fishermen. We have thus put together the life of these five men, Thomas hardy, William Cobbett, Henry Hunt, William Lovett and Feargus O'Connor in order to compose a sort of a saga of the radicals. This association gives us a better idea of the characteristics of the different movements in which they participated, but also, throw light on the circumstances of their formation and their failures, on the particular atmosphere which prevailed at these times, on the men who influenced these epochs, and finally on the marks they had left. These men were at the heart of a whole network and in contact with other actors of peripheral movements. They gathered around themselves close and loyal fellows with whom they shared many struggles but also quarreled and had strong words. The original part of our approach is reflected in the choice to not consider studying the fluctuations of the radical movements in a linear fashion where the story follows a strict chronology. We decided to split up the main issue of the thesis through different topics. To do so, we simply have described the life of the people who inspired these movements. Each historical figure covers a chapter, and the general story follows a chronological progression. Sometimes we had to go back through time or discuss the same events in different chapters when the main protagonists lived in the same period of time. Radical movements were influenced by people of different backgrounds. What united them above all was their wish to obtain a normalization of the political world, to redress injustices and obtain parliamentary reform. We paid particular attention to the moments where the life of these men corresponded to an intense activity of the radical movement or to a transition of its ideas and organization. We were not so much interested in their feelings about secondary topics nor did we about their affective relations. Furthermore, we had little interest in their opinions on things which were not connected to our topic unless it helped us to have a better understanding of their personality. We have purposely reduced the description of our protagonists to their radical sphere. Of course we talked about their background and their intellectual development; people are prone to experience reversals of opinions, the case of Cobbett is the most striking one. The life of these personalities coincided with particular moments of the radical movement, such as the first popular political associations, the first open-air mass meetings, the first popular newspapers, etc. We wanted to emphasize the personalities of those who addressed speeches and who were present in the radical associations. One could argue that the inconvenience of focusing on a particular person presents a high risk of overlooking events and people who were not part of his world. However, it was essential to differ from an analysis or a chronicle which had prevailed in the studies of the radical movements, as we aimed at offering a point of view that completed the precedents works written on that topic. In order to do so, we have deliberately put the humane character of the radical movement at the center of our work and used the techniques of biography as a narrative thread. Conclusion The life of each historical figure that we have portrayed corresponded to a particular epoch of the radical movement. Comparing the speeches of the radical leaders over a long period of time, we noticed that the radical ideology evolved. The principles of the Rights of Men faded away and gave place to more concrete reasoning, such as the right to benefit from one's own labour. This transition is characterized by the Chartist period of Feargus O'Connor. This does not mean that collective memory and radical tradition ceased to play an important part. The popular classes were always appealed to Constitutional rhetoric and popular myths. Indeed, thanks to them they identified themselves and justified their claims to universal suffrage. We focused on the life of a few influent leaders of radicalism in order to understand its evolution and its nature. The description of their lives constituted our narrative thread and it enabled us to maintain consistency in our thesis. If the chapters are independent the one from the other, events and speeches are in correspondences. Sometimes we could believe that we were witnessing a repetition of facts and events as if history was repeating itself endlessly. However, like technical progress, the spirit of time, Zeitgeist, experiences changes and mutations. These features are fundamental elements to comprehend historical phenomena; the latter cannot be simplified to philosophical, sociological, or historical concept. History is a science which has this particularity that the physical reality of phenomena has a human dimension. As a consequence, it is essential not to lose touch with the human aspect of history when one pursues studies and intellectual activities on a historical phenomenon. We decided to take a route opposite to the one taken by many historians. We have first identified influential people from different epochs before entering into concepts analysis. Thanks to this compilation of radical leaders, a new and fresh look to the understanding of radicalism was possible. Of course, we were not the first one to have studied them, but we ordered them following a chronology, like Plutarch enjoyed juxtaposing Greeks and Romans historical figures. Thanks to this technique we wanted to highlight the features of the radical leaders' speeches, personalities and epochs, but also their differences. At last, we tried to draw the outlines and the heart of different radical movements in order to follow the ways that led to radicalism. We do not pretend to have offered an original and exclusive definition of radicalism, we mainly wanted to understand the nature of what defines somebody as a radical and explain the reasons why thousands of people decided to believe in this man. Moreover, we wanted to distance ourselves from the ideological debate of the Cold War which permeated also the interpretation of past events. Too often, the history of radicalism was either narrated with a form of revolutionary nostalgia or in order to praise the merits of liberalism. If the great mass meetings ends in the mid-nineteenth-century with the fall of Chartism, this practice spread out in the whole world in the twentieth-century. Incidentally, the Arab Spring of the beginning of the twenty-first-century demonstrated that a popular platform was the best way for the people to claim their rights and destabilize a political system which they found too authoritative. Through protest the people express an essential quality of revolt, which is an expression of emancipation from fear. From then on, a despotic regime loses this psychological terror which helped it to maintain itself into power. The balance of power between the government and its people would also take a new turn. The radicals won this psychological victory more than 150 years ago and yet universal suffrage was obtained only a century later. From the acceptance of the principles of liberties to their cultural practice, a long route has to be taken to change people's mind. It is a wearisome struggle for the most vulnerable people. In the light of western history, fundamental liberties must be constantly defended. Paradoxically, revolt is an essential and constitutive element of the maintenance of democracy. ; Die radikalen Strömungen in England von 1789 bis 1848 Formulierung der Problematik Was ist ein Radikaler? Eine Person die vorgefassten Meinungen zuwiderhandelt? Ein Agitator, der die Gesellschaft verändern will und dabei das Risiko eingeht, sie aus dem Gleichgewicht zu bringen? Im politischen Kontext, in dem sich die britischen Inseln am Ende des 18. Jahrhunderts befanden, hatte dieser Begriff eine negative Konnotation. Er erinnert nämlich an die levellers und an den Bürgerkrieg. Diese historische Epoche, die als traumatisches Erlebnis empfunden wurde, hat bei den politischen Führern Stigmata hinterlassen, die immer noch vorhanden sind. Die Herrschaft Cromwells hatte bestimmt einen direkten Einfluss auf die Aversion der Engländer gegen jede heftige Form des Protestes gegen die herrschende Macht, vor allem wenn er politisch vereinnahmt wird. Im politischen Kontext in England versteht man unter Radikalismus verschiedene Versuche, eine Parlamentsreform durchzusetzen, die das allgemeine Wahlrecht einführen sollte. Natürlich bedeutet dies nicht, dass die Befürworter solch einer Reform eine gesellschaftliche und ideologische Nähe verband. In der Tat waren sich die reformistischen Verbände oft untereinander nicht einig und ihre jeweiligen Führer hatten wenige Gemeinsamkeiten. Edward Royle und Hames Walvin erläutern, dass der Radikalismus historisch nicht wie ein Konzept analysiert werden kann, da er keine einheitliche Bewegung war, da sich die Führer untereinander nicht einig waren und da keine eindeutige Ideologie vorhanden war. Der Radikalismus war ihrer Meinung nach nur eine vage Ansammlung bunter Ideen. Er sei « eher eine Einstellung als ein Aktionsplan» gewesen. Am Beginn des 19. Jahrhunderts verwendete die Zeitung Northern Star den Begriff « radikal » in einem positiven Sinne, um eine Person oder eine Gruppe zu bezeichnen, deren Ideen mit den Ihrigen im Einklang standen. Gegner der Parlamentsreformbewegungen haben diesen Begriff im negativen Sinne verwendet. Der Radikale wurde dann also als Bedrohung wahrgenommen. Der Gebrauch des Begriffes radikal scheint kein semantisches Problem darzustellen im Vergleich zur Verwendung des Wortes Radikalismus dessen Suffix -ismus eine Doktrin bzw. eine Ideologie voraussetzt. Die Tatsache, dass die Radikalen so unterschiedliche Gesinnungen vertraten, scheint eine Definition des Radikalismus unmöglich zu machen. Trotzdem wird sein Gebrauch heute von allen Historikern akzeptiert. Man könnte also behaupten, dass es seit der Mitte des 20. Jahrhunderts gängig wurde, mit dem Begriff Radikalismus jede Bewegung zu bezeichnen, die Ideen durchsetzen wollte, die nach unserem heutigen Verständnis als demokratisch verstanden werden. Wir können den Begriff Radikalismus zwischen 1792 und 1848 also erst einmal als eine praktische Bezeichnung für die verschiedenen radikalen Volksbewegungen, die das Ziel verfolgten, das allgemeine Wahlrecht einzuführen, betrachten. Diese radikale Einstellung findet man bei einer ganzen Reihe von Menschen und Organisationen wieder. Cartwright, Horne Tooke, Thomas Hardy, Francis Burdett, William Cobbet, Henry Hunt, William Lovett, Bronterre O'Brien Feargus O'Connor, die London Society for Constitutional information (SCI), die London Corresponding Society (LCS), die Hampden Clubs, die Chartisten, usw. Man kann viele Gemeinsamkeiten zwischen den Protagonisten erkennen, die sie sich auch eingestanden haben. Auβerdem wird auch der Einfluss erkennbar, den sie aufeinander ausgeübt haben, um ihre Aktionen zu gestalten. Diese Einflüsse findet man sowohl in der Sprache und in der politischen Ideologie wieder, die von den britischen Historikern als « konstitutionalistisch » bezeichnet wurden, als auch in der politischen Organisation von auβerparlamentarischen Gruppierungen. Alle Radikalen wollten die Ungerechtigkeiten beheben, und in der Praxis haben sie sich von einem Aktionsplan anregen lassen, den sie im 18. Jahrhundert in den Pamphleten der true whigs gefunden haben. Wir müssen teilweise das Argument zurückweisen, dass die Radikalen nicht kohärent und einfallsreich waren, oder dass sie nicht genau wussten, wie sie ihre Ziele umsetzen konnten. Ganz im Gegenteil: Die innovativen Formen des Protestes, die ihnen zuzuschreiben sind, waren bezeichnend und haben eine Spur in der Geschichte hinterlassen. Das Zaudern der Radikalen war erstens auf die prohibitive Gesetzgebung zurückzuführen, der die Verbände unterlagen und zweitens auf die kategorische Ablehnung der Behörden zu kooperieren. Die Zeitgenossen der Epoche, die sich von der Französischen Revolution bis zum Chartismus erstreckt, haben nie über den Sinn des Begriffs radikal debattiert. Dies bedeutet allerdings nicht, dass alle Radikalen gleich waren, oder dass sie zu derselben Einheit gehörten. Horne Tooke