Karl-Ludwig Kunz kritisiert den trügerischen Schein objektiver Tatsachenbeobachtung. Die Auseinandersetzung damit, ob wirklich gezählt wird, was man zu zählen vorgibt, und was es bedeutet, nur "Indikatoren" für das eigentlich Interessierende erheben zu können, schafft die Basis dafür, die Kriminologie an einem kulturwissenschaftlichen Horizont auszurichten
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Preliminary; Zur Schwierigkeit des Zählens von Kriminalität; Die gesellschaftliche Einbindung sozialwissenschaftlicher Erkenntnis und das Problem der subjektiven Perspektivengebundenheit; Zeitströmungen und "Manieren des Sehens"; Der empiristische Zugang: Sammeln von Tatsachen; Der kritisch-rationale Zugang: Systematische Überprüfung; Kriminalstatistik und Dunkelfeldforschung: Die vermeintlich kognitive Basis des Wissens um die "wirkliche" Kriminalität; Die Verwechslung von Bildersammlungen mit dem Abgebildeten; Die gebotene Gegenstandsadäquanz des sozialwissenschaftlichen Beobachtens
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Karl-Ludwig Kunz kritisiert den trügerischen Schein objektiver Tatsachenbeobachtung. Die Auseinandersetzung damit, ob wirklich gezählt wird, was man zu zählen vorgibt, und was es bedeutet, nur ?Indikatoren? für das eigentlich Interessierende erheben zu können, schafft die Basis dafür, die Kriminologie an einem kulturwissenschaftlichen Horizont auszurichten.
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The desire to establish a sovereign authority governed by law, justice and the respect for individual dignity is fascinating. However, the history of the German version of the realization of this desire, the Rechtsstaat, proves that whether or not this works out depends on the conditions under which the concept is formed and implemented. Cultural, socio-economic and political conditions have always had a great influence on both the concrete interpretation of the idea and on the effectiveness of its realization. We are confronted with vast changes in the late modern era. Global society increasingly exercises risk control by means of international cooperation and transnational regulation. Human rights standards are neglected in order to prevent or avert danger. As the idea of a state based on legal rules and human rights continues to lose its grip, the question arises whether and how the basic values associated with this idea could be preserved in the globally intertwined risk society.
Die heute verbreitete Punitivität, das Verlangen nach mehr Sicherheit durch mehr und härteres Strafrecht drückt eine "Zaunhaftigkeit" des Denkens aus, welche auf Risikominimierung durch Abschottung und Ausgrenzung setzt und die weltbürgerliche Zivilgesellschaft bedroht. Der durch Medien und praktische Politik dramatisierend betriebene Diskurs über die öffentliche Sicherheit gerät angesichts der Unersättlichkeit des Sicherheitsverlangens in einem für viele orientierungslos gewordenen Lebensumfeld zu einer publikumsbezogenen Inszenierung, die latent Ressentiments gegenüber Fremdheit und Nonkonformität bestärkt. Im Widerhall der Medien wird eine offensiv-konfrontative Einstellung der geschlossen auftretenden Gemeinschaft der Rechtschaffenen suggeriert, die mit der Metapher des Krieges gegen Gesellschaftsfeinde eine von Zorn getriebene Kriminalpolitik des harten Durchgreifens betreibt. Das Strafrecht gabelt sich in seiner Anwendungspraxis zunehmend in ein Bürgerstrafrecht für die Angepassten, das Alltagskriminalität diskret, nicht stigmatisierend und de-eskalierend erledigt, und in ein Feindstrafrecht, das gegenüber Terroristen und sonstigen Gewalttätern quasi-kriegsrechtliche Eingriffsbefugnisse vorsieht und dauerhaft ausgrenzende Sanktionen verhängt. (ICB2)
Der Autor erörtert in seinem Beitrag den Verlust an sozialpolitischer Einbettung von Kriminalpolitik und Kriminalprävention sowie die damit einhergehende Verengung des Spektrums der Strafziele. Er konstatiert im Zuge des neoliberalen Gesellschaftswandels einen entsprechenden Wandel im Kernanliegen strafrechtlicher Interventionen. Demnach wird nicht mehr die soziale Benachteiligung als Ursache des Straffälligwerdens und der daraus abgeleitete Gedanke der Resozialisierung, sondern das individualisierte persönliche 'Defizit' des Täters, das nach tatausgleichender Gerechtigkeit verlangt, zur Kenntnis genommen. Dadurch dass sowohl der Abschreckungsgedanke als Ziel strafrechtlicher Intervention als auch die positive Generalprävention ihre Bedeutung einbüßen, verengt sich das Spektrum klassischer Strafziele auf die Vergeltung, welche 'im Gewande der tatproportionalen Gerechtigkeit' wiederauferstanden ist. Demgegenüber rückt das Anliegen des Gesellschaftsschutzes mittels Strafrecht durch Neutralisierung des Gefährdungspotentials in den Vordergrund. Kennzeichnend für die sogenannte 'situative' Prävention von Kriminalitätsrisiken ist der Verzicht auf eine vertiefte Ergründung von Ursachen situationsbezogener Zusammenhänge kriminellen Verhaltens. Kriminalpolitik beschränkt sich auf das Management dieses Risikos mit Techniken des Identifizierens, Klassifizierens und Regulierens. Nicht zuletzt aufgrund des expandierenden privaten Sicherheitsmarktes definiert sich Kriminalpolitik nunmehr durch das Zusammenspiel von staatlicher Grundversorgung an Sicherheit, eigennütziger privater und kommerzieller Sicherheitsvorsorge sowie kommunaler 'Sicherheitspartnerschaften'. Diese Kontextverschiebung drückt sich auch in dem neuen Verständnis von Opferschaft aus, in dem der präventive und zugleich repressive Opferschutz in den Mittelpunkt rückt. Abschließend erörtert der Autor die zunehmende Auflösung der Grenzen zwischen der militärischen Bekämpfung kollektiv auftretender äußerer Feinde und der strafrechtlichen Bekämpfung individueller Rechtsbrecher infolge des Kampfes gegen die transnational operierende organisierte Kriminalität. (JA)