„Scheinheiligkeit“ von Organisationen: Paradoxien und Tabus. Das Beispiel der Vereinbarkeitsmaßnahmen und ihrer Nutzung
In: Neo-Institutionalismus - Revisited, S. 415-438
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In: Neo-Institutionalismus - Revisited, S. 415-438
Wahrnehmung und Bewertung sozialer Ungleichheit wird zunehmend als zentraler Bestandteil sozialer Ungleichheitsproduktion angesehen. Der Beitrag nimmt die Wahrnehmung und Bewertung sozialer Ungleichheit durch Spitzenführungskräfte der deutschen Wirtschaft in den Blick und fokussiert damit auf eine Gruppe, die maßgeblich an der gesamtgesellschaftlichen Wahrnehmung und Bewertung sozialer Ungleichheit maßgeblich beteiligt ist.Empirische Grundlage ist ein Forschungsprojekt, in dem Deutungsmuster von Topmanager/innen, Unternehmer/innen und Vertreter/innen von Wirtschaftsverbänden in Deutschland untersucht wurden.Die Ergebnisse zeigen, dass sowohl Wahrnehmung und Erklärung sozialer Ungleichheit als auch Selbstwahrnehmung und Gerechtigkeitsvorstellungen der Befragten durch zentrale, miteinander verbundene Deutungsmuster geprägt sind. Dominant ist die Vorstellung einer grundsätzlichen Leistungsgerechtigkeit, die sowohl bei der Erklärung sozialer Unterschiede als auch bei der Rechtfertigung hoher Einkommen zum Tragen kommt. Meritokratische Grundvorstellungen werden ergänzt durch die Annahme sozialstruktureller Gegensätze und unüberwindlicher Barrieren zwischen den sozialen Schichten. Bei der Erklärung der Geschlechterungleichheit kommen die Vorstellung einer die Frauen benachteiligenden "Natur" und traditioneller Geschlechterrollen hinzu. Die Deutungsmuster weisen vielfältige Widersprüche auf; überraschend ist auch die Übereinstimmung in vielen Deutungsmuster von Männern und Frauen, denen geschlechterungleich verteilte Erfahrungen vorausgehen. Alle Führungskräfte gehen davon aus, dass völlige Chancengleichheit nicht realisierbar sei, in Deutschland jedoch weit gehende Chancengleichheit bestehe. Für diese wird ein abstrakter "Staat" für zuständig erklärt, der sie über wohlfahrtsstaatliche Institutionen und Bildung realisieren soll.Der theoretisch belegte Bezug von Deutungsmustern auf Handlungsprobleme zeigt, wie sich Selbstpositionierungen, Deutungsmuster und Handlungspraxen gegenseitig stützen. Die identifizierten Deutungsmuster tragen dazu bei, das Selbstbild als Leistungselite in einer Leistungsgesellschaft aufrecht zu erhalten und die eigene privilegierte Position zu legitimieren. Die Verantwortung für den Abbau sozialer Ungleichheit wird an die Gesellschaft und die Individuen delegiert, während Forderungen an die Unternehmen, insbesondere gesetzliche Regelungen, abgewehrt werden. Auf der Handlungsebene werden die Deutungsmuster in öffentlichen Äußerungen und der politischen Einflussnahme insbesondere der Wirtschaftsverbände gegen gesetzliche Regelungen manifest.