und der Priester Stephens waren beide Radikale, so wie der Schuster Hardy und der extravagante Burdett. Ob man ein Adliger, ein Mitglied des Bürgertums, ein Handwerker, ein Gutsbesitzer oder ein Mann der Kirche war: Nichts hinderte einen daran, ein Radikaler zu sein. Jeder konnte auf seine Art ein Radikaler sein. In dem Radikalismus gab es in der Tat eine groβe Bandbreite, die sich vom revolutionären Radikalismus bis zum paternalistischen Torysmus erstreckte. Wir waren daran interessiert, genau zu verstehen, was der Begriff radikal bedeutet, denn sein integrativer Charakter wurde von Historikern übersehen. Wir haben uns deshalb so genau mit der Bedeutung des Begriffs « radikal » beschäftigt, weil dieses Adjektiv im Plural im Titel die radikalen Strömungen enthalten ist. Mit dem im französischen Titel enthaltenen Gleichklang zwischen den Wörtern « voie » (Weg, Strömung) und « voix » (Stimme) wollten wir zeigen, dass sich der Begriff « radikal » sowohl auf ein Ideenbündel als auch auf eine Person bezieht. Die methodische Vorgehensweise In dieser Arbeit richtet sich unser Augenmerk weniger auf die Frage, wie eine Gesellschaftsschicht entstanden ist, als auf die Umstände, die die Menschen dazu bewogen haben, ihrem Schicksal und dem Ihresgleichen oder gar der ganzen Gesellschaft eine andere Wendung zu geben. Wir stellten das Werk von E.P.Thompson in Frage, welcher in seinem bekannten Buch "The Making of the English Working Class" radikale Bewegungen, entsprechend einer Vorstellung von Klasse, definiert. Wie kam es, dass ein einfacher Schuster wie Thomas Hardy, während eines Prozesses, in dem er beschuldigt wurde, eine moderne Revolution anzuzetteln, im Zentrum der Öffentlichkeit stand? Wie kam es, dass ein Autodidakt und ein Anhängiger der Ultra- Tories wie William Cobbett sich nach und nach für das allgemeine Wahlrecht einsetzte, zu einer Zeit, in der es unpopulär war? Wie kam es, dass sich die ganze Bevölkerung in Massen um Henry Hunt scharte, einen Gutsbesitzer, der nicht gerade dazu bestimmt war, sich für die Belange des Volkes stark zu machen? Unser Ziel ist es, das Universum, in dem die wichtigsten Beteiligten lebten, wiederzugeben, so als wären wir ein privilegierter Zeuge dieser Epochen. Die einfachste Art diese Fragen zu beantworten und die Beschaffenheit der Volksbewegungen zu verstehen besteht unserer Meinung nach darin, das Leben jener Männer zu studieren, die sie gestaltet haben. Wir hatten den Einfall, mehrere Männer, die in einem Zeitraum von mehr als 50 Jahren gelebt haben, miteinander in Verbindung zu bringen, als uns aufgefallen ist, dass Schlüsselmomente der Reformbewegungen miteinander korrespondieren, wie z.B der Prozess von Thomas Hardy und das Massaker von Peterloo 1819. Je mehr wir uns mit diesen Ereignissen beschäftigten, desto mehr weckte dies unsere Neugier auf das Leben jener Menschen, die sie verursacht haben. Schlussendlich konnte man sich fragen, ob radikal zu sein nicht eher eine Frage des Charakters als eine Frage der Klassenzugehörigkeit war. Die verschiedenen Volksbewegungen für eine Parlamentsreform haben in der Tat viel mehr unterschiedliche Menschen vereint und waren um einiges vielfältiger als es die Historiker behauptet haben. So war es zum Beispiel Thomas Hardys Vorhaben, die Führung des Verbandes einer intellektuellen Elite unter Horne Tookes Kommando zu überlassen, nachdem er es geschafft haben würde, genug Mitglieder der Arbeiterschicht zu versammeln. Auβerdem haben die Sympathisanten mit Freude Führer akzeptiert, deren Schicksal sehr wenig mit dem Ihrigen gemeinsam hatte. O'Connor z. B erhob den Anspruch, der Nachkomme eines irischen Königs zu sein. Cobbett, der Besitzer einer bedeutenden Zeitung, erinnerte daran, dass er aus einer Bauernfamilie stammte. William Lovett, der den Liberalen und einigen Parlamentsmitgliedern nahe stand, stammte aus einer armen Fischerfamilie. Wir haben diese fünf Männer Thomas Hardy, William Cobbett, Henry Hunt, William Lovett und Feargus O'Connor in Verbindung gebracht, um gewissermaßen eine Saga der Radikalen zu erstellen. Dies erlaubte es uns, uns ein genaueres Bild zu machen von den Merkmalen der verschiedenen Bewegungen, an denen sie teilgenommen haben, von dem Kontext, in dem die Bewegungen entstanden sind, von ihren Misserfolgen, von der besonderen Atmosphäre, die in diesen unterschiedlichen Epochen herrschte, von den Männern, die diese Bewegungen beeinflusst haben und zuletzt von dem Zeichen, das sie gesetzt haben. Diese Männer waren im Mittelpunkt eines Netzwerkes und standen in Verbindung mit anderen Akteuren, die an peripheren Bewegungen beteiligt waren. Sie waren umgeben von treuen Weggefährten, mit denen zusammen sie viele Kämpfe ausgetragen haben, oder mit denen sie sich heftig gestritten haben. Unsere Vorgehensweise ist insofern neu, als wir die Fluktuationen der radikalen Bewegungen weder linear bzw. chronologisch beleuchten, noch in einer zersplitterten Weise, indem wir die Problematik in mehrere Themen unterteilen. Wir sind ganz einfach dem Leben der Männer gefolgt, die am Ursprung dieser Bewegung standen. Jedes Kapitel behandelt eine historische Person und die gesamte Abhandlung ist chronologisch aufgebaut. Manchmal war es notwendig, Rückblenden einzubauen oder die gleichen Ereignisse mehrmals zu erwähnen, wenn verschiedene historische Personen daran beteiligt waren. Die radikalen Bewegungen wurden von Menschen aus verschiedenen Horizonten beeinflusst. Verbunden waren sie vor allem durch ihr Bestreben, eine Normalisierung der politischen Welt zu erreichen, gegen die Ungerechtigkeiten zu kämpfen und eine Parlamentsreform durchzusetzen. Wir haben uns auf die Momente konzentriert, in denen das Leben der Männer mit einem aktiven Handeln in der radikalen Bewegung oder mit einer Veränderung ihrer Ideen oder in ihrer Organisation einherging. Ihre emotionalen Beziehungen und ihre Einstellung zu belanglosen Fragen interessierten uns nicht. Ihre Meinungen zu Fragen, die unser Studienobjekt nicht betreffen, waren auch nicht Gegenstand dieser Abhandlung, es sei denn sie ermöglichten es uns, ihre Persönlichkeit besser zu umreiβen. Unser Augenmerk richtete sich ausdrücklich und vor allem auf die radikale Tätigkeit der Beteiligten. Natürlich haben wir auch die Lebensumstände und die geistige Entwicklung dieser Männer geschildert, denn wir wissen, dass Meinungen sich im Laufe eines Lebens ändern können, wie es der bemerkenswerte Fall von Cobbett verdeutlicht. Das Leben dieser Personen fiel zeitlich mit markanten Momenten in der radikalen Bewegung zusammen, wie z. B die ersten politischen Organisationen der Arbeiterschichten, die ersten Massendemonstrationen oder die ersten politisch ausgerichteten Volkszeitungen. Wir wollten die menschlichen Züge jener Männer wiedergeben, die Reden gehalten haben und die in den radikalen Verbänden anwesend waren. Man könnte uns vorwerfen, dass wir- wenn wir uns auf eine historische Person konzentriert haben- andere Fakten oder Personen, die nicht zu ihrem Umfeld gehörten aber dennoch an der Bewegung beteiligt waren, ausgeblendet haben. Uns schien es aber wesentlich, die analytische Methode oder die historische Chronik, die die Studien über die radikalen Bewegungen maßgeblich prägt, aufzugeben. Unser Ziel war es nämlich, diese Schilderungen zu vervollständigen, indem wir den menschlichen Aspekt in den Vordergrund stellten. Dazu haben wir die biografische Perspektive gewählt und unserer Studie angepasst. Schluss Jeder Mann, dessen Rolle wir hervorgehoben haben, lebte in einer bestimmten Phase der radikalen Bewegung. Der Vergleich der Reden, die sie in verschiedenen Epochen gehalten haben, hat aufgezeigt, dass die radikale Ideologie sich im Laufe der Zeit verändert hat. Die Verteidigung der Menschenrechte verlor an Bedeutung und die Argumentation wurde konkreter: Es ging z. B mehr und mehr um das Recht, die Früchte seiner Arbeit zu genieβen. Dieser Wandel fand in der chartistischen Epoche Feargus O'Connors statt. Die Traditionen des Radikalismus und die Erinnerung daran spielten jedoch weiterhin eine wichtige Rolle. Die Rhetorik des Konstitutionalismus und der Volksmythos waren Themen, mit denen die Arbeiterschichten sich immer identifiziert haben, und die ihre Forderung nach dem allgemeinen Wahlrecht gerechtfertigt haben. Wir haben uns auf das Leben einiger einflussreicher Männer des Radikalismus konzentriert, um seine Entwicklung und sein Wesen zu verstehen. Ihre Lebensläufe haben uns als Leitfaden gedient und haben es uns ermöglicht, eine Kohärenz in unserer Abhandlung zu wahren. Zwar sind die Kapitel unabhängig voneinander, aber die Ereignisse und die Reden korrespondieren miteinander. Man könnte manchmal den Eindruck haben, dass sich Fakten, Handlungen und die Geschichte im Allgemeinen endlos wiederholen. Allerdings ist der Zeitgeist im ständigen Wandel begriffen, so wie dies auch beim technischen Fortschritt der Fall ist. Wir sind der Ansicht, dass diese Besonderheiten fundamentale Elemente sind, die es ermöglichen, historische Phänomene zu begreifen, die nicht auf philosophische, soziologische oder historische Konzepte reduziert werden können. Die Geschichte als Wissenschaft weist die Besonderheit auf, dass die physische Realität und die erwähnten Phänomene auch eine menschliche Realität sind. Daher ist es wesentlich, bei der intellektuellen Auseinandersetzung mit einem historischen Phänomen den menschlichen Aspekt nicht aus den Augen zu verlieren. Wir wollten einen Weg einschlagen, der dem vieler Historiker entgegengesetzt ist. Unser Augenmerk richtete sich zunächst auf die Männer, die ihre jeweiligen Epochen maβgeblich geprägt haben, bevor wir uns mit Konzepten beschäftigt haben. Die Männer, die wir auserwählt haben, gaben uns einen neuen und frischen Blick auf den Radikalismus und brachten uns diesen näher. Natürlich sind wir nicht die ersten, die sich mit diesen historischen Personen beschäftigt haben. Durch die chronologische Anordnung unserer Abhandlung, wollten wir- so wie Plutarch, der griechische und römische historische Personen miteinander in Verbindung brachte- die Wesensmerkmale ihrer Reden, Persönlichkeiten und Epochen aber auch ihre Unterschiede in den Vordergrund rücken. Wir haben also versucht, eine Bewegung zu umreiβen und im Kern zu erfassen und die Wege nachzuzeichnen, die zum Radikalismus führten. Wir behaupten nicht, dass wir eine neuartige und ausschlieβliche Definition dieser Bewegung geliefert haben. Wir haben nur versucht, die Wesensmerkmale eines Radikalen zu begreifen und herauszufinden, aus welchen Gründen tausende Männer an diesen Mann geglaubt haben. Wir wollten uns von der ideologischen Debatte über den Kalten Krieg losmachen, die sogar auf die Interpretation zurückliegender Ereignisse abgefärbt hat. Zu oft wurde die Geschichte des Radikalismus mit einer Art revolutionären Nostalgie erzählt, oder mit der Absicht, die Vorzüge des Liberalismus zu preisen. Der Chartismus leitete zwar im 19. Jahrhundert das Ende der groβen Massenbewegungen in England ein, aber diese Methode hat sich im 20. Jahrhundert überall auf der Welt verbreitet. In der Tat zeigt der arabische Frühling am Beginn des 21. Jahrhunderts, dass die zahlenmäβige Überlegenheit das beste Druckmittel des Volkes ist, um seine Rechte einzufordern und das bestehenden Regime zu destabilisieren. Ein Volk, das demonstriert, zeigt, dass es keine Angst mehr hat. Von dem Moment an, in dem ein autoritäres Regime diese psychologische Waffe, die es ihm ermöglicht hat, an der Macht zu bleiben, verliert, kehrt sich das Machtgefälle zwischen der autoritären Staatsgewalt und dem unterworfenen Volk um. Diesen psychologischen Sieg haben die englischen Radikalen vor mehr als 150 Jahren errungen. Jedoch wurde das allgemeine Wahlrecht erst ein Jahrhundert später eingeführt. Damit es also nicht bei Prinzipienerklärungen bleibt, sondern die Freiheiten in die Wirklichkeit umgesetzt werden, bedarf es einer Bewusstseinsänderung, die nur durch eine langwierige Arbeit zustande kommen kann. Für die Schwächsten ist dies ein langer Kampf. In Anbetracht der abendländischen Geschichte muss man die Freiheiten als Rechte betrachten, die es immer wieder zu verteidigen gilt. Paradoxerweise scheint die Revolte also eine grundlegende und unabdingbare Bedingung zu sein, um die Demokratie zu erhalten.
