Erfahrungen mit Versorgungsärzt*innen in der frühen COVID-19-Phase 2020 in Bayern – Befragung von Versorgungs- und Hausärzt*innen
In: Das Gesundheitswesen: Sozialmedizin, Gesundheits-System-Forschung, public health, öffentlicher Gesundheitsdienst, medizinischer Dienst, Band 84, Heft 2, S. 97-106
ISSN: 1439-4421
Zusammenfassung
Ziel der Studie Im Rahmen des in Bayern festgestellten Katastrophenfalls
in der frühen Corona-Phase 2020 wurden sog.
Versorgungsärzt*innen (VÄ) für die ambulante
Versorgung etabliert. Ziel der vorliegenden Befragungen war eine Bewertung
dieser neu eingeführten, jedoch zeitlich begrenzten Position.
Methodik Im November 2020 wurde ein papierbasierter Fragebogen an alle 85
durch Internetrecherche identifizierbaren VÄ sowie an alle 197
hausärztlichen Lehrarztpraxen (HÄ) des Instituts für
Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung der TU München verschickt. Die
Datenauswertung erfolgte deskriptiv und anonymisiert.
Ergebnisse Insgesamt konnten 75 (88%) VÄ und 156
(79%) HÄ eingeschlossen werden. 97% der VÄ und
67% der HÄ bewerteten die Einführung von VÄ als
sinnvoll, jedoch auch als Eingriff in die ärztliche Selbstverwaltung
(VÄ: 59% bzw. HÄ: 42%). 37% der
HÄ äußerten, VÄ sollten im weiteren Verlauf der
Pandemie möglichst vermieden werden. Bei intensiverem Kontakt zu
VÄ zeigten sich auf hausärztlicher Seite insgesamt
höhere Zustimmungswerte. Die Zusammenarbeit und Kommunikation mit
Politik, Behörden und Kassenärztlicher Vereinigung Bayerns
wurden von beiden Gruppen als schwierig und oft widersprüchlich
bewertet. Zu differenzieren ist, dass VÄ die Kooperation mit Politik und
Behörden auf lokaler Ebene, bspw. mit der Führungsgruppe
Katastrophenschutz, mehrheitlich als positiv beurteilten. Der Mangel an
Schutzausrüstung zu Pandemiebeginn wurde von beiden Befragungsgruppen
kritisch gesehen.
Schlussfolgerung Die Etablierung von VÄ in Bayern in der
frühen Corona-Phase 2020 wurde von fast allen VÄ und der
Mehrheit der befragten HÄ für sinnvoll erachtet. Für die
Zukunft scheint es notwendig, primärztliche Vertreter*innen
stärker und dauerhaft in Entscheidungsprozesse einzubeziehen und
bestehende Strukturen zu stärken.