Szenarien für verstärkte EU-Geberkoordinierung: wie viel Koordinierung ist sinnvoll?
Abstract
Die Notwendigkeit einer besseren Koordinierung der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) der Europäischen Union (EU) wird von den meisten Akteuren aus Wissenschaft und Praxis nicht in Frage gestellt. Sie ergibt sich aus der Fragmentierung und Proliferation der öffentlichen EZ, die in jüngster Zeit trotz der Rufe nach einer stärkeren Harmonisierung und Arbeitsteilung deutlich zugenommen hat. In den vergangenen zehn Jahren hat die EU eine Reihe guter technischer Lösungen zur Überwindung der Fragmentierung entwickelt. Die größten Herausforderungen der ungenügenden Koordinierung sind allerdings nicht technischer Art, sondern stehen im Zusammenhang mit einem klaren politischen Bekenntnis und der Formulierung einer Marschroute für weitere Verbesserungen. Bei den bestehenden Verpflichtungen der EU zur Koordinierung der EZ und der aktuellen Mechanismen ist kein einheitliches Kosten-/Nutzen-Bild erkennbar. Die Bemühungen der EU im Zusammenhang mit der internationalen Debatte über die Wirksamkeit und insbesondere die Aspekte der Koordinierung der EZ gehen nicht immer mit Verbesserungen auf der nationalen Ebene einzelner Mitgliedstaaten einher. Bereits bestehende Koordinierungsbemühungen für die drei Hauptbereiche (Politik, Programmplanung und Umsetzung) müssen auf den Prüfstand gestellt werden, um die europäische Entwicklungspolitik auf die Herausforderungen abzustimmen. Das erfordert eine Überprüfung von Instrumenten wie Arbeitsteilung, gemeinsame Planung und programmbasierte Ansätze. Einsparungen und sonstige Vorteile einer verbesserten oder verstärkten Koordinierung der europäischen EZ müssen sowohl qualitativ als auch quantitativ bewertet werden. Insgesamt gibt es drei zentrale Erklärungen für die EU- Koordinierungsdefizite: Es besteht kein Konsens darüber, welches das richtige Maß für die Koordinierung sein sollte. Die politische Ökonomie der Geberkoordinierung ist komplex; es gibt starke Anreize, die einer verstärkten Koordinierung entgegenwirken (z. B. das Interesse von Mitgliedstaaten an Sichtbarkeit). Die politische Ökonomie der Partnerländer hinsichtlich des Umgangs mit Gebern ist ebenfalls komplex und begünstigt nicht immer eine verstärkte Koordinierung (Fragmentierung von Gebern als Strategie zur Risikostreuung, z. B. in Fällen politischer Konditionalität). Geringere Transaktionskosten gehören zu den potenziellen Vorteilen der Koordinierung, die einfach zu erzielen und sichtbar sind. Darüber hinaus kann die Koordinierung der EZ auf EU-Ebene größere entwicklungspolitische Wirkungen entfalten. Die Quantifizierung aller möglichen Vorteile ist allerdings schwierig, weil es nahezu unmöglich ist, den Wendepunkt zu identifizieren, an dem der Nutzen die Kosten überwiegt, und weil qualitative Vorteile schwer zu beziffern sind. Es lassen sich verschiedene Szenarien für die Gestaltung der künftigen EU-Entwicklungspolitik identifizieren. Für die EZ der EU wäre ein voll integrierter Ansatz zumindest theoretisch der beste Weg zur Überwindung der Fragmentierung und der damit verbundenen Kosten. Allerdings ist nicht zu erwarten, dass die Mitgliedstaaten das tatsächlich anstreben und umsetzen wollen.
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Deutsch
Verlag
Bonn: Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)
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