GESCHICHTE DES URALTEN UND SEIT JAHRHUNDERTEN UM LANDESFÜRST UND VATERLAND HÖCHST VERDIENTEN, THEILS FÜRSTLICH, THEILS GRÄFLICHEN HAUSES STARHEMBERG Geschichte des uralten und seit Jahrhunderten um Landesfürst und Vaterland höchst verdienten, theils fürstlich, theils gräflichen Hauses Starhemberg ( - ) Einband ( - ) Titelseite ([I]) Vorrede. ([III]) Verzeichnis der Bücher, welche zu dieser Geschichte benützt wurden. ([7]) Von der hohen Abstammung und dem uralten Adel, des theils fürstlich, theils gräflichen Hauses Starhemberg. ([10]) §. 1. Bucelin, und die meisten übrigen Genealogen gehen in der Herleitung der Abstammung der Ottokare,. §. 2. Um aber wißbegierigen Lesern auch hierüber alles weitere Nachschlagen entbehrlich zu machen,. ([10]) §. 3. Wie von den Markgrafen von Steyermark durch Herrn During I.,. §. 4. Eine noch deutlichere Uebericht der Abstammung aller jener Familien,. (11) §. 5. So deutlich das bisher Gesagte die Abstammung der erwähnten Familien von den Markgrafen von Steyermark erweiset,. (11) § . 6. Daß sich die Herren von Steyer,. (17) §. 7. Ich glaube es wird den Lesern dieses Werkes sehr angenehm seyn,. (18) 1. Verzeichniß der alten Geschlechter,. (21) 2. Verzeichniß in welchem unterschiedliche Geschlechter die nach und nach in den Herrenstand gekommen sind, bis Anno 1620. (22) 3. und 4. Verzeichniß der alten Herrenstands-Geschlechter,. (24) §. 8. Schon in dem von den Herren von Losenstein und Starhemberg dem Kaiser Maximilian II. eingereichten Gesuche um Wiedererhebung in den alten Grafenstand wird nebst andern auch der Grund angeführt;. §. 9. Im fürstlich Starhembergischen Archive zu Wien befinden sich,. (24) [Stammbaum]: Tabelle I. (25) [2 Stammbäume]: (1)Tabelle II. (2)Tabelle III. (26) [Stammbaum]: Tabelle IV. (27) [Stammbaum]: Tabelle V. (28) Von dem Nahmen des theils fürstlich, theils gräflichen Hauses Starhemberg. (29) Von dem Wappen des theils fürstlich, theils gräflichen Hauses Starhemberg. (33) Uebersicht der verschiedenen Linien des theils fürstlich, theils gräflichen Hauses Starhemberg. (38) I. Rudigerische ältere Hauptlinie (39) II. Heinrichische jüngere Hauptlinie (40) [Tabelle]: Tabelle VI. (41) [2 Tabellen]: (1)Tabelle VII. (2)Tabelle VIII. (42) [2 Tabellen]: (1)Tabelle IX. (2)Tabelle X. (43) Verzeichnis der Personen des fürstlich und gräflichen Hauses Starhemberg, von ihrem Ursprunge von den alten Markgrafen von Steyer bis auf den heutigen Tag, nach den Nummern des Stammbaumes [1038 - 1823]. (44) Von diesen 439 angeführten Personen des fürstlich gräflichen Hauses Starhemberg lebten im Juny 1829 noch folgende Herren und Frauen. (56) I. Herren. II. Von den Gattinnen der angeführten Herren leben: (56) III. Als unverehelicht. (57) Von den ausgezeichneten Verdiensten des theils früstlich, theils gräflichen Hauses Starhemberg. (58) Kurze Uebersicht der ausgezeichnetesten und berühmtesten Männer des Hauses Starhemberg, seit dasselbe diesen Namen führt. (61) 1. K. K. Feldmarschalls. (61) II. K. K. Feldzeugmeister. (61) II. K. K. Feldmarschall-Leutenants. IV. K. K. General-Majors. V. Ritter des militärischen M. Theresien-Ordens. (62) VI. Staatsminister, Bothschafter, Gesandte, geheime Räthe und Landespräsidenten. (63) VII. Verordnete des löblichen Herrenstandes in Oesterreich ob der Enns. (66) VIII. Ritter des goldenen Vließes. IX. Großkreuz des königl. ungarischen St. Stephan-Ordens. X. Kommandeurs des k. k. österreichischen Leopold-Ordens. XI. Ritter fremder Orden. XII. Deutsche Ordens-Ritter. XIII. Maltheser Ordens-Ritter. (67) Bischöfe und Domkapitularen. (68) Geschichte des fürstlich und gräflichen Hauses Starhemberg; von dessen ersten Abstammung, nämlich von Herrn Ottokar dem I., Markgrafen von Steyermark, angefangen, bis zum gegenwärtigen Jahr 1829 ([69]) 1. Herr Ottokar I., der erste Markgraf von Steyermark. (71) 2. Herr Ottokar II., Markgraf von Steyermark, (73) 3. Herr Adalbero I., (74) 4. Herr Ottokar III., Markgraf von Steyermark, (74) 5. Frau Frowitza, (75) 6. Herr Ottokar IV., Markgraf von Steyermark, (76) 7. Herr Leopold der Starke, Markgraf von Steyermark, (76) 8. Frau Chunegunde, (77) 9. Herr Ottokar V., Markgraf von Steyermark, (77) 10. Herr Leupold, (79) 11. Herr Ottokar VI., Markgraf, dann Herzog von Steyermark, (79) 12. Herr Bernhard, Markgraf von Steyer, 13. Herr Otto, der erste Herr von Hohenberg, 14. Herr Gundacker, der erste Herr von Pernegg, (82) 15. und 16. Frau Atha und Frau Sophie, (82) 17. Herr Adalbero, II. Waldgraf von Enns und Geißwald, (83) 18. Herr Ottokar, 19. Herr Ortholph, 20. Herr Leuthold, (84) 21. Herr During I., der erste, der sich Herr von Steyer nannte. (84) 22. Herr Gundacker, I., der zweyte, der sich Herr von Steyer schrieb, (85) 23. Herr Helmhard, Herr von Steyer, (87) 24. Herr Gundacker II., (87) 25. Herr During II., (89) 26. Frau Euphemia, (89) 27. Herr Gundacker III. (90) 28. Herr Dietmar, welcher sich der erste Herr von Losenstein nannte, (92) 29. Herr Gundacker IV., der erste, der sich Herr von Starhemberg und Wildberg schrieb, (93) 30. Herr Rudiger I., 31. Frau Bertha, (97) 32. Herr Gundacker II., (97) 33. Frau Mechtild, 34. Frau Anna, (100) 35. Herr Hadmar, (100) 36. Herr Weikhard, 37. Herr Rapoto, 38. Herr Rudiger II., (101) 39. Herr Gundacker III., (102) 40. Frau Elisabeth, 41. Herr Gundacker IV., 42. Frau Euphemia, (104) 43. Herr Johann I., (104) 44. Herr Bernhard, (105) 45. Herr Otto, (105) 46. Frau Adelheid, 47. Herr Gundacker V., (106) 48. Herr Rudiger III., (106) 49. Herr Eberhard I., 50. Frau Euphemia, 51. Frau Adelheid, 52. Frau Anna, (109) 53. Frau Martha, 54. Herr Weikhard II., 55. Herr Heinrich, 56. Herr Johann II., 57. Herr Gundacker VI., (110) 58. Herr Rudiger IV., (110) 59. Herr Rudiger V., (111) 60. Herr Kaspar I., (111) 61. Herr Eberhard II., (115) 62. Herr Balthasar I., 63. Frau Margaretha, (117) 64. Frau Dorothea, (117) 65. Herr Gundacker VII., (118) 66. Herr Johann III., (120) 67. Herr Georg I., (121) 68. Herr Ulrich der Aeltere, (122) 69. Herr Johann IV., (126) 70. Herr Rudiger VI., 71. Herr Gundacker VIII., 72. Herr Kaspar II., 73. Herr Gundacker IX., 74. Herr Johann V., 75. Frau Dorothea, (128) 76. Frau Anna, (128) 77. Frau Ursula, 78. Frau Gertrud, (129) 79. Herr Rudiger VII., (129) 80. Frau Margaretha, 81. Frau Euphemia, (137) 82. Frau Elisabeth, (137) 83. Herr Bernhard II., (138) 84. Herr Kaspar III., 85. Herr Georg, 86. Herr Stephan, 87. Frau N. N., (139) 88. Herr Ulrich der Jüngere, (139) 89. Herr Balthasar, (140) 90. Herr Wolgang, (141) 91. Herr Gotthard, (141) 92. Frau Katharina, (144) 93. Frau Barbara, 94. Frau Margaretha, (145) 95. Herr Ludwig, (145) 96. Herr Rupert, 97. Frau Ursula, (146) 98. Herr Bartholomäus I., (146) 99. Frau Agnes, (150) 100. Herr Lukas, 101. Frau Anastasia, 102. Frau Barbara, 103. Herr Jakob, (151) 104. Herr Gregor, (152) 105. Frau Margaretha, (153) 106. Frau Amalie, (154) 107. Herr Ulrich, 108. Herr Wolfgang, 109. Herr Christoph, 110. Herr Gundacker X., 111. Herr Mathäus, 112. Herr Blasius, (155) 113. Herr Rudiger VIII., (155) 114. Frau Elisabeth, 115. Frau Ursula,, 116. Frau Margaretha, (156) 117. Herr Kadolt, (159) 118. Frau Hedwig, (159) 119. Frau Anna, (160) 120. Herr Johann VI., (160) 121. Frau Margaretha, 122. Frau Sabina, (161) 123. Frau Benigna, (161) 124. Herr Erasmus I., (162) 125. Frau Wandula, (171) 126. Frau Anna, (171) 127. Frau Katharina, (172) 128. Herr Georg, (172) 129. Frau Elisabeth, 130. Herr Hieronymus, 131. Frau Maria Salome, (173) 132. Frau Magdalena, (173) 133. Frau Johanna, 134. Herr Peter, 135. Herr Paul Jakob, 136. Frau Judith, (174) 137. Herr Georg, (174) 138. Herr Bartholomä, 139. Frau Maria Salome, (175) 140. Herr Rudiger IX., (175) 141. Herr Gundacker XI., (179) 142. Herr Kaspar, (182) 143. Frau Anna Maria, (182) 144. Herr Johann, 145. Herr Ulrich, (183) 146. Herr Heinrich, (183) 147. Herr Gregor, (184) 148. Frau Magdalena, (185) 149. Frau Barbara, (185) 150. Frau Elisabeth, (188) 151. Herr Erasmus II., 152. Herr Ludwig, 153. Frau Johanna, 154. Frau Sidonia, 155. Herr Johann VII., (189) 156. Herr Paul Jakob II., (190) 157. Frau Maria Salome, (194) 158. Herr Gotthard, (195) 159. Herr Ludwig, (199) 160. Herr Bartholomä, (205) 161. Herr Martin, (206) 162. Frau Helene, 163. Herr Erasmus, 164. Frau Felicitas, (207) 165. Herr Johann Ulrich, (207) 166. Herr Georg Achaz, (210) 167. Herr Gregor, 168. Frau Susanna, (211) 169. Herr Reichard, (211) 170. Frau Regina, (216) 171. Frau Margaretha, (217) 172. Herr Erasmus der ältere, (220) 173. Herr Rudiger, 174. Herr Gundacker, 175. Herr Paul Jakob, 176. Herr Christoph Wilhelm, (226) 177. Herr Friedrich Johann Mathias, 178. Frau Helene Sophie, 179. Frau Susanna Regina, 180. Frau Anna Maria, 181. Frau Rosina Elisabeth, 182. Herr Christian Ehrenreich, oder auch bey Andern Christoph Ehrenfried, 183. Frau Euphemia, (227) 184. Herr Rudiger, 185. Herr Mathias, (228) 186. Herr Konrad Balthasar, neurdings als Graf von Starhemberg (228) 187. Frau Anastasia, (235) 188. Frau Juliana Dorothea, 189. Frau Euphrosine, 190. Frau Konstantia Barbara, 191. Frau Maria Salome, 192. Herr Gotthard, (236) 193. Herr Rudolph Heinrich, 194. Herr Christian, 195. Herr Christian Johann, 196. Herr Christoph, 197. Herr Johann, 198. Frau Christina, 199. Frau Regina, (237) 200. Herr Georg Ludwig, 201. Herr Bernhard Ludwig, 202. Frau Maria Elisabeth, 203. Frau Helene, (238) 204. Frau M. Justine, 205. Frau Helene Barbara, (239) 206. Frau Eva Susanna, 207. Herr Felician Rudiger, (240) 208. Herr Johann Ludwig, (240) 209. Frau Helene, 210. Herr Johann Ludwig, (243) 211. Herr Weikhard, (243) 212. Frau Maria Sidonie, 213. Herr Bartholomä, 214. Herr Martin Julius, (244) 215. Frau Susanna, 216 und 217. Herr Christian und Frau Elisabeth, 218. Herr Gundacker XIII., 219. Frau Isabella, 220. Herr Johann Ernest, 221. Frau Susanna Juliana, 222. Herr Johann Wilhelm, (245) 223. Herr Johann Ludwig, (245) 224. Herr Johann Reichard, 225. Herr Johann Erasmus, 226. Frau Susanna, 227. Herr Gundacker XIV., 228. Herr Johann Gundacker, (246) 229. Herr Heinrich Wilhelm, (246) 230. Herr Gundacker XV., (259) 231. Herr Erasmus der jüngere, (261) 232. Herr Reichard, 233. Herr Gotthard, (263) 234. Herr Kaspar, (263) 235. Frau Elisabeth Polixena, (266) 236. Frau Eva Regina, (266) 237. Herr Heinrich Gundacker, 238. Frau Elisabeth Juliana, (267) 239. Frau Anna Dorothea, (267) 240. Herr Johann Richard, (269) 241. Herr Georg Heinrich, (270) 242. Frau Katharina Salome, (270) 243. Frau Margaretha Magdalena, 244. Frau