"Ziel dieses Aufsatzes ist es, Wirksamkeit und Wirkungsweise der interregionalen Kooperation durch transnationale Städtenetzwerke zu untersuchen. Dies soll am Beispiel der Mittelstadt Criciúma in Südbrasilien geschehen, wo neben dem Südosten des Landes ein regionaler Netzwerkschwerpunkt im Cono Sul entstanden ist. In der Hauptthese wird dabei die Auffassung vertreten, dass die Förderung einer Integration von unten die Bedingungen für das Gelingen der Integration von oben erheblich verbessern kann. Dies wird vor dem Hintergrund der Schwierigkeiten beim Aufbau der 'strategischen Partnerschaft' zwischen Europa und Lateinamerika auf höchster Ebene noch einmal deutlich. Entsprechend wird als Schlussfolgerung die dauerhafte Fortsetzung der transnationalen Städtenetzwerke als innovatives Instrument der Entwicklungs- und Integrationsförderung gefordert." (Autorenreferat)
Im Rahmen des Forschungsvorhabens werden transnationale Städtenetzwerke anhand des EU-Programms URB-AL analysiert, welches über 1.000 Städte Europas und Lateinamerikas in direkte Kooperationsbeziehungen zueinander setzt. Die Eckpunkte bilden hierbei aktuelle Globalisierungsprozesse, die Diskussion um eine wirksame Global-Governance-Architektur und die wachsende Bedeutung der Netzwerk-Kooperation als Strategie zur Überwindung disparitärer räumlicher Entwicklungsstrukturen. Anhand eines der 13 europäisch-lateinamerikanischen URBAL- Städtenetzwerke werden deren Wirkungsweise und Wirksamkeit sowie Schwachstellen und Potenziale untersucht. Schließlich wird auf dieser Grundlage ein modellhaftes Instrument der Entwicklungszusammenarbeit in transnationalen Netzwerkstrukturen entworfen, welches neben Städten auch auf andere dezentrale Akteure im Entwicklungsprozess Anwendung finden kann.
Dass Brasilien die Rolle einer regionalen Führungsmacht erfüllt, steht außer Frage; ob sie allerdings im Rahmen von "hegemonialen" Ambitionen im Sinne einer einseitigen Willensdurchsetzung oder lediglich im Sinne einer "hegemonie-freien" Führungsrolle, wie es der brasilianische Außenminister formuliert, ausgeübt wird - das ist eine Kernfrage, an der die Positionen und Wahrnehmungen inner- und außerhalb Brasiliens auseinander gehen. Dies bildet die eine thematische Achse dieses Themenschwerpunktes. Die andere Achse betrifft die Frage, inwieweit Brasilien seiner Außenpolitik dadurch Glaubwürdigkeit zu verleihen imstande ist, dass es im Inneren eine sozial kompatible Wirtschaftspolitik fährt. Wie weit eine diesbezüglich fehlende Kompatibilität führen kann, wurde im Dezember 2003 deutlich, als der ALCA-Verhandlungsprozess, in dem es um die Einrichtung einer gesamtamerikanischen Freihandelszone geht, vorläufig gestoppt werden musste, und zwar nicht zuletzt als Folge des fortschreitenden Legitimationsentzugs durch die soziale Bewegung in Brasilien und Lateinamerika, für die die ökonomischen Zielsetzungen einer ALCA unter der Ägide der USA inakzeptabel sind. Nicht selten wird Brasilien gerade wegen seiner sozialen Schieflage als ein (außenpolitischer) "Riese mit (innenpolitisch) tönernen Füßen" bezeichnet. (...) Wie sieht die Wahrnehmung von Brasiliens Außenpolitik unter Lula in den Augen seiner Nachbarn aus? Und wie weit tragen bestimmte Aspekte von Lulas Wirtschaftspolitik zur Schließung der lang anhaltenden Glaubwürdigkeitslücke brasilianischer Außenpolitik bei? Um diese beiden Fragen drehen sich die vier Beiträge dieses Heftes, die bei der Jahrestagung 2005 der Arbeitsgemeinschaft der Deutschsprachigen Lateinamerika-Forschung ADLAF in Weingarten zum Thema "Brasil en América Latina: Interacciones, Percepciones, Perspectivas" allesamt zur Vorstellung und Diskussion gestanden haben. Bei der Auswahl von Beiträgen aus der wissenschaftlich sehr gelungenen Veranstaltung handelt es sich zunächst um eine zusammenfassende Bestandsaufnahme und Analyse der brasilianischen Außenpolitik und ihrer Perzeptionen in den Augen der Nachbarländer (Aufsätze von Raúl Bernal-Meza und Wilhelm Hofmeister). Die zweite Themenachse behandelt sodann ein wenig beachtetes Feld von Lulas Wirtschaftspolitik, nämlich das der Förderung von Mikrokrediten für "die kleinen Leute" und die bislang positiven Effekte für deren Inklusion in den ökonomischen Kreislauf (Christiane Ströh). Den Abschluss bildet eine Analyse der von der EU geförderten Bildung städtischer Netzwerke entlang verschiedenen Politikfeldern am Beispiel einer Kommune in Südbrasilien (Rainer Rothfuß). (...) (Lat.am Anal/GIGA)