Die vorliegende Studie analysiert, inwiefern die CO2-Bepreisung im Zusammenspiel mit den bestehenden Instrumenten zur Zielerreichung des Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) beitragen kann. Dazu werden zunächst anhand einer Szenarioanalyse zentrale Handlungsfelder für die Zielerreichung im Verkehrssektor identifiziert. Im Anschluss wird der Wirkmechanismus der CO2-Bepreisung in der Wechselwirkung mit einer Auswahl an weiteren Politikinstrumenten untersucht. Zuletzt erfolgt eine Einordnung der quantitativen Wirkung einer CO2-Bepreisung anhand von empirischen Erkenntnissen zu Preiselastizitäten im Verkehrssektor. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass für die Zielerreichung im Verkehrssektor neben der CO2-Bepreisung als einem zentralen Politikinstrument ein ambitionierter Instrumentenmix notwendig ist.
Die Emissionen des Verkehrssektors verweilen seit Jahren auf einem hohen Niveau. Die im Bundes-Klimaschutzgesetz definierte Treibhausgasneutralität Deutschlands im Jahr 2045 ist nach aktuellen Prognosen ohne weiteres politisches Handeln nicht einzuhalten. Das Projekt zeigt anhand von zwei Szenarien mögliche Entwicklungen auf, die Transformation des Verkehrssektors zu beschleunigen. Im Zentrum stehen dabei sowohl der Hochlauf der Elektromobilität als auch die Stärkung des Öffentlichen Verkehrs und der aktiven Mobilität. Die in den Szenarien skizzierten Zielpfade zeigen eine rasant fortschreitende Transformation im Personen- wie auch Güterverkehr. Aus volkswirtschaftlicher Sicht äußern sich die angestoßenen Transformationsprozesse leicht positiv und es kann ein Wirtschaftswachstum gegenüber der Referenz-Entwicklung realisiert werden. Die in der kurzen und mittleren Frist notwendigen Klimaschutzinstrumente und ihre ambitionierte Ausgestaltung führen jedoch auch zu finanziellen Mehrbelastungen für Teile der Bevölkerung, für die soziale Ausgleichmechanismen entwickelt werden müssen.
Der vorliegende Bericht steht im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung des Nationalen Programms für Nachhaltigen Konsum (NPNK). Im UBA-Forschungsprojekt "Nachhaltigen Konsum weiterdenken: Evaluation und Weiterentwicklung von Maßnahmen und Instrumenten " (FKZ 3717 16 311 0) hat ein Konsortium aus Öko-Institut, ConPolicy, der Technischen Universität Berlin sowie der Zeppelin-Universität Empfehlungen zur Weiterentwicklung des Programms gegeben. Vorgeschlagen wurden unter anderem prioritäre Maßnahmen und Politikinstrumente in verschiedenen Handlungsbereichen. Mit dem vorliegenden Bericht schätzt das Öko-Institut im Auftrag des UBA die Treibhausgas-Einsparpotenziale für einige der vorgeschlagenen sowie für weitere durch den Auftraggeber ausgewählte Maßnahmen und Instrumente grob ab. Die Maßnahmen umfassen: im Bereich Ernährung die Reduktion fleischhaltiger Gerichte in der Gemeinschaftsverpflegung; im Bereich Mobilität die Besteuerung des innerdeutschen Flugverkehrs, Höchstgeschwindigkeiten auf Land- und Bundesstraßen sowie innerorts, ein verpflichtendes Mobilitätsmanagement in großen Unternehmen und Bundesbehörden sowie die Pkw-Reduktion durch Carsharing; im Bereich Wohnen das energie- und flächeneffiziente Wohnen im Bestand, eine verbesserte Energieberatung zur Sanierung von Wohngebäuden, eine Energieberatung zur Heizung im Wohneigentum, die Verbesserung der Mindestausstattung mit Zählern und Sensorik und den Phase-Out fossiler Heizkessel; im Bereich Produkte die anspruchsvolle Ausgestaltung von Ökodesign und Energiekennzeichnung. Insgesamt können durch die Maßnahmen (ohne Berücksichtigung von Überschneidungen) bis 2030 rund 12,5 bis rund 20,1 Mio. t CO2e eingespart werden, wobei besonders hohe Potenziale in den Vorschlägen Mobilitätsmanagement, Pkw-Reduktion, Phase-Out fossiler Heizkessel einschließlich Gaskessel sowie Ökodesign liegen.
