Unabhängig vom Bundesland besteht in der stationären Erziehungshilfe in Deutschland ein Anspruch auf gleichwertige Leistungen nach SGB VIII. Bei einem Vergleich der Länder treten jedoch schnell teils erhebliche Kostendisparitäten zutage. Den Ursachen für diese Ungleichheiten auf die Spur zu kommen, ist Ziel dieser Arbeit. Die stationäre Erziehungshilfe wird hier als Teil des sogenannten Nonprofit-Sektors, auch Dritter Sektor genannt, verstanden. Bedeutsame Theorien zu diesem Bereich sowie eine Auseinandersetzung mit aktuellen Rahmenbedingungen und Paradigmenwechseln bilden daher die theoretische Basis eines Ländervergleichs zwischen Nordrhein-Westfalen und dem Freistaat Thüringen. Die Ursachenanalyse zu den Kostendisparitäten dieser beiden Länder zeigt, dass anhaltende Rationalisierungsbestrebungen der Öffentlichen Hand unter anderem zu einem niedrigeren Gehaltsniveau bei den Beschäftigten führen können. In der Folge ist zu befürchten, dass die Einrichtungen ihre Qualitätsstandards nicht halten können.
Zugriffsoptionen:
Die folgenden Links führen aus den jeweiligen lokalen Bibliotheken zum Volltext:
Abstract: Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Phänomen der Kostendisparitäten im Bereich der stationären Erziehungshilfe in Deutschland. Es wird anfangs im Rahmen einer Voruntersuchung der Frage nachgegangen, ob bei einem Vergleich der Bundesländer bedeutsame Unterschiede bei den durchschnittlichen Kosten für stationäre Heimerziehung je Fall nachweisbar sind. Diese Frage ist bedeutsam, da ausgehend von den Regelungen im Achten Sozialgesetzbuch (SGB VIII) die anspruchsberechtigten Kinder, Jugendlichen und deren Familien, unabhängig von dem Bundesland, in dem sie leben, einen gleichwertigen Anspruch auf Erziehungshilfen haben. Eingebettet wird die Forschungsfrage nach der Nachweisbarkeit sowie nachfolgend nach den Ursachen für Kostendisparitäten in eine anfängliche Analyse der bedeutsamsten Theorien zum Dritten Sektor, wobei insbesondere die aktuellen Rahmenbedingungen und Paradigmenwechsel im Untersuchungsfeld der stationären Erziehungshilfe als Teil des Dritten Sektors analysiert werden. Es geht insbesondere darum, die vorhandenen Ordnungsstrukturen im Bereich der Hilfen zur Erziehung zu entschlüsseln. Die Ursachenanalyse zu den Kostendisparitäten erfolgt dann im Rahmen eines Ländervergleichs zwischen Nordrhein-Westfalen und dem Freistaat Thüringen. Insbesondere die landesspezifischen, institutionellen Rahmenbedingungen und korporatistischen Strukturen werden, bezogen auf das Untersuchungsfeld der stationären Hilfen zur Erziehung, miteinander verglichen. Darüber hinaus werden die Ergebnisse einer bundesweiten Online-Befragung zu den Verhandlungen von Leistung, Entgelt und Qualitätsentwicklung nach §§ 78 a - g SGB VIII in die Ursachenforschung mit einbezogen. Im Ergebnis wird deutlich, dass ein Mehr an Wettbewerb wie etwa durch privatgewerbliche Träger sowie durch eine kleinteilige und heterogene Einrichtungslandschaft, zu niedrigeren Heimunterbringungskosten führen kann. Niedrige Preise bedingen in der Regel niedrigere Gehälter. Anhaltende Rationalisierungsbestrebungen der Öffentlichen Hand können aufgrund nachweisbarer Macht-Asymmetrien auf kommunaler Ebene zu einem niedrigeren Gehaltsniveau bei den Beschäftigten inden Hilfen zur Erziehung führen. Qualitätseinbußen könnten hier die Folge sein. In diesem Zusammenhang haben freie, private und kommunale Verbände eine gemeinsame Chance, durch eine kontinuierliche und vor allem durch eine gemeinsame und vor allem verbandsübergreifende Interessenvertretung, einer solchen, für den Hilfeadressaten negativen, Tendenz entgegenzuwirken. Den Landesrahmenverträgen nach § 78 f SGB VIII kommt dabei bezogen auf ihre vom Gesetzgeber gewollte Befriedungsfunktion eine besondere Bedeutung zu.