Susanna Elisabeth, 245. Herr David, 246. Frau Barbara Maria, 247. Herr Rudiger Günther, (271) 248. Herr Heinrich Ernst Rudiger, (271) 249. Herr Maximilian Laurenz, (289) 250. Herr Leopold Karl, (291) 251. Herr Franz Ottokar, (291) 252. Herr Gundacker Thomas, (293) 253. Herr Paul Joseph Jakob, 254. Herr Franz Ludwig, 255. Herr Maximilian Reichard, (298) 256. Herr Ferdinand Franz Ludwig, (298) 257. Herr Johann Ludwig, (299) 258. Herr Wolf Ottmar, 259. Frau Maria Klara Apollonia, 260. Herr Christoph, (300) 261. Frau Maria Anna, (300) 262. Frau Helene Dorothea, 263. Herr Reichard August, (303) 264. Herr Bartholomä, (303) 265. Juliana Elisabeth Susanna, (305) 266. Herr Gotthard, (305) 267. Herr Reichard Wilhelm, 268. Herr Georg Reichard, 269. Herr Heinrich Helmhard, 270. Frau Juliana Maria, 271. Frau N. N., (306) 272. Frau Elisabeth Polixena, 273. Herr Heinrich Balthasar, 274. Herr Reichard, (307) 275. Frau Elisabeth, 276. Frau Helene Antonia Dorothea, 277. Frau Maria Katharina, (308) 278. Frau Maria Barbara, (308) 279. Frau Maria Antonia, (309) 280. Herr Konrad Sigismund Anton, (309) 281. Frau Maria Eleonora, (311) 282. Herr Leopold Ansgar, 283. Herr Gundacker, 284. Herr Friedrich, (312) 285. Frau Maria Ernestine Josepha, (313) 286. Herr Franz Anton Joseph, (313) 287. Frau Maria Josepha, (314) 288. Frau Maria Maximiliana, 289. Frau Maria Theresia, 290. Frau Maria Anna, (315) 291. Herr Ferdinand Ottokar, (315) 292. Frau Maria Franziska Gabriela, (316) 293. Frau Maria Bonaventura, 294. Frau Maria Franziska, (317) 295. Frau Dominika, 296. Frau Maria Charlotte, (318) 297. Herr Franz Joseph, (318) 298. Frau Maria Antonia, (320) 299. Frau Maria Eleonora, (320) 300. Herr Gundacker XVI., (321) 301. Herr Erasmus, (322) 302. Frau Sabina Christina, (322) 303. Herr Johann Reichard, (323) 304. Herr Guidobald, (323) 305. Herr Heinrich Franz, (340) 306. Frau Dorothea Renata, (340) 307. Herr Kaspar, 308. Herr Erasmus, 309. Frau Anna Franziska, (341) 310. Herr Adam Maximilian Franz, (341) 311. Frau Philippine, 312. Herr Maximilian, 313. Frau Leopoldine, 314. Herr Gundacker, (344) 315. Herr Johann Ernest, (344) 316. Frau Wilhelmine, 317. Herr Dominikus, 318. Frau Sophie Maria Eva, (346) 319. Herr Georg Adam, Erster Fürst von Starhemberg, (347) 320. Frau Maria Elisabeth Josepha, (352) 321. Frau Maria Antonia, 322. Frau Maria Josepha, (353) 323. Frau Maria Ernestine, (353) 324. Herr Otto Gundacker Franz Xaver, 325. Herr Franz Xaver Innocenz, (354) 326. Herr Joseph Franz Xaver Judas Thaddäus, (354) 327. Frau Maria Anna, 328. Frau Anna Sophia Johanna, (355) 329. Herr Johann Winulph Ludwig Friedrich, (355) 330. Herr Johann, 331. Herr Franz Ernest Johann Joseph, 332. Frau Marie Wilhelmine Antonie Josepha Johanna Thaddäa, 333. Frau M. Leopoldine Josepha Theresia, (356) 334. Frau M. Josepha Franziska Johanna, 335. Herr Johann Philipp Wilhelm Joseph, 336. Herr Johann Guidobald Joseph Philipp, (357) 337. Herr Johann Ottokar Joseph, (357) 338. Frau Maria Theresia Johanna Josepha, (358) 339. Frau Maria Esther, (358) 340. Herr Gundemar Joseph, (359) 341. Frau Maria Anna Franziska, (360) 342. Herr Ottokar Franz Jakob. (361) 343. Herr Karl Rudiger, 344. Herr Johann Philipp, (362) 345. Herr Erasmus Christoph, (362) 346. Frau M. Franziska Magdalena Sophie, 347. Frau Barbara Judith, 348. Frau Maria Katharina Elisabeth, (363) 349. Frau Maria Helene Regina, (363) 350. Frau M. Maximiliana, 351. frau Eleonore, (364) 352. Frau Maria Anna, (364) 353. Herr Reichard, 354. Frau Maria Antonia, 355. Herr Emanuel Michael, 356. Herr Joseph Johann Theodos, (365) 357. Herr Johann Nep. Joseph Hilarius, 358. Herr Guidobald, 359. Frau Leopoldine, (366) 360. Herr Ludwig Joseph Maximilian Gregor, (366) 361. Herr Joseph Georg Franz M. Theresia, (371) 362. Herr Gundacker Franz Xaver, (372) 363. Franz Anton Johann von Nepomuk, (372) 364. Herr Franz Joseph, (373) 365. Frau Maria Isabella, 366. Frau M. Aloysia Theresia, 367. Frau Maria Ernestine, (374) 368. Frau M. Anna Ernestine Aloysia, (375) 369. Frau Marie Ernestine, (375) 370. Frau Ludovika, 371. Herr Anton der Aeltere, 372. Herr Leopold, 373. Herr Franz Karl Ansgar, (376) 374. Herr Wenzel, (376) 375. Herr Sigmund, 376. Herr Franz, 377. Frau Maria Anna, (377) 378. Frau Leopoldine, (377) 379. Herr Joseph, 380. Herr Emanuel, (378) 381. Frau Guidobaldine, (378) 382. Frau Theresia, 383. Frau Josepha, (379) 384. Herr Ernest, 385. Herr Heinrich Maximilian. (380) 386. Herr Anton Wilhelm, 387. Frau Philippine, 388. Frau Waldburga, 389. Herr Johann Ludwig Adam, 390. Herr Wilhelm, (381) 391. Frau M. Anna, 392. Herr Karl Christian Hilarius, 393. Frau M. Theresia Esther, 394. Frau M. Leopoldine, 395. Herr Rudolph, (382) 396. Herr Rudiger Joseph Johann, (382) 397. Frau Gabriela, 398. Frau Amalie, 399. Herr Erasmus, 400. Herr Maximilian Emanuel, (383) 401. Herr Emanuel Maximilian Michael, (383) 402. Frau Ernestine, (384) 403. Herr Georg Adam, (385) 404. Frau Franziska Anna, (385) 405. Frau Leopoldine, (386) 406. Herr Georg Ludwig, (387) 407. Herr Leopold, (387) 408. Herr Anton Gundacker, (388) 409. Herr Karl, (391) 410. Herr Joseph Gundemar, 411. Frau Aloysia, (392) 412. Frau Aloysia Ida, (392) 413. Herr Anton der jüngere, 414. Frau Maria Theresia Franziska, 415. Frau Maria Antonia, (393) 416. Frau Maria Anna, (393) 417. Frau Maria Josepha, (395) 418. Frau Maria Aloysia, (395) 419. Herr Aloys Erasmus, (396) 420. Frau maria Josepha Theresia, 421. Frau M. Guidobaldine, 422. Herr Philipp, 423. Herr Franz Xaver Gundacker Ludwig, 424. Herr Heinrich, (397) 425. Herr Johann Heinrich, 426. Herr Maximilian, 427. Herr Heinrich Joseph Fidelius, 428. Frau Louise, (398) 429. Frau Antonie, 430. Herr Karl Guido, 431. Herr Ludwig, 432. Herr Camillo Rudiger, (399) 433. Herr Guido, 434. Herr Stephan, 435. Frau Maria, 436. Frau Amalia, 437. Herr Emanuel, (400) 438. Herr Aloysius, (400) 439. Herr Gundemar. (401) Verzeichniß der mit dem Hause Starhemberg verschwägerten Familien. (402) A (402) B (402) C (403) D (403) E, F (404) G (404) H (405) J (406) K (407) L, M (408) N, O (409) P (409) R (410) S (411) T (413) U (414) W (414) Z (415) Verzeichnis der, dem theils fürstlich, theils gräflichen Hause Starhemberg, dermahl gehörigen in Oesterreich ob und unter der Enns gelegenen Schlösser, Herrschaften, Güter und Häuser, mit der Bemerkung, in welchem Jahre und durch wem dieselben an diese Familie kamen. (416) I. Herrn Ludwig, Fürsten von Starhemberg, Nro. 360, gehörige (416) II. Dem Herrn General Anton Gundacker, Grafen von Starhemberg, Nro. 408, gehörige (422) III. Dem Herrn Grafen Johann Heinrich von Starhemberg, Nro. 425, gehörige (423) Beylagen. ([425]) Beylage I. Zu Nro. 24 Herrn Gundacker II. (Lehenbrief über die Herrschaft Wildberg vom Jahre 1198; dessen Original im Archive zu Wildberg aufbewahrt ist.) (427) Beylage II. Zu Nro. 28. Herrn Dietmar von Steyer. (Vergleich zwischen Herrn Dietmar von Steyer und Herrn Ottokar, Herzogen von Oesterreich, über die Herrschaft und Stadt Steyer vom Jahre 1252.) (428) Beylage III. Zu Nro. 29 Herrn Gundacker I. von Starhemberg. (Belehnungsbestätigung über die Herrschaft Wildberg vom Jahre 1245.) (428) Beylage IV. Zu Nro. 29. Herrn Gundacker I. von Starhemberg. (In Betreff des Vogtey-Rechtes über das Stift Lambach.) (429) Beylage V. Zu Nro. 29. Herrn Gundacker I. von Starhemberg. (In Betreff des Vogtey-Rechtes über das Stift Lambach.) (430) Beylage VI. Zu Nro. 29. Herrn Gundacker I. von Starhemberg. (Entscheidung des Streites wegen des Vogtey-Rechtes über Lambach.) (431) Beylage VII. Zu Nro. 29. Herrn Gundacker I. von Starhemberg. (Schenkung an das Stift Garsten vom Jahre 1261.) (432) Beylage VIII. Zu Nro. 29. Herrn Gundacker I. von Starhemberg. (Schenkung an das Stift Garsten im Jahre 1264.) (432) Beylage IX. Zu Nro. 30. Herrn Rudiger I. (Neue Belehnung mit der Vogtey über das Stift Lambach). (433) Beylage X. Zu Nro. 32. Herrn Gundacker II. (Stiftung nach St. Florian vom Jahre 1292.) (433) Beylage XI. Zu Nro. 48. Herrn Rudiger III. (Urkunde über das Marschallamt von Passau.) (434) Beylage XII. Zu Nro. 48. Herrn Rudiger III. (Zwey Urkunden Herrn Rudigers III. von Starhemberg.) (434) Beylage XIII. Zu Nro. 58. Herrn Rudiger IV. (Urkunde über den Verkauf des Schlosses Starhemberg in Oesterreich ob der Enns.) (435) Beylage XIV. Zu Nro. 60. Herrn Kaspar I. (Schuldbrief der Herzoge von Oesterreich an Herrn kaspar I.) (437) Beylage XV. Zu Nro. 60. Herrn Kaspar I. (Urkunden in Betreff der Gefangenhaltung Königs Wenzelslaus.) (438) Beylage XVI. Zu Nro. 68. Herrn Ulrich den ältern. (Absagebrief an den Erzbischof und das Domkapitel zu Salzburg.) (440) Beylage XVII. Zu Nro. 68. Herrn Ulrich den ältern (Zwey Urkunden Kaiser Friedrichs vom Jahre 1452.) (441) Beylage XVIII. Zu Nro. 68. Herrn Ulrich dem ältern. (Schreiben Königs Mathias Korvin an Herrn Ulrich von Starhemberg.) (442) Beylage XIX. Zu Nro. 79. Herrn Rudiger VII. (Erlaubniß K. Friedrichs, sich rothen Wachses zum Siegeln zu bedienen.) (443) Beylage XX. Zu Nro. 120. Herrn Johann VI. (Dekret an La-Sawer wegen der Schuld Herrn Ludwigs von Starhemberg.) (444) Beylage XXI. Zu Nro. 58. Herrn Gotthard. (Herrn Gotthards von Starhemberg Aufruf an die aufrührerischen Bauern des Mühlviertels im Jahre 1597.) (444) Beylage XXII. Zu Nro. 240. Herrn Johann Reichard. (Urkunde des Ungarischen Indignats und Baronats vom Jahre 1655.) (446) Beylage XXIII. Zu Nro. 248. Herrn Heinrich Ernst Rudiger. (Beschreibung, des in der Stadtpfarrkirche zu Eferding aufgehangenen Fähnleins.) (448) Beylage XXIV. Zu Nro. 229. Herrn Heinrich Wilhelm. (Reichsgrafen-Diplom.) (448) Beylage XXV. Zu Nro. 229. Herrn Heinrich Wilhelm. (Bestätigung des Grafen-Diploms für Böhmen.) (453) Beylage XXVI. Zu Nro. 252. Herrn Gundacker Thomas. (Kaiserliches Diplom über das Obrist-Erbmarschallamt in Oesterreich ob und unter der Enns.) (455) Beylage XXVII. Zu Nro. 304. Herrn Guidobald. (Auszug des Ernennungsdekretes Herrn Guidobalds von Starhemberg zum Vice-König in Spanien.) (459) Einband ( - ) Einband ( - )
Daseinsvorstellungen, Wertungen und Verhaltensweisen bezüglich Universität und Studium, Wissenschaft und Forschung, Rolle des Akademikers, Beruf und Arbeit, Geschlechterrolle, Gesellschaft und soziale Ungleichheit, politische Partizipation und Kultur, allgemeine Orientierungen und Werthaltungen, Selbstbild, moralisch-soziale Konflikte. Ausbildungs- und Berufswahl, Studienverlauf und Berufseinstieg. Studiensituation, Studierverhalten und Berufserfahrungen.
