China unter der Lupe: Reportagen aus einer modernen Provinz
In: Reihe gelbe Erde, 11
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In: Reihe gelbe Erde, 11
World Affairs Online
In: GIGA-focus
In: Asien 2007,2
In: Mitteilungen des Instituts für Asienkunde, Hamburg, 380
World Affairs Online
Beide taiwanischen Oppositionsführer auf Chinareise, beide - wenn auch je für sich - im Gespräch mit dem Vorsitzenden der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh): brach Ende April, Anfang Mai eine Ära der Entspannung im chinesisch-taiwanischen Verhältnis, ein Tauwetter nach jahrzehntelanger Eiszeit an? Das Doppelereignis, hinten in diesem Heft im Ablauf vorgestellt (s. Dokumentation 4), beherrschte in China und Taiwan die Medien und wurde auch international kommentiert. Es schien die Wahrnehmung Chinas als eines gewaltbereiten Giganten, die sich im März bei der Verabschiedung des Antisezessionsgesetzes verbreitet hatte, zu konterkarieren. Wie aber nahmen Taiwans Regierung und die taiwanische Öffentlichkeit die Entwicklungen wahr, und wie reagierten sie? Ergeben sich aus den Besuchen längerfristige Perspektiven?
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Am 21. März 2008 wählten die Taiwaner einen neuen Präsidenten und sie entschieden sich mit einer Mehrheit von 58,45% für Ma Ying-jeou (Ma Yingjiu), den Kandidaten der oppositionellen Nationalen Volkspartei Kuomintang (Guomin- dang, KMT). Mit ihm wurde Vincent Siew (Xiao Wanchang) zum Vizepräsidenten gewählt (ZXW o.J.a). Nach acht Jahren (zwei Amtsperioden) unter Chen Shui- bian von der taiwannationalistischen Demokratischen Fortschrittspartei DPP vollendeten die Wähler damit einen Machtwechsel, dessen ersten Akt die von der KMT überragend gewonnenen Parlamentswahlen im Januar 2008 bildeten (Schütte 2008). Es war der zweite auf demokratische Art zustande gekommene Machtwechsel in der Geschichte der noch jungen taiwanischen Demokratie.
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Es war klar, dass es so nicht weitergehen konnte: Alle Versuche Präsident Chen Shui-bians, Taiwan gegenüber der Welt als unabhängigen Staat hinzustellen, waren gescheitert - die wiederholten Aufnahmeanträge bei der Weltgesundheitsorganisation WHO und bei der UNO waren abgelehnt worden, die Volksabstimmungen, in denen Taiwans Bürger gegenüber der Volksrepublik China und der Weltöffentlichkeit ihre Stimme erheben sollten, waren wegen mangelnder Teilnahme ungültig, und aus diesen wie aus anderen Gründen hatte das Volk die Demokratische Fortschrittspartei (DPP) Chen Shui-bians nach acht Jahren wieder auf die Oppositionsbank geschickt. Sein Nachfolger Ma Ying-jeou (Ma Yingjiu), den die Wähler im März 2008 auf den Schild gehoben und vorab, bei den Parlamentswahlen im Januar 2008, bereits mit einer üppigen Machtbasis im Legislativ-Yuan versehen hatten, hatte es insofern leicht, sich auch mit einer anderen Chinapolitik zu empfehlen.
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Am Ende war es dann doch kein Kopf-an-Kopf-Rennen dreier Kandidaten gewesen, wie viele Beobachter erwartet hatten. Das Ergebnis der Wahl zum Präsidentenamt am 18. März fiel im Gegenteil deutlicher aus als erwartet.
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Mit dem Amtsantritt von Taiwans Präsident Chen Shuibian und seiner Regierung vollzog sich erstmals ein demokratischer Machtwechsel an der Spitze eines chinesischen Staates. Gewiss übertraf die symbolische Bedeutung dieses Ereignisses die faktische deutlich, denn die Partei des neuen Präsidenten hat in der Legislative nicht die Mehrheit, und in der neuen Regierungsmannschaft geben daher Mitglieder der alten Regierungspartei KMT den Ton an. Dennoch ist nicht zu leugnen, dass diesem Machtwechsel etwas Epochales anhaftet, dass es sich für Taiwan, vielleicht auch für China insgesamt, um ein historisches Ereignis handelt, dessen Tragweite noch nicht zu übersehen ist.
