BSE-Pathogenesestudie und BSE-Situation in Deutschland
In November 2000 wurde der erste Fall von BSE bei einem in Deutschland geborenen Rind diagnostiziert. Wohl keine Tierseuchenfeststellung der letzten Jahrzehnte hat ähnliche politische und gesellschaftspolitische Auswirkungen nach sich gezogen. Befürchtungen, es könnte in Deutschland zu einer Epidemie ähnlichen Ausmaßes wie im Vereinigten Königreich kommen, haben sich aber nicht bestätigt. Die BSE Inzidenz in Deutschland betrug in den vergangenen Jahren zwischen 21 und 44 Fällen pro 1 Mio. untersuchter Rinder während die BSE-Fallzahlen seit 2001 (125 Fälle) in den Jahren 2002 (106 Fälle) und 2003 (54 Fälle) kontinuierlich zurückgegangen sind. war im Jahr 2004 ein leichter Anstieg (65 Fälle) zu beobachten. Allerdings ist diese Entwicklung nicht auf das Ende 2000/Anfang 2001 eingeführte totale Verfütterungssverbot zurück zuführen, da bei einer durchschnittlichen Inkubationszeit von 60 Monaten erst in Laufe des Jahres 2005 ein damit korrelierter Rückgang der Fallzahlen erwartet werden kann. Bis heute bleiben die Schutzmaßnahmen der Verhinderune von Neuinfektionen (Verfütterungsverbot tierischer Proteine und Fette an lebensmittelliefernde Tiere) sowie des Schutzes des Verbrauchers vor der Exposition mit dem BSE-Erreger (Entfernung spezifischer Risikomaterialien, Schnelltestung) in Kraft. Inwieweit zukünftig eine Lockerung eingeführt werden kann, bleibt vor dem Hintergrund der Entwicklung der BSE-Fallzahlen abzuwarten. Da hinichtlich der Pathogenese der BSE im Rind und der Verteilung des Erregers im infizierten Tier noch viele Fragen offen sind, wurde an Friedrich-Loeffler-Institut mit einer groß angelegten Studie begonnen. Insgesamt 56 Rin- der wurden oral mit BSE-infiziertem Rinderhirn infiziert. Die Tiere werden in einem Sicherheitsstall auf der Insel Riems gehalten und zu definierten Zeitpunkten nach der Infektion zur Probengewinnung getötet. Die Testung der erhaltenen Proben, u. a, auch durch Infektion von transgenen, das bovine Prionprotein überexprimierenden Mäusen, die eine mehr ah 10.000-fach erhöhte Empfindlichkeit gegenüber BSE als normale Mäuse zeigen, wird Aufschluß darüber geben, welchen Weg der Erreger nach der oralen Aufnahme bis zur Ausbildung typischer BSE-Symptome durch Zerstörung von Neuronen im zentralen Nervensystem nimmt. Damit wird auch eine gegebenenfalls erweiterte Definition von Risikomaterialien wissenschaftlich begründet. Letztlich dient der Versuch aber auch der Gewinnung von definierten Proben aus der Inkubationszeit vor dem Auftreten klinischer Symptome, eine wesentliche Grundlage für die Entwicklung sensitiverer, gegebenenfalls auch am lebenden Tier anzuwendender Testsysteme.