DDC Open Systems—An Overview
In: Strategic planning for energy and the environment, Band 18, Heft 2, S. 6-15
ISSN: 1546-0126
90612 Ergebnisse
Sortierung:
In: Strategic planning for energy and the environment, Band 18, Heft 2, S. 6-15
ISSN: 1546-0126
This essay focuses on the succession of important monks who occupied the prestigious post of saṃgha overseer (Chin. \(\it sengtong\) 僧統) in Dunhuang after the establishment of the Guiyijun regime (851–1036, Return-to-Allegiance Army, 歸義軍) in the territory from the second half of the 9th century until well into the 11th century. I look at the functions that were formally part of the jurisdiction and duty of the saṃgha overseers and, after that, at the lives of each of these monks. These are being examined against the data yielded by the primary sources, that is, the Dunhuang manuscripts. The overall purpose is to develop a sense of the institution of saṃgha overseer in Dunhuang and to arrive at a deeper appreciation of these monks as primary agents in the religious and political context of this minor kingdom located in Eastern Central Asia on the western-most border of the Chinese cultural space.
BASE
Der Mittelmeerraum gilt im europäischen Kollektivgedächtnis als "Wiege Europas" und Anfangspunkt "abendländischer" Geschichte. Genauso markiert in gängigen Geschichtsnarrativen das Mittelmeer einen imaginären Bruch zwischen Orient und Okzident. "Der Islam" kann so in europäischen Diskursen als "Fremdkörper" konstruiert und aus der Vorstellung einer gemeinsamen kulturellen Identität ausgestoßen werden. Währenddessen vereint die Geschichte des Mittelmeerraums auf drei Kontinenten Christentum, Judentum und Islam. Nur eine Ausblendung der geschichtlichen Komplexität des Mittelmeerraums als kosmopolitischer Region ermöglicht es, die "abendländische" als eine rein christliche oder jüdisch-christliche Geschichte aufzufassen. Das islamische Erbe Europas resultiert etwa aus dem jahrhundertelangen Kulturaustausch während der islamischen Kolonisierung des europäischen Mittelmeerraums, die die süditalienische Insel Sizilien einst zu einem Teil Nordafrikas machte. Seit Anbeginn menschlicher Besiedlung ein Schmelztiegel der Kulturen, war Sizilien wie Andalusien im Mittelalter Teil des Maghrebs, des westlichen islamischen Reichs, und an dessen intellektuellen, wissenschaftlichen und philosophischen Errungenschaften beteiligt. Zuvor sprachlich und religiös von Byzanz geprägt, kam die Insel im 9. Jahrhundert unter arabisch-islamischen Einfluss und wurde ab dem 11. Jahrhundert unter Normannen und Staufern dem lateinisch geprägten römisch-katholischen Christentum zugeführt. Eine Aufeinanderfolge sunnitischer und schiitischer Dynastien, die Entfremdung zwischen Ost- und Westkirche sowie die Präsenz einer vergleichsweise großen jüdischen Gemeinde erhöhen die konfessionelle Komplexität. Noch lange nach der Ablösung der arabischen Herrschaft, die ihrerseits bewährte byzantinische Elemente in die Inselverwaltung integriert hatte, profitierten spätere Herrscher von den ökonomischen und wissenschaftlichen Strukturen der Muslime und förderten diese. Bis heute hat das arabisch-islamische Substrat Anteil an der Alltagskultur und Sprache, die die sizilianische Identität und das italienische nationale Narrativ konstituieren. Jahrhunderte nach der Vertreibung der Muslime aus Süditalien ist es vor allem in den Bereichen von Wortschatz, Volksliteratur, Orts-und Personennamen, in der Küche, Architektur und im Städtebild Italiens zu finden und wurde teils über Sizilien in ganz Europa verbreitet. Während die Erzählung der italienischen Nationalgeschichte die arabische Vergangenheit oft ausblendete, traf sie in Sizilien, das von anderen Epochen nicht in gleichem Maße wirtschaftlich profitierte, seit der Aufklärung auf Hochachtung. Brückenbauende Narrative, die Italien als Teil einer mediterranen Hybridkultur definieren, reihen sich in Konzepte verschiedener Denker aus dem Mittelmeerraum ein, eine gemeinsame "mediterrane Kultur" als zivilisatorische Brücke zu konstruieren im Dialog zwischen drei Kontinenten und drei bedeutenden Weltreligionen. ; In Europe's collective memory, the Mediterranean region is regarded as a cradle of the Western civilization and the initial point of occidental history. In the same way, in well-established historical narratives the Mediterranean marks an imaginary breakline between Orient and Occident. That way, European discourses can construct "Islam" as a foreign body and exclude it from the imagination of a common cultural identity. At the same time, the Mediterranean history unites Christianity, Judaism