Novel assessment methods in ecotoxicology for the identification of hormonal active substances: combining the fish sexual development test with gene expression endpoints
In: Texte 2016, 41
In: Environmental Research of the Federal Ministry for the Environment, Nature Conservation, Building and Nuclear Safety
Zur Erfassung hormonaktiver Wirkungen von Substanzen auf Fische sind unter Regie der OECD eine Reihe von Testrichtlinien validiert worden, die in das harmonisierte Prüfrichtlinien-Programm für Endokrine Disruptoren (OECD 2010) eingegliedert sind. Die Untersuchung von physiologischen suborganismischen Parametern im Rahmen dieser Tests ist begrenzt auf etablierten Biomarker wie Vitellogenin oder 11-keto Testosteron in Blutplasma oder Lebergewebe. Ein vielversprechender Ansatz zur Verfeinerung bestehender Testrichtlinien ist die Integration molekularer Endpunkte, da diese sehr schnell auf Schadstoffe reagieren. Durch die Aufklärung von Zusammenhängen mit den auslösenden Ereignissen (der initialen Wirkung) der Schadsubstanz können sie indikativ für mögliche adverse Effekte auf Organismen sein. Dies entspricht dem Konzept Adverse Outcome Pathway (AOP), das als Weiterentwicklung der "Toxicity Pathways" als Interpretationshilfe für die Risikobewertung dienen soll. Hierbei werden die Zusammenhänge zwischen einem initialen molekularen Ereignis (Molecular Initiating Event; MIE) und dem daraus resultierenden apikalen Endpunkt auf der Organismus- oder Populationsebene auf eine einfache Kette von Schlüsselereignissen herunter gebrochen. Die so identifizierten Wege können die Basis für effektivere Bewertungsstrategien für toxische Substanzen, einschließlich endokrin wirksamer Substanzen (Endocrine Disrupting Chemicals; EDC), bilden und die Entwicklung von passenden Prüfstrategien erleichtern. In der hier präsentierten Proof-of-Principle-Studie wurden die Effekte der Exposition mit dem nicht-steroidalen Aromatase-Inhibitor Fadrozol (Testkonzentrationen 10 μg/L, 32 μg/L, 100 μg/L) in einem Fish Sexual Development Test (FSDT; OECD TG 234) mit Zebrabärbling (Danio rerio) untersucht. Dieser Test wurde durch Genexpressionsanalysen zu unterschiedlichen Zeitpunkten der Entwicklung (48 hpf, 96 hpf, 28 dpf, 63 dpf) ergänzt. Das Ziel der Studie war die Identifikation von molekularen Endpunkten, die durch Aromatase-Inhibition beeinflusst werden und einen adversen Effekt auf der Populationsebene auslösen. Zu den beobachteten Effekten zählte eine vollständige Verschiebung des Geschlechterverhältnisses in Richtung Männchen sowie eine erhöhte Gonadenreife der männlichen Tiere bereits in der niedrigsten Testkonzentration. Diese Effekte wurden auf die spezifische Wirkweise von Fadrozol zurückgeführt. Durch das MIE der Inhibition der Aromatase-Aktivität wird der Umbau von C19-Androgenen zu C18-Östrogenen verhindert und somit das Verhältnis der Steroidhormone, die das Geschlechterverhältnis regulieren, verändert. Eines der direkt folgenden molekularen Schlüsselereignisse (Molecular Key Event; KE) war anhand der Studienergebnisse, die Herabregulation der direkt Östrogen-sensitiven Gene vtg1 und cyp19a1b bereits nach 48 hpf, die außerdem in unterschiedlichem Maße geschlechtsdimorphe Expression bei 63 dpf zeigten. Neben diesen beiden Genen wurden drei weitere potenzielle Biomarker–Gene identifiziert, die an unterschiedlichen Schlüsselstellen des Steroidsignalweges eingreifen: igf1 (Insulin-like growth factor 1; Transkriptionsregulation), lss (Lanosterol synthase; Umbau von Fettsäuren zu Cholesterol) und star (Steroidogenic acute regulatory protein, Transport von Cholesterol zur inneren Mitochondrienmembran). Diese Markergene ermöglichen einen umfassenderen Einblick in die zugrunde liegenden Mechanismen der Aromatase-Inhibition während der sexuellen Entwicklung von Fischen. Darüber hinaus konnte der bereits existierende AOP der Aromatasehemmung speziell auf die Geschlechtsentwicklung von Fischen angepasst werden. Auf Basis der vorgestellten Ergebnisse ist die Anwendung von Genexpressionsanalysen im Rahmen von etablierten Testmethoden und Verfahren zu diskutieren. Anwendungsmöglichkeiten bieten der Fish Embryo Test (Erweiterung mit Genanalysen hin zu einem Screening Werkzeug für EDCs), die Erweiterung von etablierten chronischen Tests zur Untersuchung von Substanzen mit unbekannter Wirkweise sowie ein Einsatz für das Biomonitoring zum wirkorientierten Nachweis von Schadstoffeinwirkungen in biologischen Matrices.