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In: Schöningh and Fink Literature and Culture Studies E-Books, Collection 2013-2017, ISBN: 9783657100064
Preliminary Material -- Danksagung -- Einleitung -- Zur Bildtheorie elektronischer Bilder -- Das geöffnete Intervall -- Participation TV -- Formentwicklungen im Videospiel -- Fallanalysen / Kartografie -- Die vier Qualitäten des Intervalls -- Literaturverzeichnis -- Abbildungsverzeichnis -- Installations- und Filmverzeichnis -- Spieleverzeichnis.
Das von Nacim Ghanbari, Isabell Otto, Samantha Schramm und Tristan Thielmann herausgegebene Buch Kollaboration bildet eine Vielfalt aktueller medienwissenschaftlicher Forschung (mit geistes-, kultur- und sozialwissenschaftlicher Prägung) ab und ist ein Beleg für die Stärke gegenwärtiger Medienwissenschaft, Anlässe und Begriffe für interdisziplinäre Arbeiten zu stiften.Geleistet werden in diesem Sammelband die Umschreibung und Exploration eines weit gefassten Forschungs- und Arbeitsfeldes. Dieses Buch ist selbst – wie könnte es anders sein – ein Ergebnis von Kollaboration unter Beteiligung verschiedener Netzwerke. Konzipiert wurde der Band im Rahmen des DFG-Netzwerks "Medien der kollektiven Intelligenz" (2011–2014), erweitert um Beiträger*innen aus dem Kreis der Konstanzer Forschungsgruppe "Mediale Teilhabe" und des Siegener Sonderforschungsbereichs "Medien der Kollaboration". Insgesamt enthält Kollaboration elf verschiedene Artikel und eine kurz gefasste Einleitung. Gruppiert sind die Beiträge unter drei thematischen Überschriften: "Künste der Kollaboration", "Soziotechniken der Kollaboration" und "Versprechungen der Kollaboration".Die vier Herausgeber*innen sind zugleich als Autor*innen im Band vertreten: Samantha Schramm beleuchtet in ihrem Beitrag Facetten verteilter Autorschaft in der Fernseh- und Videokunst. Isabell Otto entwirft eine medienhistorische Interpretation des oN-Line Systems NLS des Computerpioniers Douglas Engelbart, das als Baustein einer Computergeschichte der vernetzten Kollaboration gewürdigt wird. Tristan Thielmann rekonstruiert, ebenfalls medienhistorisch ausgerichtet, die Geschichte der Fotofahrtenführer. Und Nacim Ghanbari spürt in seinem Beitrag Aspekten kollaborativer Schreibpraktiken des 18. Jahrhunderts nach, am Beispiel von Gottfried August Bürgers Ballade Lenore. Die Frage nach den Medien der Kollaboration und ein prozessorientierter Begriff von Kollaboration spannen den theoretischen Rahmen für die im Band verhandelten Fragestellungen und vorgelegten Untersuchungen. Zugespitzt wird das Verhältnis von Medien und Kollaboration in einer grundlegend medienwissenschaftlichen These: Medien entstehen durch Kollaboration (mediengenetische und medienhistorische Dimension der Kollaboration) und Medien ermöglichen und steuern Vorgänge von Kollaboration (konstitutive und regulierende Dimension von Medien). Viele der Beiträge heben zudem hervor, dass Kollaboration nicht nur als eine Praxis 'menschlicher' Arbeit, sondern als Zusammentreffen von Mensch und (Medien-)Technik zu verstehen sei. Die Theorieschule der Akteur-Netzwerk-Theorie (ANT) und die Texte von Bruno Latour werden wiederholt