Themen: 1. Welle: Fachwahl und Studiensituation: Studienwahlmotive; Präferenz für neigungsorientiertes oder an späteren Berufschancen orientiertes Studium; Informiertheit über ausgewählte Fragen des Hochschulstudiums; Art der Studienfinanzierung; Dauer der jeweiligen Wohnsituation während des Studiums; präferierte Wohnform; Anzahl der Hochschulen, an denen studiert wurde; Anzahl der Auslandssemester; Anzahl der Fachsemester bis zum Studienabschluss; Auswahlkriterien für die derzeit besuchte Universität; Beschreibung der Kontakthäufigkeit zu Studenten des eigenen Faches bzw. anderer Fächer, zu Assistenten, Professoren und Personen im zukünftigen Berufsfeld sowie zu Personen ohne akademische Ausbildung; Zufriedenheit mit dem Kontakten zu Kommilitonen und Lehrenden.
Familiärer Hintergrund: Familienstand; Anzahl eigener Kinder; soziale Herkunft: Schulbildung, Ausbildungsfachrichtung und berufliche Stellung der Eltern; Schichtzugehörigkeit der Eltern; Selbsteinschätzung der Schichtzugehörigkeit in zehn Jahren; Universitätsbesuch der Großväter; Geschwisterzahl; Universitätsbesuch von Geschwistern.
Anforderungen und Möglichkeiten im Studium: Charakterisierung des eigenen Hauptstudienfaches und der gestellten Anforderungen; Bewertung dieser Anforderungen; Charakterisierung von Lehrenden und Studierenden des eigenen Fachbereichs; Fachcharakterisierung (spezielle Ausrichtung, elitärer Anspruch, politische Rivalitäten unter den Studenten, Strenge in Prüfungen, hoher intellektueller Anspruch, Benachteiligung weiblicher Studierender, gute Beziehungen zwischen Studenten und Lehrenden).
Lernen und Arbeiten: aufgewendete Stunden für den Besuch von Lehrveranstaltungen; zusätzlicher wöchentlicher Zeitaufwand für das Studium; Intensität des Studierens in verschiedenen Phasen des Studiums; mehr Fachliteratur gelesen als empfohlen; kritisches Lesen; eigene Interessenschwerpunkte gesetzt; Entwicklung eigener Gedanken zur Problemlösung; Versuch, Forschungsergebnisse nachzuvollziehen; eigene Untersuchung durchgeführt; Inanspruchnahme der Studienberatung des Faches; Übereinstimmung des Studiums mit eigenen Interessen und Neigungen; Anzahl zusätzlich besuchter fachfremder Lehrveranstaltungen im sozialwissenschaftlichen, geisteswissenschaftlichen und naturwissenschaftlichen Bereich; Interesse für Mathematik, Naturwissenschaft, Medizin, Sprachen, Geschichte, Literatur/Philosophie, Wirtschaft, Soziologie/Politikwissenschaft, Pädagogik/Psychologie, Technik, künstlerisch-musischer Bereich (Skalometer); Lernmotivation (Skala: gemeinsames Lernen, erfolgversprechende Perspektive, neuer Stoff, praktische Anwendbarkeit des Gelernten, selbstbestimmtes Lernen, vor Prüfungen, lernen ohne Druck, Anerkennung durch Lehrende); Charakterisierung des eigenen Verhaltens anhand von Gegensatzpaaren (Problemlösungssicherheit bei neuen und bei komplizierten Aufgaben, Prüfungsangst, Nervosität bei Gesprächen mit Lehrenden und in Prüfungssituationen); Lern- und Leistungsorientierung; Durchschnittsnote des Abiturzeugnisses und der Zwischenprüfung bzw. des Vordiploms; Zufriedenheit mit den bisherigen Noten im Studium; Einschätzung der Chancen auf einen guten Studienabschluss; Wichtigkeit der Prüfungsergebnisse für die beruflichen Chancen; Gedanken an Hauptfachwechsel oder Studienabbruch; erneute Entscheidung für das gleiche Studium, ein anderes Fach oder eine andere Ausbildung und Art dieser Ausbildungsfächer; empfundene persönliche Belastung durch: Leistungsanforderungen im Studium, finanzielle Situation, unsichere Berufsaussichten, Anonymität an der Hochschule, bevorstehende Prüfungen, Wohnsituation, die Situation als Student generell); empfundene Benachteiligung von Frauen an der Universität; Interesse an hochschulpolitischen Fragen; Interesse für ausgewählte Hochschulgruppen; erfahrene Förderung der eigenen Persönlichkeit im Studium in ausgewählten Bereichen; Einschätzung der Nützlichkeit für die persönliche Entwicklung und die Verbesserung von Berufsaussichten von: Hochschulwechsel, Forschungspraktika, Auslandsstudium, Spezialisierung, fachübergreifendes Studium, Anwendung theoretischen Wissens auf Alltagsprobleme, praktische Arbeitserfahrung außerhalb der Hochschule, hochschulpolitisches Engagement, schneller Studienabschluss; praktische Erfahrungen im zukünftigen Beruf vor bzw. während des Studiums; Einfluss dieser Erfahrungen auf die Berufswahl; Nutzen des Hochschulstudiums für den späteren Beruf; Vergleich von zukünftigem Beruf und Studium hinsichtlich verlangter Fähigkeiten; geplante Promotion, Zweitstudium, Referendariat, Trainee bzw. Berufstätigkeit nach dem ersten Studienabschluss; Zuversicht oder Befürchtungen für die Zeit nach dem Studium; Charakterisierung der Gesellschaft der BRD, der Universität sowie des zukünftigen Berufsfeldes anhand von Eigenschaften (human, fortschrittlich, autoritär, reformbedürftig, unbeweglich, leistungsfähig und anonym).
Beruf: Entscheidung über eigene zukünftige Berufswahl getroffen; angestrebter Tätigkeitsbereich; Zeitpunkt dieser Entscheidung; Informiertheit über ausgewählte Aspekte der zukünftigen Berufstätigkeit; Berufsaussichten; berufliche Wertvorstellungen (Skala); erwartete Übereinstimmung dieser Wertvorstellungen mit dem zukünftigen Beruf; Erwartungen an den zukünftigen Beruf (Arbeitszufriedenheit, Möglichkeit anderen zu helfen, Verwirklichung eigener Ideen, wissenschaftliche Tätigkeit, hohes Einkommen, gute Aufstiegsmöglichkeiten); erwartetes Anfangsgehalt und monatliches Bruttogehalt nach zehn Jahren Berufstätigkeit; erwartete Anforderungen an Berufsanfänger im künftigen Berufsfeld; erwartetes Zurechtkommen im voraussichtlichen Beruf; erwartete Schwierigkeiten zu Berufsbeginn (Skala); Einstellung zur Rolle der Frau zwischen Familie und Beruf; Eignungsvergleich von Frau und Mann hinsichtlich: Aufgaben mit eigenen Ideen, berufliche Führungspositionen, Eingehen auf andere Menschen, politische Betätigung, wissenschaftliche Forschung; Einschätzung gesellschaftlicher Gleichstellung bzw. Benachteiligung der Frau in Ausbildung, Beruf, Politik, Führungspositionen sowie in der Familie; Beurteilung von Wertvorstellung und Einstellung anhand von Gegensatzpaaren zu: Emotionen als Schwäche, Bestrafung bei Gesetzesverstößen, Meinungsfreiheit, impulsivem Handeln, Wahrheitsfindung durch Identifikation, Menschen sind grundsätzlich gut; gefestigte Wertvorstellungen über: Zusammenleben der Menschen, drängende soziale Probleme der Gesellschaft, politische Ziele, Bereiche eigener Leistungsfähigkeit, persönlicher Einsatz, gesellschaftlicher Erfolg, Ziele und Aufgaben der Wissenschaft, Bedeutung von Bildung; Beurteilung der eigenen Kompetenz hinsichtlich ausgewählter gesellschaftlicher Probleme im Vergleich zur Gesamtbevölkerung (Skala: Parteienbeurteilung, Vorteile und Nachteile der Marktwirtschaft, Lage der dritten Welt und der Entwicklungsländer, Erklären und Lösen der Probleme der Jugendkriminalität, Notwendigkeit und Grenzen der Meinungsfreiheit in der Demokratie, wichtigste Reformen im Bildungswesen, Rolle der Wissenschaftler für menschliche und gesellschaftliche Entwicklung, Humanisierung der Arbeitswelt, Möglichkeit und Folgen der Gleichberechtigung, Möglichkeiten eigene politische Interessen zu vertreten); Zweck wissenschaftlichen Denkens und Arbeitens: gesicherte Wahrheit versus Interpretationen der Wirklichkeit, eigene Erkenntnis versus praktische Problemlösung; Rangfolge der wichtigsten Aufgabengebiete der Wissenschaft (technischer Fortschritt und Wohlstand, gegen Unterdrückung arbeiten, geistige Aufklärung und kulturelle Entwicklung); Einstellung zur Wissenschaft und zu Wissenschaftlern (Skala: Gesellschaftsentwicklung hängt vom wissenschaftlichen Fortschritt ab, wissenschaftliche Forschungsergebnisse hauptsächlich zugunsten der Wirtschaft, Forschungsergebnisse auch Laien vermitteln zeichnet guten Wissenschaftler aus, zu großer Einfluss auf das tägliche Leben, hauptsächlich Wissenschaftler profitieren von wissenschaftlicher Forschung, Wissenschaftler stehen gesellschaftlichen Tatbeständen kritisch gegenüber, wichtigste Wissenschaften sind die Naturwissenschaften, Wissenschaftler können frei ihre Forschungsthemen bestimmen); Forderungen an Wissenschaftler und die Wissenschaft (Skala); tatsächliche und gewünschte Wichtigkeit ausgewählter Aufgaben der Universität; Akademiker haben besondere Verantwortung gegenüber der Allgemeinheit aufgrund ihrer Universitätsausbildung; besondere Eigenschaften und Fähigkeiten unterscheiden Akademiker von Nicht-Akademikern; Vergleich ausgewählter Eigenschaften von Akademikern im Vergleich zu Nicht-Akademikern; Beurteilung der Ganztags-Berufstätigkeit einer verheirateten und finanziell abgesicherten Mutter bei Unterbringung ihres einjährigen Kindes bei einer Tagesmutter; Einstellung zu ausgewählten Motiven für sowie gegen das Verhalten der Mutter; Einschätzung der vorgenannten Problematik als rechtliches, familiäres, moralisches, finanzielles oder gesellschaftliches Problem; Beurteilung des Verhaltens eines Arztes, der einer todkranken Patientin auf deren Wunsch Sterbehilfe leistet; Einstellung zu ausgewählten Gründen für bzw. gegen das Verhalten des Arztes; Beurteilung von Sterbehilfe als rechtliches, religiöses, moralisches, humanitäres, wissenschaftliches oder gesellschaftliches Problem.
