Die Moralisierung der Finanzmärkte als Fiktion: Fallstudie zum Selbstverständnis nachhaltiger Investoren
In: Wirtschaft und Gesellschaft
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In: Wirtschaft und Gesellschaft
In: AIS-Studien: das Online-Journal der Sektion Arbeits- und Industriesoziologie in der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS), Band 14, Heft 2, S. 98-112
ISSN: 1866-9549
Die arbeitssoziologische Forschung bewegt sich in ihrer Rolle als kritische Aufklärerin seit jeher an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Praxis und ist in der Folge nie nur Beobachterin, sondern immer auch (Mit-)Gestalterin betrieblicher Praxis - und damit normativ. Obwohl in aktuellen Beiträgen Fragen der Gestaltung breit revitalisiert werden, bleibt eine genauere Klärung dessen, was unter "Gestaltung" zu verstehen ist, in der Arbeits- und Industriesoziologie (AIS) überraschenderweise bislang noch aus. Der Beitrag nimmt sich genau dieser Leerstelle an und entwickelt dabei die These, dass die AIS nicht nur mit einem aufklärerischen Verständnis von Gestaltung operiert, sondern mit einem normativ-aktivierenden. Gerade weil aber wissenschaftliche Resonanz auch davon abhängig ist, wie Wissenschaftskommunikation gegenüber jenen Adressat:innen gelingen kann, die nicht mit den eigenen Wertvorstellungen übereinstimmen, schließt sich hieran die Frage nach möglichen Weiterentwicklungen des bestehenden Verständnisses von Gestaltung an.
Die organisationale Gestaltung digitalisierter Arbeit zählt zu den Kernforderungen arbeits- und industriesoziologischer Forschung. In Kritik an technikdeterministischen Positionen wird argumentiert, dass sich die Chancen als auch Risiken der Digitalisierung nicht als Pfadabhängigkeiten technischer Entwicklungen verstehen lassen, sondern als von und durch Menschen sowie Organisationen gemacht. Umso überraschender ist es, dass in der bisherigen Diskussion die organisationale Einbindung digitalisierter Arbeit noch kaum Beachtung gefunden hat. Konkret zeigt sich diese im Rahmen einer Unternehmensfallstudie zur Implementierung eines digitalen Warenwirtschaftssystems in einem Handelskonzern. Deutlich wurde hier, dass dies mit Veränderungen in den Mustern der Anerkennungszuweisung einhergeht und eine Statusaufwertung der Datenmanagementabteilung zur Folge hat. Es wird daher die These formuliert, dass die Einführung digitaler Systeme nicht nur qualifikatorische sowie beschäftigungspolitische Konsequenzen nach sich zieht, sondern ebenfalls Auswirkungen auf die organisationalen Muster der Anerkennungszuweisung hat. Im Ergebnis wird ein Vorschlag entwickelt, die Dimension der "Anerkennung" als eine Teildimension des "sozio-technischen Systems" (Hirsch-Kreinsen 2015a) zu begreifen. ; The organizational arrangement of digital tasks is one of the main requirements for the Industrial Relations research. Technical deterministic positions have been criticized that the chances and risks of digitalization can't be recognized as path dependencies for the technical development, rather being set out by people and organizations. However, surprisingly is that in the previous discussion, the organizational involvement of digital tasks has not attracted any interest. In particular, this can be reflected in the context of a company case study regarding the implementation of a digital inventory management system in a business group. It became apparent, that this is due to changes in the pattern of allocated appreciation and causes an enlarged appreciation status of the department for data management. Therefore, it is hypothesized that the implementation of digital systems not only leads to consequences regarding qualification and employment policy, but also impacts on the organizational pattern of allocated appreciation. In conclusion, a proposal has now been developed to better understand the dimension of 'appreciation' as one part of the 'socio-technical system' (Hirsch-Kreinsen 2015a).