herangezogen, um hybride Konstellationen im wechselseitigen Verfertigen von Vorgängen zwischen Menschen und Medienapparaten zu benennen. Tristan Thielmann gibt dieser Orientierung am Ansatz der ANT eine aus medienwissenschaftlicher Perspektive gelungene theoretische Wendung und skizziert im Anschluss an eigene frühere Arbeiten eine "Akteur-Medien-Theorie" (S. 151). Eine Stärke des Bandes insgesamt liegt in der Vielfalt der Beiträge, die eine beachtliche Breite an Gegenständen behandeln und mit unterschiedlichen methodischen und theoretischen Ansätzen operieren. Neben Film (Michael Lommel), Fotografie (Fotofahrtenbücher, Thielmann) Video und Fernsehen (Schramm), Literatur und kollaborativer Schreibpraxis (Ghanbari), Sprache und Sprechakttheorie (Erhard Schüttpelz) werden insbesondere auch die Gegenwart sozialer Netzmedien und die sich dort real oder als Versprechen konstituierenden Paare, Communities, Gemeinschaften und Kollektive untersucht. Die Autor*innen erforschen die Kollaboration bei Dating-Apps (Teresa Opper), diskutieren die Rolle des Internets für Protestbewegungen (Sebastian Haunss), erkunden die Praxis von Drohnen-Communities (Hendrik Bender) und das Versprechen von Fitness-Gemeinschaften (Nikola Plohr) oder beleuchten kollaboratives Tagging als Wissenstechnik (Erika Linz). Die Fülle der untersuchten Gegenstände ergibt ein bruchstückhaftes, ein vielleicht im Ansatz kaleidoskopisches Bild von 'Kollaboration'. Gleichwohl spinnen sich für den*die Leser*in feine Fäden der Assoziation und es entstehen gedankliche Kraftfelder, die einen unterschwelligen Dialog zwischen den verschiedenen Positionen wahrnehmbar werden lassen. Dazu gehört das Thema der Gemeinschaft und des Kollektivs, das wie eine Art Generalbass den*die Leser*in durch den Band trägt. Da gibt es die verstreuten Gemeinschaften, die miteinander Wissen schaffen, ohne dass ihre Mitglieder ein gemeinsames Ziel verfolgen oder sich persönlich kennenlernen, wie in der Praxis des kollaborativen Tagging (Erika Linz); die politischen Bewegungen, die sich vielleicht durch Austausch im Netz verstärkt mobilisieren oder vielleicht auf neue Weise bilden können, um eine politische Veränderung zu bewirken (Sebastian Haunss); das Versprechen einer Fitness-Gemeinschaft von Smartphone-Athlet*innen, die ihren Körper trainieren, und im Workout ein "Mit-Sein" (S. 278) erproben, das auf "App-basierten Strukturen der Mit-teilung" (S. 278) basiert. Und im Beitrag von Isabell Otto changiert das vernetzte Arbeiten zwischen Kontrollgesellschaft und Disziplinierung, durch das – nicht nur beiläufig – eine "Gemeinschaft von Forschenden" (Warnke, zit. n. Otto S. 224) angerufen wird, auf deren Herstellung Praktiken der Computervernetzung zielen. Das Verhältnis von Kollaboration und Gemeinschaft, so zeigen die Beiträge des Bandes, ist von Zweifel, Aufschub, Versprechungen und Enttäuschungen geprägt. Kollaboration ist keine Praxis, die Gemeinschaft herstellt, sondern kann, wie es die Herausgeber*innen in der Einleitung formulieren, als "Umgang mit Vielheiten" (S. 14) gedacht werden. Kollaborative Praktiken können an der Herstellung der medialen Möglichkeitsbedingungen von