Die sozio-ökonomische Folgenabschätzung vergleicht das Mit-weiteren-Maßnahmen-Szenario (MWMS), welches zusätzliche geplante Klimaschutzinstrumente beinhaltet, mit dem Mit-Maßnahmen-Szenario (MMS) des Projektionsberichts 2023 in Hinblick auf Investitionsbedarfe, Kosteneinsparungen sowie die gesamtwirtschaftliche Wirkung. Dabei werden Veränderungen in den Sektoren Energie, Industrie, Gebäude und Verkehr untersucht. Ergänzt wird die Analyse durch die Abschätzung von Arbeitsmarkteffekten in ausgewählten Bereichen mit hohen Investitionsbedarfen und durch die Analyse von Verteilungswirkungen verschiedener Instrumente in den Sektoren Gebäude und Verkehr. Mehrinvestitionen im MWMS, insbesondere in den Bereichen Gebäudehülle, erneuerbare Heiztechnologien, Energiespeicher und elektrische Fahrzeuge, stehen geringeren Investitionen in fossile Heizungstechnologien und Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor gegenüber. Insgesamt sind die Investitionen im MWMS leicht höher als im MMS und die Energie- und Betriebskosten fallen geringer aus. In beiden Szenarien gehen die Nachfrage und daraus resultierend die Ausgaben für fossile Brennstoffe gehen stark zurück, im MWMS stärker als im MMS, während die Stromausgaben aufgrund der Elektrifizierung zunehmen. Mehrinvestitionen und geringere Importe fossiler Brennstoffe wirken sich positiv auf die Gesamtwirtschaft in Deutschland aus, was sich durch einen höheren BIP-Verlauf bis 2045 im MWMS im Vergleich zum MMS ausdrückt. Es ergeben sich strukturelle Verschiebungen zwischen verschiedenen Wirtschaftsbereichen. Investitionen in elektrifizierte Fahrzeuge, Gebäudehülle, Wärmepumpen und Wind Onshore führen zu Arbeitskräftebedarfen in zahlreichen Wirtschaftszweigen und Tätigkeiten. Ein signifikanter Anteil entfällt auf Berufskategorien, für die bereits schon heute ein Engpass besteht. Durch die höheren Klimaschutzanstrengungen im MWMS gegenüber dem MMS entstehen je nach Instrument leicht progressive oder leicht regressive Verteilungswirkungen. Die Analyse von Beispielhaushalten zeigt, dass die Belastung für die Haushalte, insbesondere mit geringem Einkommen, sehr hoch sein kann, aber auch, dass insbesondere bei hohen CO2-Preisen der Umstieg auf klimafreundliche Lösungen eine Entlastung der Haushalte bewirken kann. Dies hat Auswirkungen auf die (sozial differenzierte) Ausgestaltung von Anreiz- und Förderprogrammen, die den wichtigsten Hebel bieten, um Haushalte nachhaltig vor hohen Kosten zu schützen.
Mit welchen konkreten Klimaschutzinstrumenten können die Sektor-Klimaziele des Bundes-Klimaschutzgesetzes im Jahr 2030 erreicht werden? Wie können die im Projektionsbericht 2021 identifizierten Lücken geschlossen werden? Das Szenario KIS-2030 wurde mit der instrumentenbasierten Modellierung, mit der auch der Projektionsbericht modelliert wird, modelliert und zeigt konkrete Handlungsmöglichkeiten auf. Im Projektionsbericht 2021 ergibt sich für die gesamten Treibhausgasemissionen Deutschlands im Jahr 2030 eine Minderung um 49 Prozent im Vergleich zum Jahr 1990. Damit werden die Klimaziele aus dem Bundes-Klimaschutzgesetz (Minderung um mindestens 65 Prozent bis 2030) deutlich verfehlt. Im Jahr 2030 beträgt die Lücke 171 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. Um aufzuzeigen, wie die Klimaziele im Jahr 2030 doch noch erreicht werden könnten, hat das Umweltbundesamt (UBA) das Klimaschutzinstrumente-Szenario 2030 (KIS-2030) erstellen lassen.