and Islam in three continents. Only suppression of the historical complexity of the Mediterranean's cosmopolitan region makes it possible to consider occidental history as purely Christian or Jewish-Christian history. Europe's Muslim heritage results, for instance, from the cultural exchange during the centuries-long Mediterranean area's Islamic colonization which made the Southern Italian island Sicily a part of North Africa. From the outset of human settlement, Sicily was a melting pot. Just like Andalusia, in medieval times Sicily was part of the Maghreb, the Western Islamic Empire, and contributed to its intellectual, scientific and philosophic achievements. Prior to this, the island was shaped by the language and religion of Byzantium. In the 9th century it came under the Arab-Muslim influence and since the 11th century Normans and Staufer introduced Roman Catholic Christendom, characterized by Latin language. A succession of Sunni and Shiite dynasties, the alienation between Western and Eastern Church as well as the presence of a comparatively big Jewish community make confessional dynamics even more complex. Even long after the Arab rule was taken over, successive rulers benefitted from the Islamic period's economical and scientific structures and encouraged them. The Muslims on their part had integrated approved Byzantine elements. Till today, Arab-Muslim cultural substrate has a part in the daily culture and language which construct the Sicilian identity and the Italian national narrative. Centuries after the expulsion of Muslims from Southern Italy one can find it most of all in the domain of vocabulary, folk literature, names of persons and places, in the kitchen, architecture and in the townscape of Italy from where it was sometimes spread all over Europe. The narration of the Italian national history often ignored the Arab past. Sicily, which did not profit economically from other eras in the same way, held it in high regard. Bridge-building narratives, defining Italy as a part of a Mediterranean hybrid culture, join concepts of different thinkers from the Mediterranean region who construct a common "Mediterranean Culture" as a civilizing bridge in a dialogue between three continents and three important world religions.
BASE
Im Juni 2014 wird im Libanon der 19jährige Araby Ibrahim verhaftet. Er wird verdächtigt, für den Islamischen Staat (IS) in Syrien gekämpft zu haben. Der gebürtige Libanese besitzt einen dänischen Pass und soll von Kopenhagen aus über die Türkei nach Syrien gereist sein. Angesichts der hohen Anzahl von nach Syrien und in den Irak reisenden Jihadisten aus Europa erscheint seine Geschichte fast trivial, gebe es nicht folgende Informationen: Ibrahims Cousin, Munzer al-Hassan, der einen schwedischen Pass besitzt, scheint der Drahtzieher des Anschlages auf das Duroy Hotel in Beirut am 14. Juni 2014 zu sein. Zwei andere Cousins sollen einen Angriff auf einen Armeeposten in Syrien durchgeführt haben und dabei ums Leben gekommen sein. Beide besaßen die schwedische Staatsbürgerschaft. Ein Onkel Ibrahims wurde 2006 in Deutschland verhaftet, da er in die gescheiterten Anschläge auf zwei Regionalzüge in Nordrhein-Westfalen involviert war. Ibrahims Vater ist laut libanesischen Behörden ein bekannter Schleuser für Jihadisten von Europa in den Nahen Osten. Ibrahim selbst wurde während seiner Kämpfeinsätze in Syrien von einer gegnerischen Extremistengruppe gefangen genommen, jedoch wieder frei gelassen, da sein Vater bei dieser Gruppe bestens bekannt war. Es heißt, die gesamte Familie stehe auf Seiten des IS.1 Das Beispiel der Familie aus Tripoli verweist auf die transnationalen Verflechtungen des globalen Jihads. Gerade solche Familienbande machen es Libanesen in anderen Ländern leicht, die "Schlachtfelder" des Nahen und Mittleren Ostens zu erreichen. Es kommen z.B. über 60% der nach Syrien und in den Irak gereisten Jihadisten aus Australien ursprünglich aus dem Libanon.2 Aus dem Libanon selbst sollen derzeit etwa 900 Libanesen in Syrien und im Irak auf Seiten islamistischer Extremisten kämpfen.3
BASE
Salafismus ist eine totalitäre Variante des Islam, die im Gegensatz zu Demokratie, den Menschenrechten und der Idee der Geschlechtergerechtigkeit steht. Er verbindet eine in die Vergangenheit projizierte Utopie mit modernen Elementen der Pop-Kultur und ist in vielen Ländern – u.a. in Deutschland - die am schnellsten wachsende Jugendbewegung. Jihadismus ist die gewalttätige Spielart des Salafismus. Vereinfacht lässt sich sagen, dass alle Jihadisten Salafisten sind, aber nur wenige Salafisten jemals Jihadisten werden.