Gemeinschaft mitwirken. Ohne dass der Band es so ausdrückt, lassen sich zwischen den Zeilen der verschiedenen Beiträge Bruchstücke einer Auseinandersetzung mit einer (nicht eingelösten) Sehnsucht nach Gemeinschaft, nach Verbindung und Verbindlichkeit auffinden. Und ist vielleicht in gewisser Weise das Medium des 'Sammelbandes' selbst auch der Ausdruck einer Sehnsucht nach einer "Gemeinschaft von Forschenden" (S. 224)? Durchaus originell ist die vorgeschlagene Unterscheidung zwischen Kollaboration und Kooperation. Während Kooperation immer von einem "identifizierbaren Gegenüber" (S. 14) ausgehe, sei Kollaboration geprägt durch "den Umgang mit Vielheiten", wenn beispielsweise ganz "unterschiedliche Entitäten und Datensätze miteinander in Verbindung treten" (S. 14). Als produktiv erweist sich zudem, wie der Begriff der Kollaboration verwendet wird, um eine Art interdisziplinäre Klammer zu schaffen, zwischen den verschiedenen im Band vertretenen Disziplinen, von der Soziologie bis zu Kunst-, Literatur- und Medienwissenschaft, und zwischen so verschiedenen Forschungsgenständen wie literarischer Schreibpraxis, Dating-Apps, Computergeschichte, sozialen Bewegungen oder Drohnen-Communities. Wer Kollaboration als 'Zusammenarbeit' versteht, und damit als besondere Form von 'Arbeit', den muss allerdings verwundern, dass im Band kaum jemals explizite Bezüge zu Arbeitswissenschaft, zur Ökonomie oder zu Arbeits- und Organisationssoziologie hergestellt werden. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung zum Begriff oder zur Theoriegeschichte von 'Arbeit' ist weitgehend abwesend, eine Art blinder Fleck. Dies ist bedauerlich, insofern der Band insgesamt durchaus als Beitrag zu einer Kultur- und Theoriegeschichte der Arbeit aufgefasst werden kann. Es ist zu hoffen, dass es eine Fortführung der im Band versammelten Forschungen gibt, und dass damit auch eine Klärung des Verhältnisses von Kollaboration zu 'Arbeit' weiter vorankommt. Für wen ist dieses Buch geeignet oder empfehlenswert? Wer eine Übersicht oder eine systematische Auseinandersetzung mit Begriff und Geschichte von Kollaboration sucht, wird in diesem Band nicht fündig. Der Band bietet keine Einführung in die Medientheorie oder Kulturgeschichte der Zusammenarbeit und enthält keine systematische Übersicht über bestehende Theorien und Forschungen zum Thema. Für Studierende, die eine einführende Lektüre in das Thema suchen, würde ich das Buch daher nicht uneingeschränkt empfehlen. Wer allerdings einen Einblick in aktuelle medienkulturwissenschaftliche Forschung sucht, dem bietet der Band eine anregend-herausfordernde Breite an Themen und Ansätzen. Angesichts der bunten Vielfalt an Methoden und Gegenständen muss der 'innere Zusammenhang' zwischen den Beiträgen durch die Leser*innen selbst erarbeitet werden. Die mediale Praxis des Lesens, so ließe sich am Ende behaupten, ist in sich als ein kollaborativer Prozess vorstellbar, und solcherart Mit-Denken verlangt der Band seinen Rezipient*innen ab. Die Lektüre stellt sich als ein herausfordernder 'Umgang mit Vielheiten' dar, der nicht zuletzt angesichts der hohen Qualität einzelner Beiträge neugierig macht auf mehr.