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In: Gender: Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft, Band 6, Heft 3, S. 10-25
ISSN: 2196-4467
In: Gender: Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft, Band 6, Heft 3, S. 10-25
ISSN: 1868-7245
In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie: KZfSS, Band 58, Heft 2, S. 373-375
ISSN: 0023-2653
In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie: KZfSS, Band 56, Heft 4, S. 784-786
ISSN: 1861-891X
In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie: KZfSS, Band 55, Heft 1, S. 184-186
ISSN: 1861-891X
In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie: KZfSS, Band 53, Heft 2, S. 391-393
ISSN: 1861-891X
In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie: KZfSS, Band 53, Heft 2, S. 391-393
ISSN: 0023-2653
Die Verknüpfung der Ungleichheitsdimensionen Geschlecht und Care-Verpflichtungen bedeutet für Frauen in Organisationen eine doppelte Benachteiligung. In dem Maße, wie es auch von Vätern als erstrebenswert angesehen wird, Lebensziele im Bereich von Karriere und Familie verwirklichen zu können, beginnen auch Care-Verpflichtungen als Ungleichheitsdimension für Männer Wirkung zu zeigen.Der Beitrag analysiert, wie Care-Verpflichtungen zu potentiellen Karrierehindernissen und zu einer Benachteiligungsdimension für Väter werden (können), welche Mechanismen der Fremd- und Selbstselektion hier wirksam werden, welche Wahrnehmungs- und Bewertungsschemata innerhalb und außerhalb von Organisationen dem zugrunde liegen und wie diese Prozesse mit Geschlechterungleichheiten und ‑konstruktionen im sozialen Raum verknüpft sind. Er stützt sich auf Daten und Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt "Arbeitsorganisationen und väterliche Lebensführung" (SFB 882). Die Ergebnisse zeigen, wie Väter mit (impliziten) Verfügbarkeitserwartungen ihrer Arbeitsorganisation konfrontiert sind, die sie – ähnlich wie Mütter – antizipieren. Die regelmäßige und sichtbare Benachteiligung von Frauen mit Care-Verpflichtungen im Unternehmensalltag wird von ihnen als mögliche Konsequenz einer eigenen aktiven Familienorientierung wahrgenommen. Väter können (noch) nicht auf etablierte Wege der Verknüpfung von Karriere und Familie zurückgreifen und sind daher unsicher im Hinblick auf die Folgen ihrer Entscheidung – zumal sie auf Grund ihres stärker ausgeprägten Selbstbilds als Familienernährer für drohende Karrierenachteile verwundbarer sind. Die Bandbreite der väterlichen Reaktionen auf wahr genommene Verfügbarkeitswartungen reicht von der Zurücknahme ihrer Karriereorientierung zugunsten ihrer Care-Orientierung bis hin zur "Delegation" der familiären Sorge an die Partnerin, um sich für eine Karriere "freistellen" zu lassen. Die "Sphäre" Familie kontaminiert somit auch "männliche" Karrieren: Familienorientierung als aktive Beteiligung an Care schließt auch Väter potentiell aus der Sphäre hegemonialer Männlichkeit (Connell) aus. Dabei entstehen graduelle Differenzen zwischen den Vätern entlang der Dimension Care. Die Wirkungen dieser selektiven Prozesse verstärken sich mit steigender Hierarchiestufe.Obgleich sie nicht zwingend an ein Geschlecht gebunden sind, tragen symbolische Grenzziehungen entlang der Care-Dimension zu einer Vertiefung von Geschlechterungleichheit in Organisationen bei, da sie die Zuschreibung von Familien- und Karriereorientierung entlang traditioneller Arbeitsteilung in den karriererelevanten (und daher sichtbaren) Positionen fortführen. Familienfreundliche Personalpolitik agiert keineswegs geschlechtsneutral, sondern sie kann alte Ungleichheiten zwischen Vätern und Müttern reproduzieren, solange sie nicht in gleicher Weise auch Väter adressiert. Gleichzeitig bringt sie neue Ungleichheiten zwischen Vätern mit Care-Orientierung und Vätern mit Karriereorientierung hervor.
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Wie sehen die Lebensrealitäten von Frauen und Männern in den Lebensbereichen "Erwerbssystem" und "Familie" aus? Welche Interdependenzen und damit möglicherweise einhergehenden Ungleichheiten im Geschlechterverhältnis ergeben sich hieraus? Das Heft präsentiert theoretische und empirische Beiträge, die sich mit der Auflösung und Neubestimmung der gesellschaftlichen Sphären 'Erwerbsarbeit' und 'private Lebensführung' auseinandersetzen. Dabei werden neben der Analyse des Bestehenden auch aktuelle Tendenzen und Perspektiven diskutiert.
In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie: KZfSS, Band 58, Heft 2, S. 364-406
ISSN: 1861-891X