Die Krise des Westens spitzt sich zu im Zusammenfallen von innerer Schwachheit und äußeren Bedrohungen – insbesondere durch die Herausforderungen Russland, Islam und China. Nach der Niederlage in Afghanistan und dem Krieg in der Ukraine befindet sich der Westen in der Defensive gegenüber Autoritarismus und Islamismus, welche die Freiheit von offenen Gesellschaften infrage stellen. Europa ist durch seine strategische, geistige und demografische Lage stärker gefährdet als liberaldemokratische Staaten in Nordamerika, Ozeanien und Ostasien. Der globale Westen wird auch noch durch den zunehmend totalitären politischen Kapitalismus Chinas herausgefordert.
Nach dem Ende des Ost-West-Gegensatzes nach 1990 erschien der "Westen" als Sieger im Systemwettstreit. Doch die "Überlegenheit" des "Westens" hat sich seit der Jahrtausendwende nicht bestätigt, die Welt ist weder übersichtlicher noch friedlicher geworden. Das Buch zeigt begründet und überzeugend, wie der Westen gerade auch mit seinen Werten und seinem Selbstverständnis genügend Potentiale hat, eine überzeugende politische Strategie für die Problemlagen in einer zunehmend auseinander fallenden Welt zu entwickeln. Mit der hier vertretenen neuen Doppelstrategie einer "Selbstbegrenzung nach außen und Selbstbehauptung nach innen" könnte der Westen zu mehr Stabilität finden und sich zugleich besser in eine notwendige multipolare Weltordnung einfügen.
Zugriffsoptionen:
Die folgenden Links führen aus den jeweiligen lokalen Bibliotheken zum Volltext:
Western foreign policy is based on the belief in the universality of democracy and human rights. The various world cultures and their associated world did not define themselves by a universal, but to different value systems in which are rights and obligations, individuality and collectivity, man and God in different rankings to each other. The western universalism is perceived by other value systems as a provocation and drives their fundamentalism and the clash of civilizations ahead. Adapted from the source document.
Der im Westen vorherrschende Kulturrelativismus wollte die Feindseligkeit des Islamismus kaum wahrhaben, weil sie seinem Paradigma von der Irrelevanz von Kultur und Religion zuwider lief. Erst ganz allmählich sind die Europäer bereit, Christenverfolgungen in islamischen Ländern zur Kenntnis zu nehmen. Das liberale Paradigma einer grenzenlosen Toleranz ist in sich widersprüchlich, weil es letztlich doch eine verbindliche moralische Norm enthält: Respektiere die Andersheit des Anderen. Damit sind der Beliebigkeit ethischer Normen Grenzen gesetzt. Die von der Postmoderne wiederholte Toleranzregel der Aufklärung enthält eine implizite Grenzsetzung: Recht auf Toleranz hat nur der selbst Tolerante. Auch eine postmoderne Ethik darf nicht auf Gegenseitigkeit und Verbindlichkeit verzichten, die das minimale konsensuale Fundament jeder noch so radikalen Pluralität bleiben müssen, wenn diese selbst Bestand haben soll. Für den Spagat zwischen Freiheit und Wehrhaftigkeit bedarf es sowohl freiheitsbezogener als auch freiheitsbegrenzender Gesetze. Auch wenn die Glaubensinhalte des Islam mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung nicht vereinbar sind, hat er ein Recht auf Schutz seiner Freiheit. Freiheitsbezogene Gesetze könnten das einigende Band einer von Vernunft getragenen gesetzlichen Ordnung über eine plurale Wirklichkeit knüpfen. (ICF2)
Der Autor verdeutlicht die Macht der Medien zunächst anhand ihrer Funktion bei vertikalen Steuerungsprozessen in autoritären (scheindemokratischen) Staaten, die allerdings immer mehr von den modernen Kommunikationsmedien, wie dem Internet, durchkreuzt werden. In den westlichen Informationsgesellschaften sieht er die Medien als Akteure einer die Gesellschaft ganz durchdringenden Dekonstruktion von Orientierungswissen und Sinngebungen. Für die Analyse weltpolitischer Prozesse ist es seines Erachtens relevant, dass die Medien die Illusion der Gleichzeitigkeit und der Allzuständigkeit aufbauen bzw. verstärken, reale kulturelle Grenzen verwischen und damit einer Überdehnung des westlichen Universalismusanspruchs Vorschub leisten, wodurch sie gravierende politische Fehlentscheidungen mitsteuern. Die in den virtuellen Illusionen des Internets enthaltene Nivellierung von Ideologien und Identitäten ist aber für jüngere Generationen zugleich ein Hoffnungspotenzial für ein friedliches Miteinander, das allerdings seine Form nur durch eine neue Option für die Bildung gewinnen kann. (ICI2)
Der Essay versucht zu zeigen, dass das Ziel einer gesamteuropäischen Union irreal ist. Das in den EU-Verträgen beschworene "Subsidiaritätsprinzip", das die "Vielfalt in der Einheit" gewährleisten soll, wird faktisch von einem "hegemonialen Ökonomismus" außer Kraft gesetzt. Mittels der bis zum Lissaboner Vertrag betriebenen Kabinettspolitik (Europäischer Rat) wurden auch diejenigen innergesellschaftlichen Funktionssysteme den Imperativen der Ökonomie unterworfen, die sich in den nationalen demokratischen Willensbildungsprozessen noch behauptet hatten. Wie verheerend sich diese Eindimensionalität auswirkt, zeigen die Weltfinanz- und die Eurokrise, die nicht aus dem Versagen der Märkte oder der Staaten, sondern aus der misslungenen Interaktion zwischen ihnen erklärbar sind. Möglich ist eine für den Autor differenzierte Integration, in der nicht Gemeinsamkeiten, sondern Gegenseitigkeiten die Maßstäbe für eine Differenzierung nach Räumen der politischen Integration, der ökonomischen Kooperation und der kulturellen Koexistenz sind. Für die Erhaltung bzw. den Wiederaufbau eines handlungsfähigen Kerns der EU sind die Ein- und Ausgrenzungen in Zukunft mehr nach realpolitischen Kriterien des Möglichen zu treffen. (ICA2)
Solange der Westen seine Einflusssphäre mit der Universalität der allgemeinen Menschenrechte gleichsetzt, droht jedes Problem auf der Welt zu einem Problem des Westens zu werden, ob die mangelnde Autonomie der Tibeter, die Unterdrückung der Frauen Afghanistans oder der Landverlust der Palästinenser. Das Bedürfnis nach kultureller Eigenständigkeit gerade im Zeitalter zunehmender Verflechtungen erkennt man auch am Anwachsen der Zahl von Staaten. Sie ist seit Gründung der Vereinten Nationen von etwa achtzig auf mehr als zweihundert angestiegen. In nichtwestlichen Kulturen fallen universalistische Werte oft statt auf einen aufnahmebereiten auf einen durch ethnische oder religiöse Identitäten versiegelten Boden. Dieser Zusammenprall von Universalismus und Kulturalismus treibt schon deshalb einen Kampf von Kulturen hervor, weil die westliche Werteordnung in der nichtwestlichen Welt als kulturelles System wahrgenommen wird. Während sich westliche Werte langfristig auch bei früheren Feinden wie in Vietnam indirekt verbreiten, erhalten kulturalistische Werte im direkten Konflikt meist eine stärkere Unterstützung. (ICF2)