Rezension: "Neuer Nationalismus im östlichen Europa Kulturwissenschaftliche Perspektiven" / Irene Götz, Klaus Roth, Marketa Spiritova (Hrsg.) Bielefeld: transcript, 2017. ISBN: 978-3-8376-3962-9
Noch um die Jahrtausendwende war die Annahme verbreitet, dass nach dem Ende der Geschichte auch das Ende der Nation bevorstehe. Das Konzept sollte von der Globalisierung weggespült werden oder zumindest in größeren Einheiten wie der Europäischen Union aufgehen. Die jüngeren Entwicklungen muten dagegen wie ein Revival des Nationalismus an. Und trotz eklatanter westlicher Beispiele wie dem Brexit oder Trumps Wahlerfolg wird dieser vermeintlich neue Nationalismus vielfach als ein Phänomen mit besonderer Ausprägung in Ostmittel- und Osteuropa aufgefasst. Ausweis dessen sind etwa die autoritär-nationalistischen Regierungen in Ungarn und Polen mit ihrer rassistischen Rhetorik sowie die beharrliche Weigerung der Visegrád-Staaten, Geflüchtete aufzunehmen. Der vorliegende Band ist das Ergebnis einer Tagung, die Ende 2016 dezidiert als Reaktion auf diese Tendenzen abgehalten wurde. Ziel war es, wie Mitherausgeberin Irene Götz einleitend erklärt, nach Formen und Ursachen des "neuen Nationalismus" seit dem Ende des Staatssozialismus zu fragen und zu weiteren Forschungen anzuregen. Eine politische Motivation wird angesichts der "beängstigenden Befunde" keineswegs verhehlt (S. 12). Götz wirft auch die weiterführende Frage nach Handlungsmöglichkeiten der Wissenschaft auf und überlegt, inwieweit die Analyse "durch Formen von Aktivismus zu ergänzen" sei (ebd.).