Poor Working: Soziale (Des-)Integration und Erwerbsarbeit
In: Handbuch Armut und Soziale Ausgrenzung., S. 305-318
"Die Integration in den Arbeitsmarkt besitzt einen zentralen Stellenwert für die Vergesellschaftung durch soziale Teilhabe. Gesellschaftliche Integration oder Desintegration bilden hier die Schnittstellen für die Bewertung von Arbeitsverhältnissen. Bringen im Vergleich zu mutmaßlich gesellschaftlich integrierenden ('Normal'-)Arbeitsverhältnissen auch solche Erwerbsformen wie Leiharbeit oder Befristung ein hinreichendes Maß an Integration mit sich? Oder beinhalten diese Erwerbsformen möglicherweise ein unverhältnismäßiges Mehr an sozialer Exklusion durch ausgrenzende Arbeitsbedingungen (poor working)? An dieser Stelle ist der Nutzen einer möglichen arbeitsmarktlichen sowie gesellschaftlichen Eingliederung durch sogenannte Brückenarbeitsverhältnisse den möglichen Kosten von sozialer Desintegration durch eben solche entstandardisierten Erwerbsformen gegenüberzustellen. Neben Niedriglohn und Einkommensarmut rekurriert der Beitrag damit auch auf die subjektive Perspektive von gesellschaftlicher Desintegration und deren Determinanten wie Lebensunzufriedenheit, Deprivation und sozialem Ausschluss. 'Poor working' kann damit als definitorischer Überbegriff sowohl auf 'working poor' als auch auf die immaterielle Perspektive von sozialer (Des-)Integration abstellen. Welche Folgen ergeben sich sowohl für die Betroffenen als auch für die Gesamtgesellschaft aus diesen Implikationen? Welche politischen Gegenmaßnahmen sind erforderlich und welche Konzepte könnten erfolgreich sein, um soziale Desintegration durch ausgrenzende Arbeitsbedingungen abzufedern? Der Beitrag diskutiert anhand von ausgewählten Beispielen den Zielerreichungsgrad und die Effizienz von entsprechenden Instrumenten politischer Programme, die das Ziel der sozialen Teilhabe mit Blick auf den Arbeitsmarkt verfolgen. Anhand des so genannten Bildungspakets wird exemplarisch gezeigt, wie neue Ansätze mit einem erweiterten Verständnis von sozialer Teilhabe umgesetzt werden können. Der Zusammenhang zwischen sozialer Sicherung und sozialer Teilhabe ist hier zwar umfassender ausgebildet und implementiert auch präventive Perspektiven. Gleichsam bedeutet das Verständnis für eine solche soziale Sicherung im Umbruch jedoch auch, die Art und Weise des Anbietens von sozialen (Dienst-)Leistungen zu modernisieren. Das Bildungspaket greift jedoch noch auf das althergebrachte Paradigma des obrigkeitlichen Staates zurück, wodurch das erwartete Nachfrageverhalten nach dessen Leistungen weit hinter die Erwartungen zurück fällt." (Autorenreferat).