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Was ein Autor sei, betrifft die Medienwissenschaft auf vielen Kanälen: Sind die Gedanken frei, können sie jemandem gehören? Wenn ein Werk kopiert werden kann und zirkuliert, wie soll es geteilt werden? Die ökonomische Verfasstheit der Zirkulation von Wissen wurde im letzten Jahr vielen direkt bewusst, als die Verfügbarkeit wissenschaftlicher Literatur für die universitäre Lehre nach gescheiterten Verhandlungen mit der VG Wort kurzerhand extrem eingeschränkt wurde. Die wissenspolitischen, juristischen und hochschulpolitischen Dimensionen der Debatte, insbesondere der weiterhin geplanten Einzelmeldung aller in Forschung und Lehre verwendeten Texte, erörtern unter dem Titel «Mikromonetarisierung und freie Wissenschaft?» seit dem November 2016 für die Zeitschrift für Medienwissenschaft online Sebastian Gießmann und Florian Sprenger; hier stellen sie die aktuelle Entwicklung der Debatte dar, wiederum kommentiert von Serjoscha Wiemer. Die kulturhistorischen, technologischen und subjekt(de)konstituierenden Implikationen neuer Modelle von Open Access sollen weitere Beiträge diskutieren. ; What an author is, affects media studies on many channels: Are thoughts free, can they belong to someone? If a work can be copied and circulated, how should it be shared? Many became directly aware of the economic constitution of the circulation of knowledge last year when the availability of scholarly literature for university instruction became, without further ado, extremely limited as a result of failed negotiations with VG Wort. Under the title «Micro-Monetization and Academic Freedom?», Sebastian Gießmann and Florian Sprenger have discussed the debate online since November 2016 in terms of academic politics, law, and the politics of education, in particular the planned individual registration of all texts used in research and teaching, for the Zeitschrift für Medienwissenschaft online; here they present current developments in the debate, in turn commented upon by Serjoscha Wiemer. The implications of new models of open access in terms of cultural history, technology, and subject (de)constitution shall be discussed in future contributions.
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In seiner filmtheoretischen und filmästhetischen Studie führt Chris Tedjasukmana die Leser_innen mit Roland Barthes in den Darkroom und analysiert Filme, die sich im Treibsand verlorener Utopien bewegen oder Lust auf sexuelle Revolution machen könnten. In luziden Filmanalysen und auf hohem theoretischen Niveau wird Film als Medium einer alternativen, affektiven Geschichtsschreibung entworfen: Im Kino wird die Wirklichkeit des Möglichen zur geschichtsmächtigen Kraft. Den zentralen Begriff der mechanischen Verlebendigung entwickelt Tedjasukmana im kritischen Anschluss an klassische Filmtheorien bei einer gleichzeitigen Veränderung der Perspektive. "Verlebendigung" zielt dabei ins Herz einer zentralen Debatte um den Zusammenhang von Lebendigkeit, Medientechnik und Subjektivierung, die gegenwärtig im Kontext "neuer Lebensphilosophien" (S. 22) ebenso wie in Reflexionen über Biomacht und Biopolitik stattfindet. Der strategische Einsatz dieser filmtheoretischen und filmphilosophischen Studie verläuft dabei über die Aufwertung und Neufassung des Begriffs "ästhetische Erfahrung". Im ersten Teil des Buches wird das Konzept einer "Ästhetik der Lebendigkeit im Kino" (S. 24) entwickelt, aufbauend auf der Re-Lektüre von Autoren der klassischen Filmtheorie (Benjamin, Kracauer, Balazs, Epstein, Bazin, u. a.), über Bergson und Deleuze