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Am 1. Dezember wurden die Wähler in Taiwan zur Urne gebeten. Es galt, die neue Zusammensetzung des Legislativ-Yuans - des taiwanischen Parlaments - zu bestimmen sowie die Leitung der Kreise und Städte mit Ausnahme der zwei Metropolen Taipei und Kaohsiung. Während die Regionalwahlen nicht sonderlich bedeutsam waren, galt dies für die Parlamentswahl nicht. Ein Faktor verlieh ihr schon im Vorwege, ohne Ansehen der Ergebnisse, historische Bedeutung: Es war die erste Parlamentswahl, nachdem die einst allmächtige Nationale Volkspartei Kuomintang (KMT) bei den Präsidentschaftswahlen im März 2000 die Staatsführung erstmals an einen Oppositionspolitiker, Chen Shui-bian von der Demokratischen Fortschrittspartei DPP, hatte abgeben müssen.
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2003 wird in Taiwans Geschichte dereinst wohl vor allem wegen der atypischen Lungenkrankheit SARS in Erinnerung bleiben, die sich im April/Mai zu einer Epidemie ausweitete, zeitweise außer Kontrolle geriet und die Wirtschaftsprognosenzu Makulatur machte. Als folgenreicher jedoch könnte sich ein politisches Ereignis - oder besser: eine Verkettung solcher Ereignisse - am Jahresende erweisen: die Verabschiedung eines Referendumsgesetzes durch den Legislativ-Yuan Ende November und der Beschluss von Präsident Chen Shui-bian, das neue Instrument dafür einzusetzen, zeitgleich mit den Präsidentschaftswahlen im März 2004 in einem Plebiszit Volkes Stimme gegen die Raketen zu Gehör zu bringen, mit denen China Taiwan bedroht - das Gesetz also für - wenn auch legitime - Propagandazwecke zu nutzen.
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Einen Erfolg jedenfalls konnten alle führenden Politiker Taiwans im März gemeinsam verbuchen: Die Inselrepublik stand über Tage im Rampenlicht der Weltöffentlichkeit (wobei ein noch flüchtiger Missetäter half): erst ein Attentat auf den Präsidenten und die Vizepräsidentin (gescheitert), dann die Wiederwahl des Präsidenten (um Haaresbreite fast gescheitert), das so genannte Verteidigungsreferendum (gescheitert) und dann nicht enden wollende Proteste und politisches Tauziehen (noch unentschieden, aber zum Scheitern verurteilt). Es war spannend zu verfolgen.
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Taiwan wählte am 12. Januar 2008 ein neues Parlament, den 7. Legislativyuan. Es war eine Premiere, denn erstmals wurde ein neues Wahlgesetz angewendet, das eine radikale Abkehr vom bisherigen Verfahren brachte. Bei der gleichzeitigen Verkleinerung des Parlaments um die Hälfte - von zuvor 225 auf nunmehr 113 Sitze - ergaben sich für den politischen Prozess im Lande Weiterungen, die noch nicht voll zu überschauen sind. Außerdem wird das neue Parlament erstmals vier Jahre im Amt bleiben. Bisher galt eine Wahlperiode von drei Jahren.
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Bei einer Parlamentswahl gilt gewöhnlich nicht die Partei als Verliererin, die am wenigsten Stimmen erhält, und die als Gewinner, die mit den meisten Kandidaten ins Parlament einziehen kann. Vielmehr werden einer Bewertung sowohl das Abschneiden gegenüber der vorangegangenen Wahl wie auch das Erreichen oder Verfehlen von Wahlzielen zu Grunde gelegt, die sich die Parteien selbst gesetzt haben. Dass man sogar dann als Verlierer gelten - und sich selbst als Verlierer fühlen - kann, wenn man Stimmenzuwächse erhielt und die größte Fraktion stellt, musste im Dezember 2004 Taiwans Demokratische Fortschrittspartei (Minjin Dang, DPP) erfahren.
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In Zeiten dramatisch steigender Rohölpreise sind Länder ökonomisch besonders betroffen, wenn sie selbst kaum über fossile Rohstoffe verfügen und andere Energiequellen wenig nutzen oder nicht erschlossen haben, deren hoch entwickelte Volkswirtschaft gleichzeitig aber nach einer anhaltend sicheren und möglichst preisgünstigen Energieversorgung verlangt. Zu solchen Ländern zählt Taiwan.
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In Taiwan war das Antisezessionsgesetz seit dem letzten Februardrittel das beherrschende Thema in den Medien und in der Politik. So blieb es den ganzen März hindurch. Das Gesetz stieß, noch ehe sein Wortlaut bekannt wurde, praktisch auf einhellige Ablehnung, wenn auch in unterschiedlicher Intensität. Die Reaktionen konnten Beijing, das sich gern auf die "taiwanischen Landsleute" beruft, nicht gefallen. Im Effekt bedeutete das Gesetz willkommenen Rückenwind für die Unabhängigkeitsbefürworter.
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