Gesellschaft: Bewertung der sozialen Unterschiede in der BRD als groß sowie als ungerecht; Einschätzung der Schichtanteile der deutschen Bevölkerung anhand von vier Skizzen; Verringerung der sozialen Unterschiede im Land ist möglich; Einstellung zur Verringerung sozialer Unterschiede; perzipierte Möglichkeit der Abschaffung der sozialen Unterschiede; Gründe gegen die Abschaffung der sozialen Unterschiede (Skala); Einstellung zu ausgewählten gesellschaftspolitischen Aussagen: soziale Unterschiede führen zu Konflikten zwischen Oben und Unten in der Gesellschaft, Erfolg durch individuellen Aufstieg statt Solidarität der unteren Schichten, Abhängigkeit der individuellen politischen Meinung von der gesellschaftlichen Stellung, Wettbewerb zerstört Solidarität, faire Chance für gesellschaftlichen Aufstieg in der BRD, ohne Wettbewerb kein gesellschaftlicher Fortschritt, Widerspruch zwischen Wirtschaft und Gesellschaft, ohne Wettbewerb keine Leistung, rechtliche Benachteiligung der sozialen Unterschicht; Entwicklung der gesellschaftlichen Aufstiegschancen in der BRD; Wichtigkeit ausgewählter Faktoren für gesellschaftlichen Erfolg; Vergleich von Akademikern und Nicht-Akademikern im Bezug auf höheres Einkommen, höheres Ansehen und größeren politischen Einfluss; Rechtfertigung von höherem Einkommen, höherem Ansehen und größerem politischen Einfluss von Akademikern im Vergleich zu Nicht-Akademikern; Beurteilung der nachfolgenden Aussagen: Forderung nach bildungs- sowie leistungsabhängiger Entlohnung, gleiches Einkommen für alle; Forderung nach Aktionen (z.B. Streiks) der sozial Benachteiligten, der Wert eines Menschen an seiner Leistung bemessen, Reformen lösen keine Probleme, Demokratisierung aller Lebensbereiche, gewaltfreie Durchsetzung von Reformen; Machtverteilung in der BRD (Gruppen, Elite, Großkapital); derzeitig verwirklichte gesellschaftliche Ziele in der BRD (materieller Wohlstand, soziale Gleichheit, individuelle Freiheit, sozialer Frieden, demokratische Mitbestimmung, soziale Sicherheit); individuelle Freiheit versus soziale Gleichheit, soziale Gleichheit versus materieller Wohlstand, materieller Wohlstand versus individuelle Freiheit; Meinung zum Verhältnis der Ziele Freiheit und Gleichheit.
Politik: Politikinteresse (international, national, lokal, studentische Politik); Art der eigenen politischen Partizipation; Einstellung zur politischen Partizipation (Skala: derzeitige Möglichkeiten sind zufriedenstellend, Gleichgültigkeit gegenüber Politik ist verantwortungslos, Normalbürger hat nicht genug Gelegenheit zu politischer Einflussnahme, politische Aktivität ist Privatsache, Neigung zum politischen Protest bei Fehlentscheidungen, Politiker sind unfair und unehrlich, keine Beurteilung komplexer politischer Probleme möglich); politische Selbsteinschätzung links/rechts im Vergleich zu den Mitbürgern, den Kommilitonen und den Eltern sowie im Vergleich zu vor 2 Jahren; Einstellung zu politischen Zielen (Bewahren der Familie, harte Bestrafung der Kriminalität, Stabilität der sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse, volle Mitbestimmung der Arbeitnehmer, Förderung technologischer Entwicklung, Festlegung einer Einkommenshöchstgrenze, Gleichstellung der Frau, Abschaffung des Privateigentums an Industrieunternehmen und Banken, gleiche Bildungschancen durch Reform des Schulwesens, Sicherung der freien Marktwirtschaft); Einstellung zu Toleranz und wissenschaftlichem Denken: Experten ohne eindeutige Antwort fehlt es an Kompetenz, Dankbarkeit für ruhiges, geregeltes Leben, Präferenz für Menschen mit gleicher Meinung, alle sollten gleiche Werte annehmen, schematisches Leben kostet Lebensfreude, Interesse an unkonventionellen Menschen, Ja-/Nein-Antworten sind zu einfach, Präferenz für Aufgabenstellungen, die Kreativität zulassen.
Lebensbereiche und Selbstbild: Wichtigkeit ausgewählter Lebensbereiche; Wichtigkeit ausgewählter Erziehungsziele; Selbstcharakterisierung anhand einer Eigenschaftenliste (Selbstbild); Einschätzung der Chancen auf Selbstbestimmung oder Abhängigkeit von gesellschaftlichen Anforderungen; persönliche Eigenschaften oder Zufälligkeiten als lebensbestimmend (externe Kontrolle); Einfluss des Hochschulstudiums auf die eigene Einstellung zur Politik, Wissenschaft, die eigene Zukunft, die Gesellschaft, sich selbst und Religion; Beeinflussung der eigenen Orientierung durch die Hochschullehrer, Kommilitonen, Lehrinhalt des Fachstudiums, Fachinhalte anderer Studiengebiete bzw. durch das studentische Leben allgemein; empfundener Gruppendruck an der eigenen Universität; Freude am Studentendasein.
Zusätzlich verkodet wurde: Verständnisprobleme beim Ausfüllen des Fragebogens; problemtische Antwortvorgaben; Unsicherheit bei der Beantwortung der Fragen; Diskussion mit anderen über die Fragen.
Demographie: Alter (Geburtsjahr); Geschlecht; erstes und zweites Hauptfach; erstes und zweites Nebenfach; Tätigkeit nach dem Abitur (Bundeswehr, Ersatzdienst, Direktstudium; anderes Studium und Studienart; Semesterzahl; Studienabschluss; andere Ausbildung und Art dieser Ausbildung; Ausbildungsdauer; Ausbildungsabschluss; Berufstätigkeit und Dauer der Berufstätigkeit; Jahr des Abiturs; Hochschulsemester; Fachsemester.
2. Welle: Derzeitige Tätigkeit; Beendigung des Hauptstudiums; Anzahl der Fachsemester bis zum Abschluss; Promotionsabsicht; Wechsel des Hauptfachs nach dem Wintersemester 1979/80; erstes und zweites Hauptfach; retrospektiv gesehen: erneute Entscheidung für das gleiche Studium, ein anderes Fach oder eine andere Ausbildung und Art dieser Ausbildungsfächer; Durchschnittsnote der Hauptprüfung bzw. des Diploms; Zufriedenheit mit dem Ergebnis der Abschlussprüfung; erfahrene Förderung der eigenen Persönlichkeit im Studium in ausgewählten Bereichen; retrospektive Zufriedenheit mit der Art des Aufbaus des Fachstudiums; Einschätzung der Nützlichkeit für die persönliche Entwicklung und die Verbesserung von Berufsaussichten, durch: Hochschulwechsel, Forschungspraktika, Auslandsstudium, Spezialisierung, fachübergreifendes Studium, Anwendung theoretischen Wissens auf Alltagsprobleme, praktische Arbeitserfahrung außerhalb der Hochschule, hochschulpolitisches Engagement, schnellen Studienabschluss.
Beruf: Sicherheit der bereits getroffenen Berufswahl; angestrebte Tätigkeitsbereiche; Einschätzung der Berufsaussichten; geschätzte Anzahl weiterer Studiensemester; empfundene persönliche Belastung durch: die eigene finanzielle Situation, unsichere Berufsaussichten, Leistungsanforderungen im Studium, bevorstehende Prüfungen, Anonymität an der Hochschule, Wohnsituation, die Situation als Student generell; Art der Beschäftigung; Art des Arbeitsverhältnisses; derzeitige Tätigkeit entspricht dem angestrebten Beruf; Tätigkeitsbereich; Dauer der jetzigen Tätigkeit; Berufs- oder Stellenwechsel seit Studienabschluss; Arbeitslosigkeit seit Abgang von der Hochschule und Arbeitslosigkeitsdauer; Schwierigkeiten beim Übergang in den Beruf; Möglichkeit einer besseren beruflichen Stellung in 5 Jahren (Karriereerwartung); persönliche Schwierigkeiten durch die Berufstätigkeit (Lebensweise als Berufstätiger, Kollegen, Vorgesetzte, Leistungsanforderungen, Einbringen eigener Interessen, veränderte Arbeitsweise, Vereinbarkeit von Beruf und Familie); Vergleich der Anforderungen im Studium und im Beruf (Kreativität, Fleiß, Kritikfähigkeit, Selbständigkeit, Selbstbewusstsein und Durchsetzungsfähigkeit, Kooperationsfähigkeit, Verantwortungsbereitschaft, Anpassungsfähigkeit und Zuverlässigkeit); berufliche Anforderungen und deren Bewertung durch den Befragten; allgemeine Bewertung des eigenen Berufseinstiegs; Charakterisierung der derzeitigen Berufstätigkeit hinsichtlich: Arbeitszufriedenheit, Möglichkeit anderen zu helfen, Verwirklichung eigener Ideen, wissenschaftliche Tätigkeit, hohes Einkommen, gute Aufstiegsmöglichkeiten, Arbeitsplatzsicherheit, Arbeitsbelastung, Anwendung fachlicher Fähigkeiten); Nutzen des Studiums für den Beruf; Änderung der Berufspläne in den letzen zwei Jahren; Zuversicht oder Befürchtungen für die berufliche Zukunft; Einschätzung des Arbeitslosigkeitsrisikos von Absolventen der eigenen Fachrichtung; vermutete Benachteiligung von Frauen bei der Anstellung im eigenen Berufsfeld; Präferenz für neigungsorientiertes oder an späteren Berufschancen orientiertes Studium; Höhe des monatlichen Bruttogehalts einschließlich BAföG; erwartetes monatliches Bruttogehalt nach zehn Jahren Berufstätigkeit.
Berufliche Wertvorstellungen (Skala); erwartete Übereinstimmung dieser Wertvorstellungen mit dem zukünftigen Beruf; Charakterisierung des eigenen Verhaltens anhand von Gegensatzpaaren (Bewältigung neuer und komplizierter Aufgaben, Prüfungsangst, Gespräche mit Lehrenden, Prüfungssituation); Charakterisierung der Gesellschaft der BRD, der Universität sowie des eigenen Berufsfeldes anhand von Eigenschaften (human, fortschrittlich, autoritär, reformbedürftig, unbeweglich, leistungsfähig und anonym); Schichtzugehörigkeit der Eltern und Selbsteinschätzung der Schichtzugehörigkeit in zehn Jahren (Oben-Unten-Skala); Einstellung zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Frauen; Eignungsvergleich von Frau und Mann hinsichtlich: Aufgaben mit eigenen Ideen, berufliche Führungspositionen, Eingehen auf andere Menschen, politische Betätigung, wissenschaftliche Forschung; gesellschaftliche Gleichstellung bzw. Benachteiligung der Frau in der Hochschule, in anderen Ausbildungen, im Beruf, in der Politik, in Führungspositionen sowie in der Familie; Bewertung von Aussagen anhand von Gegensatzpaaren zu: Emotionen als Indikator für Schwäche, Bestrafung bei Gesetzesverstößen, Meinungsfreiheit, impulsivem Handeln, Wahrheitsfindung durch Identifikation, Menschen sind grundsätzlich gut; Unsicherheit bzw. feste Vorstellungen über: wichtigste Werte für das Zusammenleben der Menschen, drängende soziale Probleme der Gesellschaft, Unterstützung politischer Ziele, Bereiche eigener Leistungsfähigkeit, persönlicher Einsatz im Leben, Kriterien für gesellschaftlichen Erfolg, Ziele wissenschaftlichen Arbeitens; Bedeutung von Lernen und Bildung für den Einzelnen, Anforderungen im Berufsleben, Rolle der Akademiker in der Gesellschaft; Beurteilung der eigenen Kompetenz hinsichtlich der Bewertung ausgewählter gesellschaftlicher Fragestellungen im Vergleich zur Gesamtbevölkerung (Skala: politische Ziele der Parteien in der BRD beurteilen, Vorteile und Nachteile der Marktwirtschaft, Lage der dritten Welt und der Entwicklungsländer, Erklären und Lösen der Probleme der Jugendkriminalität, Notwendigkeit und Grenzen der Meinungsfreiheit in der Demokratie, wichtigste Reformen im Bildungswesen, Rolle der Wissenschaft für die menschliche und gesellschaftliche Entwicklung, Humanisierung der Arbeitswelt, Möglichkeit und Folgen der Gleichberechtigung, Möglichkeiten eigene politische Interessen zu vertreten); Selbstcharakterisierung hinsichtlich: breites Allgemeinwissen, kritisch und problembewusst, logisches und analytisches Denken, ordentliches und pünktliches Arbeiten, Bevorzugung verantwortungsbewusster Aufgaben, Fähigkeit eine leitende Position einzunehmen.