bis hin zur kritischen Einbeziehung phänomenologischer und poststrukturalistischer Ansätze. Ein zentraler Ausgangspunkt der Argumentation ist die Auseinandersetzung mit der Philosophie Bergsons, dessen "vitalistische Metaphysik als eine Ästhetik des Kinos" reformuliert werden soll, um daraus Grundlagen für eine "Ästhetik filmischer Verlebendigung" (S. 30) zu gewinnen. Mechanische Verlebendigung wird dabei aber nicht als mechanistischer Prozess der apparativen Illusionserzeugung gedacht. Vielmehr beruhe die Kinoerfahrung, so eines der zentralen Argumente, als eine ästhetische Erfahrung "auf dem Primat der erlebten Zeit" (S. 20) und lasse sich darum nicht als bloßer Effekt apparativ konstruierter Bewegungsillusion verstehen. Im weiteren Verlauf stellen schließlich Phänomenologie, Filmontologie, Diskursanalyse und postmoderne Körpertheorie das Theoriegerüst, um eine aktuelle Theorie ästhetischer Erfahrung im Kino zu entwerfen, die sich vermittelnd zwischen Diskursanalyse, politischer Kinotheorie und Filmphänomenologie positioniert. Heide Schlüpmanns Konzept 'Öffentlicher Intimität' findet in diesem umfassenden Theorieentwurf ebenso souverän einen Platz wie Michel Foucaults Machtbegriff oder Heterotopiekonzept. Kinoerfahrung wird von Tedjasukmana als eine "verkörpernde Wahrnehmung" verstanden, über die ästhetische Erfahrungen als "spezifisch geschichtlich-fiktionale Erfahrung" möglich werden (S. 18). Sein kritischer Einsatz orientiert sich dabei an der Idee, das Kino als einen 'anderen Ort' zu verstehen. Die raumzeitlich entgrenzte Erfahrung des Kinos, die für die Zuschauer_innen eine vorübergehende Entlastung vom Identitätszwang bedeuten kann, wird im Anschluss an Foucault als heterotope und heterochrone Dimension des Kinos gedeutet. Kino kann darum auf sein Potenzial für die Erfahrung widerständiger, oppositioneller und politisch-utopischer Möglichkeiten hin befragt werden. In der Auswahl der untersuchten Filme wird diese Perspektive konsequent entfaltet, indem ein Schwerpunkt auf den Komplex von Film, Trauma und Erinnerung gelegt wird, auf Fragen nach Verlust und Erinnerung und nach dem Zusammenhang zwischen einer Politik der Form und einer Politik der Lebensformen. Ein zentraler Begriff für die Filmanalysen ist dabei der einer "affektiven Geschichtsschreibung" (S. 190). Film wird als Erinnerungsmedium gedacht, jedoch nicht im Sinne einer medientechnischen Konservierung, sondern als Vermittlung ästhetischer Erfahrungen, durch die neue Kombinationen und Schichtungen von Vergangenheit und Gegenwart entstehen. Kinoerfahrung gründet aus dieser Perspektive auf der Simultanität von Vergangenheit und lebendiger Wahrnehmung, auf der Gleichzeitigkeit von Gedächtnis und rezeptiver Gegenwart. Die einzelnen Filmanalysen reichen vom dekonstruktiven Dokumentarismus von Hito Steyerl über den analytischen Realismus von Alexander Kluge bis zu den allegorischen Verfahren in so unterschiedlichen Arbeiten wie den Videoessays von Gregg Bordowitz, Rainer Werner Fassbinders Warnung vor einer heiligen Nutte (BRD 1971) oder Velvet Goldmine (USA 1998) von Todd Haynes. In den Film- und Formanalysen begegnen sich Theorie und Politik auf dem Schneidetisch. Der Blick wird auf politische Kämpfe und deren filmische Reflexion gelenkt: Wie verbindet Film historische Reflexion und Aktualisierung? Wie können Verbindungen zwischen mehreren Zeiten hergestellt werden? Wie kann ein "(queeres) Begehren nach Geschichte" (S. 289) erzeugt werden, das die Vergangenheit als Horizont vergangener Möglichkeiten wahrnehmbar werden lässt? In den Filmuntersuchungen fokussiert Tedjasukmana immer