Das deutsche Arbeitsrecht enthält Regelungen über Mindeststandards, die nicht zuletzt einer Unterbindung transnationaler Lohnkonkurrenz dienen sollen. Einige dieser Regelungen (ArbZG, AÜG, AVE-Tarifnormen) können jedoch durch tarifliche Regelungen unterboten werden. Von anderen Regelungen (AEntG, MiArbG) wird behauptet, die Zulassung ihrer tariflichen Unterbietung sei verfassungsrechtlich geboten. Aufgrund der Laval-Entscheidung des EuGH muss jedoch jede Möglichkeit zur tariflichen Unterbietung auch U-ausländischen Tarifverträgen eröffnet werden. Das Gutachten analysiert zunächst kritisch diesen wenig beachteten Aspekt der Laval-Entscheidung. Anschließend werden ihre rechtlichen Auswirken im deutschen Arbeitsrecht aufgezeigt. Im dritten Teil werden rechtliche Möglichkeiten diskutiert, im Gegenzug zur Gleichbehandlung den Inhalt EU-ausländischer Tarifverträge oder die Tariffähigkeit EU-ausländischer Gewerkschaften zu kontrollieren. Beide Ansätze erweisen sich als allenfalls eingeschränkt tauglich. Am Schluss werden Empfehlungen für staatliche und gewerkschaftliche Politik skizziert.
Das Grundverständnis der Tarifautonomie ist in begrifflicher und normativer Hinsicht stark umstritten. Das derzeit herrschende und auch von der Rechtsprechung vertretene Verständnis von Tarifautonomie als kollektiv ausgeübter Privatautonomie verkürzt konzeptionell ihre Reichweite, schlägt sich in der Handhabung des geltenden Tarifvertragsrechts restriktiv nieder und stellt sich wichtigen Reformanliegen zur staatlichen Stützung des Tarifvertragssystems entgegen. Diesem herrschenden Verständnis – argumentiert der Autor – ist in der Rechtswissenschaft, vor den Arbeitsgerichten und in der Rechtspolitik entgegenzuhalten, dass es sich bei der Tarifautonomie um eine Form der politischen Autonomie handelt. Tarifautonomie befugt frei gebildete Koalitionen als Tarifvertragsparteien zu einer von staatlicher Politik unabhängigen Setzung von Rechtsnormen. Die Ausübung dieser autonomen Befugnis ist notwendig, um die Arbeitsbeziehungen gerecht zu gestalten. Darum ist die Sicherung der Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie eminente staatliche Aufgabe, die von staatlicher Politik schon allzu lange sträflich vernachlässigt wird.
Abstract In the first part of his book, Peter Benson elaborates for the common law that fairness in exchange is not only a fundamental principle of contract law, but that it is, moreover, conceptually rooted in the idea of private autonomy. For the common law presumes that a party to a contract intends, in principle, to exchange performance at its value and on fair terms. The following comment shows that this presumption also animates German contract law, including the rules on the review of standard terms. In the second part, Benson develops the image of a harmonious complementarity of private law, which is characterised by transactional justice, and public law, which instantiates distributive justice. The following comment disputes the claimed harmony by demonstrating the fundamental asymmetry in the institutionalisation of both forms of justice in civil society.
Was rechtfertigt das geltende Privatrecht? Dies entfaltet die Arbeit am Beispiel der Kerninstitutionen von Delikt, Eigentum und Vertrag. Um nicht alsbald in der hermeneutischen Sackgasse der herrschenden Wertungsjurisprudenz zu enden, wird die Untersuchung von der Frage angetrieben, welche normativen Ideen die kohärenteste Begründung für die Regeln des geltenden Rechts liefern würden. Die ökonomische Analyse bietet die Steigerung des Wohlstands an. Aber damit verfehlt sie das geltende Privatrecht schon im Ansatz. Als tragfähig erweisen sich stattdessen die als längst überwunden geltenden Ideen gleicher Freiheit und ausgleichender Gerechtigkeit. Doch damit haftet dem geltenden Privatrecht zugleich ein fundamentales Defizit an, das in der öffentlich-rechtlichen Einhegung des Privatrechts reflektiert ist.Der hier präsentierte Ansatz einer "normativen Rechtstheorie" liegt auf der Schnittstelle von Rechtsphilosophie und Rechtsdogmatik und macht beide füreinander fruchtbar.
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In: Zeitschrift für Staats- und Europawissenschaften: ZSE ; der öffentliche Sektor im internationalen Vergleich = Journal for comparative government and european policy, Band 10, Heft 1, S. 99-109
Verfassung jenseits des Nationalstaates ist nach wie vor ein dominantes Thema der Rechts- bzw. Verfassungstheorie. Zwei Linien haben die Diskussion darum seit Anfang der 1990er Jahre in Deutschland geprägt. Im Zentrum der ersten Linie standen dabei mögliche Formen eines Weltstaates oder einer Weltrepublik. Der zweiten Linie ging es um das reale Projekt einer Verfassung für Europa. In beiden Diskussionen hat Ingeborg Maus Stellung bezogen und die Fortschrittsversprechen, die mit Weltrepublik oder EU-Verfassung gewöhnlich verbunden wurden, aus demokratischer Perspektive kritisiert. In dem vorliegenden Beitrag steht ein innovativer Aspekt der Maus'schen Position im Fokus, nämlich das Internationale Privatrecht als Modus der Verrechtlichung gesellschaftlicher Grenzüberschreitungen. Zunächst wird die demokratietheoretische und polit-ökonomische Kritik von Ingeborg Maus an den Euro- und Weltstaatsprojekten vorgestellt. Es wird deutlich, dass eine Notwendigkeit besteht, die von Maus skizzierte konzeptuelle Alternative einer "demokratischen Verrechtlichung ohne Verstaatlichung" des Transnationalen weiter auszuarbeiten. Darum geht es in dem zweiten Teil des Aufsatzes. (ICD)
In: Integration: Vierteljahreszeitschrift des Instituts für Europäische Politik in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Europäische Integration, Band 28, Heft 2, S. 150-161