Wissenschaft und Akademiker: Zweck wissenschaftlichen Denkens und Arbeitens: gesicherte Wahrheit versus Interpretationen der Wirklichkeit, Grundlagenforschung versus praktische Problemlösung; Einstellung zur Wissenschaft und zu Wissenschaftlern (Skala: Gesellschaftsentwicklung hängt vom wissenschaftlichen Fortschritt ab, wissenschaftliche Forschungsergebnisse hauptsächlich zugunsten der Wirtschaft, Forschungsergebnisse auch Laien vermitteln zeichnet guten Wissenschaftler aus, zu großer Einfluss auf das tägliche Leben, hauptsächlich Wissenschaftler profitieren von wissenschaftlicher Forschung, Wissenschaftler stehen gesellschaftlichen Tatbeständen kritisch gegenüber, wichtigste Wissenschaften sind die Naturwissenschaften, Wissenschaftler können frei ihre Forschungsthemen bestimmen); Aussagen der Wissenschaftler sind zu widersprüchlich um gesellschaftlich hilfreich zu sein; Rangfolge der wichtigsten Aufgabengebiete der Wissenschaft (Wohlstand durch technischen Fortschritt, gegen Unterdrückung arbeiten, geistige und kulturelle Entwicklung); Forderungen an Wissenschaftler und die Wissenschaft (Skala); tatsächliche und gewünschte Wichtigkeit ausgewählter Aufgaben der Universität; Einstellung zu Toleranz und wissenschaftlichem Denken: Experten ohne eindeutige Antwort fehlt es an Kompetenz, Interesse an unkonventionellen Menschen, Präferenz für Menschen mit gleicher Meinung, Ja-/Nein-Antworten sind zu einfach, schematisches Leben kostet Lebensfreude, Wunsch nach ruhigem, geregeltem Leben, alle sollten gleiche Werte annehmen, Präferenz für Aufgabenstellungen, die Kreativität zulassen; besondere Verantwortung Akademiker gegenüber der Allgemeinheit aufgrund ihrer Universitätsausbildung; besondere Eigenschaften und Fähigkeiten unterscheiden Akademiker von Nicht-Akademikern; Vergleich ausgewählter Eigenschaften von Akademikern im Vergleich zu Nicht-Akademikern (Selbstbild); Vorbereitung von Akademikern im Vergleich zu Nicht-Akademikern für ausgewählte Aufgaben: Formulierung gesellschaftlicher Ziele, Beurteilung politischer Ereignisse und Verhältnisse, Entwicklung neuer Ideen, Führungspositionen einnehmen, Meistern schwieriger Situationen im Beruf, Aufklärung der Bevölkerung über sozialpolitische Entwicklungen; Rolle der Frau: Beurteilung der Ganztags-Berufstätigkeit einer verheirateten und finanziell abgesicherten Mutter bei Unterbringung ihres einjährigen Kindes bei einer Tagesmutter; Beurteilung dieses Verhaltens fällt leicht oder schwer; Einstellung zu ausgewählten Gründen für sowie gegen das Verhalten der Mutter; Beurteilung des Verhaltens eines Arztes, der einer todkranken Patientin auf deren Wunsch Sterbehilfe leistet; Beurteilung dieses Verhaltens fällt leicht oder schwer; Einstellung zu ausgewählten Gründen für bzw. gegen das Verhalten des Arztes.
Gesellschaft: Bewertung der sozialen Unterschiede in der BRD als groß sowie als ungerecht; Einschätzung der Schichtanteile in der deutschen Bevölkerung anhand von vier Skizzen; perzipierte Chance zur Verringerung der sozialen Unterschiede; Einstellung zu einer Verringerung sozialer Unterschiede; Abschaffung der sozialen Unterschiede im Land wird als möglich eingeschätzt; Einstellung zu ausgewählten Gründen gegen die Abschaffung der sozialen Unterschiede (Skala); Einstellung zu ausgewählten gesellschaftspolitischen Aussagen: soziale Unterschiede führen zu Konflikten zwischen Oben und Unten in der Gesellschaft, Erfolg durch individuellen Aufstieg statt Solidarität der unteren Schichten, Abhängigkeit der politischen Meinung von der gesellschaftlichen Stellung, Wettbewerb zerstört Solidarität, faire Chance für gesellschaftlichen Aufstieg in der BRD, ohne Wettbewerb kein gesellschaftlicher Fortschritt, Widerspruch zwischen Wirtschaft und Gesellschaft, ohne Wettbewerb keine Leistung, rechtliche Benachteiligung der sozialen Unterschicht; Entwicklung der gesellschaftlichen Aufstiegschancen in der BRD; Wichtigkeit ausgewählter Faktoren für gesellschaftlichen Erfolg; Vergleich von Akademikern und Nicht-Akademikern im Bezug auf Einkommen, Ansehen und politischen Einfluss; höheres Einkommen, höheres Ansehen und größerer politischer Einfluss von Akademikern im Vergleich zu Nicht-Akademikern sind gerechtfertigt; Beurteilung der Aussagen: Forderung nach bildungs- sowie leistungsabhängiger Entlohnung, gleiches Einkommen für alle, direkte Aktionen (z.B. Streiks) der sozial Benachteiligten, den Wert eines Menschen an seiner Leistung bemessen, Reformen lösen keine Probleme, Demokratisierung aller Lebensbereiche, gewaltfreie Durchsetzung von Reformen; Machtverteilung in der BRD (Gruppen, Elite, Großkapital); derzeitige Verwirklichung gesellschaftlicher Ziele in der BRD (materieller Wohlstand, soziale Gleichheit, individuelle Freiheit, sozialer Frieden, demokratische Mitbestimmung, soziale Sicherheit); Abwägung der Gegensätze: individuelle Freiheit versus soziale Gleichheit, soziale Gleichheit versus materieller Wohlstand, materieller Wohlstand versus individuelle Freiheit; Meinung zum Verhältnis der Ziele Freiheit und Gleichheit.
Politik: Politikinteresse (international, national, lokal, Hochschulpolitik); Art der selbst praktizierten politischen Partizipation; Einstellung zur politischen Partizipation (Skala: derzeitige Möglichkeiten sind zufriedenstellend, Gleichgültigkeit gegenüber Politik ist verantwortungslos, Normalbürger hat nicht genug Gelegenheit zu politischer Einflussnahme, politische Aktivität ist Privatsache, Neigung zum politischen Protest bei Fehlentscheidungen, Politiker sind unfair und unehrlich, keine Beurteilung komplexer politischer Probleme möglich); politische Selbsteinschätzung auf einem Links-Rechts-Kontinuum im Vergleich zur Allgemeinheit im Land, den Kollegen, den Eltern sowie im Vergleich zu der Zeit vor zwei Jahren; Einstellung zu politischen Zielen (Bewahren der Familie, harte Bestrafung der Kriminalität, Stabilität der sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse, volle Mitbestimmung der Arbeitnehmer, Förderung technologischer Entwicklung, Festlegung einer Einkommenshöchstgrenze, Gleichstellung der Frau, Abschaffung des Privateigentums an Industrieunternehmen und Banken, gleiche Bildungschancen durch Reform des Schulwesens, Sicherung der freien Marktwirtschaft und des privaten Unternehmertums, Erhöhung der Verteidigung und der militärischen Anstrengungen sowie Priorität des Umweltschutzes vor wirtschaftlichem Wachstum); Wichtigkeit ausgewählter Erziehungsziele.
Lebensbereiche und Selbstbild: Wichtigkeit ausgewählter Lebensbereiche; Selbstcharakterisierung anhand einer Eigenschaftsliste; Einschätzung der Chance auf Selbstbestimmung oder Abhängigkeit von gesellschaftlichen Anforderungen; persönlichen Eigenschaften oder Zufälligkeiten als lebensbestimmend (externe Kontrolle); Einfluss des Hochschulstudiums auf die eigene Einstellung zu Politik, Wissenschaft, die eigene Zukunft, die Gesellschaft, sich selbst und Religion; Beeinflussung der eigenen Orientierungen durch die Hochschullehrer, Kommilitonen, Lehrinhaltes des Fachstudiums, Fachinhalte anderer Studiengebiete bzw. durch das studentische Leben allgemein; Freude am Studentendasein; Forschungsbericht über dieses Projekt bereits gelesen; Beurteilung des Forschungsberichts.
Demographie: Familienstand; Anzahl der Kinder.
Zusätzlich verkodet wurde: Interviewnummer.