BASE
Die Erziehung und Bildung im Bahá'í-Sinne geht von der Einheit und Harmonie zwischen dem Menschen und dem ganzen Sein aus. Damit diese Einheit und Harmonie und dadurch das Glück im Leben des Individuums Realität wird und eine tief humanistische Weltgemeinschaft entsteht, muss der Mensch ganzheitlich von einem wohldurchdachten pädagogischen System erzogen und gebildet werden. Die ganzheitliche Erziehung und Bildung umfassen die körperlichen, menschlichen und geistigen Dimensionen jedes Individuums. Die Vernachlässigung einer dieser Dimensionen wird die o. g. Harmonie und Entfaltung stören und zur entsprechenden Entfremdung führen. Um diese Anspruch näher zu prüfen, befasst sich diese Arbeit mit den folgenden Hauptthemen: Die allgemeine Beschreibung der Bahá'í-Religion, die Sicht auf den Menschen und die Welt, die politische Bildung aus der Sicht der Bahá'í und die erzieherischen sowie Bildungsmaßnahmen der Bahá'í in der Praxis. Durch die politische Bildung soll nach dem Bahá'í-Verständnis eine tief demokratische und lebensfreundliche Politik realisiert werden. Die Bahá'í auf der ganzen Welt praktizieren ein System, das diesen Idealen entspricht bzw. sehr nahe kommt. Die praktischen Maßnahmen der Erziehung und der Bildung im Bahá'í-Sinne werden anhand des Bahá'í-Curriculums im Iran vor der islamischen Revolution analysiert und versucht, daraus pädagogische Maxime zu entnehmen. Anschließend wird der eigene Bahá'í-Unterricht in Deutschland sowie die weltweit eingesetzten Ruhi-Kurse dargestellt. Diese Arbeit soll den Leser dazu anregen, sich mit der Realisierbarkeit einer friedlichen, humanen und dynamischen Weltgemeinschaft auseinander zu setzen und die Möglichkeit des Glücks sowie der Entfaltung des Individuums zu prüfen.
BASE
Die Frage nach dem Stellenwert der »jüdischen Religionswissenschaft « an der Universität Frankfurt lässt sich nur beantworten, wenn man deutlich macht, welche Haltung die Frankfurter Hochschule im Laufe ihrer Geschichte generell gegenüber der Errichtung Theologischer Fakultäten beziehungsweise der Einführung einer konfessionellen Lehre einnahm. Um es gleich vorweg zu sagen: Frankfurt war in den 1920er Jahren die einzige deutsche Universität, an der ein konfessionell gebundener Lehrauftrag für »Jüdische Religionswissenschaft und Ethik« existierte – ausgeführt wurde er von Martin Buber. Dem Kulturhistoriker Wolfgang Schivelbusch zufolge war die Frankfurter Universität in der Weimarer Republik die »bürgerlichste Hochschule in Deutschland«. Wie die Spitzenuniversitäten in Amerika verstand sie sich als eine moderne säkulare Bildungseinrichtung. Als einzige deutsche Hochschule besaß sie keine Theologische, dafür aber die landesweit erste Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät. Gegenüber dem Staat hatte sie sich dank des privaten Stiftergeistes eine große Unabhängigkeit bewahrt. Dagegen befürchteten die Mitglieder der deutschen Rektorenkonferenz geschichtslose amerikanische Verhältnisse, als sie im Vorfeld der Universitätsgründung erfuhren, dass die Frankfurter entschlossen waren, gegebenenfalls auf eine Theologische Fakultät zu verzichten. Sie mahnten den Bestand der »Kulturnation« an und verwiesen darauf, dass in Deutschland Theologische Fakultäten aufgrund staatsrechtlicher und kulturhistorischer Traditionen integraler Bestandteil der Universitätsverfassung seien. .
