Fußballwelten: die Ordnungen ethnischer Beziehungen
In: Mittendrin im Abseits: ethnische Gruppenbeziehungen im lokalen Kontext, S. 133-161
Im Beitrag werden die zentralen Ergebnisse einer empirischen Untersuchung im Mannheimer Fußballkreis diskutiert. Es wird der Frage nachgegangen, wie sich der Untersuchungsbereich auf sinnvolle Weise eingrenzen lässt, d.h., was unter der Welt des Fußballsports verstanden werden kann und wie sich die alltagsweltliche Relevanz von Ethnizität untersuchen lässt, ohne die Existenz unterschiedlicher Ethnien oder Kulturen analytisch bereits vorauszusetzen. Wenn Einwanderer sich dazu entscheiden, so die Verfasser, sich gerade im Fußballbereich selbst zu organisieren, hat das Folgen für die Art ihrer Selbstorganisation. Die 'Logik' des Fußballs liegt gerade in der Einheit aus Konflikt (man tritt gegeneinander an und will den anderen besiegen) und Konsens (man ist sich einig über die Regeln, die ein Eskalieren des Konflikts verhindern sollen). Die Einheit von Teilhabe und Segregation, von universellen Normen und partikularistischen Zuschreibungen, scheint die Fußballwelt geradezu auszuzeichnen. Die Akteure der Fußballwelt setzen sich dieser sozialen Ambivalenz freiwillig aus und schaffen - jenseits der ideologischen Selbstbeschreibungen moderner Gesellschaften - alltagsweltliche Lösungen für die Widersprüche, in denen sie leben. Es wird argumentiert, dass nicht allein (individuell) erworbenes 'Kapital' über den sozialen Ort eines Menschen bestimmt, sondern auch soziale Zuschreibungen, die über eine lange Geschichte verfügen und im Wissenshaushalt der Gesellschaft entsprechend tief verankert sind sowie ganz gezielt eingesetzte strategische Zuschreibungen in Klassifikationskämpfen. Der Blick in die Fußballwelt ermöglicht uns darüber hinaus, unsere Vorstellungen davon, was Integration in modernen pluralen Gesellschaften überhaupt heißen kann, zu überdenken. (ICF2)