wieder die Bedeutung von Gefühlen: zwischen Zurücksehnen und Heimsuchen; zwischen Trauer und Hoffnung. Puzzlesteine aus einem Panorama politischer und gegenkultureller Kämpfe von 1968 über den AIDS-Diskurs der 1980er und 1990er Jahre bis zu queeren Politiken und Lebensformen. Die filmtheoretisch akzentuierte 'Gegenwart' der Kinoerfahrung wird stets als eine ästhetisch vermittelte beschrieben, die sich jedoch auf Seiten der Rezeption in eine reale Kinoerfahrung verwandelt, gedacht als eine "prinzipiell offene, dritte Zeit der Gegenwärtigkeit oder Präsenz" (S. 296). In den hellsichtigen Analysen werden allegorische Stile entziffert und als Elemente einer Politik der Form herausgearbeitet. Dies erfolgt mit Blick auf die Formulierung einer ästhetischen Erfahrung der Kontingenz von Geschichte, die sich als "affektive Geschichtsschreibung" vermittelt, von einer Ästhetik der Trauer bis hin zu einem Begehren nach vergangenen Möglichkeiten. Der Begriff von Film als Medium für eine "Erfahrung vergangener Möglichkeiten" (S. 276) wird dabei nicht romantisierend auf Formen von Wunsch oder Nostalgie reduziert, sondern als "wechselseitige Bezugnahme von Erfahrungs- und Reflexionsebene" (S. 188) konzipiert. Entscheidend ist hierfür ein an Benjamin orientierter Begriff der Allegorie, gedacht als "Mittel zur potenziellen Wiedergewinnung und Neuerfindung von Geschichte" (S. 280). Somit perspektivieren die Analysen Film als Teil politischer Praktiken. Über die Filmauswahl gelingt dadurch auch ein Einblick in feministische, homosexuelle und queere Politikperspektiven, entlang der Spuren von politischen Kämpfen, Traumata und vergangen-zukünftigen Möglichkeiten. Im Kino, so die affekttheoretische Zuspitzung, kann die Wirklichkeit des Möglichen als Element einer affektiven Geschichtsschreibung 'fühlbar' werden. Die Aufwertung des 'Gefühls', die damit filmästhetisch und politiktheoretisch vollzogen wird, balanciert zwischen repräsentations- und präsenztheoretischen Ansätzen und schlägt eine Brücke zu aktuellen Affekttheorien. So werden Gefühle zugleich subjektiv und kollektiv gedacht; die affektive Dimension der Kinoerfahrung wird als 'unmittelbar und real' und zugleich vermittelt vorgestellt. Gegenüber ihrer medialen Vermittlung wird die Autonomie der Affekte und Emotionen betont, bezogen auf die lebendige Kraft der Körper: "Affekte und Emotionen [lassen sich] nicht auf ein äußeres Eindringen sozialer Macht zurückführen. Vielmehr werden sie im und durch den eigenen Körper produziert und entfalten eine Eigenlogik, die von außen bisweilen unberechenbar und geschichtslos erscheint" (S. 294). Mechanische Verlebendigung ist ein dicht argumentierendes und theoretisch vielschichtiges Buch. Der Bogen reicht von der Re-Lektüre klassischer Filmtheorie zur Medienanthropologie, von Gedächtnistheorien bis zu zeitgenössischen Gefühls- und Affekttheorien. Tedjasukmana gelingt dabei eine kritische Weiterentwicklung wichtiger filmtheoretischer Positionen, die in den letzten Jahrzehnten die Theoriebildung vorangetrieben haben. Als Beitrag zur gegenwärtigen Filmtheorie entwirft Tedjasukmana in seiner Arbeit einen Begriff der ästhetischen Erfahrung im Kino, der medienontologische und ästhetische Ansätze geschickt zueinander in Bezug setzt. Geschärft wird damit der Blick auf das kritische Potenzial des Kinos als Ort anderer Erfahrung und als politische Kraft. Wer etwas über die gegenwärtige Entwicklung der Filmtheorie erfahren möchte, dem kann die Lektüre dieser – vielleicht zukunftsweisenden – Studie zur Ästhetik und geschichtsmächtigen Kraft von Kinoerfahrung nur empfohlen werden.