BASE
Auch der Koran ist das Werk seiner Zeit; heute kann er nicht ausgelegt werden, ohne seinen historischen Kontext einzubeziehen. Doch noch dominiert ein starres Verständnis des Koran, das den eigentlichen Charakter des religiösen Textes verkennt. Eine kleine, international etablierte Gruppe von islamischen Theologen postuliert eine zeitgenössische innovative Koranexegese, die berücksichtigt, dass die Worte des Koran als eine lebendige Anrede an seine realen Adressaten in Offenbarungszeit und -ort gerichtet waren, nämlich an den Propheten Muhammad, seine Gefährten, die heidnischen Araber, Juden und Christen. So eröffnet sich ein neuer Blick auf die »heilige Schrift« der Muslime.
BASE
In: Strategic planning for energy and the environment, Band 18, Heft 2, S. 25-38
ISSN: 1546-0126
World Affairs Online
In modernen Gesellschaften leben viele Menschen mit unterschiedlichen Lebensdeutungen zusammen, die Zahlen nichtreligiöser Personen steigen in der Bundesrepublik Deutschland. Das gesellschaftliche Zusammenleben wird maßgeblich von dieser religiösen und weltanschaulichen Pluralität beeinflusst; Konflikte zwischen Vertreter*innen verschiedener Religionen, aber auch zwischen religiösen und nichtreligiösen Personen bleiben hierbei nicht aus. Eine zentrale Frage unserer Zeit lautet daher, wie die Religions- und Weltanschauungsfreiheit im Sinne des ersten Artikels der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 friedfertig gelebt werden kann. Als Zentrum für interreligiöse und interkulturelle Bildung versucht das bundesweit einmalige Haus der Religionen in Hannover, eine Antwort auf diese Frage zu geben. Ähnlich wie andere Großstädte sind auch die Landeshauptstadt Niedersachsens und das dortige alltägliche Stadtleben durch eine religiöse und kulturelle Vielfalt geprägt. Bereits 2016 lebten hier Menschen mit mehr als 170 Nationalitäten gemeinsam. Die Vielfalt religiöser Orte, an denen die Mitglieder verschiedener Religionen ihre jeweilige Tradition praktizieren können, ist enorm groß: Sie reicht von Synagogen, Kirchen, Moscheen über alevitische und buddhistische Zentren bis zu hinduistischen Tempeln. Aber auch weltanschauliche Perspektiven wie der Humanismus sind durch die Humanistische Vereinigung und der Humanistische Verband Deutschlands in Hannover institutionell vertreten. Vor dem Hintergrund einer Welle rassistisch motivierte Taten in den 1990er Jahren entwickelte sich in Hannover als Kontrapunkt ein vielseitiger interreligiöser Dialog, der seit 2006 durch humanistische Perspektiven erweitert wird. Die Akteur*innen des Hauses der Religionen sahen (und sehen) es an der Zeit, unter Wertschätzung der städtischen Vielfalt für Weltoffenheit, Dialog und damit eine demokratische Kultur einzustehen und sie gemeinsam zu fördern. Ziel ihrer Arbeit ist es, das Wissen übereinander zu stärken und herrschende Vorurteile, Unkenntnis oder bloß vermeintliche Kenntnis zu verringern. Aufgrund der steigenden Zahlen nichtreligiöser Menschen drängte sich die Frage auf, ob eine Öffnung des interreligiösen Dialogs, der im herkömmlichen Sinne den Dialog zwischen Vertreter*innen mindestens zweier verschiedener Religionen bezeichnet, für nichtreligiöse Personen sinnvoll und notwendig ist. Mithilfe von Beiträgen der Expert*innen Ulrike Duffing, evangelisch-lutherische Diplom-Religionspädagogin und Geschäftsstellenleitung des Hauses der Religionen, und Jürgen Steinecke, humanistischer Geschäftsführer der Regionalgeschäftsstelle Nord der Humanistischen Vereinigung, soll erörtert werden, welche potenziellen Möglichkeiten und Herausforderungen solche Dialoge in sich bergen.