3. Welle: Beendigung des Hauptstudiums; Anzahl der Fachsemester bis zum Abschluss; derzeitige Tätigkeit; Promotionspläne; Studium und Studienzeit; Hauptfachwechsel nach dem Wintersemester 1981/1982; Zweit- oder Aufbaustudium beendet; erstes bzw. zweites Hauptfach; erneute Entscheidung für das gleiche Studium, ein anderes Fach oder eine andere Ausbildung aus der Rückschau und Art der dann bevorzugten Ausbildungsfächer; Durchschnittsnote der Abschlussprüfung bzw. des Diploms; Zufriedenheit mit dem Ergebnis der Abschlussprüfung; erfahrene Förderung der eigenen Persönlichkeit im Studium in ausgewählten Bereichen; Einschätzung der Nützlichkeit für die persönliche Entwicklung und die Verbesserung von Berufsaussichten durch: Hochschulwechsel, Forschungspraktika, Auslandsstudium, Spezialisierung, fachübergreifendes Studium , Anwendung theoretischen Wissens auf Alltagsprobleme, praktische Arbeitserfahrung außerhalb der Hochschule, hochschulpolitisches Engagement, schneller Studienabschluss; Selbstkritik zum eigenen Studienverlauf; Sicherheit der Entscheidung über die eigene zukünftige Berufswahl; angestrebter Tätigkeitsbereich; Einschätzung der Berufsaussichten; persönliche Belastung durch die eigene finanzielle Lage bzw. unsichere Berufsaussichten; voraussichtliche restliche Semesterzahl; Beschäftigungsstatus (Vollzeit, Teilzeit oder Gelegenheitstätigkeit) und Art des Befristungsverhältnisses; derzeitige Tätigkeit entspricht dem angestrebten Beruf; Tätigkeitsbereich; Tätigkeitsdauer; Berufs- oder Stellenwechsel seit Studienabschluss; arbeitslos bzw. arbeitssuchend seit Ende des Hochschulstudiums und Arbeitslosigkeitsdauer; Erfahrungen beim Übergang in den Beruf; Zeitraum vom Examen bis zur ersten Stelle in Monaten; Anzahl der Bewerbungen bis zur ersten Stelle; Möglichkeit einer besseren beruflichen Stellung in 5 Jahren (Karriereerwartung); Vergleich der Anforderungen im Studium und im Beruf (Kreativität, Fleiß, Kritikfähigkeit, Selbständigkeit, Selbstbewusstsein und Durchsetzungsfähigkeit, Kooperationsfähigkeit, Verantwortungsbereitschaft, Anpassungsfähigkeit, Zuverlässigkeit); berufliche Anforderungen und deren Bewertung durch den Befragten; persönliche Schwierigkeiten bei der Anpassung an die Berufstätigkeit (Lebensweise als Berufstätiger, Kollegen, Vorgesetzte, Leistungsanforderungen, Einbringen eigener Interessen, veränderte Arbeitsweise, Vereinbarkeit von Beruf und Familie); leichter oder schwerer Berufseinstieg; Nutzen des Studiums für den Beruf; Änderung der Berufspläne in den letzten zwei Jahren; Zuversicht; Befürchtungen für die berufliche Zukunft; Einschätzung des Arbeitslosigkeitsrisikos von Absolventen der eigenen Fachrichtung; Benachteiligung von Frauen bei der Anstellung im eigenen Beruf; Präferenz für neigungsorientiertes oder an späteren Berufschancen orientiertem Studium; Höhe des monatlichen Bruttogehalts und erwartetes monatliches Bruttoeinkommen nach zehn Jahren Berufstätigkeit; berufliche Wertvorstellungen; erwartete Übereinstimmung dieser Wertvorstellungen mit dem Beruf; Charakterisierung der derzeitigen bzw. zukünftigen Berufstätigkeit hinsichtlich: Arbeitszufriedenheit, Möglichkeit anderen zu helfen, Verwirklichung eigener Ideen, wissenschaftliche Tätigkeit, hohes Einkommen, gute Aufstiegsmöglichkeiten, Arbeitsplatzsicherheit, Arbeitsbelastung, Anwendbarkeit fachlicher Fähigkeiten); Charakterisierung der Gesellschaft der BRD, der Universität sowie des eigenen Berufsfeldes anhand von Eigenschaften (human, fortschrittlich, autoritär, reformbedürftig, unbeweglich, leistungsfähig und anonym); Schichtzugehörigkeit der Eltern; Selbsteinschätzung der Schichtzugehörigkeit in zehn Jahren (Oben-Unten-Skala); Einstellung zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Frauen; Eignungsvergleich von Frau und Mann hinsichtlich: Aufgaben mit eigenen Ideen, berufliche Führungspositionen, Eingehen auf andere Menschen, politische Betätigung, wissenschaftliche Forschung; Einschätzung der gesellschaftlichen Gleichstellung bzw. Benachteiligung der Frau in der Hochschule, in der Ausbildung, Berufswelt, Politik, Führungspositionen sowie in der Familie; Bewertung von Aussagen anhand von Gegensatzpaaren: Emotionen als Indikator für Schwäche, Bestrafung bei Gesetzesverstößen, Meinungsfreiheit, impulsivem Handeln, Wahrheitsfindung durch Identifikation, Menschen sind grundsätzlich gut; Unsicherheit bzw. feste Vorstellungen über: wichtigste Werte für das Zusammenleben der Menschen, drängende soziale Probleme der Gesellschaft, Unterstützung politischer Ziele, Bereiche eigener Leistungsfähigkeit, persönlicher Einsatz im Leben, Kriterien für gesellschaftlichen Erfolg, Ziele wissenschaftlichen Denkens, Bedeutung von Bildung für den Einzelnen, Anforderungen im Berufsleben, Rolle von Akademikern in der Gesellschaft; Beurteilung der eigenen Kompetenz hinsichtlich der Bewertung ausgewählter gesellschaftlicher Fragestellungen im Vergleich zur Gesamtbevölkerung (Skala: politische Ziele der Parteien in der BRD, Vorteile und Nachteile der Marktwirtschaft, Lage der dritten Welt und der Entwicklungsländer, Erklären und Lösen der Probleme der Jugendkriminalität, Notwendigkeit und Grenzen der Meinungsfreiheit in der Demokratie, wichtigste Reformen im Bildungswesen, Rolle der Wissenschaft für die menschliche und gesellschaftliche Entwicklung, Humanisierung der Arbeitswelt, Möglichkeit und Folgen der Gleichberechtigung, Möglichkeiten eigene politische Interessen zu vertreten); Selbstcharakterisierung: breites Allgemeinwissen, kritisch und problembewusst, logisches und analytisches Denken, ordentliches und pünktliches Arbeiten, Bevorzugung verantwortungsbewusster Aufgaben, Fähigkeit zu einer leitenden Position.
Wissenschaft und Akademiker: Zweck wissenschaftlichen Denkens und Arbeitens: gesicherte Wahrheit versus Interpretationen der Wirklichkeit, Grundlagenforschung versus praktische Problemlösung; Einstellung zur Wissenschaft und zu Wissenschaftlern (Skala: Gesellschaftsentwicklung hängt vom wissenschaftlichen Fortschritt ab, wissenschaftliche Forschungsergebnisse hauptsächlich zugunsten der Wirtschaft, zu großer Einfluss auf das tägliche Leben, widersprüchliche Aussagen von Wissenschaftlern sind wenig hilfreich für gesellschaftliche Entwicklung); Forderung nach Orientierung der wissenschaftlichen Forschung an: Sammlung objektiver Daten, Konzentration auf Theorien und Hypothesen, die objektiv überprüfbar sind bzw. auf direkte Erfahrung und unmittelbare Einsicht; Rangfolge der wichtigsten Aufgabengebiete der Wissenschaft (Wohlstand durch technischen Fortschritt, gegen Unterdrückung arbeiten, geistige und kulturelle Entwicklung); Forderungen an Wissenschaftler und die Wissenschaft (Skala); tatsächliche und gewünschte Wichtigkeit ausgewählter Aufgaben der Universität; Einstellung zu Toleranz und wissenschaftlichem Denken: Experten ohne eindeutige Antwort fehlt es an Kompetenz, Interesse an unventionellen Menschen, Präferenz für Menschen mit gleicher Meinung, Ja-/Nein-Antworten sind zu einfach, schematisches Leben kostet Lebensfreude, Wunsch nach ruhigem, geregeltem Leben, alle sollten gleiche Werte annehmen; Präferenz für Aufgabenstellungen, die Kreativität zulassen; besondere Verantwortung von Akademikern gegenüber der Allgemeinheit aufgrund ihrer Universitätsausbildung; besondere Eigenschaften und Fähigkeiten unterscheiden Akademiker von Nicht-Akademikern; Vergleich ausgewählter Eigenschaften von Akademikern im Vergleich zu Nicht-Akademikern (Selbstbild); Vorbereitung von Akademikern im Vergleich zu Nicht-Akademikern für ausgewählte Aufgaben: Formulierung gesellschaftlicher Ziele, Beurteilung politischer Ereignisse und Verhältnisse, Entwicklung neuer Ideen, Führungspositionen einnehmen, Meistern schwieriger Situationen im Beruf, Aufklärung der Bevölkerung über sozialpolitische Entwicklungen; Beurteilung der Ganztags-Berufstätigkeit einer verheirateten und finanziell abgesicherten Mutter bei Unterbringung ihres einjährigen Kindes bei einer Tagesmutter; Einstellung zu ausgewählten Gründen für sowie gegen das Verhalten der Mutter; Einschätzung der vorgenannten Problematik als rechtliches, familiäres, moralisches, finanzielles oder gesellschaftliches Problem; Beurteilung des Verhaltens eines Arztes, der einer todkranken Patientin auf deren Wunsch Sterbehilfe leistet; Einstellung zu ausgewählten Gründen für bzw. gegen das Verhalten des Arztes; Beurteilung von Sterbehilfe als rechtliches, religiöses, moralisches, humanitäres, wissenschaftliches oder gesellschaftliches Problem.
Gesellschaft: Bewertung der sozialen Unterschiede in der BRD als groß sowie als ungerecht; Einschätzung der Schichtanteile der deutschen Bevölkerung anhand von vier Skizzen; perzipierte Chance zur Verringerung der sozialen Unterschiede; Einstellung zu einer Verringerung sozialer Unterschiede; Abschaffung der sozialen Unterschiede im Land ist möglich; Einstellung zu ausgewählten Gründen gegen die Abschaffung der sozialen Unterschiede (Skala); Einstellung zu ausgewählten gesellschaftspolitischen Aussagen: soziale Unterschiede führen zu Konflikten zwischen Oben und Unten in der Gesellschaft, Erfolg durch individuellen Aufstieg statt Solidarität der unteren Schichten, Abhängigkeit der politischen Meinung von der gesellschaftlichen Stellung, Wettbewerb zerstört Solidarität, faire Chance für gesellschaftlichen Aufstieg in der BRD, ohne Wettbewerb kein gesellschaftlicher Fortschritt, Widerspruch zwischen Wirtschaft und Gesellschaft, ohne Wettbewerb keine Leistung, rechtliche Benachteiligung der sozialen Unterschicht; Einkommen richtet sich vor allem nach Leistung; Entwicklung der gesellschaftlichen Aufstiegschancen in der BRD; Wichtigkeit ausgewählter Faktoren für gesellschaftlichen Erfolg; Vergleich von Akademikern und Nicht-Akademikern im Bezug auf höheres Einkommen, höheres Ansehen und größeren politischen Einfluss; höheres Einkommen, höheres Ansehen und größerer politischer Einfluss von Akademikern im Vergleich zu Nicht-Akademikern sind gerechtfertigt; Beurteilung der Aussagen: Forderung nach bildungs- sowie leistungsabhängiger Entlohnung; gleiches Einkommen für alle; direkte Aktionen (z.B. Streiks) der sozial Benachteiligten; den Wert eines Menschen an seiner Leistung bemessen, Reformen lösen keine Probleme; gewaltfreie Durchsetzung von Reformen; Machtverteilung in der BRD (Gruppen, Elite, Großkapital); perzipierte Verwirklichung gesellschaftlicher Ziele in der BRD (materieller Wohlstand, soziale Gleichheit, individuelle Freiheit, sozialer Frieden, demokratische Mitbestimmung, soziale Sicherheit); Abwägen der Gegensätze: individuelle Freiheit versus soziale Gleichheit, soziale Gleichheit versus materieller Wohlstand, materieller Wohlstand versus individuelle Freiheit; Meinung zum Verhältnis der Ziele Freiheit und Gleichheit.
Politik: Politikinteresse (international, nationalpolitisch, lokalpolitisch, studentische Politik); Art der selbst praktizierten politischen Partizipation; Einstellung zur politischen Partizipation (Skala: derzeitige Möglichkeiten sind zufriedenstellend, Gleichgültigkeit gegenüber Politik ist verantwortungslos, Normalbürger hat nicht genug Gelegenheit zu politischer Einflussnahme, politische Aktivität ist Privatsache, Neigung zum politischen Protest bei Fehlentscheidungen, Politiker sind unfair und unehrlich, keine Beurteilung komplexer politischer Probleme möglich); politische Selbsteinschätzung auf einem Links-Rechts-Kontinuum im Vergleich mit der Allgemeinheit im Land und den Kollegen sowie im Vergleich zu vor zwei Jahren; Einstellung zu politischen Zielen (Bewahren der Familie, harte Bestrafung der Kriminalität, Stabilität der sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse, volle Mitbestimmung der Arbeitnehmer, Förderung technologischer Entwicklung, Festlegung einer Einkommenshöchstgrenze, Gleichstellung der Frau, Abschaffung des Privateigentums an Industrieunternehmen, gleiche Bildungschancen durch Reform des Schulwesens, Sicherung der freien Marktwirtschaft, Erhöhung der Verteidigungskraft und der militärischen Anstrengungen, Priorität von Umweltschutz vor Wirtschaftswachstum).
Lebensbereiche und Selbstbild: Erziehungsziele; Wichtigkeit ausgewählter Lebensbereiche; Selbstcharakterisierung anhand einer Eigenschaftsliste (Selbstbild); Charakterisierung des eigenen Verhaltens anhand von Gegensatzpaaren (Bewältigung neuer und komplizierter Aufgaben, Prüfungsangst, Gespräche mit Lehrenden, Prüfungssituation); Einschätzung der Chancen auf Selbstbestimmung sowie Abhängigkeit von gesellschaftlichen Anforderungen, persönlichen Eigenschaften oder Zufälligkeiten als lebensbestimmend (externe Kontrolle); Einfluss des Hochschulstudiums auf die eigene Einstellung zur Politik, Wissenschaft, die eigene Zukunft, die Gesellschaft, sich selbst und Religion; Beeinflussung der eigenen Orientierungen durch die Hochschullehrer, Kommilitonen, Lehrinhaltes des Fachstudiums, Fachinhalte anderer Studiengebiete durch das studentische Leben allgemein und durch die Berufserfahrung; Freude am Studentendasein; Forschungsbericht über dieses Projekt bereits gelesen.