Wer sind die jungen Menschen, die aus Europa in den Heiligen Krieg ziehen? Die Soziologin Karin Priester hat die Lebensläufe von über 500 muslimisch sozialisierten oder konvertierten Dschihadisten aus fünf westeuropäischen Ländern untersucht. Sie hat nach ihren Werdegängen und Berufen, ihren Motiven und den familiären Hintergründen gefragt. Neben Abenteuerlust und religiösen Gründen spielen - so Priester - für den Bruch in den Biografien auch bisher wenig beachtete Motive, zum Beispiel materielle Interessen, eine Rolle. Die Autorin hat in ihrer Untersuchung immer auch die Ideologie des Dschihadismus im Blick und kann einen präfaschistischen Prozess ausmachen. So gelingt ihr eine umfassende Studie, die über den Stellenwert und die Gefahren des Dschihadismus in Europa aufklärt und ihn historisch einordnet.
Nach der großen Systemauseinandersetzung des 20. Jahrhunderts mit den Polen Kommunismus und Faschismus erlebt der Populismus seit den 1990er-Jahren einen Aufschwung. Dieses Phänomen stellt die repräsentative Demokratie und ihre politischen Akteure vor neue Herausforderungen. Karin Priester stellt die wichtigsten Definitionen und Typologien des Populismus vor und gibt dabei einen breit gefächerten Überblick über seine neuen Erscheinungsformen im linken und rechten politischen Spektrum: vom Chavismus in Venezuela über die Tea-Party-Bewegung bis hin zur Occupy-Wall-Street-Bewegung in den USA. Vor dem Hintergrund dieser Beispiele fragt die Autorin sowohl nach dem Bedrohungspotenzial als auch nach einer möglichen positiven – erneuernden und korrigierenden – Funktion des Populismus für die repräsentative Demokratie. "Das Etikett "populistisch" fällt in der politischen Arena schnell. Was sich dahinter verbirgt, untersucht die Soziologin Karin Priester in ihrem Buch "Rechter und linker Populismus - Annäherung an ein Chamäleon". Erhellend sind jene Kapitel, die einzelne Bewegungen wie die Tea Party oder den Chavaz-Sozialismus unter die Lupe nehmen... Das Buch wirkt, trotz des systematischen Anspruchs, wenig systematisch gegliedert. Es gibt knackige Definitionen und anregende Überlegungen, aber eine Dramaturgie ist kaum erkennbar. Ein viel zitiertes Fachbuch zum Thema könnte "Rechter und Linker Populismus" trotzdem werden. In der Wissenschaft sind Chamäleon-Publikationen, die zwischen Aufsatzsammlung und Lehrbuch changieren, durchaus beliebt. Erst recht, wenn sich die Sprache einer ausgeprägten Fachtagungslandschaft optimal anpasst. Zugegeben, das war jetzt eine populistische Bemerkung" (dradio.de). Platz 9 SZ/NDR-Sachbücher des Monats Oktober 2012
Zugriffsoptionen:
Die folgenden Links führen aus den jeweiligen lokalen Bibliotheken zum Volltext:
Zusammenfassung Die repräsentative Demokratie steht zunehmend unter Druck. Das Parteienspektrum fragmentiert sich und erschwert Regierungsbildungen. Unabhängig von ihrer politischen Ausrichtung treten neue, aus politischen Bewegungen hervorgegangene Akteure auf, die mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung versprechen. Drei dieser teilweise sehr erfolgreichen Bewegungsparteien werden hier vorgestellt. Es wird die These vertreten, dass sie, trotz vermeintlich mehr Partizipation durch Losverfahren und extensive Nutzung der sozialen Medien einer Zentralisierung der Macht Vorschub leisten. Verglichen mit traditionellen Parteien, ist die Einflussnahme der Mitglieder eher geringer. Die Formierung des politischen Willens wird von oben, von starken Parteiführern, gesteuert und kontrolliert.
Zusammenfassung Im Umgang mit der Konjunktur des Populismus schlagen sich derzeit ein beginnender Prozess der Entglobalisierung und der Glaubwürdigkeitsverlust des kosmopolitischen Narrativs des Neoliberalismus nieder. Obzwar Populismus derzeit vor allem von rechts mobilisiert wird, zeigen sich auch zahlreiche Ansätze eines Gegenpopulismus von links. Als "dünne Ideologie" im Sinne Michael Freedens ist Populismus richtungspolitisch keineswegs festgelegt. Im Kern beruht er auf einer Volte gegen das Establishment und die Eliten im Namen des "Volkes", dessen "Souveränität" es wieder herzustellen gelte. Er findet seinen Resonanzraum aufgrund der Auflösung der großen politischen Subkulturen und der Fokussierung der Volksparteien auf die Mitte und kann sich seit den 1970er-Jahren dauerhaft verselbständigen. Im europäischen Kontext ist der genuine Linkspopulismus nicht in Absehung von der jeweiligen Einstellung zur EU zu verstehen. Der Beitrag skizziert vor diesem Hintergrund eine differenzierte Phänomenologie der linkspopulistischen Strömungen in Europa (Podemos, Syriza, Parti de gauche und La France insoumise) und geht auf Vordenker wie Mouffe und Laclau ein. Mit der neoliberalen Globalisierung rücke der Linkspopulismus zugunsten eines Partikularismus des Patriotismus auch vom Universalismus ab. Ein gravierender Unterschied zum Populismus von rechts besteht jedoch in der Richtung, in die mobilisierte Frustationen abgeleitet werden: Während der linke Populismus Machtaggregate wie die EU oder die Banken thematisiere, kennzeichnet die Berufung auf ethnische oder kulturelle Homogenität den rechten Populismus auch da, wo er vereinzelt linksliberale Positionen zu integrieren versucht.
Milbradt, Björn/Biskamp, Floris/Albrecht, Yvonne/Kiepe, Lukas (Hrsg.): Ruck nach rechts?: Rechtspopulismus, Rechtsextremismus und die Frage nach Gegenstrategien. Opladen: Barbara Budrich 2017. 978-3-8474-2069-9