BASE
In: AIS-Studien: das Online-Journal der Sektion Arbeits- und Industriesoziologie in der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS), Band 9, Heft 1, S. 80-101
ISSN: 1866-9549
Die organisationale Gestaltung digitalisierter Arbeit zählt zu den Kernforderungen arbeits- und industriesoziologischer Forschung. In Kritik an technikdeterministischen Positionen wird argumentiert, dass sich die Chancen als auch Risiken der Digitalisierung nicht als Pfadabhängigkeiten technischer Entwicklungen verstehen lassen, sondern als von und durch Menschen sowie Organisationen gemacht. Umso überraschender ist es, dass in der bisherigen Diskussion die organisationale Einbindung digitalisierter Arbeit noch kaum Beachtung gefunden hat. Konkret zeigt sich diese im Rahmen einer Unternehmensfallstudie zur Implementierung eines digitalen Warenwirtschaftssystems in einem Handelskonzern. Deutlich wurde hier, dass dies mit Veränderungen in den Mustern der Anerkennungszuweisung einhergeht und eine Statusaufwertung der Datenmanagementabteilung zur Folge hat. Es wird daher die These formuliert, dass die Einführung digitaler Systeme nicht nur qualifikatorische sowie beschäftigungspolitische Konsequenzen nach sich zieht, sondern ebenfalls Auswirkungen auf die organisationalen Muster der Anerkennungszuweisung hat. Im Ergebnis wird ein Vorschlag entwickelt, die Dimension der "Anerkennung" als eine Teildimension des "sozio-technischen Systems" (Hirsch-Kreinsen 2015a) zu begreifen.
In: Gesellschaft, Wirtschaft, Politik: GWP ; Sozialwissenschaften für politische Bildung, Band 64, Heft 4, S. 505-514
ISSN: 2196-1654
In: Wirtschaft und Gesellschaft
Die Frage nach einer "Moralisierung" der Märkte greift in der wissenschaftlichen, aber auch öffentlichen Diskussion derzeit breit um sich. Beschränkte sich die Diskussion lange Zeit auf die Bereiche des Konsums, ist neuerdings sogar die Rede von einer "Moralisierung" der Finanzmärkte. Nur: Haben wir es hier tatsächlich mit einer "Moralisierung" der Märkte zu tun oder nicht eher mit einem analytisch unscharfen Verständnis von "Ökonomie" und "Moral"? Die Arbeit greift diese Frage auf und entwickelt zunächst ein sozialkonstruktivistisch informiertes Verständnis von "moralischem" Handeln. Mit Hilfe einer empirischen Fallstudie zum Selbstverständnis "nachhaltiger" Aktieninvestoren prüft und analysiert sie sodann die Anlagepraxis jener Finanzinvestoren, die gemäß ihres kommunizierten Selbstverständnisses nicht nur ihren Renditezielen Rechnung tragen, sondern ebenfalls ihrer gesellschaftlichen Verantwortung als Aktionäre. Der Inhalt Die zunehmende Finanzmarktorientierung in der deutschen Wirtschaftsordnung.- Die Finanzmarktorientierung in der Unternehmensorganisation und die Folgen für Prozesse "organisationalen Lernens".- Die Moralisierung der Finanzmärkte als eine Kritik der Finanzmarktorientierung?.- Eine kritische Bestandsaufnahme der Diskussion um "Wirtschaft" und "Moral".- Eine empirische Analyse "nachhaltiger" Anlageformen.- Zusammenfassung der Ergebnisse und Fazit Die Zielgruppen Wirtschafts- und FinanzsoziologInnen Die Autorin Dr. Eva-Maria Walker ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Arbeitsbereich Wirtschaft und Arbeit an der Universität Bielefeld
Die Prognosen über die Zukunft der Einfacharbeit in der Lagerwirtschaft sind widersprüchlich. Für sie gilt: Ersetzung oder Aufwertung der einfachen Arbeit. Unsere empirischen Fallstudien weisen hingegen auf eine Stabilisierung der einfachen Arbeit hin. Ungeplante Nebeneffekte der Technisierung können als arbeitspolitisches Potenzial zur Gestaltung digitalisierter Arbeit genutzt werden. Das Erfahrungswissen der Einfacharbeitenden kann als Gestaltungsressource zur Abmilderung ungeplanter Nebeneffekte mit einbezogen werden.
In der Lagerlogistik kommen verschiedenste technische Anwendungen zum Einsatz: Software, Identifikations-, Sensor- und Kommunikationstechnologien, mobile Assistenzsysteme und Roboter. Auf der Grundlage von Experteninterviews und Betriebsfallstudien, die wir in Lagerlogistikbetrieben durchgeführt haben, argumentieren wir, dass sich bei der Digitalisierung einfacher Arbeit - zumindest in unseren Fallstudien - aktuell keine Umbrüche beobachten lassen. Dafür sprechen drei Bedingungen der Technisierung, die wir in Lagerlogistikbetrieben vorgefunden haben: Erstens sind die beobachteten technisch-organisatorischen Veränderungen an soziotechnischen Systemen orientiert, für die sowohl digitale Technologien als auch angelernte Arbeit unverzichtbare Bestandteile sind. Zweitens ist mit Technisierung in den untersuchten Betrieben weder das Interesse an Substitution im Sinne von Entlassung noch das Interesse an einer qualitativen Veränderung einfacher Arbeit gegeben. Und drittens stehen für technisch-organisatorische Veränderungen, die auf den Umbruch bestehender Arbeitsstrukturen abzielen, kaum Ressourcen zur Verfügung.