BASE
Politische Berichte und menschenrechtliche Debatten prägen das Islambild in Deutschland mit. Die vorliegende Forschungsarbeit setzt sich exemplarisch mit der Menschenrechtsberichterstattung der politischen Fraktionen im Deutschen Bundestag über muslimisch geprägte Länder auseinander. Im Zentrum des Interesses stehen dabei die Fragen, wie die Menschenrechtslage in muslimisch geprägten Ländern dargestellt und welcher menschenrechtliche Bezugsrahmen verwendet wird sowie, welche Rolle die Religion Islam bei der Berichterstattung spielt. Hierzu werden die diskurstheoretische Perspektive Foucaults (1981) und der forschungsmethodische Zugang der Kritischen Diskursanalyse Jägers (2015) herangezogen. Ziel der Forschung ist, exemplarische Erkenntnisse über potenzielle gesamtgesellschaftliche Auswirkungen der Berichterstattung – insbesondere auf das Islambild in Deutschland – zu erhalten. Daher untersucht die Arbeit, wie bei der Berichterstattung Wirklichkeit konstruiert wird.
BASE
Im Zuge des Arabischen Frühlings 2011 konnte sich der sogenannte "Islamische Staat" (IS) zu einer erfolgreichen und gefährlichen islamistischen Organisation im Nahen Osten entwickeln. Der IS nutze die politisch instabile Lage in den arabischen Ländern, um an Macht und Einfluss zu gewinnen und schaffte es, mehrere syrische Regionen unter seine Kontrolle zu bringen. Da die eroberten Regionen in Syrien und Irak direkt oder unmittelbar entlang der türkischen Grenze verlaufen, gerieten auch Abschnitte der türkisch-syrischen Grenze unter die Kontrolle des IS. Die Eroberungen unter anderem ar-Raqqas in Syrien bis einschließlich Falludschas, Kerküks und Diyales im Norden Iraks spiegeln den Erfolg des IS wider. Dieser Erfolg wirkt attraktiv für viele jihadistische Sympathisanten weltweit, weshalb die Gruppe in kurzer Zeit rasant wuchs und noch wächst. Dem International Centre for the Study of Radicalisation and Political Violence (ICSR) zufolge fanden im November 2014 allein aus Europa rund 4.300 Männer und Frauen den Weg zum IS.1 Die meisten von ihnen reisten über das Nachbarland Türkei ein. Jihadisten aus Deutschland nehmen beispielsweise den Bus, die Fähre oder das Flugzeug nach Istanbul. Auf Bus- und Fährfahrten werden die Fahrgäste in den Durchfahrtsländern des Schengener Abkommens nicht und außerhalb des Schengen-Raums kaum kontrolliert. In der 14-Millionen-Metropole Istanbul angekommen, fahren sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln weiter quer durch die Türkei in den Südosten des Landes. Die Reisenden werden an ausgewählte Grenzbereiche gebracht, die kaum kontrolliert werden können.2 Die 900 km lange Grenze ermöglicht ihnen eine problemlose Überquerung nach Syrien. Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan weist darauf hin, dass eine lückenlose Überwachung einer Grenze in dieser Länge nicht zu gewährleisten sei. Allerdings wurde von Repräsentanten europäischer Länder, der USA und aus den Reihen der türkischen Opposition wiederholt der Verdacht geäußert, dass die türkische Regierung mit dem IS kooperiere. Dies aufgreifend stehen im Fokus dieses Artikels folgenden Fragen: Worauf basieren diese Behauptungen und wie geht die türkische Regierung damit um?