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In: Forum Erwachsenenbildung: die evangelische Zeitschrift für Bildung im Lebenslauf, Heft 3, S. 26-29
ISSN: 1433-769X
Academia.edu ist eine Online-Plattform, die als soziales Netzwerk für WissenschaftlerInnen und akademische Forschung konzipiert ist. Viele KollegInnen nutzen die Plattform bereits als Teil der eigenen wissenschaftlichen Praxis. Bei Academia.edu geht es für die NutzerInnen um komfortable Suchfunktionen und Zugriff auf wissenschaftliche Texte, sowie um ‹Sichtbarkeit› und Wahrgenommen-Werden. Erreicht wird dies durch die Pflege des eigenen Profils und durch das Teilen von wissenschaftlichen Artikeln, die auf die Server des Unternehmens per ‹Upload› übertragen werden. Alles was die Plattform anbietet, funktioniert reibungslos. Sie ist ein effektives Werkzeug zum Management der eigenen Online-Präsenz als Akademiker. Dennoch wird zunehmend Kritik an der Plattform geäußert. Erklärtes Ziel von Academia.edu ist es, die Zukunft der Wissenschaft zu verändern. Nicht nur durch Vernetzung und veränderte Publikationspraxen, sondern auch durch die implementierte Logik von Rankings, Metriken und ‹participatory surveillance› nimmt die Plattform Einfluss auf die Zukunft der akademischen Arbeit. Es ist notwendig, dies als mediale und inhärent politische Herausforderung zu verstehen. ; Academia.edu is the most popular online platform and social network for scientists and academic research. Members can easily maintain their profiles and share academic articles via ‹upload› to the company's web servers. It is also widely used by many media scholars as part of their research practices. Academia.edu can be used to search and find research papers, and promises to increase the visibility and reputation of its users. Almost everything the platform promises works perfectly fine. It is an effective tool for the management of one's online presence as an academic. Nevertheless, it provokes criticism. The ambition of Academia.edu is to change the future of scientific research. By ways of extended networking and altered practices of publication, as well as through the implemented logics of rankings, impact metrics and ‹participatory surveillance›, the platform strives to become a key player for the future of the academic production of knowledge. It is about time that we discuss the inherent political dimension of these undertakings, particularly from the point of media theory and with attention to the entanglement of power, technology and knowledge.
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The paper discusses concepts of 'nature' and 'life' as subjected to historical changes. The 21st century seems to be obsessed with 'life' and 'nature', which are reconfigured as objects of simulation practices and of a multitude of technoscientific enterprises as well as of political struggle. The historical influences and epistemological shifts of systems thinking are significant within two distinctive and interwoven fields: On the one hand the discourse of environmentalism with the paradigm of ecological crises, centered around ideas of resource management, sustainability, the general idea of an 'endangered nature' and the interconnectedness of global politics and individual actions. On the other hand the optimistic promises of artificial life, with synthetic biology and digital cyborg technologies as its avantgarde, which are very much driven by the idea of technoscientific mastery to surpass natures 'weakness' and by desires to improve 'life' and to even refashion 'life itself'. On the field of historical ecology, concepts of systems thinking are traced back to the middle of the 19th century, where ecological thought emerged at the intersections of biology and geography. Meandering between vitalistic, holistic, and mechanistic concepts, between living and non-living elements, systems ecology finally substitutes 'nature', which in turn is re-established in its new 'gestalt' as computer simulated world model since the early 1970s. Resurrected as an interrelation of system variables at the level of global simulations 'nature' strikes as a zombie. As a second turning point of the rewriting of the matrix, of life we will discuss the advance of 'games' since the early 1970ies, with the example of 'Game of life' ('Life') as a significant landmark. When 'life' becomes 'Life', it is by computerized modeling in terms of dynamic processes. Computer games can be thought of as instances of the popularization of cybernetic system thinking, functioning as interdiscoursive fragments between the specialized discourse of system theories and the sphere of 'common sense' (Nohr 2008), where the specific "gaming situation" (Eskelinen 2001) foregrounds playful individual action and manipulation of system objects within a set of given rules or the manipulation of system rules itself on the level of the 'code'. We will argue that both, the ecological discourse and the algorithmic model of self-reproduction of 'Life', are historically and systematically related manifestations and mediations of system theory. While they can be regarded as referring to different scales of application (macro-economic reasoning in the case of global eco-systems, modeling of bottom-up-complexity on a micro-level in the case of 'Life') and belonging to distinctive disciplines (economic and ecological research vs. mathematical theory of automata and artificial life studies), they share some common ground in being "algorithmic media" (Marks 2014) that are functional as "rhetorical software" (Doyle 1997) and as "allegorithms" (Galloway 2006) of the new compositions of the techno-biological and techno-ecological situation of the 21st century.
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