In: TATuP - Zeitschrift für Technikfolgenabschätzung in Theorie und Praxis / Journal for Technology Assessment in Theory and Practice, Band 32, Heft 3, S. 90-91
In: Management revue: socio-economic studies, Band 29, Heft 1, S. 79-100
ISSN: 1861-9908
In: Industrielle Beziehungen: Zeitschrift für Arbeit, Organisation und Management, Band 26, Heft 2, S. 150-168
ISSN: 1862-0035
Den Themen Industrie 4.0 und digitale Transformation wird in den öffentlichen Debatten weiterhin ein hoher Stellenwert zuteil. Dabei dominiert häufig die Auffassung, dass diese Themen für einen disruptiven Technologieschub stehen, der die Formen des Wirtschaftens und des Arbeitens nachhaltig verändert. Insbesondere den einfachen Tätigkeiten in Produktion und Logistik wird in zahlreichen Prognosen ein hohes Substitutionsrisiko im Zuge der Digitalisierung zugeschrieben. Der wissenschaftliche Erkenntnisstand zu diesem Thema ist noch defizitär. Die wenigen Befunde sprechen in dieser Frage jedoch für einen komplexen und ungleichzeitigen Prozess, der verschiedene Entwicklungsperspektiven eröffnet. Der vorliegende Beitrag argumentiert in kritischer Auseinandersetzung mit der Mainstream-Debatte, dass sich gegenwärtig kaum Hinweise auf disruptive Entwicklungssprünge in Produktion und Logistik finden lassen, sondern vielmehr inkrementelle Digitalisierungsmaßnahmen und eine allenfalls schrittweise Anpassung von(einfacher) Industriearbeit dominieren. In der Begründung liefert der Beitrag in konzeptioneller Hinsicht drei Argumente, die auf uneingelöste Versprechen eines hoch aufgeladenen Digitalisierungsdiskurses, auf konkrete Pfadabhängigkeiten betrieblicher Rationalisierungsprozesse und auf besondere Herausforderungen im Arbeitshandeln einfacher Arbeit fokussieren. Empirische Basis sind Befunde einer quantitativen Sekundärauswertung und qualitativer Betriebsfallstudien in Produktion und Logistik, die an den beteiligten Instituten durchgeführt wurden.
Einerseits wird Tätigkeiten in der Logistik in zahlreichen Prognosen ein hohes Substitutionsrisiko im Zuge der Digitalisierung zugeschrieben. Andererseits besteht die Chance, Arbeit im Zuge von Digitalisierung qualifikatorisch aufzuwerten. Tatsächlich kommen in der Lagerlogistik von Handelsbetrieben verschiedenste technische Anwendungen zum Einsatz: Software, Identifikations-, Sensor- und Kommunikationstechnologien, mobile Assistenzsysteme und Roboter. Auf der Grundlage von quantitativen Erhebungen und Auswertungen, von Experteninterviews und von qualitativen Betriebsfallstudien untersuchen wir die Arbeitsfolgen der Digitalisierung für Einfacharbeitende in der Intralogistik des Handels und argumentieren, dass sich - zumindest in unseren Fallstudien - aktuell keine Umbrüche beobachten lassen: weder im Sinne einer zu befürchtenden Substitution noch im Sinne einer zu begrüßenden Aufwertung von Arbeit.
In der Debatte um die Digitalisierung werden für Einfacharbeitende erhebliche Veränderungen prognostiziert, die sich - optimistisch gesehen - in einer Aufwertung von Einfacharbeit niederschlagen oder - pessimistisch betrachtet - im Ersetzen von Einfacharbeit. Sowohl die Zahlen des DGB-Index Gute Arbeit 2016 als auch unsere qualitativen Betriebsfallstudien in der Handelslogistik sprechen allerdings eher für eine Stabilisierung der Arbeitsbedingungen für Einfacharbeitende. Für Betriebsräte bringen schleichende Veränderungsprozesse in Bezug auf die betriebliche Gestaltung von digitaler Einfacharbeit eine Herausforderung mit sich: Wartet man nämlich auf die für die Zukunft prognostizierten massiven Veränderungen, besteht die Gefahr, den Gestaltungsbedarf der langsamen, graduellen Veränderungsvorgänge in der Gegenwart zu übersehen.