Open Access BASE2019

Methodenwelten, Konventionen und Macht

Abstract

Für die neuere pragmatische Soziologie sind die kritische Analyse der Klassifizierungspraktiken, der Quantifizierungsweisen sowie der Rechtfertigung von Klassifikationen und Quantifizierungen im Rahmen der amtlichen Statistik ein Gründungsmoment. Insbesondere die hierzu zählende "Soziologie der Konventionen" hat Konventionen als Koordinations- und Bewertungslogiken systematisch untersucht. Sie stellt heute einen komplexen pragmatischen Institutionalismus mit breitem Anwendungsspektrum dar und kann auch als Grundlage für eine Soziologie der Sozialforschung betrachtet werden. Sie nimmt eine Pluralität von Bewertungs- und Koordinationslogiken als Grundlage auch für Sozialforschung an. Methoden, Messung, Daten, und insgesamt methodologische Praktiken, Standards und Normen sind hierbei als auf Konventionen fundiert gedacht. Entsprechend existiert eine Pluralität von Methodenwelten, in denen die wissenschaftliche Legitimität, Validität, Methodik und epistemische Werte je unterschiedlich auf solchen fundierenden Konventionen basieren. Konventionentheoretisch gesehen wird daher die Normativität und Geltungsmacht der Methodologie erst identifizierbar, wenn man die unterliegenden Konventionen einbezieht. Methodenpolitiken können dann als Machtpolitiken verstanden werden, das heißt als Politiken um die Entscheidung über und die Durchsetzung von Konventionen. Konventionentheoretisch sind das (innerwissenschaftliche) Spannungsverhältnis (in) der Pluralität der Methodenwelten sowie die in ihnen mobilisierten Probleme, Phänomene, Kategorien, Wertigkeiten nun Gegenstände. Hier ist es für die Soziologie der Konventionen naheliegend, Foucaultsche Konzeptionen von Macht, Diskurs und Dispositiv einzubeziehen. Demnach wäre Macht nicht als eine von einer sozialen Gruppe "besessene Substanz" zu denken und das Macht-Wissens-Verhältnis wäre auch auf seine konstitutiven Machteffekte hin zu untersuchen, was beispielsweise andere Perspektiven auf "Gegenstandskonstruktionen" eröffnet. Sowohl die Soziologie der Konventionen als auch die Foucaultsche Theorie bringen Konzepte von Kritik und Reflexion ein, die sich von herkömmlichen Sozialkritiken aber auch von formalen Methodenkritiken unterscheiden. Macht in Methodenwelten mobilisiert dann immer auch Kritik. Macht wird somit nicht zuerst als Reproduktionsmechanismus sozialer Strukturen, sondern in der Wechselwirkung mit Kritik betrachtet.

Sprachen

Deutsch

Verlag

Deutsche Gesellschaft für Soziologie e.V.

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