BASE
Nachdem der 26-jährige Ahmad Tarmimi Maliki im Mai 2014 ein mit einer Tonne Sprengstoff beladenes Fahrzeug in ein irakisches Militärgebäude steuerte und 25 Soldaten einer Elite-Einheit mit in den Tod riss, wurde er in den einschlägigen sozialen Netzwerken Südostasiens von tausenden IS-Sympathisanten als "Märtyrer" gefeiert. Der Fabrikarbeiter aus Selangor wurde zum ersten malaysischen Selbstmordattentäter des "Islamischen Staats" (IS/ISIS). Im November tötete der aus Kelantan stammende Ahmad Affendi Abdul Manaff bei einem ähnlichen Anschlag 50 Soldaten in Homs. Mindestens drei weitere Malayiser starben 2014 in Syrien und Irak. Dieser Aufsatz skizziert die Beteiligung malaysischer Staatsbürger am Bürgerkrieg in Syrien/Irak und erläutert, inwiefern die Ausgestaltung des malaysischen Staatsislams einer effektiven Deradikalisierung auf ideologischer Ebene entgegensteht.
BASE
Afghanistans ehemalige Mudschahedin haben es geschafft: Kritik an "heiligen Kriegern", wie sie sich nun nennen, ist gleichzeitig Kritik am Islam, und das ist brandgefährlich in ihrem Land. Manch ein Kriegsverbrecher nutzt das Islam- Argument, um sich über das staatliche Gesetz zu stellen und damit unangreifbar zu machen. Säkulare Gruppierungen, die in der urbanen Bevölkerung weiter bestehen, würden es heute nicht mehr wagen, sich öffentlich so zu bezeichnen. In Regierung, Justiz und Gesellschaft ist der Druck, sich zum Islam zu bekennen, groß. Eine zuweilen absurd anmutende Konkurrenz darüber, wer am 'islamischten' ist, führt zu immensem Druck auf Medien und Zivilgesellschaft, insbesondere auf Frauenrechtsgruppen, sich innerhalb des Islams zu positionieren und sich abzugrenzen von 'unislamischen' Werten. Seit einigen Jahren dreht sich beispielsweise eine erhitzte gesellschaftliche Debatte um ein Gewaltschutzgesetz für Frauen, begleitet von einer medialen und religiösen Kampagne gegen Frauenschutzhäuser: im Kern wird beiden vorgeworfen, antiislamisch zu sein. Frauenrechtsgruppen sehen sich gezwungen, juristisch und religiös zu begründen, dass das Gesetz keine Anteile aufweist, die dem Islam widersprechen. Der hohe Rat der Ulema, 2002 von der Regierung eingesetzt und bezahlt, stellt die größte und einflussreichste religiöse Struktur in Afghanistan dar: er besteht aus 3000 Ulema und Mullas1 (davon ¾ Sunniten und ¼ Schiiten); viele sind gleichzeitig auch Richter, politische Berater, Lehrer oder Imame. Die meisten von ihnen gehören einer der Mudschahedin-Gruppierungen an. Auf nationaler Ebene berät der Rat die Regierung in religiösen Fragen, unterstützt zumeist ihre Entscheidungen und gewährt ihr so eine religiöse Legitimation; auf lokaler Ebene positionieren sich die Ulema und Mullas allerdings oft regierungskritisch und anti-westlich. In der gesellschaftlichen Debatte über Frauenrechte äußerten sie sich 2012 extrem konservativ, indem sie erklärten, Frauen seien weniger wert als Männer, sollten nicht ohne mahram (männlichen Verwandten) verreisen und bei Arbeit, Bildung und Freizeit den Kontakt zu Männern vermeiden. Ihre monatlichen Erklärungen auf nationaler Ebene sowie ihre Ansprachen in lokalen Moscheen haben großen Einfluss auf die gesellschaftliche Verhandlung von Normen. 2 Auch Saudi-Arabien versucht wachsenden Einfluss auf die religiöse Ausbildung in Afghanistan auszuüben, so z.B. durch den Bau und Betrieb eines religiösen Schulungszentrums in Kabul.3 Pakistanische religiöse Gelehrte sehen den Kampf der afghanischen Taliban gegen die westliche Intervention als berechtigt an, und erklären USA und NATO als allein verantwortlich für jegliche zivilen Opfer.
BASE